Gemeindeaufnahme

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Moderator: eddi

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Ralf_Wtal
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Gemeindeaufnahme

Beitrag von Ralf_Wtal »

Im Aufnahmeantrag einer FEG ist folgendes zu lesen:

Wir freuen uns, dass Sie Mitglied unserer Gemeinde werden wollen. Die Gemeindemitgliedschaft bringt sichtbar zum Ausdruck, dass wir im Glauben an Jesus Christus miteinander verbunden sind.
Die Gemeindeleitung (Ältestenkreis) und die Gemeindeversammlung werden über Ihren Aufnahmeantrag entscheiden. Wir bitten Sie, diesen Fragebogen zur Vorbereitung eines Aufnahmegespräches auszufüllen. Benutzen Sie bitte, wenn nötig, zur Beantwortung einzelner Fragen ein zusätzliches Blatt.

... Personenstandsangaben ...


Bitte lesen Sie zur Vorbereitung des Aufnahmegespräches die in der Anlage beigefügten Kernsätze zu christlicher Gemeinschaft mit Zitaten von Dietrich Bonhoeffer (aus: „Gemeinsames Leben“, ISBN 3-459-01771-6) und das Gedicht von Kurt Marti.


Gemeinschaft = Leben in gegenseitiger Gunst

Kernsatz 1: Entdecke Gemeinschaft als Geschenk!
Dietrich Bonhoeffer: „Es ist nichts Selbstverständliches für den Christen, dass er unter Christen leben darf. Es wird leicht vergessen, dass die Gemeinschaft von Christen ein Gnadengeschenk aus dem Reiche Gottes ist.“


Kernsatz 2: Was wir dem anderen sein dürfen...
Dietrich Bonhoeffer: „Darum braucht der Christ den Christen, der ihm Gottes Wort sagt, er braucht ihn immer wieder, wenn er ungewiss und verzagt wird; (…) Christen sind dazu bestimmt einander Überbringer der Heilsbotschaft zu sein. Der Christus im eigenen Herzen ist schwächer, als der Christus im Worte des Bruders;“

Kernsatz 3: Wähle Deine Einstellung zur Gemeinschaft...
Dietrich Bonhoeffer: „Wir treten nicht als Fordernde, sondern als Dankende und Empfangende in das gemeinsame Leben mit anderen Christen ein. (…) Nur wer für das Geringe dankt, empfängt auch das Große.“


Kernsatz 4: Gemeinschaft (k)ein Traum?!
Dietrich Bonhoeffer: „Die große Enttäuschung über den Andern, über die Christen im allgemeinen und, wenn es gut geht, auch über uns selbst, muß uns überwältigen, (…) Jedes menschliche Wunschbild, das in die christliche Gemeinschaft eingebracht wird, hindert die echte Gemeinschaft und muß zerbrochen werden, damit echte Gemeinschaft leben kann.“

Petrus weinte Tränen der Enttäuschung über sich selbst, auf diesen Tränen baute Jesus seine Gemeinde

Kernsatz 5: In Gottes Augen...sind Unvollkommene würdig seine Kinder zu heißen
Dietrich Bonhoeffer: „Christliche Gemeinschaft ist kein Ideal, sondern eine göttliche Wirklichkeit. Nicht die Erfahrung der christlichen Gemeinschaft, sondern der feste und gewisse Glaube an diese Gemeinschaft hält uns zusammen. (…) Durch Jesus Christus allein haben wir Zugang zueinander, Freude aneinander, Gemeinschaft miteinander.“


Gedicht

Ach, dass ich, wenn`s drauf ankommt,
im Gegner den Bruder,
im Störer den Beleber,
im Unangenehmen den Bedürftigen,
im Süchtigen den Sehnsüchtigen,
im Prahlhans den einst Gedemütigten,
im Schwarzseher den Licht- und Farbenhungrigen erkennen könnte!
Leicht ist das nicht.
Es bräuchte, o Gott, die Gegenwart Deines Geistes!

Kurt Marti

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Wer das Buch „Gemeinsames Leben“ von Dietrich Bonhoeffer gelesen hat, ist verwundert, wie Zitate aus dem Zusammenhang genommen, verkürzt und verfremdet werden. Hier wird eine Gemeindesicht erstellt, die in der Aussage gipfelt, Jesus habe seine Gemeinde auf den Tränen eines Petrus gebaut. (diese Aussage stammt nicht von Dietrich Bonhoeffer!)

Wie würdet Ihr darauf reagieren?

Ralf

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ralf
Ich finde diesen Aufnahmeantrag sehr nichtsagend :!: :idea:
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Jörg
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Re: Gemeindeaufnahme

Beitrag von Jörg »

Ralf_Wtal hat geschrieben: Wer das Buch „Gemeinsames Leben“ von Dietrich Bonhoeffer gelesen hat, ist verwundert, wie Zitate aus dem Zusammenhang genommen, verkürzt und verfremdet werden. Hier wird eine Gemeindesicht erstellt, die in der Aussage gipfelt, Jesus habe seine Gemeinde auf den Tränen eines Petrus gebaut. (diese Aussage stammt nicht von Dietrich Bonhoeffer!)
Hallo Ralf, ich kenne das Buch "Gemeinsames Leben" nur auszugsweise. Kannst Du sagen, inwiefern die Aussagen verkürzt und verfremdet wurden und was Bonhoeffer eigentlich damit sagen wollte? Es ist doch in der Tat so, daß viele ein frommes Wunschbild von der christlichen Gemeinde haben, das letztlich zerstörerisch wirkt.

Gottes Segen wünscht

Jörg
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,
im Gegesatz zu Joschie finde ich die Art des Aufnahmeantrags sehr vielsagend. Ich glaube, die ersten Gemeinden hatten keinen Aufnahmeantrag. "Es wurden hinzugetan..." heißt es schlicht. Buße und Taufe.
Heute ist so ein Antrag entstanden aus jahrzehntelanger Erfahrung, daß Neue, insbesondere wenn sie schon gläubig sind und aus anderen Gemeinden kommen, eine bestehende Gemeinschaft negativ beeinflussen können. Sie bringen ihre Vorstellungen von Gut und Böse, den do's and dont's, sie bringen ihre Prägung und Verletzungen mit. Unsere Gemeinde kann selbst ein Lied davon singen. Insofern sind einige grundlegende Worte von Bonhoeffer nicht verkehrt. Wir haben ihn auch schon aus diesem o.g. Zusammenhang zitiert.
Die Gemeinde ist sicher auf den Felsen Christus gebaut und auf nichts anderes. ein wesentlicher Baustein, daß Gemeinschaft gelingt ist aber ein zerbrochenes Herz, das wider sich selbst murrt statt wider den Nächsten. Und das hatte Petrus im augenblick seiner Tränen. Man könnte also sagen, daß gelingende Gemeinschaft von zerbrochenen, über sich selbst weinenden Geschwistern besteht.
Vielleicht hat die FEG auch gemeint, daß Gott seine Gemeinde auf Petrus gebaut habe. So muß man aber das Wortspiel Petrus/petra nicht auslegen (Matth. 17).
M.

Ralf_Wtal
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Die Tränen des Petrus

Beitrag von Ralf_Wtal »

Hallo zusammen,

vielen Dank für Eure Antworten. Ich werde ab Dienstag ausführlicher darauf eingehen.

Zunächst etwas zu den Tränen des Petrus:

Der Puritaner Thomas Watson (Die Lehre der Buße, S. 106) schreibt zu den Tränen:

Die Papisten machen die Buße zu einem verdienstlichen Werk. Sie sagen, dass sie „ex congruo“ (völlig angemessenerweise) die Erlassung der Schuld verdiene. Dies ist ein schwerwiegender Irrtum. Tatsächlich macht die Buße uns für die Gnade bereit. ... Gott wird uns nicht ohne Buße erretten, auch nicht für sie. Buße ist eine Qualifikation, keine Ursache. ... Tränen sind nicht genugtuend für die Sünde. Augustinus sagte zu recht: „Ich habe von den Tränen des Petrus gelesen, aber niemand hat je von der Genugtuung des Petrus gelesen.“ Allein das Blut Christi kann die Vergebung verdienen. ... Macht die Buße also nicht zum Götzen. ... verlasst Euch darauf, dass Euer Erretter für die Sünde verwundet worden ist.

Was hier im 4. Kernsatz vorgeführt wird, klingt bei wohlwollender Betrachtung gut, es ist aber die Lehre Roms, es ist katholisch. Jesus Christus ist der Eckstein, der Fels, der einzige Grund, auf dem die Kirche gebaut ist (1.Kor. 3,11).

Ralf

Ralf_Wtal
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Leben in gegenseitiger Gunst ?

Beitrag von Ralf_Wtal »

Hallo zusammen,

ich werde mich zum Sinn und Unsinn von Gemeindeaufnahmeverfahren, zu dieser Gemeinde und zu den 5 (!) Kernsätzen kritisch äußern. Diese Gemeinde ist mir persönlich bekannt und dient mir hier als Musterbeispiel, wie typischerweise in der Vereinsform organisierte Gemeinden funktionieren. Diese Gemeinde hat keine klaren theologischen Strukturen. Die Gemeindeleitung glänzt einschl. der theologischen Leitung mit dem Handicap aus 1.Kor. 2,14. In den eigenen Reihen leben liberale Religionslehrer, die entgegen der in freien Gemeinden geforderten Observanz die Existenzialtheologie von Rudolf Bultmann vertreten, und Führungsaufgaben übernommen haben, die als Machtmenschen ausgeführt werden. Das normale Gemeindemitglied ist meistens nicht in der Lage, solche Situationen zu durchschauen. Von Kind an hineingewachsene Mitglieder leben oft in einer selbstverschuldeten frommen Unmündigkeit und sind auf eine konfessionelle Lehrmeinung konditioniert, die sie um der Gemeinschaft willen niemals aufgeben. Starke Führungspersönlichkeiten haben somit leichtes Spiel in dem Wissen, daß der einzelne kognitive Dissonanzen verdrängt und sich kaum widersetzen wird, um die Sozialgemeinschaft nicht zu verlieren.

Die Heilige Schrift spricht von Verführung, die keineswegs grob daherkommt. Das wird sehr deutlich in der Versuchung Jesu Christi (Luk. 4). Der Teufel kommt mit Bibelsprüchen und erscheint als Engel des Lichts (2. Kor. 11,14)

So auch in den Kernsätzen.

Gemeinschaft von Dietrich Bonhoeffer:

Erstes Kapitel: „Siehe, wie fein und lieblich ist es, daß Brüder einträchtig beieinander wohnen“ (Psalm 133,1). Wir wollen im folgenden einige Weisungen und Regeln betrachten, die uns die Heilige Schrift für das gemeinsame Leben unter dem Wort gibt.
Es ist nichts Selbstverständliches für den Christen, dass er unter Christen leben darf.
Jesus Christus lebte mitten unter seinen Feinden. Zuletzt verließen ihn alle Jünger. Am Kreuz war er ganz allein, umgeben von Übeltätern und Spöttern. Dazu war er gekommen, daß er den Feinden Gottes den Frieden brächte. So gehört auch der Christ nicht in die Abgeschiedenheit eines klösterlichen Lebens, sondern mitten unter die Feinde. Dort hat er seinen Auftrag, seine Arbeit.

„Die Herrschaft soll sein inmitten der Feinde. Und wer das nicht leiden will, der will nicht sein von der Herrschaft Christi, sondern er will inmitten von Freunden sein, in den Rosen und Lilien sitzen, nicht bei bösen, sondern bei frommen Leuten sein. O ihr Gotteslästerer und Christi Verräter! Wenn Christus getan hätte als ihr tut, wer wäre immer selig geworden?“
(Bonhoeffer zitiert Martin Luther)


... und viel später:

Es wird leicht vergessen, dass die Gemeinschaft von Christen ein Gnadengeschenk aus dem Reiche Gottes ist.“


Bei Bonhoeffer steht das so:

„Es wird leicht vergessen, dass die Gemeinschaft christlicher Brüder ein Gnadengeschenk aus dem Reiche Gottes ist, das uns täglich genommen werden kann, daß es nur eine kurze Zeit sein mag, die uns noch von der tiefsten Einsamkeit trennt. Darum, wer bis zur Stunde ein gemeinsames christliches Leben mit anderen Christen führen darf, der preise Gottes Gnade aus tiefstem Herzen, der danke Gott auf Knieen (sic!) und erkenne: es ist Gnade, nichts als Gnade, daß wir heute noch in der Gemeinschaft christlicher Brüder leben dürfen.“

... soweit Bonhoeffer.

Bonhoeffer hat dies am eigenen Leibe erfahren und wer heute nicht „gemeindekompatibel“ ist, wird ebenfalls gnadenlos gemobbt.

Bonhoeffer stand im Kirchenkampf. Es ist billig, seine christliche Ethik aus dem Zeitgeschehen zu isolieren. Ich behandle hier den Theologen Bonhoeffer und seine klare Stellung zu den „Deutschen Christen“ unter Reichsbischof Müller. Für ihn waren die „Deutschen Christen“ verführt und ein Anhängsel des Staates und was ab 1933 der Staat war, hat heute die Ökumene übernommen.

Bonhoeffer versteht unter Gemeinschaft „communio sanctorum" (Gemeinschaft der Heiligen). Communio bezeichnet die Gemeinschaft mit Gott und mit den Menschen. Christliche Gemeinschaft scheitert, wenn keine echte persönliche Gemeinschaft mit Jesus Christus besteht. Die Bibel sagt (1. Joh.1,3b): „und zwar ist unsere Gemeinschaft mit euch mit dem Vater und mit seinem Sohne Jesus Christus“ – Wer unter Gemeinschaft nur Gemeinschaft mit Christen definiert, leugnet den konstituierenden Teil der Gemeinschaft (1.Kor.12,13).

So auch der Heidelberger Katechismus (Frage 55)

„Was verstehst du durch die Gemeinschaft der Heiligen?“
„Erstlich, daß alle und jede Gläubigen als Glieder an dem Herrn Christo und allen seinen Schätzen und Gaben Gemeinschaft haben. Zum andern, daß ein jeder seine Gaben zu Nutz und Heil der anderen Glieder willig und mit Freuden anzulegen sich schuldig wissen soll.

(nicht revidierte Fassung)

Schon die Überschrift: „Gemeinschaft = Leben in gegenseitiger Gunst“ ist fragwürdig.
Die Bibel sagt (1. Tim. 5, 21b): „ ... daß du diese Dinge ohne Vorurteil beobachtest, indem du nichts nach Gunst tust“.

Als Christen leben wir nicht in einer Gemeinschaft, die auf Sympathien und gegenseitiger Begünstigung aufgebaut ist. Das kann ich in jedem Kegelclub besser haben. Wem es wichtiger ist, gemeinsame Grillfeste zu feiern, als sich ernsthaft mit der harten Wirklichkeit des Evangeliums auseinander zusetzen, dem gilt ein weiteres Zitat von Martin Luther:

Die „Feinde des Kreuzes Christi“ (Phil 3,18) sind solche, die „Kreuz und Leiden hassen, die Werke aber und den Ruhm derselben lieben“.

Fortsetzung folgt ...


Ralf

Ralf_Wtal
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Gemeinschaft = Leben in gegenseitiger Gunst

Beitrag von Ralf_Wtal »

... Fortsetzung

Kernsatz 1: Entdecke Gemeinschaft als Geschenk!

Ja, Gemeinschaft nach 1. Joh.1,3 ist ein Geschenk, das uns in Jesus Christus gegeben ist. Die Überschrift der Kernsätze gibt allerdings eine andere Richtung vor.

Dietrich Bonhoeffer fordert in seinem Buch "Gemeinschaft" eine pneumatische (geistliche) Gemeinschaft, in der Christus zwischen uns steht und die durch Christus und in Christus besteht und mir und dem anderen die Freiheit lässt, den anderen so anzunehmen, wie Christus ihn angenommen hat. Die 5 Kernsätze haben eine anthropozentrische (menschliche) Ausrichtung und zielen auf eine direkte (psychische, seelische, fleischliche) Beziehung zueinander, an der Gott keinen Gefallen hat (Röm.8,3-9) ... „Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein“ (Vers 9).

Nach meiner Erfahrung mit Vorgängen in dieser Gemeinde wäre dieser Kernsatz ehrlicher:

Es ist nichts selbstverständliches für den Christen, daß er in unserer Gemeinschaft leben darf. Wer brav ist und sich so verhält, wie wir es wünschen, der darf in unserer Gemeinde mitmachen. Das Reich Gottes, das sind WIR, denn WIR bauen Gemeinde mit solchen Leuten, die WIR dafür aussuchen. Jeden können wir dazu nicht gebrauchen, vor allen Dingen keine Leute, die wir als Bedrohung empfinden, weil die Gefahr besteht, daß sie uns kritisieren. Kritik können wir nicht vertragen, daß haben wir nicht gelernt. Wir setzen uns lieber Masken auf und machen in Harmonie und kehren alles unter den Teppich. Was wir viel besser können, ist Reden über den anderen, als Reden mit dem anderen und weil wir denen hörig sind, die unsere Gemeinschaft leiten, sublimieren wir das Unbehagen über unsere Hörigkeit mit einem argwöhnischen Betrachten all derer, die neu zu uns stoßen und noch nicht unseren Stallgeruch angenommen haben. Vielleicht werden wir sie bereits auf dieses Weise wieder los. Wenn das nicht reicht, lassen wir unsere fromme Arroganz aus allen Ritzen kriechen, denn WIR wissen genau, wer zu uns gehören darf.


... das ist bitterer Sarkasmus, das ist Realsatire.

Kernsatz 2: Was wir dem anderen sein dürfen...
Dietrich Bonhoeffer: „Darum braucht der Christ den Christen, der ihm Gottes Wort sagt, er braucht ihn immer wieder, wenn er ungewiss und verzagt wird; (…) Christen sind dazu bestimmt einander Überbringer der Heilsbotschaft zu sein. Der Christus im eigenen Herzen ist schwächer, als der Christus im Worte des Bruders;“


Vor dem „Darum“ steht bei Bonhoeffer:

Christliche Gemeinschaft heißt Gemeinschaft durch Jesus Christus und in Jesus Christus. Es gibt keine christliche Gemeinschaft, die mehr, und keine, die weniger wäre als dieses. Von der einmaligen Begegnung bis zur langjährigen täglichen Gemeinschaft ist christliche Gemeinschaft nur dieses. Wir gehören einander allein durch und in Jesus Christus.
Was heißt das? Es heißt erstens, daß ein Christ den anderen braucht um Jesu Christi willen. Es heißt zweitens, daß ein Christ zum anderen nur durch Jesus Christus kommt. Es heißt drittens, daß wir in Jesus Christus von Ewigkeit her erwählt, in der Zeit angenommen und für die Ewigkeit vereinigt sind.
Zum ersten: Christ ist der Mensch, der sein Heil, seine Rettung, seine Gerechtigkeit nicht mehr bei sich selbst sucht, sondern bei Jesus Christus allein.


Bonhoeffer führt dann weiter aus, das der Christ aus dem Worte Gottes und in der gläubigen Unterwerfung unter Gottes Urteil lebt. Wir haben eine Gerechtigkeit von außen her (extra nos) und sind angewiesen auf das Wort, das uns gesagt wird. Der Christ ist nach außen, auf das auf ihn zukommende Wort ausgerichtet.

An dieser Stelle kann ich Gott nur für alle danken, die sein Wort lieben und von denen sein Wort zu mir gekommen ist.


Im Kernsatz 2 werden Aussagen aus dem Kontext gerissen, weil es so gefällig klingt, daß WIR einander brauchen und aufeinander angewiesen sind, weil WIR allein so schwach sind. Brauchen WIR einander, um uns gegenseitig zu missbrauchen und um das Wort Gottes zu verdunkeln? Ist Jesus Christus der Archetypus einer psychologisierten frommen Gemeinschaft? Wer Jesus Christus lediglich als Religionsstifter betrachtet, der gekommen ist, um unser irdisches Leben mit guten Vorsätzen zu bereichen (so kann man Heilsbotschaft auch verstehen), dem gilt das Wort aus Judas 1,4 (Schlachter):

Es haben sich nämlich etliche Menschen eingeschlichen, für die schon längst folgendes Urteil geschrieben worden ist: «Gottlose, welche die Gnade unsres Gottes in Ausgelassenheit verkehren und den einzigen Herrscher und Herrn, Jesus Christus, verleugnen.»


... Fortsetzung folgt

Ralf

Ralf_Wtal
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Kernsatz 3 und 5

Beitrag von Ralf_Wtal »

... Fortsetzung


Kernsatz 3: Wähle Deine Einstellung zur Gemeinschaft...
Dietrich Bonhoeffer: „Wir treten nicht als Fordernde, sondern als Dankende und Empfangende in das gemeinsame Leben mit anderen Christen ein. (…) Nur wer für das Geringe dankt, empfängt auch das Große.“

Bei Bonhoeffer steht das so:

Gott haßt die Träumerei; denn sie macht stolz und anspruchsvoll. Wer sich das Bild einer Gemeinschaft erträumt, der fordert von Gott, von dem Andern und von sich selbst die Erfüllung. Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen, richtet ein eigenes Gesetz auf und richtet danach die Brüder und Gott selbst. Er steht hart und wie ein lebendiger Vorwurf für alle andern im Kreis der Brüder. Er tut, als habe er erst die christliche Gemeinschaft zu schaffen, als solle sein Traumbild die Menschen verbinden. Was nicht nach seinem Willen geht, nennt er Versagen. (- da habe ich einige Machtmenschen vor Augen (Ralf) - ) Wo sein Bild zunichte wird, sieht er die Gemeinschaft zerbrechen. So wird er erst zum Verkläger seiner Brüder, dann zum Verkläger Gottes und zuletzt zu dem verzweifelten Verkläger seiner selbst. (da unterschätzt Bonhoeffer die verstockten Herzen (Ralf)).
Weil Gott den einzigen Grund unserer Gemeinschaft schon gelegt hat, weil Gott uns längst, bevor wir in das gemeinsame Leben mit anderen Christen eintraten, mit diesen zu einem Leibe zusammengeschlossen hat in Jesus Christus, darum treten wir nicht als Fordernde ...

... und einige Sätze weiter

Nur wer für das Geringe dankt, empfängt auch das Große.
Wir hindern Gott, uns die großen geistlichen Gaben, die er für uns bereit hat, zu schenken, weil wir für die täglichen Gaben nicht danken.

... soweit Bonhoeffer

An dieser Stelle wird überdeutlich, welch ein Geist in dieser Gemeinde herrscht. Wie kann man nur solch eine Aussage verstümmeln, ohne den zu erwähnen, dem aller Dank gebührt? Wie kann man nur ein Zitat so aus dem Zusammenhang reißen, wo doch Bonhoeffer direkt im nächsten Satz klarstellt, wem wir Dank schulden !

Die Bibel sagt (Eph.5,20+21): „... danksagend allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus, einander unterwürfig in der Furcht Christi.


...und Kernsatz 5: In Gottes Augen...sind Unvollkommene würdig seine Kinder zu heißen
Dietrich Bonhoeffer: „Christliche Gemeinschaft ist kein Ideal, sondern eine göttliche Wirklichkeit. Nicht die Erfahrung der christlichen Gemeinschaft, sondern der feste und gewisse Glaube an diese Gemeinschaft hält uns zusammen. (…) Durch Jesus Christus allein haben wir Zugang zueinander, Freude aneinander, Gemeinschaft miteinander.“

Bei Bonhoeffer steht das so:

Erstens, christliche Bruderschaft ist kein Ideal, sondern eine göttliche Wirklichkeit. Zweitens, christliche Bruderschaft ist eine pneumatische und nicht psychische Wirklichkeit (!)

...

Weil christliche Gemeinschaft allein auf Jesus Christus begründet ist, darum ist sie eine pneumatische und nicht eine psychische Wirklichkeit. Sie unterscheidet sich darin von anderen Gemeinschaften schlechthin. Pneumatisch = „geistlich“, nennt die Heilige Schrift, was allein der Heilige Geist schafft, der uns Jesus Christus als Herrn und Heiland ins Herz gibt. Psychisch = „seelisch“ nennt die Schrift, was aus den natürlichen Trieben, Kräften und Anlagen der menschlichen Seele kommt.

...

Seelische Liebe liebt den Andern um seiner selbst willen, geistliche Liebe liebt den Andern um Christi willen. Darum sucht seelische Liebe die unmittelbare Berührung mit dem Andern, sie liebt ihn nicht in seiner Freiheit, sondern als den an sie Gebundenen, sie will mit allen Mitteln gewinnen, erobern, sie bedrängt den Andern, sie will unwiderstehlich sein, sie will herrschen. Seelische Liebe hält nicht viel von der Wahrheit, sie relativiert sie, weil nichts, auch nicht die Wahrheit, störend zwischen sie und den geliebten Menschen treten darf. Seelische Liebe begehrt den Andern, seine Gemeinschaft, seine Gegenliebe, aber sie dient ihm nicht. Vielmehr begehrt sie auch dort noch, wo sie zu dienen scheint.

Die beiden andern Sätze werden als Zitate aus Seite 22 zusammengewürfelt.




Die Bibel sagt (Matth.5,48): „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ – Hier haben wir ein häufig anzutreffendes Missverständnis zwischen Vollkommenheit und Perfektion. Vollkommenheit meint die zielgerichtete Hingabe für die Sache Christi. Wir können uns auf Gottes Verheißungen absolut verlassen, diese Verlässlichkeit ist vollkommen. Wenn wir Gott vollkommen vertrauen, also uns vollkommen unter seinen Willen stellen, brauchen wir keine perfekten Ergebnisse bringen. Perfekte Ergebnisse schafft Gott. Der Wunsch nach menschlicher Perfektion führt in die Gesetzlichkeit und Gesetzlichkeit hat immer die Tendenz zur Gottlosigkeit in sich; denn wer genug Gesetz hat, braucht keinen barmherzigen und gnädigen Gott. Er wird zum frommen Selbstläufer und zu einer frommen Karikatur.
Wer auf Christus schaut, ist in Christus vollkommen und trägt damit die Hoffnung der Herrlichkeit in sich; wer auf sich selber und andere schaut, ist bedauernswert und ein armer Wurm.


Diese Kernsätze instrumentalisieren mit einer unglaublichen Dummschwätzerei das Buch Gemeinschaft von Bonhoeffer und deuten die Gemeinschaft, wie sie Bonhoeffer versteht, zu einer frommen Clique um, die sich gegen die Wahrheit des Evangeliums immunisiert hat und jedwede Korrektur ablehnt. Hier wird ein anderes Evangelium verkündigt. Da passt es auch ins Bild, das die Entscheidung für die Charta Oecumenica den Freien evangelikalen Gemeinden zu Abstimmung vorliegt.


Ich bin mir bewusst, daß ich die Kernsätze mit einer großen Härte behandelt habe, aber wie schreibt schon Paulus an Timotheus:

Das sollst du aber wissen, daß in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen ( ) die da haben den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen sie; ( ) lernen immerdar, und können nimmer zur Erkenntnis kommen.

Aber sie werden's in die Länge nicht treiben; denn ihre Torheit wird offenbar werden jedermann, ...



Ralf
Dum spiro, disco (Solange ich atme, lerne ich)

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