Wo ist ein Gläubiger nach dem Tod?

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Moderator: Jörg

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Gast

Wo ist ein Gläubiger nach dem Tod?

Beitrag von Gast »

Liebe Geschwister,
zu dem o.g. Thema gibt es, wie ihr wisst, unterschiedliche Schrifterkenntnis.
Im AT wird vom Scheol (dem NT Hades) gesprochen, im NT vom Paradies, dem "Himmel", "beim Herrn zu sein" , dem Hades, der Hölle usw.
Habt ihr links, Buchempfehlungen oder könnt selbst etwas dazu schreiben?
Eine Frage, die mir dabei wichtig ist: waren die AT-Gläubigen im scheol, gemeinsam mit den Ungläubigen? Wenn nicht, wo waren sie dann? Beim HERRN? Im Paradies? "Warteten" sie auf Jesu Sieg am Kreuz und seine Erlösung? Sagt die Schrift überhaupt etwas darüber?
Ihr lest- viele, viele Fragen. Ich bin für Hinweise dankbar.
M

Daniel Israel
Beiträge: 30
Registriert: 29.05.2007 09:53

Beitrag von Daniel Israel »

Hallo Mephiboscheth. $:) Mir kommen da gerade zwei Stellen in den Sinn:

1. Samuel 28

11Da sprach das Weib: Wen soll ich dir denn heraufholen? Er sprach: Hol mir Samuel herauf! 12Als nun das Weib merkte, daß es um Samuel ging, schrie sie laut und sprach zu Saul: Warum hast du mich betrogen? Du bist Saul. 13Und der König sprach zu ihr: Fürchte dich nicht! Was siehst du? Das Weib sprach zu Saul: Ich sehe einen Geist heraufsteigen aus der Erde. 14Er sprach: Wie ist er gestaltet? Sie sprach: Es kommt ein alter Mann herauf und ist bekleidet mit einem Priesterrock. Da erkannte Saul, daß es Samuel war, und neigte sich mit seinem Antlitz zur Erde und fiel nieder. 15Samuel aber sprach zu Saul: Warum hast du meine Ruhe gestört, daß du mich heraufsteigen lässest? Saul sprach: Ich bin in großer Bedrängnis, die Philister kämpfen gegen mich, und Gott ist von mir gewichen und antwortet mir nicht, weder durch Propheten noch durch Träume; darum hab ich dich rufen lassen, daß du mir kundtust, was ich tun soll.

Lukas 16

19Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und kostbares Leinen und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. 20Es war aber ein Armer mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voll von Geschwüren 21und begehrte, sich zu sättigen mit dem, was von des Reichen Tisch fiel; dazu kamen auch die Hunde und leckten seine Geschwüre. 22Es begab sich aber, daß der Arme starb, und er wurde von den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und wurde begraben. 23Als er nun in der Hölle war, hob er seine Augen auf in seiner Qual und sah Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoß. 24Und er rief: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, damit er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und mir die Zunge kühle; denn ich leide Pein in diesen Flammen. 25Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, daß du adein Gutes empfangen hast in deinem Leben, Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun wird er hier getröstet, und du wirst gepeinigt. 26Und überdies besteht zwischen uns und euch eine große Kluft, daß niemand, der von hier zu euch hinüber will, dorthin kommen kann und auch niemand von dort zu uns herüber.

C.K.
Beiträge: 201
Registriert: 19.05.2005 15:50

Beitrag von C.K. »

Dazu zwei Auszüge:

Berkhof, Louis. Grundriss der biblischen Lehre; die wichtigsten Wahrheiten der Bibel auf einen Blick, Marburg: Francke, 1990, S. 86-88. (ISBN 3-88224-746-0) :

Der leibliche Tod und der Zwischenzustand
A. Der leibliche Tod
Der leibliche Tod wird in der Heiligen Schrift auf unterschiedliche Weise beschrieben: als Tod des Leibes im Gegensatz zum Tod der Seele (Matt. 10,28; Lk. 12,4), als Beendigung oder Verlust des physischen Lebens (Lk. 6,9; Joh. 12,25) und als Trennung von Leib und Seele (Pred. 12,7; Jak. 2,26). Wer stirbt, wird nicht vernichtet oder ausgelöscht. Den Tod kann man folgendermassen definieren: die Beendigung des physischen Lebens durch die Trennung von Leib und Seele. Pelagianer und Sozinianer lehren, dass der Mensch als sterbliches Wesen geschaffen wurde, dies stimmt jedoch nicht mit den biblischen Aussagen überein. Die Bibel lehrt, dass der Tod infolge der Sünde und als Strafe für die Sünde in die Welt eindrang (1.Mo. 2,17; 3,19; Röm. 5,12.17; 6,23). Der Tod ist nicht etwas ganz Natürliches, sondern ein Ausdruck des Zornes Gottes (Ps. 90,7.11), ein Gerichtsurteil (Röm. 1,32; 5,16) und ein Fluch (Gal. 3,13). Der Tod erfüllt das menschliche Herz mit Furcht und Schrecken. Aber da der Tod eine Strafe für die Sünde ist und Gläubige von der Schuld der Sünde erlöst sind, stellt sich von selbst die Frage: Warum müssen Gläubige noch sterben? Für sie kann der Tod nicht länger eine Strafe sein, er muss jedoch als wichtiger Faktor im Heiligungsprozess angesehen werden. Bei seinem Tod stirbt der Gläubige endgültig der Sünde ab.

B. Der Zwischenzustand
Was den Zustand des Menschen zwischen dem Tod und der allgemeinen Auferstehung betrifft, gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Die wichtigsten Theorien wollen wir hier kurz besprechen.

a) Die moderne Vorstellung von Scheol bzw. Hades
Heute herrscht die Vorstellung vor, dass sowohl die Gläubigen als auch die Gottlosen sich nach ihrem Tod an einem Ort aufhalten, der im Alten Testament Scheol und im Neuen Testament Hades genannt wird. Hier werden weder Belohnungen noch Strafen ausgeteilt; vielmehr teilen alle dasselbe Schicksal. Es handelt sich hierbei um einen recht langweiligen Ort, ein schwaches Spiegelbild des Lebens auf der Erde. Die Seelen, die sich dort aufhalten, haben nur ein schwaches Selbstbewusstsein und sind schläfrig und untätig. Sie haben jegliches Interesse am Leben verloren, die Freuden des Lebens sind hier in Traurigkeit verwandelt. Aber diese Darstellung entspricht kaum den biblischen Aussagen. Wenn mit den Begriffen Scheol und Hades stets ein Ort gemeint ist, an den sowohl die Gläubigen als auch die Gottlosen kommen, wie kommt es, dass die Gottlosen vor diesem Schicksal gewarnt werden (Ps. 9,18; Spr. 5,5; 7,27; 9,18; 15,24; 23,14)? Und wie kann die Schrift davon sprechen, dass Gottes Zorn dort brennt (5. Mo. 32,22)? Im Hades hebt der Reiche seine Augen auf (Lk. 16,23) und beteuert, er sein an einem "Ort der Qual" (Vers 28). Es ist besser, davon auszugehen, dass die Begriffe Scheol und Hades nicht immer dieselbe Bedeutung haben. Wo diese Begriffe vorkommen, ist bald das Grab (1. Mo. 42,38; Ps. 16,10), bald der als Örtlichkeit dargestellte Zustand des Todes (1. Sam. 2,6; Ps. 89,49) und bald ein Ort ewiger Bestrafung (5. Mo. 32,22; Ps. 9,18; Spr. 9,18) gemeint.

b) Das Fegefeuer, der Limbus Patrum und der Limbus Infantum
Gemäss der Lehre der römisch-katholischen Kirche finden die Seelen derer, die bei ihrem Tod vollkommen sind, sofort Einlass in den Himmel (Matt. 25,46; Phil. 1,23); aber solche, die bei ihrem Tod noch nicht völlig gereinigt sind - und das ist der Zustand der meisten Gläubigen -, kommen an einen Ort der Läuterung, der "Fegefeuer" (Purgatorium) genannt wird. Wie lange sie dort bleiben, hängt von ihren jeweiligen Bedürfnissen ab und kann durch die Gebete, die guten Werke und die Messen frommer Bekannter und Verwandter verkürzt werden. - Der Limbus Patrum ist der Ort, wo die alttestamentlichen Heiligen nach der Lehre der rkK festgehalten wurden, bis Christus sie zwischen seinem Tod und seiner Auferstehung befreite. - Und der Limbus Infantum ist angeblich der Aufenthaltsort aller ungetaufen Kinder. Sie bleiben dort ohne jegliche Hoffnung auf Befreiung; sie leiden zwar keine unmittelbare Strafe, sind jedoch von den Segnungen des Himmels ausgeschlossen. Das Fegefeuer, der Limbus Patrum und der Limbus Infantum kommen in der Bibel überhaupt nicht vor.

c) Der Seelenschlaf
Die Vorstellung, dass die Seele zum Zeitpunkt des Todes in einen Zustand bewusstloser Ruhe versetzt wird oder einschläft, wurde in der Vergangenheit von mehreren Sekten vertreten und ist heute noch eine Lieblingslehre sowohl der britischen Irvingianer (Vorgänger der Neuapostolischen Kirche) als auch der Zeugen Jehovas. Diese Lehre finden solche Menschen anziehend, die nur schwer an den Fortbestand des Bewusstseins nach dem Tod des Gehirns glauben können. Als biblische Belege führen sie Stellen an, in denen entweder der Tod als Schlaf bezeichnet wird (Matt. 9,24; Apg. 7,60; 1. Thess. 4,13) oder die Toten scheinbar als bewusstlos dargestellt werden (Ps. 6,6; 30,10; 115,17; 146,4). Aber der Tod wird nur deswegen mit dem Schlaf verglichen, weil es zwischen einer Leiche und einem Schlafenden gewisse Ähnlichkeit gibt; und die zweite Gruppe von Bibelstellen sagt nur aus, dass Tote nicht länger imstande sind, sich an den Aktivitäten der gegenwärtigen Welt zu beteiligen oder sie wahrzunehmen. Nach der Bibel sind Gläubige nach dem Tod sofort bei Bewusstsein und geniessen das ewige Leben (Lk. 16,19-31; 23,43; 2.Kor. 5,8; Phil. 1,23; Offb. 6,9).

d) Die Annihilationslehre und die Lehre von der bedingten Unsterblichkeit
Gemäss diesen Lehren werden die Gottlosen nach ihrem Tod entweder für immer vernichtet oder sie verlieren für immer das Bewusstsein. Nach der Annihilationslehre wurde der Mensch unsterblich geschaffen; die, die in ihrer Sünde verharren, werden durch ein Eingreifen Gottes um ihre Unsterblichkeit gebracht und zuletzt vernichtet. Nach der Lehre von der bedingten Unsterblichkeit wurde der Mensch jedoch sterblich geschaffen; nur Gläubige empfangen in Christus die Gabe der Unsterblichkeit. Die Gottlosen werden zuletzt völlig vernichtet oder verlieren für immer das Bewusstsein. Die Folgen sind in beiden Fällen gleich. Man sucht einen Hinweis auf diese Lehren in der Tatsache, dass die Bibel das ewige Leben als Geschenk Gottes in Christus darstellt (Joh. 10,27+28; Röm. 2,7; 6,23) und Sündern mit Tod und Vernichtung droht (Ps 73,27; Mal. 3,19; 2. Petr. 2,12). Aber die Bibel lehrt ganz eindeutig, dass auch Sünder weiterleben (Matt. 25,46; Offb. 14,11; 20,10) und dass die Gottlosen unterschiedlich bestraft werden (Lk. 12,47+48; Röm 2,12).

e) Eine zweite Chance
Einige Theologen vertreten die Ansicht, dass die Menschen, die in ihren Sünden sterben, nach dem Tod eine weitere Gelegenheit bekommen werden, Christus anzunehmen. Nach dieser Ansicht wird niemand umkommen, ohne eine günstige Gelegenheit bekommen zu haben, Jesus kennen zu lernen und anzunehmen. Die Befürworter dieser Ansicht berufen sich auf Bibelstellen wie Epheser 4,8+9, 1. Kor. 15,24-28; Phil. 2,9-11; Kol. 1,19+20; 1. Petr. 3,19; 4,6. Diese Stellen beweisen jedoch nicht, dass es nach dem Tod eine zweite Chance gibt, Christus anzunehmen. Im Gegenteil, der Zustand der Ungläubigen nach ihrem Tod wird in der Schrift durchgehend als unveränderlich dargestellt: Pred. 11,3; Lk. 16,19-31; Joh. 8,21.24; 2. Petr. 2,4.9; Jud. 1,7.13. Ihr Urteil hängt von dem ab, was sie "im Fleisch" getan haben (Matt. 7,22+23; 10,32+33; 25,34-36; 2. Kor. 5,9+10; 2. Thess. 1,8).

Bibelstellen: Der Schriftbeweis dafür,

a) dass der Tod eine Strafe für die Sünde ist:

[Röm 5,12] Deshalb, wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und der Tod durch die Sünde, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
[Röm 6,23] Denn der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn.

b) dass Gläubige über den Tod siegen:
[1Kor 15,55-57] Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?« Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!

c) dass Scheol bzw. Hades manchmal ein Ort der Strafe sein kann:
[Ps 9,18] Es werden zum Scheol umkehren die Gesetzlosen, alle Nationen, die Gottes vergessen.
[Spr 15,24] Der Weg des Lebens ist für den Einsichtigen aufwärts, damit er dem Scheol unten entgehe.
[Lk 16,23] Und in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war, sieht er Abraham von ferne und Lazarus in seinem Schoße.

d) dass Gläubige sofort nach ihrem Tod bei Christus sind:
[2Kor 5,8] wir sind aber gutes Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem Herrn sein.
[Phil 1,23] Ich werde aber von beidem bedrängt, indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christo zu sein, [denn] es ist weit {Eig. um vieles mehr} besser;

e) dass auch Ungläubige nach ihrem Tod weiterexistieren:
[Mt 25,46] Und diese werden hingehen in die ewige Pein, {O. Strafe} die Gerechten aber in das ewige Leben.
[Lk 12,47-48] Jener Knecht aber, der den Willen seines Herrn wußte und sich nicht bereitet, noch nach seinem Willen getan hat, wird mit vielen Schlägen geschlagen werden; wer ihn aber nicht wußte, aber getan hat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden. Jedem aber, dem viel gegeben ist - viel wird von ihm verlangt werden; und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man desto mehr fordern.
[Offb 14,11] Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit; und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht, die das Tier und sein Bild anbeten, und wenn jemand das Malzeichen seines Namens annimmt.

f) dass es nach dem Tod kein Entrinnen mehr gibt:
[Lk 16,26] Und zu diesem allem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, damit die, welche von hier zu euch hinübergehen wollen, nicht können, noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen.
[2Petr 2,9] Der Herr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts, um bestraft zu werden;


und der zweite Artikel:

Böhl, Eduard. Dogmatik; Mit einer Einleitung von Thomas Schirrmacher, Neuhausen/Stuttgart: Hänssler, 1995, S. 449-456. ISBN 3 77512287 7.

Die Fortdauer des Menschen nach dem Tod / Die Auferstehung der Toten

§ 83. Die Fortdauer des Menschen nach dem Tode
Die Gewissheit einer Fortdauer nach dem Tode liegt darin zureichend begründet, dass Gott den Menschen in seinem Bilde, nach seiner Gleichheit geschaffen hat. Demgemäß war auch die Seele von vornherein für eine ewige Dauer prädisponiert. In l. Mose l,26 liegt der Hauptgrund für die Annahme der Unsterblichkeit der Seele; und die Überzeugung davon ist eine auch in den heidnischen Religionen geläufige, und nicht etwas, das erst durch die göttliche Offenbarung den Menschen bekannt geworden wäre. Diese ewige Fortdauer gilt auch von den Gottlosen, aber das ewige Leben im biblischen Sinne dieses Wortes genießen sie nicht, sofern dieses ja stets den Nebenbegriff des Glücks und der Seligkeit hat. Indem nun der leibliche Tod das bestehende Verhältnis des Menschen zu Gott nicht wesentlich ändert, so bringt er, wie für die Glaubenden den Zustand der schon hier anfangenden Seligkeit (§ 72b), so für die Gottlosen eine Steigerung des Todes mit sich. Den Zustand des Todes empfinden die Gottlosen nach dem Verlust ihres Leibesorganes um so drückender, als ihnen jetzt das Gegengewicht des Sichtbaren fehlt. Was ihnen schon immer eignete, die Gottentfremdung oder der geistliche Tod, das enthüllt sich jetzt, nachdem ihnen das Licht des irdischen Lebens fehlt, in erschreckender Weise – und so werden sie jetzt vollends zu höchst unseligen Wesen. Der leibliche Tod tut ihrer Seele und deren Verhältnis zu Gott keine Gewalt an, sondern derselbe bringt, wie gesagt, für die Gottlosen eine Affirmation (=Bestätigung) desjenigen Zustandes mit sich, in welchem sie sich schon befanden. Sie befinden sich fortan, gemäß der biblischen Bildersprache, draußen, wo Heulen und Zähnklappen ist, wo ihr Gewissen sie beständig quält, also nicht im Himmel, nicht im friedvollen Anschauen Gottes versunken. Mt 5,22.29.30; 8,12; 22,13; 25,30; 2.Petr 2,9; Mk 9,44; Jes 66,24. Freilich direkte Schriftstellen, die diesen Zustand betreffen, gibt es nach Gottes weiser Anordnung wenige. Der reiche Mann in der Parabel Lk 16,24 dient noch am Besten zu veranschaulichen, was die Gottlosen zu leiden haben. Er befindet sich im Hades oder in der Scheol. Das ist der Ort der Bösen, von Gott bleibend Geschiedenen und somit der Qual Verfallenen, wo es ein Ende mit den fälschen Hoffnungen nimmt. Die deutlichste Stelle, welche die Gleichstellung von Scheol und Hölle lehrt, ist Hos 13,14. wo die Hölle als ein zu besiegender allerschlimmster Feind in Rede steht, von dem Israel losgekauft werden soll. Das wäre unrichtig, wenn die Scheol nur das alle in sich aufnehmende Totenreich überhaupt sein sollte.

Den vollen Ernst der Sache lehrt uns diese mit den sonstigen biblischen Vorstellungen nicht im Widerspruch stehende Parabel vom reichen Mann und armen Lazarus, die beide Söhne Abrahams waren: Lk 16,10 ff. Hier stehen der Freudenort und der Ort der Qual – Abrahams Schoß und der Hades – als diametrale Gegensätze einander gegenüber. Eine weite Kluft trennt den Hades und den Ort der Wonne, Abrahams Schoß, oder auch Paradies genannt. Lk 23,24. Daß daher die Scheol oder die Hölle vor Christus auch der Aufenthaltsort für die seligen Geister sei, ist ein übereilter Schluß aus übelverstandenen Psalmstellen. In den Psalmen, z.B. 6,16, oder Jes 38,18, wo über die Scheol geklagt wird, ist die momentane Lage der Sänger in Betracht zu ziehen. Daß es im Hades oder in der Hölle eine Möglichkeit der Besserung gebe, was manche Neuere annehmen, entbehrt des Schriftgrundes. Zunächst gibt schon Vater Abraham in jener Parabel Lk 16,29 die Antwort: sie haben Mose und die Propheten – laß sie dieselbigen hören. Das ist entscheidend. Wäre noch eine Besserung im Hades möglich, so würde auch der reiche Mann gar nicht solche exorbitante Forderung an Abraham richten, wie jene, dass er Lazarus entsenden solle, um seine Brüder zur Buße zu rufen. Wer nun diesen von Abraham angegebenen Weg nicht auf Erden betreten, auf dem bleibt der Zorn Gottes, der ist schon gerichtet, Job 3,18.36, oder den wird das Wort Jesu richten; Joh 12,48.

Das Endgericht nimmt auch allein auf dasjenige Rücksicht, was man vermittelst seines Leibes getan, nicht aber auf irgend welche Taten im Jenseits und nach dem Tode; 2.Kor 5,10. Ausdrücklich wird solche Besserungsfrist ausgeschlossen durch Hebr 9,27.28. Auf den Tod folgt als das nächste neue Moment das Gericht; nichts tritt mehr dazwischen. Die Stelle l. Petr 3,19 handelt von den Geistern, welche innerhalb der l. Mose 6,3 angegebenen Wartezeit von 120 -, Jahren lebten, nicht aber von einer Besserungsfrist im Jenseits. Die andere, oft missbrauchte Stelle l. Petr 4,6 geht auf die Verfolgungen, die auch die bereits verstorbenen Glieder der Gemeinde Christi zu erdulden gehabt haben. Wir müssen übersetzen: „mit solchem Resultat ward auch den Verstorbenen das Evangelium verkündigt, dass sie am Fleische nach Menschen (-meinung) gerichtet würden, aber nach Gott im Geiste lebten“. Sowie man eine solche Besserungsfrist im Jenseits zugestehen würde, so statuierte man die Willensfreiheit und müsste annehmen, dass Gott auf die eventuelle Bekehrung noch wartet; man alterierte dadurch folgerecht die Gnade Gottes und die Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben allein.

Wir müssen in diesem § auch noch etwas eingehender des Zustande« der Seligen gedenken. Wir haben schon in § 72b gesehen, dass die Seele nach dem Tod ein seliges Leben nur fortsetzt, das bereits hier anfangsweise begonnen war. Es fragt sich nun, ob diese Seligkeit vor der Auferstehung des Leibes von der Seligkeit nach derselben verschieden sei? Da ist zu sagen: dass diese Trennung der Seele vom Leibe immer noch ein Minus von Seligkeit einschließe, weil sie ein Überbleibsel aus der ersten Sünde ist. Seit dem Sündenfall trennte sich im Tod« der Leib von der Seele, und erst, wenn beide wiedervereint Gott loben, wird die letzte Spur jenes schweren Falles ausgewischt sein. Bis dahin genießt die Seele zwar der Seligkeit im Anschauen Gottes, aber sie wartet noch auf etwas, nämlich auf des Leibes Erlösung. Röm 8,23. Jedoch ist dieses Zuwarten der Seele des Gerechten nach dem Tode ein mit völliger Zuversicht verbundenes, wie etwa die glückliche Braut auf die Ankunft des Bräutigams wartet. Im übrigen ist kein weiterer Entwicklungsprozeß der Seele anzunehmen, sondern sie ist gleich nach überstandenem Todeskampf völlig Siegerin, sie ist im Paradiese. Lk 23,43; Joh 12,26; Apg 7,58.59. Weshalb die Gläubigen überhaupt noch sterben müssen, erledigt am einfachsten der Heidelb. Katech Fr. 42. „Unser Tod ist nicht eine Bezahlung für unsre Sünde, sondern nur eine Absterbung der Sünden und Eingang zum ewigen Leben“. Paulus verlangt, daheim zu sein bei dem Herrn, 2.Kor 5,8; vgl. Phil 1,22.23. Über den Zustand der Seele im Himmel können wir am täglichsten aus den Psalmen uns unterrichten : z.B. Ps 16,11; 17,15; an: „selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben – schon jetzt“; d.h. ganz abgesehen von dem, was zur Vollendung des Reiches Gottes dann noch weiter zu geschehen hat.


§ 85. Die Auferstehung der Toten
Der Leib, welchen wir hier auf Erden getragen, wird, durch die Kraft Christi auferweckt, mit der Seele wiederum vereint und dem verklärten Leibe Christi gleichförmig werden nach Phil 3,21. Solche Auferweckung hoffte schon Hiob 19,25f. vgl. PS 16,10; und weissagte Henochs und Elias Lebensausgang, ohne dass sie den Tod geschmeckt hatten, l. Mose 5; 2.Kön 2; besonders Hes 37,1-10; Jes 26,19; Hos 13,14; l .Kor 15,53-54; l. Thess 4,13-18. Hebr 11,19. Die volle Gewissheit solcher Auferstehung wird nun aber den Christen in besonderem Maße zuteil durch die Auferstehung ihres Heilandes. Dieselbe ist nicht ein bloßes Vorbild für die Auferstehung unseres Leibes: sondern deshalb, weil Christus unser Stellvertreter und unser Haupt ist, und die Gläubigen seine Glieder, so wird die Verklärung seines Leibes auch unserem Leibe zuteil werden, l .Kor 15,20ff. 48.49. Wie solche Auferweckung des Leibes nun aber zustande kommen kann, dafür hat schon Paulus in l .Kor 15,35ff. auf Gottes analoges Wirken in der Natur hingewiesen. Zunächst sagt er, dass es ganz in der Ordnung sei, wenn der menschliche Leib verwese: denn dies finde auch beim Saatkorn statt, das erst völlig sterben und sich auflösen muß, bevor etwas Neues entstehe. In gleicher Weise sei auch das Verwesen unseres Leibes nur die Vorbereitung auf ein Neues. Solchen verwesten Körnern gebe Gott dann einen Leib je nach ihrer Art. Und zwar disponiere Gott ja über die verschiedenartigsten Leiber, wie das bereits die natürliche Schöpfung lehre. Er habe herrliche und minder herrliche Leiber zu seiner Verfügung. V.39-41. Ist das nun der Fall, schafft er den Tieren ihren Leib, den Sternen den ihrigen und der Sonne den ihrigen, nun so möge man sich daraus eine Lehre auch für die Auferstehung unseres Leibes entnehmen. Gott kann dem aus dem Tode Erweckten alsdann selbst einen besseren Leib nach der Verwesung des alten verschaffen, nämlich einen geistlichen Leib, da ihm ja so viele zu Gebote stehen.

Was nun diesen geistlichen Leib betrifft, dessen Paulus in V.48 gedenkt, im Gegensatz zum irdischen psychischen Leib, so ist damit ein Leib gemeint, der sich völlig zum Organ des ihm einwohnenden Geistes eignet. Es ist das ein Leib, der frei ist vom vergänglichen Wesen des irdischen Leibes, der also die reine, ungetrübte Betätigung des Geistes zulässt. Um dies ins rechte Licht zu setzen, verweist uns der Apostel auf zwei Leibestypen, auf den Leib Adams und auf Christi Leib, den derselbe im Himmel hat (V.45ff-). Wir sind zunächst auch dem Leibe nach des ersten Adam Erben gewesen, und also werden wir nun auch Erben des zweiten Adam sein und zwar ebenfalls dem Leibe nach. Christus ist auch in diesem Punkte ein anderer und zweiter Adam, dass er unseren Leib ähnlich macht seinem herrlichen Leibe. Phil 3,21.

Bei aller Verschiedenheit der zwei Leiber bewahrt nun aber das höhere Leibesorgan, das der Mensch bei der Auferstehung erhält, die Kontinuität (das Band) mit dem gegenwärtigen Leibe des Menschen; der verklärte Leib wächst heraus aus einem irgendwie erhaltenen Samenkorn des verwesten Leibes. Dies folgt nach l. Kor 15 aus der Analogie des Leibes mit dem Samenkorn und aus der Tatsache, dass die am Ende der Welt noch Lebenden ohne Tod verwandelt werden, l .Kor 15,51; l . Thess 4,17. Es ist jener verklärte Leib so recht eigentlich als der unverhüllte Kern des irdischen Leibes anzusehen.

Das ganze Gepräge, die Physiognomie, die unser Leib hiernieden gewonnen, wird bewahrt bleiben, wenn auch verklärt und frei von den leiblichen Entstelllungen, die rein akzidentiell sind. Hierdurch wird dann auch das Wiedererkennen möglich, welches den Seligen zur höchsten Freude gereichen muß. Jedoch begeben wir uns hiermit schon auf ein Gebiet, von dem wir keine auf die Schrift sich gründende Vorstellung mehr haben, und wo das Dogma also seine Grenze findet.

Die bis dahin nicht Gestorbenen sollen nun am Ende der Welt sofort verwandelt werden und, ohne eine Vernichtung ihres gegenwärtigen Leibes durch den Tod zu erfahren, in den Zustand der Verklärung übergehen, l . Kor 15,51-54; l. Thess 4,17.

Wo im Neuen Testamente von der Auferstehung die Rede ist, da wird fast ausschließlich auf die Auferstehung der Gerechten und zum Leben gesehen, und ihre Verhältnisse werden angedeutet. Sie sind gleich den Engeln und Kinder Gottes, heißt es Lk 20,35. Die Lichtseite dieser Auferweckung der Toten wird also hervorgehoben. Von der Bedeutung, welche die Auferstehung für die Ungerechten hat, ist nur beiläufig die Rede. Dan 12, 2; Mt 10, 28; 5, 29; Apg 24, 15. Es ist aber die Auferstehung eine gleichzeitig einleitende und allgemeine, sowohl für die Gerechten als auch die Ungerechten. Dan 12,2; Mt 10,28; Apg 24,15; Joh 5,29. Über die Beschaffenheit des Leibes, den die Gottlosen empfangen, sagt die Schrift nichts. Aber selbstverständlich ist. Dass sie nicht einen verklärten Leib nach der Art des verklärten Leibes Christi erhalten werden. Vielmehr wird der Leib der Ungerechten das Gepräge ihres Vorlebens an sich tragen, wie das bei den Gerechten ebenso der Fall sein wird. Der Ungerechten Leib wird also den zerrütteten inneren Zustand abspiegeln, der einst auf Erden ihnen eigen war, nach dem Satz Gal 6,7: „was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Auch dieser neue Leib der Unseligen wird aber Unverweslichkeit haben, da er zur Ertragung ewiger Strafen bestimmt ist. Mt 25,41.46; Dan 12,2. Der göttlichen Gerechtigkeit ist es nur entsprechend, dass ihr nicht ihr Substrat entzogen wird. Den radikalen Unterschied zwischen beiden Klassen der Auferstandenen charakterisiert Joh 5,29; Dan 12,2, wonach die Auferstehung der Gerechten eine Auferstehung zum Leben ist, dagegen die Auferstehung der Ungerechten eine Auferstehung zum Gericht. Von dieser allgemeinen Totenauferweckung, verbunden mit der Verwandlung der Lebendigen, datiert aber zugleich die Überwindung und Vernichtung des Todes durch Christus, l .Kor 15,54.55; vgl. Hos 13,14. Dieselbe vollzieht sich durch die Auferweckung aller. Wir dürfen uns nicht vorstellen, dass Christus auf andere Weise mit dem Tode kämpfte, indem ja der Tod kein mythologisches Wesen, sondern ein Zustand ist. Der Tod ist hinsichtlich der Gläubigen auch betreffs ihres Leibes völlig und für immer aufgehoben. Hinsichtlich der Ungläubigen ist er zeitweilig aufgehoben, Offb 20,6.13.14; um dann als zweiter oder ewiger Tod (Offb 20,6.14) aufs neue und ewig über sie zu herrschen. Man steht im Bannkreise des Todes für immer.
Zuletzt geändert von C.K. am 07.08.2007 13:20, insgesamt 1-mal geändert.
SOLI DEO GLORIA!

Robert
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Beitrag von Robert »

Danke für diese beiden guten Beiträge.

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr
Das Buch von E.Böhl ist wieder neu erschienen bei RVB/VKW. Die ISBN sind 3-928936-82-4 oder3-922829-98-0.
Gruß und Segen vo $:P n :wink: Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,
grundsätzlich Danke für die Beiträge. Bei Böhl hoffe ich allerdings, daß das Buch sauberer ausgearbeitet ist, als dieses Exzerpt. Es wimmelt darin nur so von grammatikalischen Fehlern und sogar fehlerhaft angegebenen Stellen. Ein Beispiel: Lukas 23,43 statt wie angegeben Vers 24. Könntest Du da noch einmal im Buch selbst nachschauen, Joschie, ob das da auch so mangelhaft ist? Dann sehe ich nämlich von einem Kauf ab.
M.

€rni
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noch eine Buchempfehlung

Beitrag von €rni »

Hallo Mephiboscheth,

ein weiteres Buch möchte ich dir zu diesem Thema empfehlen: Das Jenseits von Rene Pache. Allerdings ist das nicht mehr erhältlich, aber bei Interesse könnte ich dir das Buch ausleihen.

Viele Grüße

€rni

C.K.
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Beitrag von C.K. »

Mephiboscheth hat geschrieben:Hallo,
grundsätzlich Danke für die Beiträge. Bei Böhl hoffe ich allerdings, daß das Buch sauberer ausgearbeitet ist, als dieses Exzerpt. Es wimmelt darin nur so von grammatikalischen Fehlern und sogar fehlerhaft angegebenen Stellen. Ein Beispiel: Lukas 23,43 statt wie angegeben Vers 24. Könntest Du da noch einmal im Buch selbst nachschauen, Joschie, ob das da auch so mangelhaft ist? Dann sehe ich nämlich von einem Kauf ab.
M.
Hallo Mephiboshet

Ich habe das oben Gepostete nun mit dem Buch verglichen - es sind beim Einscannen wohl einige kleine/grössere Fehler geschehen. Unten folgt der Text, der nun Wort für Wort mit dem Buch übereinstimmt, auch die Bibelstellen (hier hat sich aber nichts geändert). Die Fussnoten sind nicht berücksichtigt. Bezüglich grammatikalischer Fehler möchte ich darauf hinweisen, dass die Dogmatik Böhls aus dem Jahr 1887 stammt und einfach übernommen und nachgedruckt wurde!

Bei der Ausgabe von Hänssler steht im Vorwort:

Zur Gestaltung:
Der Text der Originalausgabe dieser Dogmatik wurde weitgehend der modernen Rechtschreibung angepasst. Abkürzungen wurden bisweilen ausgeschrieben, Jehova mit Jahwe wiedergegeben.

Einige längere Abschnitte, die nur von historischem Interesse sind und sich auf zeitgenössische Gegner Böhls beziehen, wurden nur im Kleindruch wiedergegeben und können übersprungen werden.

Alle Anmerkungen finden sich jeweils auf der selben Seite als Fusnoten, deren Zählung anders als im Original durchgehend ist. Einige Abschnitte des Originals - insbesondere die Vorrede Böhls von 1886 - sind in der Neuauflage nur als Fussnoten wiedergegeben.


Nun nochmals der Text mit den Richtigstellungen in rot.

Böhl, Eduard. Dogmatik; Mit einer Einleitung von Thomas Schirrmacher, Neuhausen/Stuttgart: Hänssler, 1995, S. 449-456. ISBN 3 77512287 7.

Die Fortdauer des Menschen nach dem Tod / Die Auferstehung der Toten

§ 83. Die Fortdauer des Menschen nach dem Tode
Die Gewissheit einer Fortdauer nach dem Tode liegt darin zureichend begründet, dass Gott den Menschen in seinem Bilde, nach seiner Gleichheit geschaffen hat. Demgemäß war auch die Seele von vornherein für eine ewige Dauer prädisponiert. In l. Mose l,26 liegt der Hauptgrund für die Annahme der Unsterblichkeit der Seele; und die Überzeugung davon ist eine auch in den heidnischen Religionen geläufige, und nicht etwas, das erst durch die göttliche Offenbarung den Menschen bekannt geworden wäre. Diese ewige Fortdauer gilt auch von den Gottlosen, aber das ewige Leben im biblischen Sinne dieses Wortes genießen sie nicht, sofern dieses ja stets den Nebenbegriff des Glücks und der Seligkeit hat. Indem nun der leibliche Tod das bestehende Verhältnis des Menschen zu Gott nicht wesentlich ändert, so bringt er, wie für die Glaubenden den Zustand der schon hier anfangenden Seligkeit (§ 72b), so für die Gottlosen eine Steigerung des Todes mit sich. Den Zustand des Todes empfinden die Gottlosen nach dem Verlust ihres Leibesorganes um so drückender, als ihnen jetzt das Gegengewicht des Sichtbaren fehlt. Was ihnen schon immer eignete, die Gottentfremdung oder der geistliche Tod, das enthüllt sich jetzt, nachdem ihnen das Licht des irdischen Lebens fehlt, in erschreckender Weise – und so werden sie jetzt vollends zu höchst unseligen Wesen. Der leibliche Tod tut ihrer Seele und deren Verhältnis zu Gott keine Gewalt an, sondern derselbe bringt, wie gesagt, für die Gottlosen eine Affirmation (=Bestätigung) desjenigen Zustandes mit sich, in welchem sie sich schon befanden. Sie befinden sich fortan, gemäß der biblischen Bildersprache, draußen, wo Heulen und Zähnklappen ist, wo ihr Gewissen sie beständig quält, also nicht im Himmel, nicht im friedvollen Anschauen Gottes versunken. Mt 5,22.29.30; 8,12; 22,13; 25,30; 2.Petr 2,9; Mk 9,44; Jes 66,24. Freilich direkte Schriftstellen, die diesen Zustand betreffen, gibt es nach Gottes weiser Anordnung wenige. Der reiche Mann in der Parabel Lk 16,24 dient noch am Besten zu veranschaulichen, was die Gottlosen zu leiden haben. Er befindet sich im Hades oder in der Scheol. Das ist der Ort der Bösen, von Gott bleibend Geschiedenen und somit der Qual Verfallenen, wo es ein Ende mit den falschen Hoffnungen nimmt. Die deutlichste Stelle, welche die Gleichstellung von Scheol und Hölle lehrt, ist Hos 13,14. wo die Hölle als ein zu besiegender allerschlimmster Feind in Rede steht, von dem Israel losgekauft werden soll. Das wäre unrichtig, wenn die Scheol nur das alle in sich aufnehmende Totenreich überhaupt sein sollte.

Den vollen Ernst der Sache lehrt uns diese mit den sonstigen biblischen Vorstellungen nicht im Widerspruch stehende Parabel vom reichen Mann und armen Lazarus, die beide Söhne Abrahams waren: Lk 16,10 ff. Hier stehen der Freudenort und der Ort der Qual – Abrahams Schoß und der Hades – als diametrale Gegensätze einander gegenüber. Eine weite Kluft trennt den Hades und den Ort der Wonne, Abrahams Schoß, oder auch Paradies genannt. Lk 23,24. Daß daher die Scheol oder die Hölle vor Christus auch der Aufenthaltsort für die seligen Geister sei, ist ein übereilter Schluß aus übelverstandenen Psalmstellen. In den Psalmen, z.B. 6,16, oder Jes 38,18, wo über die Scheol geklagt wird, ist die momentane Lage der Sänger in Betracht zu ziehen. Daß es im Hades oder in der Hölle eine Möglichkeit der Besserung gebe, was manche Neuere annehmen, entbehrt des Schriftgrundes. Zunächst gibt schon Vater Abraham in jener Parabel Lk 16,29 die Antwort: sie haben Mose und die Propheten – laß sie dieselbigen hören. Das ist entscheidend. Wäre noch eine Besserung im Hades möglich, so würde auch der reiche Mann gar nicht solche exorbitante Forderung an Abraham richten, wie jene, dass er Lazarus entsenden solle, um seine Brüder zur Buße zu rufen. Wer nun diesen von Abraham angegebenen Weg nicht auf Erden betreten, auf dem bleibt der Zorn Gottes, der ist schon gerichtet, Joh 3,18.36, oder den wird das Wort Jesu richten; Joh 12,48.

Das Endgericht nimmt auch allein auf dasjenige Rücksicht, was man vermittelst seines Leibes getan, nicht aber auf irgend welche Taten im Jenseits und nach dem Tode; 2.Kor 5,10. Ausdrücklich wird solche Besserungsfrist ausgeschlossen durch Hebr 9,27.28. Auf den Tod folgt als das nächste neue Moment das Gericht; nichts tritt mehr dazwischen. Die Stelle l. Petr 3,19 handelt von den Geistern, welche innerhalb der l. Mose 6,3 angegebenen Wartezeit von 120 Jahren lebten, nicht aber von einer Besserungsfrist im Jenseits. Die andere, oft missbrauchte Stelle l. Petr 4,6 geht auf die Verfolgungen, die auch die bereits verstorbenen Glieder der Gemeinde Christi zu erdulden gehabt haben. Wir müssen übersetzen: „mit solchem Resultat ward auch den Verstorbenen das Evangelium verkündigt, dass sie am Fleische nach Menschen (-meinung) gerichtet würden, aber nach Gott im Geiste lebten“. Sowie man eine solche Besserungsfrist im Jenseits zugestehen würde, so statuierte man die Willensfreiheit und müsste annehmen, dass Gott auf die eventuelle Bekehrung noch wartet; man alterierte dadurch folgerecht die Gnade Gottes und die Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben allein.

Wir müssen in diesem § auch noch etwas eingehender des Zustande der Seligen gedenken. Wir haben schon in § 72b gesehen, dass die Seele nach dem Tod ein seliges Leben nur fortsetzt, das bereits hier anfangsweise begonnen war. Es fragt sich nun, ob diese Seligkeit vor der Auferstehung des Leibes von der Seligkeit nach derselben verschieden sei? Da ist zu sagen: dass diese Trennung der Seele vom Leibe immer noch ein Minus von Seligkeit einschließt, weil sie ein Überbleibsel aus der ersten Sünde ist. Seit dem Sündenfall trennte sich im Tode der Leib von der Seele, und erst, wenn beide wiedervereint Gott loben, wird die letzte Spur jenes schweren Falles ausgewischt sein. Bis dahin genießt die Seele zwar der Seligkeit im Anschauen Gottes, aber sie wartet noch auf etwas, nämlich auf des Leibes Erlösung. Röm 8,23. Jedoch ist dieses Zuwarten der Seele des Gerechten nach dem Tode ein mit völliger Zuversicht verbundenes, wie etwa die glückliche Braut auf die Ankunft des Bräutigams wartet. Im übrigen ist kein weiterer Entwicklungsprozeß der Seele anzunehmen, sondern sie ist gleich nach überstandenem Todeskampf völlig Siegerin, sie ist im Paradiese. Lk 23,43; Joh 12,26; Apg 7,58.59. Weshalb die Gläubigen überhaupt noch sterben müssen, erledigt am einfachsten der Heidelb. Katech Fr. 42. „Unser Tod ist nicht eine Bezahlung für unsre Sünde, sondern nur eine Absterbung der Sünden und Eingang zum ewigen Leben“. Paulus verlangt, daheim zu sein bei dem Herrn, 2.Kor 5,8; vgl. Phil 1,22.23. Über den Zustand der Seele im Himmel können wir am glichsten aus den Psalmen uns unterrichten : z.B. Ps 16,11; 17,15; 73,24. In Offb 14,13 preist Johannes die Toten selig vom Moment des Todes an: „selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben – schon jetzt“; d.h. ganz abgesehen von dem, was zur Vollendung des Reiches Gottes dann noch weiter zu geschehen hat.


§ 85. Die Auferstehung der Toten
Der Leib, welchen wir hier auf Erden getragen, wird, durch die Kraft Christi auferweckt, mit der Seele wiederum vereint und dem verklärten Leibe Christi gleichförmig werden nach Phil 3,21. Solche Auferweckung hoffte schon Hiob 19,25f. vgl. Ps 16,10; und weissagte Henochs und Elias Lebensausgang, ohne dass sie den Tod geschmeckt hatten, l. Mose 5; 2.Kön 2; besonders Hes 37,1-10; Jes 26,19; Hos 13,14; l .Kor 15,53-54; l. Thess 4,13-18. Hebr 11,19. Die volle Gewissheit solcher Auferstehung wird nun aber den Christen in besonderem Maße zuteil durch die Auferstehung ihres Heilandes. Dieselbe ist nicht ein bloßes Vorbild für die Auferstehung unseres Leibes: sondern deshalb, weil Christus unser Stellvertreter und unser Haupt ist, und die Gläubigen seine Glieder, so wird die Verklärung seines Leibes auch unserem Leibe zuteil werden, l .Kor 15,20ff. 48.49. Wie solche Auferweckung des Leibes nun aber zustande kommen kann, dafür hat schon Paulus in l .Kor 15,35ff. auf Gottes analoges Wirken in der Natur hingewiesen. Zunächst sagt er, dass es ganz in der Ordnung sei, wenn der menschliche Leib verwese: denn dies finde auch beim Saatkorn statt, das erst völlig sterben und sich auflösen muß, bevor etwas Neues entstehe. In gleicher Weise sei auch das Verwesen unseres Leibes nur die Vorbereitung auf ein Neues. Solchen verwesten Körnern gebe Gott dann einen Leib je nach ihrer Art. Und zwar disponiere Gott ja über die verschiedenartigsten Leiber, wie das bereits die natürliche Schöpfung lehre. Er habe herrliche und minder herrliche Leiber zu seiner Verfügung. V.39-41. Ist das nun der Fall, schafft er den Tieren ihren Leib, den Sternen den ihrigen und der Sonne den ihrigen, nun so möge man sich daraus eine Lehre auch für die Auferstehung unseres Leibes entnehmen. Gott kann dem aus dem Tode Erweckten alsdann selbst einen besseren Leib nach der Verwesung des alten verschaffen, nämlich einen geistlichen Leib, da ihm ja so viele zu Gebote stehen.

Was nun diesen geistlichen Leib betrifft, dessen Paulus in V.48 gedenkt, im Gegensatz zum irdischen psychischen Leib, so ist damit ein Leib gemeint, der sich völlig zum Organ des ihm einwohnenden Geistes eignet. Es ist das ein Leib, der frei ist vom vergänglichen Wesen des irdischen Leibes, der also die reine, ungetrübte Betätigung des Geistes zulässt. Um dies ins rechte Licht zu setzen, verweist uns der Apostel auf zwei Leibestypen, auf den Leib Adams und auf Christi Leib, den derselbe im Himmel hat (V.45ff-). Wir sind zunächst auch dem Leibe nach des ersten Adam Erben gewesen, und also werden wir nun auch Erben des zweiten Adam sein und zwar ebenfalls dem Leibe nach. Christus ist auch in diesem Punkte ein anderer und zweiter Adam, dass er unseren Leib ähnlich macht seinem herrlichen Leibe. Phil 3,21.

Bei aller Verschiedenheit der zwei Leiber bewahrt nun aber das höhere Leibesorgan, das der Mensch bei der Auferstehung erhält, die Kontinuität (das Band) mit dem gegenwärtigen Leibe des Menschen; der verklärte Leib wächst heraus aus einem irgendwie erhaltenen Samenkorn des verwesten Leibes. Dies folgt nach l. Kor 15 aus der Analogie des Leibes mit dem Samenkorn und aus der Tatsache, dass die am Ende der Welt noch Lebenden ohne Tod verwandelt werden, l .Kor 15,51; l . Thess 4,17. Es ist jener verklärte Leib so recht eigentlich als der unverhüllte Kern des irdischen Leibes anzusehen.

Das ganze Gepräge, die Physiognomie, die unser Leib hiernieden gewonnen, wird bewahrt bleiben, wenn auch verklärt und frei von den leiblichen Entstellungen, die rein akzidentiell sind. Hierdurch wird dann auch das Wiedererkennen möglich, welches den Seligen zur höchsten Freude gereichen muß. Jedoch begeben wir uns hiermit schon auf ein Gebiet, von dem wir keine auf die Schrift sich gründende Vorstellung mehr haben, und wo das Dogma also seine Grenze findet.

Die bis dahin nicht Gestorbenen sollen nun am Ende der Welt sofort verwandelt werden und, ohne eine Vernichtung ihres gegenwärtigen Leibes durch den Tod zu erfahren, in den Zustand der Verklärung übergehen, l . Kor 15,51-54; l. Thess 4,17.

Wo im Neuen Testamente von der Auferstehung die Rede ist, da wird fast ausschließlich auf die Auferstehung der Gerechten und zum Leben gesehen, und ihre Verhältnisse werden angedeutet. Sie sind gleich den Engeln und Kinder Gottes, heißt es Lk 20,35. Die Lichtseite dieser Auferweckung der Toten wird also hervorgehoben. Von der Bedeutung, welche die Auferstehung für die Ungerechten hat, ist nur beiläufig die Rede. Dan 12, 2; Mt 10, 28; 5, 29; Apg 24, 15. Es ist aber die Auferstehung eine gleichzeitig einleitende und allgemeine, sowohl für die Gerechten als auch die Ungerechten. Dan 12,2; Mt 10,28; Apg 24,15; Joh 5,29. Über die Beschaffenheit des Leibes, den die Gottlosen empfangen, sagt die Schrift nichts. Aber selbstverständlich ist, dass sie nicht einen verklärten Leib nach der Art des verklärten Leibes Christi erhalten werden. Vielmehr wird der Leib der Ungerechten das Gepräge ihres Vorlebens an sich tragen, wie das bei den Gerechten ebenso der Fall sein wird. Der Ungerechten Leib wird also den zerrütteten inneren Zustand abspiegeln, der einst auf Erden ihnen eigen war, nach dem Satz Gal 6,7: „was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Auch dieser neue Leib der Unseligen wird aber Unverweslichkeit haben, da er zur Ertragung ewiger Strafen bestimmt ist. Mt 25,41.46; Dan 12,2. Der göttlichen Gerechtigkeit ist es nur entsprechend, dass ihr nicht ihr Substrat entzogen wird. Den radikalen Unterschied zwischen beiden Klassen der Auferstandenen charakterisiert Joh 5,29; Dan 12,2, wonach die Auferstehung der Gerechten eine Auferstehung zum Leben ist, dagegen die Auferstehung der Ungerechten eine Auferstehung zum Gericht. Von dieser allgemeinen Totenauferweckung, verbunden mit der Verwandlung der Lebendigen, datiert aber zugleich die Überwindung und Vernichtung des Todes durch Christus, l .Kor 15,54.55; vgl. Hos 13,14. Dieselbe vollzieht sich durch die Auferweckung aller. Wir dürfen uns nicht vorstellen, dass Christus auf andere Weise mit dem Tode kämpfte, indem ja der Tod kein mythologisches Wesen, sondern ein Zustand ist. Der Tod ist hinsichtlich der Gläubigen auch betreffs ihres Leibes völlig und für immer aufgehoben. Hinsichtlich der Ungläubigen ist er zeitweilig aufgehoben, Offb 20,6.13.14; um dann als zweiter oder ewiger Tod (Offb 20,6.14) aufs neue und ewig über sie zu herrschen. Man steht im Bannkreise des Todes für immer.
SOLI DEO GLORIA!

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo
zu Böhl, Eduard: zweiter Absatz Lukas 23,24. Schlag mal auf und schau, ob der Vers in den Kontext paßt.
M.

C.K.
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Beitrag von C.K. »

Mephiboscheth hat geschrieben:Hallo
zu Böhl, Eduard: zweiter Absatz Lukas 23,24. Schlag mal auf und schau, ob der Vers in den Kontext paßt.
M.
Das passt tatsächlich überhaupt nicht - ist aber so abgedruckt.

Nun müsste man wissen, ob es in der Originalausgabe von 1886/87 auch so gedruckt ist, oder ob die "Neu-Aufleger" es falsch abgetippt haben....

Jaja, Korrektur-Lesen ist halt so eine Sache... :roll:
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Pilger Andreas
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Beitrag von Pilger Andreas »

C.K. hat geschrieben:
Mephiboscheth hat geschrieben:Hallo
zu Böhl, Eduard: zweiter Absatz Lukas 23,24. Schlag mal auf und schau, ob der Vers in den Kontext paßt.
M.
Das passt tatsächlich überhaupt nicht - ist aber so abgedruckt.

Nun müsste man wissen, ob es in der Originalausgabe von 1886/87 auch so gedruckt ist, oder ob die "Neu-Aufleger" es falsch abgetippt haben....
Findet sich auch so im Orirginal.

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