Was bedeutet Gnade??

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Anton
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Beitrag von Anton »

Hallo liebe Geschwister,

Martin sprach bereits die erste Erwähnung von Gnade im Zusammenhang mit Noah an. Das ist in der Tat ein sehr bedeutender Abschnitt.
Ich möchte dazu aber noch folgendes bemerken:

Warum fand Noah Gnade in den Augen des HERRN?
Es ist wichtig zu beachten, dass das Buch Genesis (1.Mose) sich selbst in 11 Abschnitte gliedert. Bis auf den ersten Abschnitt beginnen alle mit der Wendung "Dies ist die Geschichte von ..."
Vers 6,8 bildet daher den Abschluß des dritten Abschnitts in Genesis!

Was ist der Inhalt des dritten Abschnitts in Genesis (1.Mose 5,1-6,8)?
A) Die Nachkommen Adams von Seth bis Noah
B) Die Bosheit der Menschen

Lesen wir jetzt mal bitte den Vers 6,8 in seinem Kontext:
1.Mose 6,5-8
»Als aber der HERR sah, dass die Bosheit des Menschen sehr groß war auf der Erde und alles Trachten der Gedanken seines Herzens allezeit nur böse, da reute es den HERRN, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es betrübte ihn in seinem Herzen.
Und der HERR sprach: „Ich will den Menschen, den ich erschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, vom Menschen an bis zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln des Himmels; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe!“
Noah aber fand Gnade in den Augen des HERRN.«

Warum fand Noah Gnade in den Augen des HERRN?
Die Antwort ist allein in Gott begründet!

War Noah besser als die anderen Menschen - hat er sich besonders hervorgetan?
Davon lesen wir nichts! Eher im Gegenteil (vgl. 9,18ff.).

Zusammengefasst
Der Zusammenhang von Vers 6,8 zeigt, dass Noah im Gegensatz zu den anderen bösen Menschen bei Gott Gnade fand.
Daher sind die Verse 6,9ff. als Folge dieser Gnade zu sehen und nicht als Begründung!!
Gnade ist kein Verdienst!
Gnade erhält ein Mensch nicht wegen guter Werke, sondern trotz seiner bösen.

Liebe Grüße,
Anton
Zuletzt geändert von Anton am 13.07.2008 15:03, insgesamt 2-mal geändert.
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Gast

Beitrag von Gast »

lutz hat geschrieben:Was ist Gnade?

Apg. 20, 24: " ... Zeugnis für die Heilsbotschaft von der Gnade Gottes abzulegen."
Das Evangelium ist untrennbar mit dem Verständnis von der Gnade Gottes verknüpft.
Und hier merken wir immer wieder, wie die Meinungen gehörig auseinander gehen.
Ist das Verständnis von der Gnade Gottes nicht konsequent Seinem Wort entnommen, dann haben wir sofort eine Veränderung des Evangeliums und umgekehrt.
Genau so ist es Lutz! Allerdings lehrt die Schrift etwas anderes ueber die Gnade Gottes denn Du denkst. Sie lehrt naemlich dass der Errettungwille universal ist.
lutz hat geschrieben:
Die Frage nach der Erlangung des Heils betrifft alle Religionen und Weltanschauungen.
Das Einzigartige am Christentum besteht in dieser Beziehung darin, dass es keine Selbsterlösungsreligion ist.
Gott ist der allein Handelnde und der alleinige Garant für das Gelingen.
ER macht sich nicht abhängig von fehlbaren, unzuverlässigen Menschen. In Gottes Wort finden wir genug Beschreibungen über die Willigkeit, Treue, Selbstdisziplin, Gehorsam, "Glauben" ... des Menschen.
Jeder, der sich selbst im Lichte von Gottes Wahrheit erkennen durfte - weiß, welche Katastrophe es bedeutet, wenn das Heil von ihm und seiner Entscheidung, ja selbst von seinem Glauben abhinge ...
Auch das ist absolut richtig. Hier spricht den zweiten Teil der biblischen Lehre von der Gnade Gottes: sola gratia. Einer Lehre, der ich in keinem meiner Postings auch nur jemals widersprochen habe.

lutz hat geschrieben:
Martin Luther hat wohl die humanistischen Ansichten des Desiderius Erasmus mit dem Schwert (Bibel) zerschlagen. Trotzdem folgen die Meisten der humanistischen Gesinnung des Erasmus, ja selbst in der lutherischen Kirche hielt diese durch Melanchthon nach Luthers Tod wieder Einzug. Die Kirchengeschichte zeigt immer wieder, wie versucht wurde aus der biblischen Lehre eine Selbsterlösungsreligion zu machen. Die Mehrheitsmeinung (und sei sie noch so historisch-christlich) ist in dieser Frage nicht empfehlenswert.
Auch das ist alles richtig! Allerdings unterstellst Du hier - voellig falsch! - das Luther mit seinen Ausfuehrungen zur Gebundenheit des Willens, die calvinistische Lehre vom begrenzten Suehneopfer, doppelter Praedestination und der unwiderstehbaren Gnade vertrat oder impliziert hat. Luther selber und die noch nicht vom melanchthonischen Synkretismus vergiftete lutherische Orthodoxie, hat ganz klar

die Lehre der gratia universalis UND
die Lehre der sola gratia

vertreten. Das koennt ihr ja ablehnen und fuer unlogisch und unhaltbar erklaeren, aber hoert bitte auf Luther als Zeugen fuer den calvinistischen Wahnsinn zu verwenden. Luther war kein Calvinist!
Zuletzt geändert von Gast am 13.07.2008 09:23, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitrag von Gast »

A.R. hat geschrieben:Ist mir gerade noch eingefallen...

Wenn du sagst
Das heisst es ist nicht der verwerfende Ratschluss Gottes, der die Wirksamkeit des Suehneopfers JEsu beschraenkt, sondern der Unglaube des Menschen.


und das Evangelium nach Johannes sagt:

Joh 6,29 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Dies ist das Werk Gottes, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat.

Dann hast du doch im Prinzip genau gesagt, dass eigentlich nicht der Mensch, sondern Gott selbst, da er den Glauben bewirkt, das Sühneopfer "beschränkt", du weißt nur noch nicht von deinem Glück...

Gott wirkt den Glauben durch seine Mittel (Wort und Sakrament) aber der Mensch kann der Wirksamkeit des heiligen Geistes widerstehen. Wirkt Gott durch Mittel kann ihm widerstanden werden. Der Mensch hat keinen freien Willen sich fuer Gott zu entscheiden oder sich Gott zuzuwenden aber sehr wohl den freien Willen sich gegen Gott zu wenden. Das bezeugt die Schrift immer wieder.

Eine unwiderstehbare Gnade gibt es nicht. Gratia conversionis resistibilis est, d.h. dass der Bekehrungsgnade kann widerstanden werden.
Mat 23:37 Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein unter die Flügel sammelt, aber ihr habt nicht gewollt!

Act 7:51 Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herzen und Ohren! Ihr widerstrebet allezeit dem heiligen Geiste; wie eure Väter, also auch ihr!
[/quote]

lutz
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Beitrag von lutz »

Hallo Till,

dass Luther "Calvinist" wäre - habe ich nie behauptet (mal abgesehen davon, dass der Begriff "Calvinist" ein schwammiger ist).
In der totalen Verderbtheit des Menschen und in der totalen Unfähigkeit des Menschen selbst das Heil zu erlangen - darin stimmen sie (Luther und Calvin) überein (soviel ich weiß).

Standen Luther und Calvin in ihrem Verständnis von der Gnade Gottes irgendwo konträr zueinander?

In Luthers Schrift "Vom unfreien Willen" (Auseinandersetzung mit Erasmus - 1525) lese ich Folgendes:

"Man höre nur: Du (Erasmus) predigst dass man lernen müsse, Gottes Wille sei unveränderlich, zu wissen, dass sein Vorherwissen unveränderlich sei, verbietest Du aber. Oder glaubst du, dass er etwas vorherweiß, ohne es zu wollen, oder dass er etwas will, ohne es zu wissen? Wenn er es wollend vorherweiß, so ist sein Wille (weil er zu seiner Natur gehört) ewig und unveränderlich, wenn er etwas vorherwissend will, so ist sein Wissen (weil es zu seiner Natur gehört) ewig und unveränderlich."
"Denn der Wille Gottes ist wirksam, er kann nicht gehindert werden, denn er ist Gottes natürliche Wirkungsmacht."
"Wer wird glauben, sagst Du, dass er von Gott geliebt werde? Darauf antworte ich: kein einziger Mensch wird es glauben, und keiner wird auch (von sich aus) dazu imstande sein. Die Auserwählten aber werden es glauben, die übrigen werden ohne zu glauben untergehen, zornig und Gott lästernd, ..."
"Wer aber wirklich nicht daran zweifelt, dass alles vom Willen Gottes abhänge, der verzweifelt völlig an sich selbst, wählt nichts eigenes, sondern erwartet den alles wirkenden Gott. Der ist am nächsten der Gnade und der Seligkeit."
"Hier liegt die höchste Stufe des Glaubens vor: zu glauben, dass er gnädig ist, der so wenige rettet und so viele verdammt, zu glauben, dass er gerecht ist, der durch seinen eigenen Willen uns notwendig verdammenswert macht, so dass es scheint, wie Erasmus sagt, dass er an den Qualen der Unglücklichen Gefallen habe und mehr Hass als Liebe verdiene."

Kannst du in einem Vergleich der Auslegungen zum Römerbrief zeigen, an welchen Stellen Luther konträre Aussagen zu Calvin macht und das Ganze in den Bereich "Kirchengeschichte" verlegen?

Lutz

Gast

Beitrag von Gast »

lutz hat geschrieben:Hallo Till,

dass Luther "Calvinist" wäre - habe ich nie behauptet (mal abgesehen davon, dass der Begriff "Calvinist" ein schwammiger ist).
In der totalen Verderbtheit des Menschen und in der totalen Unfähigkeit des Menschen selbst das Heil zu erlangen - darin stimmen sie (Luther und Calvin) überein (soviel ich weiß).
Absolut ja!
lutz hat geschrieben: Standen Luther und Calvin in ihrem Verständnis von der Gnade Gottes irgendwo konträr zueinander?
Es macht wahrscheinlich mehr Sinn bestimmte, fest definierte Lehren zu vergleichen als die Personen Luther und Calvin selber. Also vergleichen wir die Lehre der lutherischen Bekenntnisschriften der Konkordienformel (die ist nicht Philippisch!!) und der reformierten Bekenntnisse von Heidelberg, Westminster und Dort. Und da gibt es sehr wohl und erhebliche Unterschiede in der Auffassung von Gottes Gnade. Beide Lehren sind 100% monergistisch, d.h. vertreten fest, dass Gott die Errettung des Menschen wirkt = sola gratia. Aber genauso fest haelt die lutherische Orthodoxie im Gegensatz zum 5-Punkte Tulipismus daran fest, dass die Gnade Gottes allen Menschen gilt, d.h. dass Jesus fuer alle Menschen gestorben ist und Gott die Errettung aller Menschen will = gratia universalis.

Siehe dazu den Artikel "The Meaning of Grace"

http://www.presenttruthmag.com/archive/XXVI/26-3.htm

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Anton
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Beitrag von Anton »

Ich möchte hier kurz hinweisen, dass man viele Predigten und Schriften Luthers auf folgender Adresse kostenlos herunterladen kann:

Vom unfreien Willen
Vorrede zum Römerbrief
Übersicht auf Sermon-Online.de

Viele liebe Grüße,
Anton
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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Anton,
du hast geschrieben:
Lesen wir jetzt mal bitte den Vers 6,8 in seinem Kontext:
1.Mose 6,5-8
»Als aber der HERR sah, dass die Bosheit des Menschen sehr groß war auf der Erde und alles Trachten der Gedanken seines Herzens allezeit nur böse, da reute es den HERRN, dass er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es betrübte ihn in seinem Herzen.
Und der HERR sprach: „Ich will den Menschen, den ich erschaffen habe, vom Erdboden vertilgen, vom Menschen an bis zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln des Himmels; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe!“
Noah aber fand Gnade in den Augen des HERRN.«

Warum fand Noah Gnade in den Augen des HERRN?
Die Antwort ist allein in Gott begründet!

War Noah besser als die anderen Menschen - hat er sich besonders hervorgetan?
Davon lesen wir nichts! Eher im Gegenteil (vgl. 9,18ff.).

Zusammengefasst
Der Zusammenhang von Vers 6,8 zeigt, dass Noah im Gegensatz zu den anderen bösen Menschen bei Gott Gnade fand.
Daher sind die Verse 6,9ff. als Folge dieser Gnade zu sehen und nicht als Begründung!!
Gnade ist kein Verdienst!
Gnade erhält ein Mensch nicht wegen guter Werke, sondern trotz seiner bösen.
Du betreibst hier "Eisegese", d.h. legst in den Text deine Auffassung hinein, um genau jene als Bestätigung zu erhalten. Die Begründung, warum Noah Gnade fand wird mit dem Lebenswandel des Noah begründet. Die Annahme, dass die Gnade Gottes den guten Lebenswandel des Noah bewirkte hingegen steht nirgends.

Martin

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Anton
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Beitrag von Anton »

Hallo Martin,
mh-ing hat geschrieben:Die Begründung, warum Noah Gnade fand wird mit dem Lebenswandel des Noah begründet.
Demnach geschieht Rettung aus Werken und ist von uns abhängig :!:

Und dass Vers 6,8 und 6,9 NICHT unmittelbar zusammengehören, findest du belanglos, richtig?
Dafür hältst du meine Auslegung und die vieler fähiger und begnadeter Theologen für Eisegese...

Epheser 2,4-10
»Gott aber, der reich ist an Erbarmen, hat um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat [Die Begründung!], auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht - aus Gnade seid ihr errettet! - und hat uns mitauferweckt und mitversetzt in die himmlischen [Regionen] in Christus Jesus, damit er in den kommenden Weltzeiten den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweise in Christus Jesus. Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch - Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen

Römer 3,24
»so dass sie ohne Verdienst gerechtfertigt werden durch seine Gnade aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist.«

Liebe Grüße,
Anton
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Gast

Beitrag von Gast »

Anton hat geschrieben:Hallo Martin,
mh-ing hat geschrieben:Die Begründung, warum Noah Gnade fand wird mit dem Lebenswandel des Noah begründet.
Demnach geschieht Rettung aus Werken und ist von uns abhängig :!:
Anton, Noah ist ein Bild auf Christus. So wie Noahs ganze Familie durch die Gerechtigkeit Noahs gerettet wurde, so werden wir durch die Gerechtigkeit Jesu gerettet.

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Anton, bezüglich deinem Posting:
Demnach geschieht Rettung aus Werken und ist von uns abhängig
Rettung geschieht aus der Gnade Gottes, uns seinen Sohn als vollkommenes Opfer zu unserer Errettung anzubieten

abhängig von uns ist es, dieses Opfer anzunehmen oder von uns zu weisen

Rettung erfolgt daher aus der Gnade Gottes durch das Opfer Christi. Errettet werden wir aber erst, wenn wir dieses Opfer annehmen und uns im Glauben mit in den Tod Christi begeben. Das Annehmen des Opfers Christi ist hier weder Verdienst noch Werk sondern nur eine Antwort auf eine gestellte Frage Gottes.
Indem ihr (calvinistisch orientierte Christen) diese Antwort zum Werk macht, bringt ihr diese Dinge nicht zusammen und kommt so zu euren Schlüssen.

Beispiel: Ist es mein Verdienst und mein Werk, wenn mir jemand, wenn ich Schuldner bin, Geld anbietet, dass ich diese Schulden los werde? Kann ich mich der Annahme dieses Geldes rühmen als mein Werk oder mein Verdienst? Müsste ich nicht vielmehr in Dankbarkeit diese Gnade loben und anerkennen?

Genau in dieser Sicht macht der von dir zitierte Abschnitt aus Eph. 2 komplett Sinn.

Martin

lutz
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Beitrag von lutz »

Hallo Martin,

das Problem sehe ich eigentlich nicht so sehr darin, ob der Glaube nun ein Werk ist oder nicht.
Sondern das Problem liegt doch darin, woher der Glaube kommt und hier muss doch eine saubere Exegese her.

Wenn ich bei deinem Beispiel vom Schuldner bleibe, könnte ich auch so argumentieren:
Derjenige, der Geld anbietet ist gleichzeitig der Richter, der zornig ist. Was nützt dem Schuldner ein Angebot, wenn er nur den zornigen Richter sieht und nie und nimmer glauben kann, dass derselbe ihm gnädig Geld anbietet?
(Die Gesinnung des Schuldners gegenüber seinem Richter wäre auch noch zu betrachten.)

Wo kommt dem Schuldner der Glaube her? Wo kommt ihm die Zuversicht her, dass der zornige Richter ihm tatsächlich gnädig sein will? Wo kommt ihm das Vertrauen her, dass er nicht doch verdient gerichtet, sondern unverdient begnadigt wird?

Ist dieser Glaube nicht da, dann geht der Schuldner nicht hin. Denn das Einzige, was er zu empfangen meint, ist Verurteilung.
Ist der Glaube nicht da, dann kehrt er nicht um, dann sieht er zu, dass er wegkommt.
Ist der Glaube nicht da, dann kann er nur überleben, wenn er den Richter tötet oder sein Urteil über ihn umstößt.

Woher hatte Noah den Glauben?
"Ohne Glauben aber kann man (Gott) unmöglich wohlgefallen; denn wer sich Gott nahen will, muss glauben, dass es einen Gott gibt und dass er denen, die ihn suchen, ihren Lohn zukommen lässt. - Durch Glauben hat Noah, .... und ist ein Erbe der glaubensgemäßen Gerechtigkeit geworden." (Hebr. 11, 6.7)

Würde Gottes Wort keine Antwort auf solche Fragen geben, ja, dann müssten wir sofort aufhören - denn dann würden wir im Reich der Spekulationen enden.

Lutz

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Lutz,
du kommst auf den Punkt des Problems. Wer bewirkt den Glauben, der zur Errettung führt? Man kann nun sagen, dass, wenn Gott nicht zieht, es keine Errettung gibt und damit die Sache als Automatismus bezeichnen, d.h. Gott bewirkt diesen Glauben und das ist eigentlich die Gnade.

Diese Sicht übersieht aber doch einige sehr wichtige Darstellungen im Wort:
Wenn denn dieser Automatismus so da wäre (Gott bewirkt den Glauben im Menschen, so dass dieser automatisch und unwiderstehlich sich bekehrt), dann gibt es keine Verlorenen und Verdammten, weil eben die Errettung aller der Wunsch und das Ziel Gottes ist. Es gibt viele Bibelstellen, die darlegen, dass eben Gott nicht will, dass der Gottlose verloren geht. Ebenso jubeln die Engel über die Umkehr eines Sünders mehr als über 100 Gerechte .... Die Stelle aus 1. Tim. 2 ist auch klar und deutlich
1Tim 2,4 welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.
Daher:
Der Wille und die Absicht Gottes ist die Errettung aller, nicht der Untergang des Gottlosen.

Wenn es also diesen oben beschriebenen Automatismus gäbe, müssten alle sich bekehren und keiner verloren gehen. Da dies nicht der Fall ist, kann es diesen Automatismus nicht geben oder es ist nicht der Wille Gottes, alle Menschen zu erretten.

Was also ist die Absicht Gottes? Was ist sein Wille?

Wenn du diese Frage klar beantwortest, ist der Rest auch zu klären.

Martin

Gast

Beitrag von Gast »

mh-ing hat geschrieben:
Wenn es also diesen oben beschriebenen Automatismus gäbe, müssten alle sich bekehren und keiner verloren gehen. Da dies nicht der Fall ist, kann es diesen Automatismus nicht geben oder es ist nicht der Wille Gottes, alle Menschen zu erretten.
Oder es ist vielleicht auch einfach etwas, was uns die Schrift nicht enthuellt :!: :?:

Ihr habt hier eine klassiche Arminianismus vs. Calvinismus Debate. Konnte ja bei dem Thema auch nicht anders sein. Der naechste Punkte wird jetzt die Diskussion sein was das Woertchen "alle" bedeutet. Auf ein neues!

Joschie, willst Du nicht doch dein Thema in den reformierten Thread verschieben? Dann koennen Martin und ich nicht teilnehmen und deine Fragen werden wenigstens zu Ende beantwortet.

lutz
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Beitrag von lutz »

Hallo Martin,

die Frage war: Woher kommt der Glaube?
(z. Bsp. der Glaube durch den Noah ein Erbe der glaubensgemäßen Gerechtigkeit geworden ist.)

Du hast an Anton geschrieben: "Die Begründung warum Noah Gnade fand, wird mit dem Lebenswandel des Noah begründet."
Wie du aus Hebr. 11, 6.7 siehst, ist das zu kurz gedacht.
Zur Wahrheitsfindung müssen wir die ganze Schrift betrachten.
Solches gilt auch für die von dir angeführte Tim.-stelle.
Auslegungen dazu inclusive ausführlicher Exegese über die Bedeutung des Wörtchens "alle" gibt es bereits seit Jahrhunderten.

Lutz

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Lutz,
diskussionserfahren hat Till ja deinen Beitrag schon geahnt. Die Diskussion kann wie bekannt endlos verlängert werden und sich zu Spezialthemen über solche Wörtchen wie das "alle" aus der Tim.-Stelle entwickeln.
Das alles ist aber endlos ohne fruchtbares Ergebnis, ohne Annäherung. Daher da hat jeder gute wie schlechte Argumente. Für mich ist daher nur ein Punkt relevant und die Auflösung aller Fragen:

Was ist der Wille Gottes? Was will Gott bezüglich unserem Heil?

Die Antwort darauf klärt meines Erachtens die wesentlichsten Punkte.

Martin

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