Evangelisation in den Medien

Alte, geschlossene Beitragsfolgen

Moderator: Jörg

Gesperrt
Benutzeravatar
andy
Beiträge: 196
Registriert: 21.04.2005 13:15
Wohnort: Im Süden

Evangelisation in den Medien

Beitrag von andy »

Hallo alle,

ich mache hier ein neues Thema auf, angeregt durch eine Diskussion mit dem Titel "6000 Punkte für den Himmel" unter Bücher und Medien. Ich will hier auf die dort anfangs gestellte Frage eingehen, die weit über die dort analysierte Website hinausgeht:
Leo_Sibbing hat geschrieben:Was haltet ihr im allgemeinen von Evangelisation per Medien (Internet/DVD)?
Deutschland ist ja in der Spitzenmannschaft, wenn es um audiovisuelle Verkündigung geht. Wir haben christliche Medienwerke mit jährlichen Millionenbudgets. Mehrere. Und da liegt schon das erste Problem. Um diese Mittel dauerhaft sicherzustellen, muß die Botschaft dem Geschmack der "Spenderbasis" angepaßt werden. Jürgen Werth hat sich klar von uns Kreationisten distanziert, Parzany und andere vermeiden harte Worte wo sie nötig wären, und ganz allgemein fangen die meiste Werke als missionarische Werke an, bis der riesige finanzielle Aufwand es dann erforderlich macht, am Ende praktisch nur noch Inhalte für die Geldgeber, d.h. für eine christliche Zielgruppe zu produzieren. Ich kenne keine Ausnahme, abgesehen von den Studios in Altensteig, bei denen das damalige Konsortium namhafter Investoren schon vorher nach massiven Geldverlusten das Handtuch warf.

Im Internet und bei den Video-/DVD-Produktionen gibt es noch mehr Projekte, die sich konsequent an Nichtchristen richten. Dort stören mich jedoch andere Dinge:

"Storytelling", also das Erzählen einer Geschichte, wird als wirkungsvoller gesehen als die Vermittlung von Fakten. Fakten werden um der rührenden Geschichte willen mal abgeändert, mal übertrieben dargestellt, und oft sagt das Bild mehr als 1000 Worte: Selbst wenn die "Fakten" stimmen, stellt die Präsentation diese Fakten in einen völlig anderen Kontext, in dem auch die Bedeutung dieser Fakten eine andere wird.

Gerade audiovisuelle Medien (TV/Video/DVD) haben ein Problem: Die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer ist begrenzt. Und: Viele schalten (innerlich oder am Gerät) ab, sobald sie wittern, daß sie "missioniert" werden. Daher verfolgen unzählige christliche Produktionen den Ansatz, möglichst lange eine spannende/rührende oder anderweitig emotional wirksame Geschichte zu erzählen, um dann kurz vor Schluß die eigentliche Botschaft zu präsentieren.

Kurz: Erst einen Köder fürs Fleisch (Augen, Ohren, Emotionen) auswerfen, durch den beim Betrachter die innere Zurückhaltung zu entspanntem Zurücklehnen oder gar zur Neugier wird. Dann die geistliche Botschaft reindrücken. Das funktioniert nie, auch wenn manche anführen, daß Jesus ja auch erst die 4000 gespeist hätte, bevor er ihnen predigte.

Die audiovisuellen Medien sind eine Wissenschaft der Manipulation. Der Durchschnittszuschauer merkt davon praktisch nichts, da er sich auf den Inhalt konzentriert, doch die Macher überlassen jedoch nichts dem Zufall. Die plötzlichen Veränderungen in der Dynamik der Hintergrundmusik, bestimmte dominierende Farbschemata und Tricks in der Lichtsetzung, schnelle Schnitte oder langgezogene Blenden, der Wechsel zwischen Totale und Naheinstellungen abhängig vom emotionalen Potential der Szene: Jeder Schweißausbruch, jedes Herzklopfen, jede Träne des Zuschauers wird letztendlich gezielt geplant.

Auch wenn es für manche etwas weit hergeholt scheint: In meinem eigenen Berufsleben bin ich zu dem Schluß gekommen, daß der biblische Begriff des "Zaubers" dieser emotionalen Steuerung sehr nahe kommt. Die Reaktion des Zuschauers ist selten von den Fakten bestimmt und ist eher ein Resultat emotionaler Vorgänge. Auf dieser Basis kann Verkündigung nicht stattfinden.

Die audiovisuellen Medien sind wohl die teuerste mehrwertfreie Methode zum Erreichen Unerreichter. (Die Kosten zum Erreichen jedes einzelnen Zuschauers sind teilweise so hoch, daß man jedem der wenigen Zuschauer ein gutes Buch und eine Bibel schicken könnte!) Beim "Fundraising" wird nicht selten gemogelt: Allein die "Freundesbriefe" der etablierten Teilnehmer am christlichen Medienmarkt sagen schon viel: Die theoretische (technische) Reichweite wird meist als tatsächliche Reichweite propagiert, d.h. es wird z.B. der Eindruck erweckt, eine Sendung erreiche "bis zu 150000 Haushalte". (Diese Zahl ist jeweils die Gesamtzahl der Haushalte, die vom entsprechenden Kabelnetz versorgt werden.) Oder noch schlimmer, "bis zu 375000 Menschen". (Anzahl der Haushalte im Versorgungsgebiet multipliziert mit der Durchschnittsanzahl der in einem Haushalt lebenden Personen... auch wenn es selbst in Berlin schon schwer ist, mit einer christlichen Sendung einmal auf 1000 Zuschauer zu kommen.) Irreführende Zahlen finden man übrigens auch bei führenden "Internet-Missionen", wo man ebenfalls dieselben Besucher gern mehrmals zählt, um dann in Bettelbriefen davon zu sprechen, wie man hunderttausende Menschen "erreicht". (Dabei sind 98% der Besucher bereits gerettet!) Und so wird nie wirklich "gelogen", aber eben oft gezielt nur die halbe Wahrheit verbreitet. Und natürlich gibt es in allen bekannten Portalen dieser Art einen Online-Shop, wo man allen möglichen Kitsch und Quatsch erwerben kann...

Dauerhafte Abhängigkeit von hohen finanziellen Einnahmen hat in diesem Bereich wohl noch nie für mehr Gottvertrauen, sondern immer für mehr Kompromisse gesorgt.

Ansonsten kann ich nur ein Buch von Wolfgang Zöller empfehlen: "Wenn das Bild das Wort erschlägt". Ich sehe nicht alles so wie er, aber er schildert viel wahres und hat mich in einigen Punkten sehr nachdenklich gemacht. Link hier: Wenn das Bild das Wort erschlägt (PDF) (Buch zur Zeit vergriffen, daher verlinke ich direkt auf die PDF-Datei.)

Liebe Grüße,

Andy

Gast

Beitrag von Gast »

Hi,
durch den Jesus-film sollen enorm viele Menschen erreicht worden sein, die sonst nie die Botschaft gehört (-sehen..) hätten. Dann gibt es kleine Tonbänder, auf denen Bibel- oder Predigttexte für Analphabeten gespeichert sind, die sie per Knopfdruck abhören können. Es gibt viele christliche Radiosender, z.B. die daily broadcast von J. MacArthur. Es gibt unzählige internetsites mit evangelistischem Inhalt, z.B. die von soulsaver. Die erreichen Leute, die man sonst nie evangelisieren könnte.
Und was "Zauber" angeht: allein die Schilderung, wie Petrus nach seinem Verrat bitterlich weint, hat einen großen "Zauber", gewaltig in der Diktion, unübertroffen in der Aussage. Wie viele Menschen werden bei Ben Beckers Lesungen tief getroffen, einfach weil die Bibeltexte so gewaltig sind, so tief, so emotional aufwühlend. Natürlich ist das noch kein Garant für Buße, aber die Beschäftigung mit dem Thema, mit dem Wort oder Fragen über die Ewigkeit sind mal ein erster Anstoß zum Nachdenken. Hat HWD ja im anderen thread auch so geschrieben.
Was machst DU denn, um Menschen zu evangelisieren? Ratterst Du Fakten runter? Glaubst Du, daß man Menschen so erreicht? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß Menschen offen werden, wenn man Zeit mit ihnen verbringt, ein Ohr hat für ihre Nöte und dann Zeugnis geben kann, was man selbst mit Gott erlebt hat oder wie man solche Situationen mit Gott überwinden konnte. Aber das ist schon wieder nicht das Thema...
M. $:)

Benutzeravatar
andy
Beiträge: 196
Registriert: 21.04.2005 13:15
Wohnort: Im Süden

Beitrag von andy »

Hallo Mephiboscheth,
Mephiboscheth hat geschrieben:Hi,
durch den Jesus-film sollen enorm viele Menschen erreicht worden sein, die sonst nie die Botschaft gehört (-sehen..) hätten. Dann gibt es kleine Tonbänder, auf denen Bibel- oder Predigttexte für Analphabeten gespeichert sind, die sie per Knopfdruck abhören können.
(Die Sache mit den "enorm vielen Menschen" behandle ich im nachfolgenden Beitrag.)

Ich sehe vor allem einen wichtigen Unterschied zwischen ersterem und letzterem: Ein Jesus-Film fügt historischen Tatsachen immer eine Unmenge an frei erfundenem Bildmaterial hinzu und verzerrt so die Wirklichkeit. So kommt z.B. das in Amerika weit verbreitete Jesus-Bild des hellhäutigen, langhaarigen Schönlings zustande. "Seine" Art zu reden (im Film) hat bei vielen Menschen längst Einfluß auf ihr Verständnis seines Charakters genommen. (Ausschnitte aus dem Film werden mitunter gar in Gottesdiensten gezeigt!)

Ein Film, der einige Jahre in anderthalb Stunden komprimiert, reduziert diesen Zeitraum auf die Höhepunkte. Wo in der Bibel ersichtlich ist, daß Jesus und seine Jünger lange Fußmärsche hinlegten, geht es im Film mit einer Blende oder einem Bildschnitt weiter. Aus dem Film geht eben nicht hervor, daß Jesus sich je mehr als ein paar Minuten für den einzelnen nimmt; die Story braucht alle paar Minuten ein "Highlight", um den Zuschauer nicht mit dem "tiefgehenden" Kram zu langweilen. Die Länge einer unangenehm kalten Nacht wird durch ein Ab- und Aufblenden mit ein wenig Musik ersetzt, und überhaupt strahlt jeden Tag die Sonne (bis zur Kreuzigung natürlich, wo auch die Bibel von einer das Land bedeckenden Finsternis berichtet).

Bibel- oder Predigttexte als Kassetten oder Audiodateien sind etwas ganz anderes, da hierbei das Wort im Mittelpunkt steht und nicht durch ein nebenbei ablaufendes Bildgewitter verzerrt oder übertönt wird. Dagegen ist nichts einzuwenden. Diese Art der Verkündigung (nicht Inszenierung) finden wir auch in MacArthurs Radio-/TV-Programm (wo man ihn auch nur predigen sieht ohne jegliche illustrative Video-Einspielungen) oder bei Soulsaver oder Sermon-Online. Ben Becker kenne ich nicht, aber wenn er Bibeltexte liest, fällt er ebenfalls in diese Kategorie. Das ist prima!
Mephiboscheth hat geschrieben:Die erreichen Leute, die man sonst nie evangelisieren könnte.
Ich habe leider keine Information darüber, ob MacArthur oder Soulsaver in erster Linie Christen oder Nichtchristen erreichen, oder ob diese Menschen anders nicht evangelisierbar wären. Es stellt sich auch bei solchen Dingen wie dem Jesus-Film die Frage, wieviele Leute dadurch wirklich Christen wurden. Bei zahlreichen Evangelisationsmethoden (Filme, Zelt- und Massenevangelisation, Heilungs-"Evangelisation" etc.) gibt es meist eine offizelle "Trefferquote", die von den Machern zitiert wird. Es geht meist darum, durch Belege eines bisherigen "Erfolgs" mehr Spendengelder für die nächste Aktion oder für die Tilgung der durch die sehr teure Produktion aufgehäuften Schulden zu erhalten. Wenn man diese veröffentlichten (Bekehrungs-)Statistiken all der unterschiedlichen Missionswerke addiert, ist vermutlich jeder Mensch zwischen 15 und 39 Jahren bereits 1,2 mal bekehrt ;o) Zumindest für Teile der USA und mehrere Staaten in Afrika kommt man rechnerisch auf eine praktisch flächendeckende Erweckung. Von diesen Millionen und Abermillionen Christen sieht man im wirklichen Leben leider gar nichts. Irgendwer lügt.
Mephiboscheth hat geschrieben:Und was "Zauber" angeht: allein die Schilderung, wie Petrus nach seinem Verrat bitterlich weint, hat einen großen "Zauber", gewaltig in der Diktion, unübertroffen in der Aussage.
Unter "Zauber" verstehe ich nicht das Vorhandensein von Emotion. Unter "Zauber" verstehe ich vielmehr das künstliche Erzeugen von Emotion, wie es im Fernseh- und Video-Bereich üblich ist. Das erfolgt z.B. durch gezielte Lichtsetzung, eine extreme Dynamik der Filmmusik oder durch ungewöhnliche Perspektiven. Emotion wird zusätzlich künstlich verstärkt durch die unnatürlich nahe/übergroße Darstellung von Gesichtern (weil die Mimik eines menschlichen Gesichts in uns Hormone freisetzt) in gefühlslastigen Momenten. Um den Zuschauer nicht zu überfordern, wird regelmäßig zwischen nahen und weiter entfernten Perspektiven gewechselt. Doch auch durch die verkleinerte Darstellung lassen sich Emotionen transportieren: Einsamkeit läßt sich recht einfach vermitteln durch einen einzelnen Schauspieler, der verloren in der Ecke eines weitgehend leeren Bildschirms gezeigt wird.
Mephiboscheth hat geschrieben:Was machst DU denn, um Menschen zu evangelisieren? Ratterst Du Fakten runter? Glaubst Du, daß man Menschen so erreicht?
Ich selbst führe eins-zu-eins-Gespräche. Darüberhinaus präsentiere ich z.B. auf evangelistischen Internetseiten in der Tat hauptsächlich Fakten, wobei die Resonanz auf diese überraschenderweise auch recht ermutigend ist. Manchmal kommen Emails mit Worten wie: "Danke, Du hast endlich mal klipp und klar geschildert, was Christen eigentlich glauben. Ich bin katholisch aufgewachsen und hatte das so noch nie gehört. Mir war nie klar, daß das, was ich immer gehört habe, gar nicht in der Bibel steht." Natürlich versuche ich, diese Fakten glaubwürdig rüberzubringen, aber letztendlich kann kein Mensch wissen, ob ich überhaupt real existiere oder ein künstliches Produkt eines Missionswerks bin... in der säkularen Werbung gibt es ja auch Blogger, die erst nach Monaten als nicht real existierende Personen entlarvt werden, hinter denen die Marketingabteilung eines bekannten Unternehmens steckt ;o)

Zur "Strategie" (scheußliches Wort):Ich denke, daß man Menschen mit Liebe erreicht und mit Fakten lehrt. Ich gebe Dir recht, daß nackte Fakten einen Menschen selten überzeugen werden. Vielmehr muß das Leben dessjenigen, der diese Fakten als absolute Wahrheit verkündet, diese Fakten glaubhaft wiederspiegeln. Bei der persönlichen Evangelisation ist dies möglich, weil der Zuhörer forschende Rückfragen stellen kann und den Verkünder sichtbar vor sich hat. Idealerweise kann er das Leben des Verkündenden auch eine Weile beobachten, um sich davon zu überzeugen, daß der christliche Glaube keine realitätsfremde Ideologie, sondern Grundlage unseres neuen Lebens ist.

Im Video-/TV-Bereich gibt es diese Möglichkeiten nicht. Wer weiß, ob die Schauspieler selbst überhaupt Christen sind? Wie die leben, weiß ich nicht. Der Film läßt an keiner Stelle erkennen, ob die "Verkündiger" die Worte Jesu glauben, oder ob sie auf der Basis der sehr detaillierten biblischen Schilderungen lediglich eine historische Geschichte nacherzählen.

Auch geht ein Film nicht auf tiefgehende Fragen ein, wie es die Bibel oder eine Predigt tut, die immer den gesamtbiblischen Kontext berücksichtigt. Viele Stellen im Film ergeben überhaupt keinen Sinn, wenn man keinen Querverweis hat z.B. auf die entsprechende Prophetie im Alten Testament, deren Erfüllung ein viel wichtigerer Punkt ist als die rührende Szene selbst.
Mephiboscheth hat geschrieben:Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß Menschen offen werden, wenn man Zeit mit ihnen verbringt, ein Ohr hat für ihre Nöte und dann Zeugnis geben kann, was man selbst mit Gott erlebt hat oder wie man solche Situationen mit Gott überwinden konnte. Aber das ist schon wieder nicht das Thema...
Als Alternative zur virtuellen Verkündigung über die Medien ist dies durchaus Teil des Themas, und ich kann Dir nur beipflichten. Wenn man (im realen Leben) Zeit mit jemandem verbringt, wirkt Gott nicht durch etwas, das unsere Hände zu seiner Ehre erschaffen haben, sondern durch uns selbst als "Gefäße", in denen der Heilige Geist wohnt. Das ist der biblische Weg, der uns auch vom Herrn Jesus selbst vorgelebt wurde.

Ich glaube, wir sind uns eigentlich einer Meinung. Das Wort "Medien" ist wohl eine ungeschickte Wortwahl im Titel dieses Themas, da es im ursprünglichen Thread zu den 6000 Punkten ja tatsächlich eher um die Frage ging:

"Muß das Wort Gottes verkündet werden, oder darf es inszeniert werden?"

In dieser Frage, so meine ich, ist das ganze Dilemma zusammengefaßt, mit dem sich Christen auseinandersetzen müssen, seitdem die "Medien" als Kommunikationskanal für jedermann nutzbar geworden sind.

Benutzeravatar
andy
Beiträge: 196
Registriert: 21.04.2005 13:15
Wohnort: Im Süden

Bekehrungen durch den Jesus-Film

Beitrag von andy »

Hallo alle,

aufgrund des besonderen Themas des Jesus-Films widme ich diesem einen eigenen Beitrag, allerdings als Beispiel für allgemeindere Probleme mit der Verkündigung durch die audiovisuellen Medien.

Mephiboscheth hat geschrieben:[...] durch den Jesus-film sollen enorm viele Menschen erreicht worden sein, die sonst nie die Botschaft gehört (-sehen..) hätten.
Bekehrungen durch den Jesus-Film

Laut der offiziellen Website www.jesusfilm.org bekehrt sich alle 4 Sekunden ein Mensch durch diesen Film allein, den bereits mehrere Milliarden Menschen gesehen haben sollen. Die jährliche Bekehrungszahl liegt bei 7884000 Menschen, also mehr als der gesamten Bevölkerung der Schweiz... dies sind nur die durch diesen Film erfolgten Bekehrungen, der aber immerhin in "mehr als 220 Ländern" gezeigt wird. (So viele Länder gibt es gar nicht, es sei denn, man alle französischen, britischen, und US-Überseegebiete und zugehörigen Inseln etc. als einzelne Länder).

Leider präsentiert die Homepage ein Zitat von Rick Warren ("Der Jesus-Film ist das effektivste Evangelisationswerkzeug, das je erfunden wurde.") Das Wort erfunden klingt nicht nach von Gott eingegeben? ;o)

Ich selbst werde immer vorsichtig, wenn solche Zahlen verkündet werden. Woran machen die eine Bekehrung fest? Handheben? "Nach-vorne-kommen"? Ausgefüllte Karten (was ist mit den vielen Analphabeten)? Was passiert nach der "Bekehrung", die als Spontanbekehrung nach dem Filmgucken erfolgt?

Zauber... oder: Das Bild an der Wand, das sprechen kann

Dies ist für viele Zuschauer das erste Mal in ihrem Leben, daß sie überhaupt bewegte Bilder auf einem Bildschirm oder einer Leinwand sehen! Ein Missionsteam kommt in ein bisher fast nie von Weißen betretenes Gebiet, baut die Technik auf, und alles ist Routine. Nur nicht für die lokale Bevölkerung. Diese Menschen haben so etwas noch nie gesehen. Können wir von denen verlangen, daß sie verstehen, daß dies ein nachgestelltes Dokument ist? Manche dieser Menschen würden alles, was sich auf einer zweidimansionalen Leinwand bewegt und dennoch sprechen kann, als Gott anbeten, weil sie so etwas noch nie erlebt haben und für eine übernatürliche Manifestation halten! Diese Menschen entwickeln schon daher eine Ehrfurcht, weil sie noch nie eine verstärkte menschliche Stimme gehört haben, die bei "normaler" Sprechstimme so laut und eindringlich ist wie lautes Rufen und von hundert Menschen selbst in Flüsterszenen problemlos gehört und verstanden werden kann. Der Begriff "Zauber" im Zusammenhang mit Filmen bekommt hier eine ganz andere Bedeutung.

Hier müssen wir unsere Naivität verlieren und den Kontext anderer Menschen zunächst verstehen lernen, bevor wir von "Bekehrungen" sprechen können.

Silke
Beiträge: 183
Registriert: 07.04.2005 12:53
Wohnort: Oberbayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Silke »

zu speziell dem Jesus-Film möchte ich auch noch kurz was sagen, da ich selbst "Betroffene" bin.

Ich hab den Film damals angeschaut, als er im Kino lief. Und mich bekehrt. Allerdings wusste ich nicht, was das so wirklich bedeutet. Das einzige, das ich verstanden hatte, war, dass Jesus Christus für meine Sünden bezahlt hat. Immerhin. Aber es gab keine Nacharbeit einer Gemeinde, und direkt an Campus für Christus traute ich mich nicht zu schreiben, obwohl ich den Brief schon aufgesetzt hatte. Ich ging dann erstmal wieder in die katholische Kirche, da ich dachte, alle würden so denken wie ich (und damals kannte ich nur die katholische und evangelisch Kirche, sowie die Zeugen Jahovas). Aber weit gefehlt. Als ich das kapierte, lebte ich mein altes Leben erstmal fast unverändert weiter, bis auf die kleinen Veränderungen, die Gott an mir im Lauf der Zeit vornahm. Erst ungefähr 8 Jahre später habe ich dann wiedergeborene Christen kennengelernt und angefangen, nicht nur das Lukasevangelium, das es zum Film gab, sondern auch den Rest der Bibel zu lesen. Da begann dann das Wachstum erst wirklich. Erst da habe ich vieles kapiert und es hat sich vieles verändert.

Auch wenn es für mich ein Werkzeug zum Glauben war, stehe ich dieser Art dennoch skeptisch gegenüber (mal ganz abgesehen davon, dass ich noch lange, lange Zeit das Bild des Schauspielers vor Augen hatte, wenn ich an Jesus Christus dachte). Ich halte es für notwendig, dass zu dem Film entweder eine gute Vor- oder Nacharbeit angeboten wird. Natürlich kann Gott auch anders führen (siehe mein Beispiel), aber ein anderer Umgang damit würde einige Umwege ersparen.

Silke :o)
so bitten wir nun stellvertretend für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott! (2Kor 5,20)

Gesperrt