Luther und Calvin streiten

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

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Joschie
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Luther und Calvin streiten

Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr $:P
Melange a trois - Luther und Calvin streiten
Melanchthon muss moderieren


Melanchthon, ein Fernglas um den Hals, klopft an Luthers Stubentür an.

Luther: Herein!

Melanchthon tritt ein. Luther hält ein Lutherbild, gemalt von Cranach, in seinen Händen.

Luther: Schaut doch mal, Meister Philippus, was der Meister Cranach da gemalt hat. Hat er mich gut getroffen? Was meinst Du? (Weil Melanchthon nicht reagiert; nach einer Pause): Was ist los? Schlechte Nachrichten? Oder hast du wieder zu lange in die Sterne geschaut?

Melanchthon: Besuch! Ich habe Besuch mitgebracht! Ich hoffe, es ist Dir...

Luther: Aber sicher, solange es kein Schwärmer oder Sakramentierer ist...

Melanchthon schweigt. Luther (aufbrausend): Also, ich sag Dir gleich...

Melanchthon: Nein. Nein. Nein. Kein Schwärmer. Kein Sakramentierer. Calvin. Ich habe Johannes Calvin mitgebracht.

Luther: Calvin. Ha, nicht viel besser. Er ist des Irrtums im Sakrament höchst verdächtig!

Melanchthon: Ihr habt schon mal anders von ihm gesprochen.

Luther: Meinst Du, das hab ich vergessen? (Nach einer kurzen Pause): Er ist den weiten Weg von Genf hierher gekommen?

Melanchthon: Ja. Er wäre, wenn er es könnte, sogar zu Dir hergeflogen. Jetzt ist er zu Dir hergeritten.

Luther: Calvin kann reiten?

Melanchthon: Ja, kann er. Und ist er auch.

Luther: Gut, soll reinkommen.

Melanchthon: Schön. Ich dolmetsche. Simultan. Merkt fast keiner.

Luther: Ach ja. Calvin kann ja kein Deutsch.

Melanchthon: Wie Ihr kein Französisch könnt. Und Euer Latein... sicher: für Wittenberg reicht´s...

Luther: Ist gut. Ist gut. Also, dolmetsche!

Calvin kommt herein. Macht eine Verbeugung.

Calvin: Ich grüße meinen Vater Luther. Den, der den römischen Eber erlegt und das Papsttum ins Wanken gebracht hat.

Luther: Ich grüße Euch ebenfalls. Und ich erinnere mich: Eure Antwort an den Kardinal Sadolet hat mit ausnehmend gut gefallen.

Calvin: Immer schon wollte ich zu Euch kommen...

(Luther macht eine entsprechende Geste. Beide setzen sich.)

Luther: Meister Philippus, sag der Käthe sie solle auftischen. Alles, was sie hat... und zunächst einmal einen großen Humpen Bier.

(Melanchthon eilt aus dem Raum und kommt mit drei großen Humpen Bier wieder.)

Calvin: Sehr freundlich. Ihr versteht zu leben.

Luther: Ihr nicht?

Calvin: Gewiss. In Maßen. Meine Gesundheit ist nicht die beste...

Luther: Ach, das kenne ich. Geht mir genau so. Was meint Ihr, wo ich meine meiste Zeit verbringe? Am Schreibtisch? Nein, auf dem Pott! Stundenlang! Aber da sind mir auch schon viele gute Ideen gekommen! Nun langt doch zu! Hier: Wittenbergisch Bier! Hat meine Käthe selbst gebraut. Oder wollt Ihr lieber Einbecker?

Calvin: Habt Ihr vielleicht auch vin rouge?

Melanchthon (übersetzt): Rotwein!

Luther: Rotwein? Wartet! Philippus, geht doch mal nach nebenan, in den Abstellraum. Ich habe da noch ein Fläschchen Württemberger, mit dem ich nichts anzufangen wusste. Steht gleich neben Deiner Variata.

(Melanchthon geht.)

Luther: Der Philippus. Ein schlaues Köpfchen. Aber er tritt mir zu leise. Die Schlacht ist noch nicht geschlagen.

(Melanchthon kommt wieder mit Rotweinflasche und entsprechendem Glas.)

Calvin: Ich bin zu dir gekommen, weil die Spaltung des evangelischen Lagers so entsetzlich ist. Wir bieten den Papisten ein übles Schauspiel. Dabei, denke ich, könnten wir uns rasch einig werden.

Luther: Auch ich leide unter der Zerrissenheit der Kirche. Wenn sich man nur alle ans achte Gebot hielten!

Calvin: Du sollst nicht stehlen?

Luther: Nein, das achte Gebot.

Calvin: Sage, ich doch. Du sollst nicht stehlen.

Luther: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden!

Calvin (erstaunt): Wer? Ich?

Melanchthon: Das kriegen wir hin. Das kriegen wir hin. Eins, zwei, drei oder vier... Ist doch egal.

Calvin: Also, in meiner Bibel. Im Alten Testament. Exodus 20. Im Gesetz des Herrn...

Luther: Ach, der Juden Sachsenspiegel. Was geht uns der an?

Calvin: Je ne compris pas.

Luther: Was hat er gesagt?

Melanchthon (beschwichtigend): Er versteht. Er versteht.

Calvin (irritiert): Pas! Pas de tout! (trinkt sein Glas aus)

Melanchton: Ja, pas! Pas... Pas... Papa Luther. Ganz recht. Wir wollen uns doch nicht streiten. Eins, zwei, drei oder vier... AT, NT, CA, meine Loci, Deine Institutio, sein De servo arbitrio... so kommen wir nie zusammen... ein bisschen mehr Rotwein?

Calvin nickt: Merci!

Luther: Kennt der meinen kleinen Katechismus nicht?

Melanchthon: Doch. Kennt er gut...

Luther: Dann muss er auch das achte Gebot kennen.

Melanchthon: Ja, ja... aber in Genf gehen die Uhren anders.

Luther: So wie in Zürich bei Zwingli, was? Den hat´s erwischt. Ein Gottesgericht. - Wo bleibt denn das Essen?!

Melanchthon: Muss gleich fertig sein. Es riecht schon so lecker! (macht eine entspr. Geste)

Calvin (ebenso): Quelle odeur!

Luther: Ja, das ist des Luthers Küche.

Calvin: Schönes Beispiel! Auch das Evangelium ist ein angenehmer Duft. Je reiner desto besser. Mir scheint freilich, dass Ihr immer noch zu sehr römisch würzt. Muss das sein?

Die vielen Zeremonien, die Ihr noch habt. Die Altäre! Die Bilder!

Luther: Kommt es darauf an? Kommt es nicht aufs Herz an? Auf den Trost des Herzens?

Calvin: ... und auf die Erneuerung des Lebens. Beides. Das eine nicht ohne das andere.

Luther: Gewiss. Aber alles zu seiner Zeit. Nichts übers Knie brechen. Ihr trinkt doch auch Wein. Und seid gewiss gegen Trunksucht. So ist das mit unseren Bildern.

Calvin: Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen. Gilt das nicht mehr?

Melanchthon (eilfertig unterbrechend): Na, endlich. Fleisch! (jemand bringt Hühnchen herein; Melanchthon an Calvin gewandt): Ihr esst doch Fleisch?

Calvin: Oui. Oui.

Luther: Das habe sogar ich verstanden.

Melanchthon: Ich sag´s ja. Alles wird gut. (Man tischt sich auf.)

Luther: Du meinst es gut, Philippus. Aber du hast ein Hasenherz. Sag´s mir frei heraus: Was will der Franzmann von mir? Luthers Küche testen?

Melanchthon: Eher Luthers Kirche.

Luther: Ist doch nicht meine...

Melanchthon: Und ist auch nicht seine... Und darum meint er, man müsse sich verständigen können.

Luther: Das hat der Zwingel auch schon gewollt. Wäre ich man bloß nicht nach Marburg gefahren. War eine verlorene Zeit. Das Wort sie sollen lassen stahn, sag ich immer. "Das ist mein Leib". Hoc est corpus meum. So viel Latein kann ich noch.

Melanchthon: Ganz recht. Wie bei den 10 Geboten. Alles schön stehen lassen.

(Luther will etwas erwidern, aber Calvin hebt an... )

Calvin: Ihr habt den Namen Zwinglis erwähnt. Seht, dessen Ansicht scheint mir ebenfalls nicht ganz zutreffend. Ich verstehe Euren Protest.

Luther: Das lässt sich hören! Der Zwingel wollte mir das "ist" kaputtmachen. Dabei lässt sich Christus ja gar nicht tief genug ins Fleisch ziehen. Wo bliebe sonst der Trost für uns arme Sünder?

Calvin: Nun, es will alles verstanden sein, auch das "ist". Auf keinen Fall darf Christus auf Erden festgehalten werden! Wo bliebe sonst der Trost für uns sterbliche Menschen?

Melanchthon: Brüder! Brüder! Wir wollen doch nicht streiten, ob Sünder sein oder sterblich sein besser ist, nicht wahr? Beides ist gleich schlecht, meine ich. Lasst uns nach vorne schauen!

Luther: Ach, Philipp, du alter Sterngucker. Was soll die Zukunft bringen, wenn Papst und Teufel gegen uns wüten? Ich woll´t, der liebe Jüngste Tag wäre da!

Calvin: Nein, nach vorne schauen - das ist immer gut. (hebt das leere Glas und schaut es versonnen an). Die letzte verantwortliche Frage ist doch nicht, wie ich mich selber aus der Affäre ziehe, sondern wie eine kommende Generation weiterleben soll. Das wird mal jemand hier in Deutschland sagen. Als Christ. Gutes Wort. Ich stimme voll zu. Vorausgesetzt: wir bleiben auf dem Weg zum Ziel. (Setzt das Glas wieder ab.)

Luther: Ich sehe schon: Ihr beide habt Euch abgesprochen. Und Ihr wollt mehr als ich will.

Calvin: Deine geniale Begabung, Martinus, anerkenne ich. Aber so lässt sich keine Kirche bauen.

Luther: Das Wort muss es machen. Das Wort allein.

Calvin: Wort und Geist müssen es machen. Und so kommen wir alle mit hinein: Du und Philippus und ich, sogar Amsdorf, den ich nicht mag, und auch Zwingli, den du nicht magst.

Luther: Und dein Servet - kommt der auch mit hinein?

Calvin: Und dein Münzer?

Melanchthon (schaut per Fernglas aus dem "Fenster"): Ich sehe etwas. Ich sehe etwas.

Luther: Ist es die Susannah im Bade? Dann sag an!

Calvin (indigniert): Wo bin ich denn hier?

Melanchthon: Ich sehe einen, der Eure Gegensätze für nicht mehr echt hält; einen, der meint, dass sogar Fehler zum Leben dazu gehören, weil es Gott nicht schwerer fällt, mit unseren Fehlern fertig zu werden als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

(Luther und Calvin schweigen.)

Melanchthon: Ihr sagt nichts? (hebt noch einmal das Fernglas): Jetzt sehe ich Orte: Barmen sehe ich, Arnoldshain, Leuenberg. Nicht alles ist da gelöst. Aber ein gelöster Umgang miteinander, der ist erreicht. Kann man mehr wollen?

(Luther und Calvin schweigen immer noch.)

Melanchthon (weiter): Meister Calvin, Gott muss doch gewinnen, habt Ihr selber mal geschrieben. Und Ihr, Meister Martin?

Luther: Es ist spät geworden. Lasst uns ein andermal weiterreden.

Calvin: Ja, bonne nuit.

(Beide erheben sich und gehen zu "ihren" Türen; im Umdrehen:)

Luther: Und morgen ein schönes Frühstück: Speck, Eier, Milch, 3 Sorten Brot...

Calvin: Mir reicht ein Croissant. Satis est.

Melanchthon (nunmehr allein; mit entsprechender Geste): Geht das denn immer so weiter???
Quelle: http://www.ekd.de/calvin/unterhaltung/c ... uther.html
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Gast

Beitrag von Gast »

Mir scheint als wäre jeder von uns ein Luther, Calvin oder Melanchton. Kämpfen für unsere Überzeugungen oder vermitteln zwischen den streitenden Parteien.

Ich stehe auf Luther Seite, was die vier Solis angehen, ich stehe auf Calvins Seite was die 5 Punkte angehen und ich stehe auf der Seite der Baptisten was die Taufe angeht.

Und was die eschatologischen Dinge angeht, mag so mancher auch Überzeugungen haben, wo er nichts anderes als seine Sicht akzeptiert und alle anderen als ketzerisch und vom Satan kommend ansieht. Da wäre ich dann wohl ein Melanchton, der vermittelnd eingreifen würde.
Gottes Gnade sei mit euch.

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