Luther-Predigten, Zitate und Sprüche

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

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Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm


»Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.«

Dieser Vers ist eine allgemeine Danksagung für alle Wohltat, die Gott der Herr aller Welt täglich, ohne Unterlaß, in allen Dingen erzeigt, guten wie bösen Menschen. Denn das ist der heiligen Propheten Weise, wenn sie Gott in besonderen Stücken loben und danken wollen, so fangen sie hoch an und holen weit aus: loben ihn zugleich insgemein, in allen seinen Wundern und Wohltaten. Ebenso hier: weil dieser Psalm Gott besonders um der höchsten Wohltat willen lobt, der Welt erzeigt, nämlich um Christus und seines Reiches der Gnaden willen, der Welt verheißen und jetzt dargetan, fängt er mit allgemeinem Lobe an und sagt: Danket dem Herrn; denn er ist doch ja ein herzlicher, gnädiger, frommer, gütiger Gott, der immer und immer wohltut, und eine Güte über die andere in Mengen über uns ausschüttet.

Denn du darfst diese Worte »freundlich« und »seine Güte« nicht so kalt und roh lesen und drüberweg gehen, sondern mußt bedenken, daß es lebendige, gewaltige und reiche Worte sind, die alles und alles umfassen und einprägen: nämlich, daß Gott freundlich ist, nicht wie ein Mensch, sondern wie einer, der von Grund seines Herzens geneigt und bereit ist, immer zu helfen und wohlzutun, und der nicht gerne zürnt noch straft, er müsse es denn tun und werde überhaupt dazu gezwungen und gedrungen durch unablässige, unbußfertige, verstockte Bosheit der Menschen. Wo er zürnen und strafen muß, da könnte ein Mensch nicht so lange warten, sondern strafte hunderttausendmal eher und härter, als er tut.

Und solche freundliche und gnädige Gunst beweist er über alle Maßen reichlich und gewaltig mit seiner täglichen und ewigen Güte; wie er hier sagt: »Seine Güte währet ewiglich«, das heißt, ohne Unterlaß tut er uns immer und immer das Beste. Er schafft uns Leib und Seele, behütet uns Tag und Nacht, erhält uns ohne Unterlaß am Leben, läßt uns Sonne und Mond scheinen und den Himmel, Feuer, Luft und Wasser uns dienen, aus der Erde Wein, Korn, Futter, Speise, Kleider, Holz und alles, was wir brauchen, wachsen, gibt Gold und Silber, Haus und Hof, Weib und Kind, Vieh, Vogel, Fisch – in Summa: wer kann es alles aufzählen? Und das alles die Fülle und überschwenglich, alle Jahre, alle Tage, alle Stunden, alle Augenblicke. Denn wer kann allein die Güte berechnen, daß er einem ein gesund Auge oder Hand gibt und erhält? Wenn wir krank sind oder deren eines entbehren müssen, so sieht man überhaupt erst, was für eine Wohltat es ist, ein gesundes Auge, eine gesunde Hand, Fuß, Bein, Haupt, Nase, Finger haben, ebenso, was es für eine Gnade sei, Brot, Kleid, Wasser, Feuer, Haus haben usw.

Und wenn wir Menschen nicht so blind und der Güter Gottes so überdrüssig und unachtsam wären, so wäre freilich kein Mensch auf Erden, er habe noch so viel Besitz: wenns zum Tausch kommen sollte, so nähme er kein Kaisertum noch Königreich dafür, wenn er dafür der (uns allen eigenen) Güter beraubt wäre. Denn was kann ein Königreich für ein Schatz sein im Vergleich zu einem gesunden Leibe? Was ist aller Welt Geld und Gut im Vergleich zu einem Tage, den uns die liebe Sonne täglich macht? Wenn die Sonne einen Tag nicht schiene, wer wollte nicht lieber tot sein? Oder was hülfe ihm all sein Gut und Herrschaft? Was wäre aller Wein und Sekt in aller Welt, wenn wir einen Tag des Wassers ermangeln sollten? Was wären alle hübschen Schlösser, Häuser, Samt, Seide, Purpur, goldene Ketten und Edelsteine, alle Pracht, Schmuck und Hoffart, wenn wir ein Vaterunser lang die Luft entbehren sollten?

Solche Güter Gottes sind die größten und (zugleich) die allerverachtetsten und deshalb, weil sie allgemein sind, dankt niemand Gott dafür, sie nehmen sie und brauchen dieselben täglich immer so dahin, als müßte es so sein und wir hätten volles Recht dazu und brauchten Gott nicht einmal dafür zu danken; fahren dieweil zu, haben was uns am Herzen liegt zu tun, sorgen, hadern, streiten, ringen und wüten um überflüssiges Geld und Gut, um Ehre und Wollust und in Summa um das, welches solchen obengenannten Gütern nicht das Wasser reichen könnte und uns aufs hundertste Teil nicht so nützlich sein kann, sondern uns vielmehr an dem fröhlichen und friedlichen Gebrauch der allgemeinen Güter hindert, so daß wir sie nicht als solche erkennen, noch Gott dafür danken können. Das macht der leidige Teufel, der uns nicht gönnen will, daß wir Gottes Güte und die reiche tägliche Wohltat gebrauchen oder erkennen könnten, wir wären (sonst) allzu selig.

Siehe, nun sage du: wie viel sind wohl Menschen auf Erden, die diesen Vers verstehen? Wahr ists, kein Bube ist so böse, wenn er in der Kirche solchen Vers singt oder sonst hört, daß er sich nicht dünken ließe, er verstehe ihn überaus gut und habe ihn rein bis auf den Boden ausgesoffen, der doch sein ganzes Leben lang nie dran gedacht noch gedankt hat für die Milch, die er von seiner Mutter gesogen hat, geschweige denn für all die Güte Gottes, die ihm Gott sein ganzes Leben so unzählig und unsäglich erzeigt hat, so daß er wohl alle Stunden allein um seiner Undankbarkeit willen mehr Sünde getan hat als Laub und Gras im Walde ist, wenn Gott ein Wucherer wäre und genaue Abrechnung fordern wollte.

Darum sollte dieser Vers billig einem jeglichen Menschen täglich, ja alle Augenblicke im Herzen und im Munde sein, so oft er äße, tränke, sähe, hörte, röche, ginge, stünde oder wie, wo, wann er seine Glieder, Leib, Gut oder irgendeine Kreatur gebrauchte. Und das, damit er dran dächte, daß ers wohl entbehren müßte, wenn ihm Gott nicht solches zu brauchen gäbe und gegen den Teufel erhielte. Und daneben sollte er sich zu einem fröhlichen Herzen und eifrigem Glauben gegen Gott ermahnen und gewöhnen mit Danksagung für solche seine tägliche Güte und sagen: Wohlan, du bist doch ja ein freundlicher, gütiger Gott, der du ewig, das ist immer und ohne Unterlaß, mir Unwürdigem und Undankbarem so reichliche Güte und Wohltat erzeigst. Lob und Dank müßtest du haben.

Und das dient auch dazu, daß man sich in allem Unglück trösten kann. Denn wir sind solche Zärtlinge und so weiche Märtyrer: wenn uns nur ein Knochen wehe tut oder eine kleine Krankheit zustößt, so können wir Himmel und Erde mit Klagen und Heulen, Murren und Fluchen vollschreien und sehen nicht, wie eine solche Krankheit ein ganz geringes Übel gegenüber den andern unzähligen Gütern Gottes ist, die wir noch voll und ganz haben. Das ist so, als wenn ein König toll werden wollte, weil er einen Pfennig verloren hätte, unangesehen, daß er schier die halbe Welt hätte mit unzähligem Geld und Gut, und wollte darüber Marter, Veitstanz, und Pestilenz herabrufen, Gott schänden und mit andern Flüchen herausdonnern, wie jetzt die Marterhansen mit Fluchen ihre Mannheit beweisen.

Nun läßt doch der fromme Gott uns solche geringen Übel allein deshalb widerfahren, daß er uns Schnarcher damit aus dem tiefen Schlaf erwecke und uns dahin treibe, daß wir lernten, die großen unzähligen Güter, die noch vorhanden sind, im Vergleich dazu ansehen und was es werden sollte, wenn er seine Güte ganz von uns wenden und nehmen wollte; wie der fromme Hiob tat, da er sagte: »Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?« (2, 10). Siehe, der konnte dies schöne Confitemini und diesen Vers gar fein singen und sprach: Wie es Gott gefällt, so gehts, des Herrn Name sei gelobt usw. Er sieht nicht allein auf das Übel, wie wir Puppenheiligen tun, sondern behält alle Güte und Wohltat des Herrn vor Augen, tröstet sich damit und überwindet das Böse mit Geduld.

So sollten auch wir all unser Unglück nicht anders ansehen und annehmen, als zündete uns Gott damit ein Licht an, damit wir seine Güte und Wohltat in unzähligen andern Stücken sehen und erkennen möchten. Auf daß wir uns dünken ließen, es wäre solch geringes Übel kaum wie ein Tröpflein Wasser, das in ein großes Feuer oder ein Fünklein, das in ein großes Wasser gefallen ist, und damit uns der Vers bekannt und lieblich würde: »Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.« Womit auf Deutsch nichts anderes gesagt ist als soviel (denn ich habe beim Übersetzen nicht allzu weit von den hebräischen Worten abgehen wollen): Ach, wie ein treuer, herzlicher, frommer Gott bist du doch, der du mir und aller Welt immerdar so großes und vieles Gute tust. Gedankt sei dir usw. Solche Worte habe ich auslegen und deuten müssen, auf daß man diesen Vers doch gut verstehe; denn er wird in der Schrift und besonders im Psalter oft gebraucht; und er ist es eben, der uns das rechte Opfer lehrt, das Gott am besten gefällt. Sintemal wir Gott gegenüber kein größeres noch besseres Werk tun noch edleren Gottesdienst erzeigen können, als ihm danken, wie er selbst Ps. 23 sagt: »Wer Dank opfert, der preiset mich, und das ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heil Gottes.« Solch Opfer gefällt ihm über alle Opfer, Stifte, Klöster hinaus und was dergleichen sein mag, wie er Ps. 69, 31 sagt: »Ich will den Namen Gottes loben mit einem Lied und will ihn hoch ehren mit Dank. Das wird dem Herrn besser gefallen als ein Stier, der Hörner und Klauen hat.«

Umgekehrt: gleichwie Gott loben und dankbar sein der höchste Gottesdienst ist, hier auf Erden und dort ewiglich, ebenso ist auch Undankbarkeit das allerschändlichste Laster und die höchste Unehre Gottes, welcher doch die Welt voll, voll bis an den Himmel hinan ist. Aber Gott ist so ein gütiger Herr (wie dieser Vers singt), daß er um solcher Undankbarkeit willen dennoch nicht abläßt noch aufhört wohlzutun, sondern wie er hier sagt: »Seine Güte währet ewiglich«, läßt er immer für und für seine Sonne aufgehen über Gute und Böse und läßt regnen über Dankbare und Undankbare, Matth. 5, 45. Er gibt Buben ebenso viel Güter, Kinder, Gewalt wie den Heiligen und viel mehr, behütet sie immer vor Krieg, Pestilenz, Teuerung und allen Plagen des Teufels. Das ist und heißt eine göttliche Güte, die um keiner Bosheit willen abläßt und müde wird. Ein Mensch vermag solche Güte nicht. Denn Undankbarkeit kann kein Mensch leiden und sind viele drüber rasend, toll und unsinnig geworden. Es ist der menschlichen Natur zu schwer, wohlzutun und lauter Böses dafür zu empfangen.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4915-4923
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm


»Es sage nun Israel:
Seine Güte währet ewiglich.«

Da fängt das Dankopfer an, insonderheit für das weltliche Regiment und für den lieben Frieden, welches eine gar große Gabe Gottes ist und unter den zeitlichen Gaben gewiß die allergrößte. Denn wenn kein Regiment oder Friede wäre, so könnten wir gar nicht (bestehen) bleiben. Israel war das Königreich, von Gott gestiftet und geordnet, er hatte es dem König David befohlen, wie Ps. 78, 70 f. sagt: »Er erwählte seinen Knecht David, daß er sein Volk Israel weiden sollte« usw. Darum dankt er auch hier Gott für solch Königreich und vermahnt jedermann, daß sie mit ihm danken sollen, gibt danach auch allen Königen, Fürsten, Herren, Landen, Leuten und Untertanen ein Beispiel und eine Lehre, daß sie Gott loben und danken sollen dafür, daß ein Regiment und Friede in Landen und Leuten ist, ein jeglicher für das seine und eine jegliche Gemeinde, wie auch Israel, für das ihre.

Denn daß nicht immer ohne Unterlaß lauter Krieg, Unfriede, Teuerung, Blutvergießen, Aufruhr, Mord und Jammer in Landen, Städten, Dörfern ist, und allerlei Handwerk, Handel und Stände bleiben, die der Nahrung dienen, das ist ebenso ein großes Wunder und Gewalt Gottes, wie daß er die Welt aus Nichts gemacht hat und noch täglich erhält. Denn die Welt ist voller Teufel, und wie wir täglich vor Augen sehen, sind unter den Bauern Bürgern, Adel, Herren und Fürsten so viele böse mutwillige Buben, die zu Stehlen, Rauben, Lügen, Betrügen, Krieg, Schaden, Unglück Lust haben, daß es mit menschlicher Vernunft und Macht nicht möglich wäre, auch nur einen Tag Frieden zu haben und Regiment oder Obrigkeit zu erhalten, wenn Gott hier nicht mit aller Gewalt steuerte, hülfe und dem Teufel wehrte. Deshalb vermahnt der heilige David nicht umsonst, man solle Gott für weltlichen Frieden, Obrigkeit und Regiment danken.

Und hier sollten die Herren und Fürsten ebensogut wie die Untertanen lernen, daß Land und Leute zu regieren und im Gehorsam zu haben eine reine, bloße Güte und Gabe Gottes sei. Denn mit unserm Schwert und unserer Weisheit ist nichts ausgerichtet, wie etliche tolle Fürsten und Herren sich vermessen, als seien sie es, die Land und Leute mit ihrer Macht zwingen oder mit ihrer Vernunft regieren. Und besonders die Streitlustigen unter dem Adel und die Überklugen in den Städten, die lassen sich jetzt gar nicht anders dünken, als seien sie es, auf die es allein ankomme und Gott könnte ihrer nicht entbehren. Aber vernünftige Herren und Adel wissens wohl anders. Und David, eine Krone aller Könige und Fürsten, bezeugt es hier auch anders. Und wers nicht glauben will, der lese alle Historien, sowohl in der Schrift wie in der Römer und Heiden Bücher, da wird mans in Menge finden.

Und zwar hat es uns Gott in dem letzten Aufruhr handgreiflich genug angezeigt, daß weder Macht noch Kunst die Welt regiere, sondern allein Gott. Denn eben dieselben Prahlhänse, die jetzt seine Ehre rauben, sich rühmen und brüsten, als hätten sie es ausgerichtet, waren zu jener Zeit solche verzagten Schelme, wie ich meiner Tage nicht gesehen habe. Jetzt vergessen sie Gottes, der sie damals errettete, als sie doch so schändlich in die Hosen machten, daß es noch (jetzt) stinkt, wo ein Prahlhans geht oder steht. Die Rittermäßigkeit hatte, leider, damals weder Herz noch Mut. Und ihr Prahlen und Trotzen sieht mich so an, als wollten sie Gott trotzen und versuchen, (gleich) um einen neuen Aufruhr (heraufzuführen), damit er sie noch einmal sehen lasse, ob Prahlhans oder Gottes Güte und Gewalt den Pöbel halte. Wohlan, kommt einer, der den Baum schüttelt, so sollen mir die Prahlhänslein gar weidlich herunterpurzeln. Denn sie sind über die Maßen reif und ihnen ist auch über die Maßen wehe mit dem lieben kleinen Frieden, den Gott noch so gnädig, und wie es uns scheint, mit Gewalt und mühsam erhält.

Trotzdem sehe ich es meinethalben gerne, daß sie so stolz daher trotzen und prahlen. Denn es dient dazu, daß man es ja nicht vergesse, wie ritterlich sie sich damals in dem Aufruhr vor den ohnmächtigen Bauern fürchteten und flohen. Ich hätte sonst solche Geschichte etwa in einen Stein hauen lassen oder zum ewigen Gedächtnis in ein Buch schreiben müssen. Nun spare ich Kosten und Mühe. Denn wo man einen solchen Prahlhans sieht oder hört, da ist solcher Aufruhr lebendig an ihm gemalt, daß ein jeglicher denken muß: Lieber, ist das nicht deren einer, die »Trotz dem Kaiser« hießen? die ihre festen Schlösser vor einem Strohwisch und Scheitholz aufgaben, die unverzagten Helden und mannhaftigen Eisenfresser, die jetzt donnern und fluchen, und damals nichts als Ach und O weh singen konnten?

Die Schrift aber sagt, daß Gott beide gebe, Herren und Untertanen, und das weltliche Regiment sei ganz sein, wie David Ps. 18, 48 sagt: »Herr, du zwingst die Völker unter mich«, und von seinem eigenen Volk sagt er Ps. 144, 2: »Du zwingst Völker unter mich.« Hier rühmt er nicht viel, daß er sein eigenes Volk mit Gewalt oder Weisheit regieren möchte, ob er gleich die allerschönsten Rechte und Sitten zu Hilfe hatte, von Gott selbst durch Mose aufgestellt, und die Propheten, die ihn aus Gottes Befehl zum Könige gesalbt und bestätigt hatten. Er hatte es auch wohl erfahren und war wohl gewitzigt, was der Könige und Fürsten Gewalt und Klugheit im Volk vermag, wenn Gott nicht selbst mit haushält. Sein eigener Sohn Absalom und danach Bichri lehrten ihn, wer König im Lande wäre. Ebenso sagte auch Daniel 4, 14 und 5, 21: »Der Höchste hat Gewalt über der Menschen Königreiche und gibt sie, wem er will«, nicht wem wir wollen oder denken. Das ist ja ebensoviel gesagt wie: weltlich Regiment ist eine reine, bloße, gnädige Gabe und Güte Gottes, die kein Mensch durch seine Vernunft und Kraft erlangen noch erhalten kann.

Darum ists nichts, daß man Untertanen, es seien Bauern oder Bürger, mit Gewalt zwingen wolle; denn ein Bauer kann auch Messer zücken und schlagen, ebensowohl wie ein adliger Scharrhans, sondern Gott tuts, der läßt ihnen sagen, Röm. 13, 2. Wer der Obrigkeit widerstrebt, soll gestraft werden. Solche Worte, die tuns, und Gott wacht auch drüber und es muß geschehen, wie er droht. Darum, wenn die Untertanen reif dafür sind, wie es die Bauern im Aufruhr waren, so verhängt Gott über sie, daß sie Aufruhr oder Ungehorsam anrichten, auf daß sie weidlich auf die Köpfe geschlagen werden. Obwohl die Herren mit solchem Aufruhr auch gestraft werden, weil sie so undankbar für die Güte und Wohltat Gottes sind, ihm nicht die Ehre geben als dem, der ohne Unterlaß Friede, Gehorsam, Recht und Regiment erhält und schützt, wie dieser Vers singt, daß Israel danken und bekennen solle, daß Gottes Güte ewiglich währt, das ist, immer und immer Friede und Regiment erhält, wie undankbar und unwürdig wir auch sind. Sonst sollte lauter Mord und Krieg in den Landen, Aufruhr und Ungehorsam in den Städten sein.

Und besonders hält er ja jetzt in deutschen Landen mit trefflicher Gewalt Friede, wie wenig davon auch (tatsächlich vorhanden) ist. Denn man muß es (mit Händen) greifen, daß jetzt unter den Deutschen kein Mensch sei, der wider solchen ungehorsamen und räuberischen Adel die Obrigkeit erhalten, gegen solche untreuen und diebischen Untertanen die Herren schützen könnte. Es ist ein solch Rauben und Stehlen untereinander, danach viel listige Betrüger mit seltsamen Praktiken, mit Hetzen und Aufreizen, und macht sich doch niemand ein Gewissen darüber, daß solches vor Gott Sünde sei, so daß ichs dafür achte, unser jetziger Friede und Stand hänge an einem seidenen Faden, ja er schwebe schlechterdings in der Luft allein in Gottes Händen, über und gegen unsern Willen und Gedanken und gegen aller Teufel Wüten und Toben. Denn wo menschliche Weisheit und Gewalt jetzt Deutschland regieren sollte, es läge morgen auf einem Haufen. Darum laßt uns danken und beten, daß Gottes Güte, wie bisher, bei Israel bleiben wollte ewiglich.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4924-4930
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Es sage nun das Haus Aaron:
Seine Güte währet ewiglich.«

Das ist aber ein Dankopfer für ein anderes besonderes Stück der Güte Gottes, nämlich für das geistliche Regiment, für Priester, Prediger, Lehrer und in Summa für das liebe Wort Gottes und für die heilige christliche Kirche. Was dasselbe für eine Gabe ist, kann diese ganze Welt nicht bedenken noch begreifen. Denn daß nicht lauter Irrtum, Rottengeister, Sekten, Ketzerei in aller Welt ist, sondern daß noch das Wort, Glaube, Geist, Taufe, heilige Schrift, Sakrament, Christen usw. in etwa bleibt, das ist auch nicht aus menschlicher Macht noch Weisheit, sondern lauter und bloße Gnade und Gabe Gottes. Sonst würfe es der Teufel über den Haufen und risse es alles um, wie er denn fast bei dem Türken und Papst getan hat und jetzt bei den Rottengeistern und vorzeiten bei den Ketzern. Die Welt möchte es auch nicht leiden und das Fleisch würde sein müde, Gott selbst muß es erhalten.

Denn Aaron war der Hohepriester, dem war das Predigtamt befohlen, des Mose Gesetz zu lehren und das Königreich Israel im Geist und vor Gott zu regieren, gleichwie David es äußerlich vor der Welt, über Leib und Gut, regieren mußte. Aber so wenig wie David sein leibliches Regiment mit seiner Gewalt und Weisheit regieren konnte, so wenig und (noch) viel weniger konnte Aaron sein geistliches Regiment, über Geist und Seele, durch eigne Vernunft und Kraft erhalten, ob er gleich den Vorteil hatte, daß im Gesetz des Mose alles aufs allerreichlichste (enthalten war), was er lehren und wie er regieren sollte. Es mußte der heilige Geist auch ihm haushalten helfen, wie ers denn auch gut erfuhr, als ihm Korah das Priestertum nehmen wollte und das ganze Volk gegen ihn und Mose erregte, 4. Mose 16, 3.18

Wir sollen Gott mit diesem Vers loben und ihm danken, daß er uns sein Wort und heiliges Reich kommen läßt und es auch bei uns gegen Teufel, Fleisch und Welt erhält, aus lauter Gnade und Güte, ob wir gleich allzu undankbar, faul, lässig und verächtlich damit umgehen und in allen Dingen solches großen Schatzes des ewigen Lebens nicht wert sind. Es hat Christus selbst das Wort gebracht und nicht wir (haben es) erfunden; er muß es auch selbst erhalten, wir werdens mit unsrer Macht und Kunst nicht tun. Christus hat die Christenheit selbst gestiftet, gegründet und gebaut; er muß sie auch selbst behüten und fördern. Unsere Weisheit und Gewalt oder Schwert und Feuer wirds nicht tun, wie Paulus 1. Kor. 3, 9 sagt: »Ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau«, wir sind die Diener dazu; aber es ist weder der da pflanzt etwas, noch der da begießt, sondern Gott, der das Gedeihen gibt.



»Es sagen nun, die den Herrn fürchten:
Seine Güte währet ewiglich.«

Das ist das vierte Dankopfer für den rechten Haufen, nämlich für die auserwählten Kinder Gottes und alle Heiligen auf Erden, welches die wahrhaften Christen sind, um welcher willen dieser Psalm vornehmlich gemacht ist und von denen er auch bis ans Ende redet. Denn in den vorigen drei Haufen, im geistlichen Regiment und Predigtamt sind gar viele, die es zu ihrem Geiz, Lust und Ehre mißbrauchen, wie Ketzer, Rotten(geister) und unsre jetzigen (katholischen) Geistlichen. Trotzdem ist darum der Stand nichtsdestoweniger gut, heilig und eine göttliche Gabe und um ihres Mißbrauchs willen nicht verdammt; gleichwie die ganze Welt auch den heiligen Namen Gottes, die Taufe, (das) Sakrament (des Abendmahls), das Evangelium, ja Gott selbst und alle seine Gaben aufs allerschändlichste mißbraucht und Gott überall nicht fürchtet.

Ebenso mißbraucht im andern Haufen des weltlichen Regiments das größere Teil solche Gaben zu ihrem Trotz, Prahlen, Lust, Frevel und allem Mutwillen, ohne Scheu und Furcht Gottes. Aber dennoch bleibt es gleichwohl an sich selbst Gottes gute und nützliche Gabe. Und im dritten Haufen der Gemeinde ist fast nichts anderes als lauter Mißbrauch, da ein jeglicher seinen Stand, Handwerk, Kunst, Geld, Gut und was er hat, gegen seinen Nächsten oder jedenfalls nicht zum Besten und Nutzen seines Nächsten braucht, wie es doch Gott haben will und weshalb er alles gibt und erhält. Aber da ist keine Furcht vor Gott noch Scheu vor den Menschen. Aber doch erhält sie Gott alle und ist darum zu loben und zu danken.

Aber dies (vierte) Häuflein fürchtet Gott und ist fromm und wird aus den drei vorigen Haufen versammelt. Denn man findet ja noch fromme, gottesfürchtige, rechte Bischöfe, Pfarrer, Prediger und Seelsorger. Ebenso findet man auch fromme, gottesfürchtige Fürsten, Herren, Edle, Ratsherren, Richter und auch manchen frommen, gottesfürchtigen Bürger, Handwerksmann, Bauer, Knecht, Magd usw., sie seien gleich, wie wenig ihrer sind. Ja, um dieser willen erhält Gott die vorigen drei Haufen und die ganze Welt und wagt so viel Güte und Gaben an sie. Und wenn diese nicht wären, die Welt verginge von Stund an, wie Sodom und Gomorra.

Denn der heilige Prophet David trennt sie ganz deutlich von den andern drei Haufen damit, daß er anzeigt, wie jene Gott nichts achten noch ihn fürchten noch ihm dienen, sondern sie dienen sich selbst und suchen und haben das Ihre in diesem Leben. Über das hinaus verfolgen sie diesen kleinen Haufen ohne Unterlaß aufs höchste, können und wollen denselben nicht leiden, allein deshalb und um keiner andern Ursache willen, weil diese Gott fürchten und ihm vertrauen, das ist, daß sie Gottes Wort ehren und lehren, welches jene nicht hören noch sehen wollen. Denn »Gott fürchten« bedeutet im Hebräischen eigentlich das, was wir Deutschen »Gott dienen« nennen, und »Gottesfurcht« ist gleich »Gottesdienst«. Nun kann man auf Erden Gott nicht sichtbar und leiblich dienen, denn man sieht ihn ja nicht, sondern geistlich, wenn man sein Wort ehrt, lehrt, bekennt und danach lebt und tut, darüber sich dann Kreuz und Leiden, alles Unglück vom Teufel, Welt und eigenem Fleisch erhebt.

Lieber, was mögen nun diese für ewige Wohltat von Gott haben, wofür sie Dank opfern sollen? Es kann nicht allein des geistlichen Standes Amt sein, denn solches gibt Gott im dritten Haufen; auch nicht
weltliche Herrlichkeit, Ehre, Gewalt, Friede, Gehorsam, denn die gibt Gott im zweiten Haufen; auch nicht Geld, Gut, Haus, Hof, Gesundheit, Weib, Kind usw., denn das alles gibt Gott im ersten Haufen. Es muß etwas Höheres und Edleres sein, was diese Gaben des zeitlichen, vergänglichen Lebens alle weit, weit übertrifft. Denn er redet ja bis ans Ende davon, während er doch von den drei Haufen nur in drei Versen redet. Was ists denn? Er wirds selbst reichlich genug sagen und erzählen, nämlich: Trost und Hilfe in allerlei Leiden, Not und Angst, das ist nichts anderes als ein Anfang des ewigen Lebens, wovon die Welt in allen drei Ständen (von den Gottesfürchtigen abgesehen) mit all ihrem Gut, Macht und Kunst nicht ein Tröpflein zu geben vermag. Denn es ist ein schlechter Trost, wenn man einem in Todesnöten von Tanz, Freuden, Gut, Ehre, Gewalt, Kunst, Weib und Kind singen will.

Denn dieweil sie Gottes Wort ehren und Gott dienen wollen, müssen sie wahrlich herhalten und von den drei Haufen Spott, Schande, Schaden, Haß, Neid, Lästerung, Feuer, Schwert, Tod und alles Unglück leiden, dazu vom Teufel und seinen Engeln viel an giftiger, gefährlicher, böser Tücke und vom eigenen Fleisch und Sünde Unruhe und Herzeleid genug, wie Paulus 2. Tim. 3, 12 sagt: »Alle, die gottesfürchtig leben wollen, müssen Verfolgung leiden«, und Christus selbst Luk. 9, 23: »Wer mir folgen will, der nehme sein Kreuz auf sich«, und Apg. 14, 22: »Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes gehen«, und der weise Mann Jes. Sir. 2, 1: »Sohn, wenn du Gott dienen willst, so bereite deine Seele zur Anfechtung.«

Deshalb ist die Wohltat Gottes, diesem Häuflein angetan, ganz verborgen vor der Welt und läßt sich nicht anders ansehen, als sei es lauter ewiger Zorn, Strafe, Plage von Gott selbst. Und die Gottlosen unter den drei Haufen erscheinen dagegen als lauter Gotteskinder, weil sie der sichtbaren, zeitlichen, offenbaren Wohltaten Gottes so voll und reich sind. Deshalb bedarf es der Kunst und Gnade, daß man diese heimliche, verborgene Wohltat sehe und erkenne, besonders weil er sie rühmt, daß sie immer währe und ewiglich anhalte. Und es kostet auch deshalb so viele und reiche Worte, wie wir hören werden. Denn obwohl der Geist willig und bereit ist, so ist doch das arme Fleisch schwach und unwillig, wollte ja gerne auch lieber offenbaren, zeitlichen Trost und Hilfe haben und der Angst und Not überhoben sein. Aber es muß so sein und will nicht anders sein, es ist kein andrer Weg zum ewigen Leben als dieser enge, schmale Steg, den wenige treffen (Matth. 7, 14) und den allein dieser kleine Haufe findet. Und in Summa: der drei Haufen Wohltat ist dies zeitliche Leben und Wesen, dieses (vierten) Häufleins Wohltat ist das ewige Leben, das ist der rechte eigentliche Unterschied.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4930-4937
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»In der Angst rief ich den Herrn an,
und der Herr erhörte mich und tröstete mich.«

Hier hörst du, wo dieser Haufe liegt und steckt. Er schwebt nicht in offenbaren Freuden vor der Welt, sondern Angst heißt seine Wohnung oder Herberge. Da malt er sich ja selbst ab, wie es um ihn stehe, nämlich daß er in mancherlei Leiden stecke. Und faßt hier in Kürze (wie sichs gebührt, wenn man anfängt, von einer Sache zu reden) allerlei Leiden auf einen Haufen und nennt sie »Angst«. Aber hernach wird ers weiter erzählen und ausdeuten, gleichwie ich sagen kann: Ei, wie viel hat Paulus leiden müssen. Da ist noch keines davon ausgedeutet, sondern insgemein angezeigt, daß er gelitten hat, aber noch nicht, was er gelitten hat. Ebenso zeigt er auch zuerst insgemein und in Kürze den Trost und die Hilfe Gottes an, da er sagt: »der Herr erhörte mich«, will also sagen: ich muß immer leiden, aber ich werde auch immer getröstet. Wie das zugehe und was der Trost oder das Erhören sei, wird er auch bald hernach weiter erzählen.

Merke aber hier auf die große Kunst und Klugheit des Glaubens, daß er in der Not nicht hin- und herläuft, alle Ohren voll klagt, den Feinden flucht und sie schilt, auch nicht gegen Gott murrt: Warum tut mir Gott das? Warum tut ers nicht andern, die böser sind als ich? Er verzagt auch nicht an Gott, der ihm solches zuschickt, hält ihn deshalb nicht für zornig oder für einen Feind, wie es doch das Fleisch, Welt und Teufel gar mächtig eingeben; sondern erhebt sich gegen und über solches alles und kann Gottes väterliches Herz durch einen solchen unfreundlichen Anblick sehen und die Sonne erkennen durch solch eine trübe, dicke, finstere Wolke und Wetter, und wagt es, den herzlich anzurufen, der ihn schlägt und sich so gar unfreundlich gegen ihn stellt.

Das ist Kunst über alle Kunst und allein des heiligen Geistes Werk, den Gottfürchtigen und rechten Christen bekannt, wovon die Werkheiligen nichts wissen; sie schwätzen dieweil von guten Werken, deren sie selbst keines je erkannt noch getan haben noch tun können. Denn diese Kunst ist menschlicher Natur unmöglich. Sobald sie Gott ein wenig mit einer Not anrührt, erschrickt sie und verzagt, kann nicht anders denken als es sei alle Gnade aus und sei bei Gott lauter Zorn gegen sie. Da hilft dann der Teufel mit aller Macht und List nach, bis daß er sie in Zweifel und Traurigkeit ersäufe. Ebenso hilft auch trefflich der ärgerliche Anblick dazu, wenn sie die überschwenglichen Wohltaten Gottes gegenüber den andern drei Haufen sieht, da läßt sie sich dünken, es sei dort lauter Gnade Gottes und kein Zorn bei ihnen. Da wird dann das verzagte Gewissen schwach und sinkt dahin, wenn nicht Hilfe und Trost von Gott oder durch fromme Seelsorger oder sonst durch frommer Christen Wort kommt, bis daß sich etliche darüber erhängen, ertränken, erstechen oder sonst dahingehen und verschmachten und verdorren.

Deshalb lerne hier, wer da lernen kann, und werde ein jeglicher auch ein Falke, der sich in solcher Not in die Höhe schwingen könne und wisse aufs erste sicher, zweifle auch nicht, daß ihm Gott solche Not nicht zum Verderben zuschickt, wie wir hernach im 18. Vers hören werden, sondern daß er ihn damit zum Gebet, zum Rufen und zum Streit treiben will, damit er seinen Glauben übe und Gott erkennen lerne, in einem andern Anblick, als er es bisher getan hat, und gewöhne sich auch, mit dem Teufel und den Sünden zu kämpfen und durch Gottes Hilfe zu siegen. Sonst lernten wir nimmermehr, was Glaube, Wort, Geist, Gnade, Sünde, Tod oder Teufel wäre, wo es immer in Frieden und ohne Anfechtung zugehen sollte. Damit würden wir denn Gott nimmermehr kennenlernen, kurzum, wir würden nimmermehr rechte Christen, könnten auch nicht Christen bleiben. Not und Angst zwingt uns dazu und behält uns fein im Christentum. Deshalb sind uns Trübsal und Kreuz so nötig wie das Leben selbst und noch viel nötiger und nützlicher als aller Welt Gut und Ehre.

Es heißt: »Ich rief den Herrn an.« Rufen mußt du lernen (hörest du es wohl!) und nicht dasitzen bei dir selbst oder auf der Bank liegen, den Kopf hängen lassen und schütteln und dich mit deinen Gedanken beißen und fressen, sorgen und suchen, wie dus los werdest, und es nicht anders ansehen, als wie übel dirs gehe, wie wehe dir sei, wie ein elender Mensch du seiest. Sondern: wohlauf, du fauler Schelm!, auf die Knie gefallen, die Hände und Augen gen Himmel gehoben, einen Psalm oder Vaterunser vorgenommen und deine Not mit Weinen vor Gott dargelegt, ihm geklagt und ihn angerufen, wie hier dieser Vers lehrt und im 142. Psalm auch gesagt wird (V. 3): »Ich schütte meine Klage vor ihm aus und zeige an vor ihm meine Not«, und Ps. 141, 2: »Mein Gebet möge vor dir gelten als ein Räucheropfer, das Aufheben meiner Hände als ein Abendopfer.« Hier hörst du, daß Beten, Not anzeigen und Hände aufheben Gott die allergenehmsten Opfer sind. Er begehrts, er wills haben, daß du deine Not ihm vorlegen, nicht auf dir liegen lassen und dich selbst damit (herum)schleppen, (sie an dir) nagen und (dich dadurch) martern (lassen) sollst, womit du aus einem Unglück zwei, ja zehn und hundert machst. Er will, daß du zu schwach sein sollst, solche Not zu tragen und zu überwinden, auf daß du in ihm stark werden lernest und er in dir durch seine Stärke gepriesen werde. Siehe, da werden Menschen draus, die da Christen heißen, und sonst nichts als lauter Schwätzer und Plauderer, die viel von Geist und Glauben speien, aber nicht wissen, was es sei, oder was sie selbst sagen.

Du mußt aber auch nicht zweifeln, daß Gott deine Not sehe und solch dein Gebet erhöre, und mußt nicht so aufs Geratewohl und in den Wind dahin beten. Denn damit spottest du und versuchest Gott, daß es besser wäre, ganz und gar nichts gebetet, wie der Pfaffen und Mönche Gebet ist. Denn du mußt das Stück in diesem Vers auch rühmen lernen: »Und der Herr erhörte mich und tröstete mich.« Er bekennt beides, daß er gebetet und gerufen habe und sei auch gewiß erhöret. Und wenn dir vom Teufel eingegeben würde, du wärst nicht so heilig, würdig und fromm wie David, darum könntest du nicht so gewiß sein, so mache das Kreuz vor dich und sprich: Laß fromm und würdig sein, wer es ist; ich weiß aber gut, daß ich eben desselben Gottes Geschöpf bin, wie es David ist, und David, wie heilig er ist, hat dennoch deshalb keinen andern, besseren, größeren Gott als ich.

Es ist ja nur ein Gott, der Heiligen sowohl wie der Sünder, der Würdigen wie der Unwürdigen, der Großen wie der Kleinen, und in Summa: wie ungleich wir (auch) untereinander sind, so ist er dennoch unser aller gleicher, einziger Gott, der von allen geehrt, angerufen und gebeten sein will. Was haben die Heiligen und Würdigen mehr gehabt als ich, ehe sie heilig und würdig wurden? Oder sind sie von sich selbst so heilig und würdig geworden? Haben sie es nicht als die Unwürdigen und Sünder von dem Gott zuvor empfangen, von welchem ichs jetzt auch suche und empfangen will als ein unwürdiger armer Sünder? Ders ihm gegeben hat, der hat mirs auch verheißen und geboten zu fordern, zu suchen, zu beten und anzuklopfen, Matth. 7, 7. Auf solch Verheißen und Gebot knie ich nieder und hebe meine Augen auf gen Himmel und bitte um Trost und Hilfe. Damit wird er geehrt als ein rechter Gott, als von dem ich Hilfe und Trost erbitte, welches einem rechten Gott zu tun gebührt. Damit werde ich würdig vor ihm geachtet und er wird sich auch als ein rechter Gott erzeigen, für den er sich bei mir gehalten sieht, und wird seine göttliche Ehre und Namen nicht stecken lassen über mir allein, das weiß ich fürwahr. Denn wer nicht betet noch Gott in seiner Not anruft, der hält ihn gewiß nicht für einen Gott, gibt ihm auch nicht seine göttliche Ehre, die wir ihm doch schuldig sind als seine Kreaturen (wovon anderswo viel gesagt ist).

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4937-4942
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)


»Der Herr ist mit mir,
darum fürchte ich mich nicht;
was können mir Menschen tun?«

Da geht er daher in geistlichen Sprüngen und ewigen Freuden, zeigt an, wie es zugehe, wenn sein Rufen erhört wird. Und sagt, es geht so: Zuerst gibt er mir den Trost inwendig ins Herz, wovon dieser Vers redet und hernach weiter im 18. Vers geredet wird, danach gibt er auch die Hilfe auswendig und erlöst von der Not, wovon der folgende Vers spricht. Vom Trost redet er so: »Der Herr ist mit mir«; als wollte er sagen: Mein Rufen wird auf die Weise erhört, daß, obgleich die Not noch nicht abläßt, o so kriege ich doch einen mächtigen, gewaltigen, starken Beschützer, der bei mir ist und bei mir steht, daß mirs gleich süß und leicht wird, solch Joch zu tragen, Matth. 11, 30. Wer ist der? Ah, es ist der Herr selbst, den ich anrief. Der füllt mir mein Herz durch sein ewiges Wort und Geist mitten in der Not, daß ich sie kaum fühle. Denn wir müssen nicht, wie die Rottengeister, uns vornehmen, daß uns Gott unmittelbar und ohne sein Wort im Herzen tröste. Es geht ohne das äußerliche Wort nicht zu, welches der heilige Geist wohl im Herzen lebendig zu machen und aufzufrischen weiß, ob es gleich vor zehn Jahren gehört wäre.

Aus solchem Trost, siehe, wie keck und mutig er wird und es wagt, einher zu prangen und zu rühmen: Ich fürchte mich nicht, ich bin unerschrocken und unverzagt, mir ist nicht traurig, ich bin guten Muts und sorge mich nicht. Denn es ist da wohl Trübsal und Jammer vorhanden, die mich sauer ansehen und gern wollten, daß ich mich vor ihnen fürchten und sie um Gnade bitten sollte. Aber ich weise sie ab und spreche: Lieber Butzemann, friß mich nicht, du siehst wahrlich scheußlich genug aus für den, der sich vor dir fürchten wollte. Aber ich habe einen andern Anblick, der ist desto lieblicher, der leuchtet mir, wie die liebe Sonne, bis ins ewige Leben hinein, daß ich dich kleines, zeitliches, finsteres Wölklein und zorniges Windlein nicht achte.

Danach trotzt und fordert er die ganze Welt vor großem »Hochmut« und »Übermut« in Gottes Trost heraus und sagt: »Was können mir Menschen tun?« Das heißt ja doch Trotz über Trotz geboten, darüber sollten Könige, Fürsten und Herren billig toll und unsinnig werden, daß ein armer Sünder sie so gar hoch verachtet und sie allesamt auf einen Haufen wirft und über sie hin tritt, geht und sieht, als lägen nichts anderes als Strohhalme da im Wege, zieht eine verächtliche Miene gegen sie und sagt: Wer liegt da? Denn weißt du nicht, was »Mensch« heißt? Es ist die ganze Welt, alles, was Menschen sind, türkische, tatarische, römische Kaiser, Papst, Könige, Fürsten, Bischöfe, Herren, mit all ihrer Macht, Weisheit, Reichtum, Land und Leuten usw. und in Summa, was die ganze Welt samt ihrem Gott, dem Teufel, und seinen Engeln vermag. Die sollten doch ja billig grausam sein, ja, vor einem (von ihnen) sollte sich ein elender, verlassener Mensch billig entsetzen. Dennoch spricht er gegen sie alle: Lieber, was wollen sie mir tun?

Sie werden dich erwürgen. – Was wollen sie danach tun? Vielleicht wieder auferwecken und noch einmal töten? Oder werden sie vielleicht den Leib auch leiblich fressen, den niedlichen Bissen, obwohl sie auch nicht töten können noch sollen, mein Herr erlaube es ihnen denn zuvor und sage mirs an, daß ers ihnen erlauben wolle. Sonst sollen sie Jahr und Tag ratschlagen, Messer zücken, Zähne blecken, sich auf die Lippen beißen und sauer sehen und dennoch hören Psalm 112, 10: »Der Gottlose wirds sehen, und es wird ihn verdrießen; mit den Zähnen wird er knirschen und vergehen; denn was die Gottlosen wollen, das wird zunichte« usw. Sie pochen auf ihre Macht und Gut, das ist ihr Gott und Trotz. Mein Trotz aber heißt der Herr, an dem lasse ich sie sich reiben; ich meine, sie sollen rußig werden und sich an dem Eckstein stoßen, daß sie taumeln und zerschmettert werden; dieweil singe ich: »Was können mir Menschen tun?«

Denn was ist Kaiser, Papst, Könige, Fürsten und alle Welt gegen Gott? Jesaja sagt 41, 11, sie seien ein »Chen«, das ist ein Schnippchen, das man mit den Fingern schlägt. Und an anderer Stelle (33, 11) sagt er: »Sie gehen mit Stroh schwanger und werden Stoppeln gebären«, das ist: groß und trefflich ist ihr Drohen und Schrecken, der Bauch ist ihnen greulich geschwollen, als wollten sie Berge gebären, daß die Geschwulst schrecklich anzusehen ist; und es ist doch lauter Stroh und gut zum Verbrennen, und wenns geboren und gut gelungen ist, so sinds Stoppeln.
Das ist dann der Zorn und die Frucht ihres Drohens; Spreu ists, die der Wind verweht. Denn solange der Herr uns beisteht, solange wollen wir gut (bestehen) bleiben. Und wenn sie uns drüber töten, wohlan, so haben sie deshalb den Herrn noch nicht getötet, der bei uns ist. Bleibt aber der, und wo er bleibt, da wollen wir auch bleiben, wie er Joh. 14, 19 sagt: »Ich lebe und ihr sollt auch leben«, und danach mit Freuden zusehen, wie er mit ihrem Strohbauch und Spreufrucht umgehen wird am Tage seines großen Feuers. So wird sichs denn finden, was da heißt: »Was können mir Menschen tun?«, wie folgt:

»Der Herr ist mit mir, mir zu helfen,
und ich werde herabsehen auf meine Feinde.«

Das mag ja ein feiner, lieblicher Gott sein, der nicht allein in der Not beisteht und durch sein Wort und Geist tröstet und stärkt, daß wirs ertragen können; sondern auch hilft schließlich zu siegen und zu gewinnen, und dem Spiel ein solches Ende macht, daß man an den Feinden mehr Rache sieht, als man zur Zeit der Not hätte wünschen oder bitten können. Dies geschieht auf zweierlei Weise: einmal mit Gnade, daß die, welche uns feind und (wie hier der Text sagt) gram sind, zuletzt bekehrt und unsre Freunde werden, welches die höchste Lust und Freude aller Heiligen auf Erden ist. Zum andern Mal, welche nicht mit Gnade in Gottes Namen anders werden wollen, daß sie mit Zorn in des Teufels Namen zu Grunde gehen und dennoch die Christen nach sich leben lassen müssen, ohne ihren Dank, wie den Juden, Römern und allen Heiden bisher geschehen ist und vorzeiten König Pharao und den Feinden des Volkes Israel. Und jetzt zu unsern Zeiten ist es, gottlob, bereits manchem geschehen, der uns ganz und gar fressen wollte, in drei Wochen, und doch jetzt da liegt und unter den Würmern fault, und wir leben noch. Wie denn auch noch schließlich geschehen wird, was noch an Fürsten, Bischöfen, Pfaffen und ihren Gesellen toben, daß sie untergehen und unsre Lehre hinter sich zurücklassen sollen.

Denn ist unsre Lehre Gottes Wort, so ist dieser Vers unser. Und wer es für Gottes Wort hält, soll daran keinen Zweifel haben: sie sollens nicht ausführen, was sie denken, das werden wir sehen. Wer es aber nicht für Gottes Wort hält, da kommt es auch nicht drauf an, was derselbe erlebe oder ersterbe. Es ist von Anfang der Christenheit bisher so mancher Anschlag von aller Welt, Kaisern, Königen, Herren, Klugen und Weisen vorgenommen; aber dieser Vers ist vor ihnen allen (bestehen ge)blieben, hat das Feld behalten, singt und spottet ihrer frei und fröhlich: »Ich werde herabsehen auf meine Feinde.« Die Feinde aber, wo sind sie? Wo ist ihr Zorn? Wo sind ihre Anschläge? Warum haben sie diesen Vers nicht ausgetilgt? Und wo sind jetzt so viele Anschläge, die der Papst mit seinen Geistlichen nun seit zehn Jahren einen über den andern verloren hat? Aber das beste ist, daß sie harte Stirnen haben und es nicht achten, daß sie so oft (das Ziel) verfehlt und umsonst gerühmt und Hui gesungen haben, auf daß sie verstockt zuletzt diesen Vers ganz erfüllen, daß nichts mehr da bleibe; wie das alles der Psalter an mehr Stellen reichlich bezeugt.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4943-4949
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Es ist gut, auf den Herrn vertrauen
und nicht sich verlassen auf Menschen.«

»Es ist gut, auf den Herrn vertrauen
und nicht sich verlassen auf Fürsten.«

Er hat in den zwei letzten Versen von Trost und Hilfe geredet, die Gott gibt. Hier spricht er dagegen vom Trost und Hilfe der Menschen und spottet ihrer; ja er redet, als erbarme er sich der elenden Menschen, die ohne Gott sich auf Menschentrost und -hilfe verlassen. Denn es ist ein elender, ungewisser Trost, der auf Menschen steht, die selbst keinen Augenblick ihres Lebens sicher sind, wie Jesaja 47, 13 ff. und David Ps. 146, 3 sagt: »Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen; denn des Menschengeist muß davon und er muß wieder zu Erde werden, dann sind verloren alle seine Pläne.« Und solches ist so ganz wahr, daß man auch auf heilige Menschen und auf fromme Fürsten sich nicht verlassen soll, viel weniger auf die Tyrannen und Wüteriche. Denn die Frommen nimmt Gott insgemein gerne bald weg, so fällt dann der Plan und Trost dahin, der auf ihnen stand, und läßt böse Tyrannen lange leben, wie Salomo sagt, auf daß die Treulosen an Gott desto verstockter werden in menschlichem Trost.

So gehen sie auch noch immer dahin in solchem Vertrauen und sind alle ihre Gedanken, Worte, Räte und Anschläge Tag und Nacht nichts anderes, als wie sie uns mit Gewalt dämpfen wollen, sie trösten sich durch nichts mehr, als daß sie sehen, wie viel ihrer sind und wie geringe wir sind. Daß sie aber auch Gott anriefen und um Hilfe bäten, da denken sie nicht einmal dran; sie bedürfen sein nicht dazu, könnens ohne ihn recht machen. Es ist genug, daß sie sagen: so und so wollen wirs machen, so und so wollen wir tun; so haben sie es denn sicher und geht es ihnen nicht fehl. Denn wie könnte Gott das schaffen, daß so viel mächtige, kluge Leute sich irren sollten? Das kannst du dir wohl denken: es ist nicht möglich, sie sind ihm viel zu klug und zu stark. Als der König Pharao den Kindern Israel am Roten Meer nachjagte, hätte er Gott nicht angesehen, daß er mit einem Wort gesagt hätte: Herr Gott, gib Rat und Hilfe, sondern: Ich will mein Schwert ausziehen (sagte er), so sind sie schon tot. O weh, ja gewiß, es ging ihm nicht um ein Haar fehl, so genau traf er es, daß er am andern Morgen im Roten Meer mit all seinem Volk ertrunken lag und nicht einer davonkam. Das ist das Ende menschlichen Trosts und fürstlicher Hilfe, wo man Gottes Trost und Hilfe verachtet.

Ebenso auch, wenn ein tödliche Krankheit oder Todesgefahr da ist: was ist aller Welt Macht und Gewalt von Nutzen? Und wenn sie gleich helfen könnten, was wäre das, wenn es alles unsicher ist und sie täglich selbst dahinsterben und doch endlich ihre Hilfe und Trost dem Tode räumen müssen? Dies alles sieht man vor Augen, dennoch ist der Teufel da so stark und läßt es uns nicht glauben. Und es bleibt eine solche seltene große Kunst, daß einer nicht auf Menschen traue und auf Fürsten sich nicht verlasse. Und es ist die ganze Welt nicht anders, und es bleibt nicht anders als auf Menschen und Fürsten trauen und bauen, das ist, an Gott verzweifeln und sein erstes Gebot mit Füßen treten. Allen falschen Göttern kann man trauen, nur nicht diesem einzigen, dem rechten, treuen Gott. Deshalb tröstet uns der Prophet nicht allein, sondern beklagt auch sehr das Gegenteil in diesen zwei Versen, daß es so arme elende Menschen sind und keinen Gott haben, sondern Kaiser und Fürsten (die keinen Augenblick ihres Lebens sicher sind) sind ihre Götter, auf die traut, tröstet, trotzt und pocht ihr Herz, und das öffentlich und unverschämt, daß sie solche schändliche Abgötterei noch dazu rühmen, wie die unsinnigen Philister sich ihres verstümmelten Dagon rühmten, dessen sie sich doch aufs höchste schämen sollten. Aber es geschieht ihnen recht. Sie wollens so haben, daß sie auch eine ewige Schande hinterlassen wie die Philister.

Daß aber hier nicht ein Rottengeist zufahre und mir aus dieser schönen Rose des heiligen Propheten sein Gift sauge und lehre, man solle die Fürsten totschlagen oder die Obrigkeit verachten und ihr nicht gehorsam sein, weil David hier singt, man solle auch auf fromme Fürsten nicht trauen, welche er hier »nedibim« nennt, das ist, wie es Christus Luk. 22, 25 selbst übersetzt, »gnädige Herren«, das heißt, die von Gott verordnet sind, durch ihr Amt viel und sehr Gutes zu tun, wie anderswo genug gesagt ist. Fürstliches Amt und weltliches Regiment soll man gebrauchen und genießen zur leiblichen Nahrung, zu Schutz und Frieden hier auf Erden, wozu es Gott gesetzt hat. Aber vertrauen, trotzen, hoffen und pochen soll man nicht auf sie; gleichwie wir andere zeitliche Güter, Geld, Vieh, Haus, Hof gebrauchen müssen, aber man soll nicht darauf vertrauen, hoffen und trotzen. Vertrauen und Gebrauchen sind zweierlei, vertrauen gehört allein Gott zu, gebrauchen gehört den Kreaturen zu.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4949-4952
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Alle Heiden umgeben mich;
aber im Namen des Herrn will ich sie abwehren.«


»Sie umgeben mich von allen Seiten;
aber im Namen des Herrn will ich sie abwehren.«


»Sie umgeben mich wie Bienen,
sie entbrennen wie ein Feuer in Dornen;
aber im Namen des Herrn will ich sie abwehren.«


»Man stößt mich, daß ich fallen soll;
aber der Herr hilft mir.«

In diesen vier Versen erzählt er, wer die sind, die ihn verfolgen, und woher die Not komme, davon er oben geredet hat. Und hiermit, mit seinem eigenen Exempel, will er die feine Lehre und Vermahnung kräftig beweisen, da er uns geheißen hat, auf Gott zu trauen und nicht auf Menschen. Als wollte er sagen: Ich will euch mein eigenes Beispiel und Erfahrung anzeigen, daß ihr seht, wie gut es ist, auf Gott vertrauen und damit ihr euch ja vor Vertrauen auf Menschen hütet. Siehe, alle Heiden haben mich mit großer Macht, Fleiß, Zorn, Grimm, List und Tücke allenthalben angegriffen. Aber dennoch haben sie mit all ihrem Wüten und Toben nichts ausgerichtet, sondern ist durch solches alles bewiesen und bestätigt: daß Gott die Frommen in aller Not durch sein Wort und Geist tröstet, erhält und stärkt und sie nicht verläßt und dazu die Widersacher auch vernichtet, womit er uns auch schließlich mit der Tat aus der Not hilft und errettet.

Siehe aber hier, wie groß die Not und mannigfaltig die Feinde sind. Er sagt erstens: »alle Heiden«; deren ist ja über die Maßen viel und sie sind im Vergleich mit dem kleinen Haufen (der Christen) gewaltig. Es muß aber so sein, daß sich alles gegen Gott und sein Wort stelle, auf daß ja handgreiflich kund werde, wie sehr Menschen Trotz und Trost gegenüber Gott nichts sei, wie Psalm 2, 1 f. auch sagt: »Die Heiden toben und die Könige lehnen sich auf wider den Herrn und seinen Gesalbten« usw. Alle anderen Lehren und Götter kann man leiden, so daß kein Volk noch Land sich dagegen auflehnt; allein wenn Gottes Wort kommt, da ist alle Welt zum Widerstand bereit, da erhebt sich Toben und Wüten an allen Enden und heißt es: »Sie umgeben mich.« »Mich«, »mich«, sagt er, ich bins allein, den sie umgeben müssen. Die Römer hatten alle Götter der Welt, etliche hundert, die konnten sie ertragen, aber den einzigen Christus konnten sie nicht ertragen, gleich wie jetzt. All die Lehren der Mönche und Pfaffen, wie schädlich sie gewesen sind, ob sie gleich alle Welt bis aufs Mark geschunden, dazu Leib und Seele geplagt und gemartert haben, dennoch hat man es alles vor sich gehen lassen. Nun aber das Wort Gottes kommt und lauter Friede und Gnade lehrt, dazu von ihrer Schinderei erlöst, da muß jedermann sich dran hängen, es lästern und verfolgen. Weshalb? Sie haben nichts zu tun, sagt er, als mich, mich, der das Wort hat, müssen sie umgeben, an mich muß sich der Teufel hängen, wie Christus Joh. 15, 19 sagt: »Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb, aber weil ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasset euch die Welt.«

Zum zweiten sind ihrer nicht allein viele, sondern sie gebrauchen auch ihre Gewalt und tun (das Ihre) dazu mit aller Macht, Ernst, Fleiß, Mühe und greifens an. Denn er sagt im 11. Vers: »sie umgeben mich von allen Seiten«. Damit zeigt er an, wie sie anhalten, fortdringen, nicht ablassen, nicht müde werden, treiben und treiben ohne Unterlaß, hören nicht auf, bis sie zu Grunde gehen. Wenn es ihnen gleich oft mißglückt, da kehren sie sich nicht dran: immer einen neuen Ratschlag über den anderen, ein Vornehmen über das andre. Denn der Teufel, ihr Gott, der sie so treibt, läßt sie nicht feiern noch ruhen, so lange sie etwas vermögen. Denn was solche Heiden gegen Christus und sein Wort toben, das ist des Teufels Anstiften. Es wäre sonst nicht möglich, wenn es Menschensache allein wäre; sie würdens bald müde und überdrüssig werden, besonders wenn sie fühlten, daß sie oft angestoßen und ihr Ziel verfehlt hätten und zu Schanden geworden wären, wie solchen Verfolgern allezeit geschieht.

Zum dritten sind sie auch nicht allein ernst, tätig und unruhig, sondern aufs allerheftigste bitter, gehässig und giftig, welches sie auch so unruhig macht. Und umgekehrt: ihre überflüssige Unruhe und vergebliches Toben, daß sie nicht so viel ausrichten oder wenigstens nicht so bald, wie sie gerne wollten, sondern oft fehlgehen und manchen Ratschlag und Vornehmen fahren und fallen lassen müssen, das macht sie noch grimmiger und heftiger. Je mehr sie fehlgehen und je länger sichs verzögert, desto toller werden sie, während sie doch dadurch zur Buße vermahnt werden sollten. Und so wetzt immer ein Laster das andre und verschärft eine Untugend die andre. Unruhe macht sie grimmig und Grimm macht sie unruhig. Und so müssen sie in des Teufels Dienst einherrennen, stürmen und poltern, wie er sie treibt und jagt, sie können nicht ablassen noch sich aufhalten. Deshalb sagt er hier: »Sie umgeben mich wie Bienen.«

So sind die Feinde Christi auch, so rachgierig und erzürnt, daß sie eher drüber zu Grunde gehen, ehe sie nicht Schaden tun und sich rächen sollten; verlieren sie doch alle Gnade in Ewigkeit, Gutes zu tun und rechte Christen zu werden. Sie schwirren und sausen auch mit ihren Flügeln und stoßen ihren Stachel in den Christus hinein, kühlen so ihr Mütlein zu ihrem ewigen Schaden und Verderben, sowohl hier wie dort. So gibt ihnen der 8. Psalm (V. 3) auch den Namen, daß er sie Rachgierige nennt und sagt: »Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet, auf daß du vertilgst den Feind und den Rachgierigen.« Es ist aber eine wunderliche Rachgier, nicht menschlich, sondern schlechthin teuflisch, weil sie ja keine Ursache dazu haben, sintemal das Wort Gottes ihnen ja kein Leid tut, sondern ihnen alles Gute, Gnade, Friede, Heil, Leben und Seligkeit bringt und anbietet. Aber wie gesagt, solche Rachgier kommt daher, daß sie fehlgehen und nicht tun können, was, wie und wann sie gern wollten. Diese verhinderte und aufgehaltene Unruhe und Bosheit entzündet sie zu solcher teuflischen Rache.

Zum vierten: weil sie sich ins Herz hinein schämen müssen, daß sie nicht allein so oft fehlgehen, sondern auch fühlen, daß sie keine Ursache ihres Zorns, Wütens und Rachgier haben, so fahren sie zu, putzen und bemänteln sich, erdichten eine Ursache, nämlich daß Gottes Wort Aufruhr mache und dem allgemeinen Frieden schädlich sei. Wenn sie diesen Schanddeckel erfunden haben, so brauchen sie sich nicht mehr so zu schämen, wenn sie auch oft fehlgehen und keine Ursache haben; können nun rühmen und sagen, der Teufel hindere sie so in ihrem göttlichen, heiligen Vornehmen. Und darum (meinen sie) auch nun hinfort große redliche Ursachen zu haben zu Zorn, Toben, Morden und Rachgier, als die nun nichts als Gotteskinder sind, großen Gottesdienst dran tun, daß sie Frieden und Einigkeit erhalten, die Aufrührer und Lästerer strafen. Da muß man zulaufen und unterdrücken, solche Ketzer und Aufrührer töten und so dem lieben Gott sein Volk und seine Ehre verteidigen und erretten. So hat man denn nicht allein eine gute, sondern auch löbliche und ehrliche Ursache, zu morden und gegen Gott zu toben. Und wo es fehlschlägt, hat man zweifache Ehre, nämlich daß sie in solchem guten Werk heilige Märtyrer sind und großes Hindernis vom Teufel leiden müssen. Das hilft und ist ein köstliches, gutes Rezept, ein verstocktes, unbußfertiges Herz zu machen. Da hast du nun, wer sie sind, die den Frommen angst und bange machen, ihnen Not und Trübsal zufügen, daß sie rufen und den Herrn bitten müssen.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4953-4959
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

Wie will nun ein Christ solchen Feinden widerstehen? Wo ist der Sieg, auf den er hoffen möge? Nach dem (äußeren) Anschein ist alles weit und überweit verloren; denn da liegen jene oben, wie gesagt ist. Aber hier steht unser Trotz, da er spricht: Im Namen des Herrn zerschmeiße und zerschmettere ich sie. Das antwortet er auf alle vier Stücke, und mit derselben Waffe will er allen begegnen. Ei, das ist zu viel, die arme Hoffart ist wahrlich zu groß, daß er nicht allein errettet und verteidigt sein, sondern auch alle Welt samt ihrer Gewalt, Zorn und Heiligkeit zwingen will. Jawohl, zwingen? Zerschmettern will er sie und zerschmeißen und das mit einem Stück. Das sollte den Teufel wohl verdrießen und alle seine zornigen Junker, wenn sie es wüßten. Welches ist denn solch Geschütz oder Schwert, damit du, arme Hoffart, solches ausrichten willst? Ich möchte das Geschütz, die große Kanone, gerne hören, es muß ein stattliches Stück sein. Ich will dirs sagen, sagt er, es heißt: Des Herrn Name. Ei, das ist eine Kanone, aus Papier gemacht, eine Papiertüte, spreche Scharrhans. Wohlan, laß es Papier sein, du wirst es wohl mit der Zeit erfahren. Lieber, wie ladet man dieses Geschütz? Oder wie schießt man es ab? Wie geht es los? Was führt es für eine Kugel?

Aufs erste wissen wir alle, daß Gott allmächtig ist und alle Heiden nichts gegen ihn sind, wie das erste Gebot lehrt. Das ist das eine. Danach ists unmöglich, daß er seinen Namen in der Schande stecken lasse, so unmöglich wie daß er seine Gottheit fahren lasse. Denn er hat im zweiten Gebot gesagt, er wolle seinen Namen nicht mißbrauchen lassen oder wolle es nicht ungestraft lassen. Das ist das andere. Wenn wir nun seinen Namen ehren und anrufen, unsre Feinde aber lästern uns deswegen, Lieber, wen verfolgen oder lästern sie? Ists nicht Gott der Allmächtige selbst und sein Name? Siehst du das Geschütz schon geladen? Weil nun Gott von sich selbst aus nicht leiden will, daß sein Name gelästert wird, und wir darüber hinaus ihn noch anrufen und bitten, daß sein Name geheiligt und geehrt werden möchte, meinst du nicht, solch Gebet wird das Geschütz zur Entladung bringen? Die Kugel aber wird vielleicht der Türke oder sonst ein Zorn und Plage Gottes sein, der den Tod und Zerstörung bringe. Da wirds dann losgehen, daß hier ein Fürst, dort ein Bischof, hier ein Herr, da ein Pfaff, hier ein Junkerlein, hier ein Mönch liegen, schreien und klagen wird, daß es in den Himmel gellen und auf dem Erdreich schallen wird. Das will man haben. Die Juden, die auch nicht ablassen wollten, schoß er so mit den Römern, die Römer mit den Goten und Vandalen, die Chaldäer mit den Persern, die Griechen mit den Türken; er wird für uns Deutsche auch etwa eine Kugel finden, die uns treffe und nicht fehlgehe; denn wir habens zu arg getrieben und hören noch nicht auf.

So heißt es denn, daß wir Christen die Heiden zerschmettern, weil es Gott durch unser Rufen um seines Namens willen tut, den wir bei uns haben und ehren. Denn wer etwas durch eines andern Rat, Fordern oder Bitten ausrichtet, das achtet man nach allem Recht, als habe es der Fordernde, Ratgeber und Bittende getan, so daß wir mit gutem Gewissen sagen können: Ich will alle Welt zerschmettern, das ist: ich will Gott mit festem Glauben bitten, daß er seinen Namen heilige, so habe ichs schon getan; denn er wird mich erhören (sagt dieser Psalm im fünften Vers). So hat auch David, der mit seinem leiblichen Schwert seine Feinde schlug, nichts aus Kraft des Schwertes getan, wie er gar reichlich bezeugt (Psalm 18, 4 ff. und an mehr Stellen), sondern weil er Gottes Namen ehrte, heiligte und anrief und um seines Gottes Ehre betete, deshalb mußte sein Schwert mehr als hunderttausend Schwerter sein. Der Name des Herrn tuts, wenn man den anruft und ehrt. Denn wo man ihn nicht anruft, da tut ers dennoch auch recht. Aber da haben wir nichts davon, es gilt auch uns nicht, weil wir nicht deswegen leiden und ihn anrufen. Gleichwie er sonst die Heiden strafte, womit er doch niemand unter den Frommen erlöste, wie da sich die Römer untereinander selbst schlugen und Gottes Strafe vollbrachten und dergleichen.

Ja, sagst du, des Herrn Namen rühmst du, aber jener Teil will auch des Herrn Namen gesucht haben und Gottesdienst damit tun, wie jetzt oben gesagt ist. Denn hier liegt der Knoten: welcher Teil des Herrn Namen recht meine, sonst ist deine Rede nichts. Darauf antworte ich aufs erste: da sehe ein jeglicher auf sein Gewissen, das wird Gott nicht betrügen. Danach, auf daß auch Menschen nicht betrogen werden, so sehe man die Früchte an, so wird man den Baum recht erkennen, ob er gut sei. Denn wir zu unserm Teil haben ja keinen Trost von Menschen, können den auch nicht haben, wir sind zu gering, zu wenig, zu schwach, müssen in Furcht, Sorgen und Gefahr gehen und stehen und mit aller Demut bitten und flehen, sowohl zu Gott wie Menschen. Ebenso morden wir auch niemand um seiner Lehre willen, nehmen auch niemand etwas, lassen einen jeglichen glauben, was er will, zwingen sie nicht, treiben sie nicht, lassen die Obrigkeit Aufruhr, Unfriede, Zwietracht richten und strafen, haben auch keinen Gedanken noch Ratschlag, jemand Schaden zu tun. Sondern wir wehren solchem allem, wo und wie wir können, lehren und halten aufs allerfleißigste Frieden, leiden aber Mord, Blut, Armut und Verfolgung aufs allergreulichste, welches immer Zeichen eines rechten Geistes sind und mit diesem Psalm und der ganzen Schrift übereinstimmt.

Aber jener Teil hat seinen Trost und Trotz auf Menschen und ihre Hilfe, bei Kaiser und Fürsten, sie stehen sicher, ohne Sorge und ohne Gefahr, fürchten sich vor uns nicht noch vor niemand, rufen auch Gott nicht an, viel weniger demütigen sie sich vor Menschen. Sondern sie fahren in Stolz, Sicherheit und Übermut daher, zwingen und treiben zu glauben, was sie wollen, morden, plagen, nehmen, verjagen ohne alles Maß, dazu Tag und Nacht, dichten und trachten aufs allergenaueste, wie sie nur Leid und Weh antun, Verdruß und Schaden zufügen mögen, und können und wollen nicht Friede haben, wie das alles aufs klarste am Tage ist. Das und dergleichen können ja nicht Zeichen eines guten Geistes sein und widerstrebt der ganzen Schrift. Denn man wirds noch lange nicht beweisen, daß Christen morden oder auch mit Hilfe des Gerichts jemand töten oder mit Rat und Hilfe etwas dazu tun sollten. Es gehört weltlicher Obrigkeit zu, in weltliche Sachen hinein, wie auch der Heide Gallio Apg. 18, 14 sagt. Die Christen haben ein ander Gericht, Urteil und Strafe, Matth. 18, 17.
Über das hinaus ist bei uns ja der Fleiß, daß ein wildes, unzüchtiges, wüstes Leben gestraft und nicht gelitten wird, öffentliches Konkubinat, Hurerei, Lästern, Fluchen und dergleichen (gottlob) aufhört, der Ehestand in Ehren gehalten und die liebe Jugend zu Gottes Wort und christlicher Zucht fein mit allem Fleiß erzogen wird.

Der 13. Vers sagt nun, was solche Heiden, die so viel, so mächtig, so zornig, so heilig sind, mit ihrem Umgeben und Verfolgen meinen, wie weit sie es doch bringen, und sagt: »Man stößt mich, daß ich fallen soll«, das ist, sie wollen einfach, ich solle ganz daniederliegen und es solle rein aus mit mir sein, daß nichts stehen bleibe, (mich) mit Wurzeln und mit allem ausrotten wie Jeremia seinem Volk droht, Jer. 11, 19.48 Nun, daß sie mich stoßen, vertreiben und verjagen, das geht mit Gewalt, so weit bringen sie es zwar. Aber Gott behütet mich dennoch vor ihren Gedanken und steckt ihrem Vornehmen ein Ziel, daß sie es nicht tun sollen, was sie im Sinn haben. Stoßen können sie, fällen können sie mich nicht; martern können sie, ausrotten können sie (mich) nicht; ins Gefängnis bringen können sie, zwingen können sie (mich) nicht; hindern können sie, wehren können sie (mir) nicht; Zähne blecken können sie, fressen können sie (mich) nicht; morden, brennen, henken und ertränken können sie, unterdrücken können sie (mich) nicht; verjagen, rauben, nehmen können sie, zum Schweigen bringen können sie (mich) nicht. Und in Summa: etwas sollen sie tun, aber ihr Ziel sollen sie nicht erreichen. Denn da hat es ein Ende: der Herr hilft mir. Wer sind die, die wider des Herrn Hilfe etwas auszurichten vermögen? Es soll heißen: Gottes Wort bleibt ewiglich (es sei denn, daß Gott selbst und sein Name nicht bleibt), wenn sie gleich toll und töricht (darüber) werden.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4959-4965
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Der Herr ist meine Macht und mein Psalm
und ist mein Heil.«


»Man singt mit Freuden vom Sieg
in den Hütten der Gerechten.«



»Die Rechte des Herrn ist erhöht;
die Rechte des Herrn behält den Sieg.«



»Ich werde nicht sterben, sondern leben
und des Herrn Werke verkündigen.«


.
»Der Herr züchtigt mich schwer;
aber er gibt mich dem Tode nicht preis.«


Das ist der Gerechten Freudengesang, und so singen alle Heiligen in ihren Hütten, das ist, wo sie beisammen sind und wohnen. Und er meint besonders die Gerechten im Neuen Testament, da man in den Kirchen hin und her das Evangelium von den großen Wundern predigt, durch Christus getan. Und merke wohl darauf, daß es ein Lied nicht der Gottlosen, sondern der Gerechten ist, das ist der Gläubigen. Denn wer nicht glaubt, sondern auf Menschen vertraut, der kanns nicht singen, versteht dazu kein Wort darin, ob ers gleich mit dem Maul plappert, wie in Stiften und Klöstern dieser schöne Psalm alle Sonntage so schändlich zerheult und geschändet wird. Denn ihr Herz singt so: die Rechte der Menschen beweist Kraft, die Rechte der Fürsten ist erhöht. Denn sie müssen singen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Art läßt von Art nicht.

»Singen« nenne ich hier aber nicht allein das Tönen oder laut Schreien, sondern auch eine jegliche Predigt oder öffentlich Bekenntnis, wodurch vor der Welt Gottes Werk, Rat, Gnade, Hilfe, Trost, Sieg und Heil usw. frei gerühmt wird. Denn solch Singen meint der heilige Geist, wenn hin und her im Psalter und in der Schrift von Singen, Liedern, Psalmen gesagt wird, wie oben auch im 14. Vers: »Der Herr ist meine Macht, mein Psalm und ist mein Heil.« Denn Gott will von uns in seinen Werken und Wundern gelobt, gepriesen, geehrt und bekannt sein, wie denn auch der Glaube tut und nicht still schweigen kann. Er muß das sagen und lehren, was er von Gott glaubt, und weiß Gott zu ehren und die Menschen zu lehren, wie Ps. 116, 10 sagt: »Ich glaube, darum rede ich.« Und wo er nicht herausführe, redete und bekennte, so wäre er nicht ein rechter Glaube, obwohl er dafür leiden muß, daß er verflucht und verfolgt wird, wie bald im selben Psalm hernach folgt: »Aber ich werde sehr gedemütigt.« Dagegen hat er aber umgekehrt einen Helfer, der sein Heil ist, wie oben der 14. Vers sagt, daß solch Verfolgen doch nicht schaden, sondern zum Heil fördern muß, weil damit Gott getrotzt und gelästert wird, so daß er helfen muß, und die Gerechten gezwungen sind, Gott anzurufen und zu beten. So gehts denn fein und recht.

Der 17. Vers dieses Liedes: »Ich werde nicht sterben, sondern leben« usw. berührt und bekennt die Not, daraus Gottes Hand den Heiligen hilft, nämlich den Tod. Sie fühlen wahrlich den Tod, wenn sie in Todesgefahr kommen, und es ist dem Fleisch nicht ein süßes Tränklein, wenn der Tod unter die Augen tritt. So (leicht) kommt der Tod nicht, er bringt auch Gesetz und Sünde mit sich. Darum sieht man hieran wohl, daß die Heiligen Märtyrer sein müssen; denn sie müssen in Todesgefahr schweben und mit dem Tod ringen und kämpfen. Geschiehts nicht durch die Tyrannen und Gottlosen mit Feuer, Schwert, Kerker und dergleichen Verfolgungen, so geschiehts doch durch den Teufel selbst. Der kann das Wort Gottes nicht leiden, noch alle die, welche es halten und lehren, er setzt ihnen zu, sei es im Leben oder im Sterben. Im Leben tut ers mit den hohen Anfechtungen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe gegen Gott; da kann er ein Herz so belagern und bestürmen mit Erschrecken, Zweifel, Verzagen, daß es Gott scheut, ihm feind wird und ihn lästert, daß dem elenden Gewissen nicht anders ist, als Gott, Teufel, Tod, Sünde, Hölle und alle Kreatur seien ein Ding und alle sein ewiger unablässiger Feind geworden. Der Türke noch kein Kaiser kann nimmermehr eine Stadt mit solcher Gewalt bestürmen, wie der Teufel ein Gewissen bestürmen kann.

Im Sterben oder auf dem Totenbette kann ers auch, wenn ihm Gott Raum läßt. Da ist er ein Meister mit Sünden aufblasen und Gottes Zorn anzeigen. Es ist ein wunderlicher, mächtiger Geist, der aus einer geringen Sünde solch eine Angst anrichten und solche Hölle bauen kann. Denn das ist gewißlich wahr, daß kein Mensch jemals seine rechten Hauptsünden sieht, als da ist Unglaube, Verachtung Gottes, daß er nicht Gott fürchtet, ihm vertraut und ihn liebt, wie es wohl sein sollte, und dergleichen Sünde des Herzens, da die rechten Knoten drinnen sind. Es wäre auch nicht gut, daß er sie sehen sollte. Denn ich weiß nicht, ob irgendein Glaube auf Erden sei, der davor bestehen und nicht fallen und verzweifeln würde. Darum läßt ihm Gott Raum zu den Tatsünden, da soll er dir bald eine Hölle und Verzweiflung zurichten, deshalb weil du etwa einen Trunk zu viel getan oder zu lange geschlafen hast, daß du vor (schlechtem) Gewissen und großer Traurigkeit krank wirst und vor Leid sterben möchtest.

Und was wohl noch ärger ist: er soll dir deine besten Werke vornehmen und sie dir in dein Gewissen treiben und stecken, so schändlich vernichtet und verdammt, daß dir alle deine Sünden nicht so bange machen sollten, wie dir jetzt deine besten Werke machen, die doch fürwahr recht gut sind. Aber jetzt wolltest du, du hättest lauter große Sünde anstatt solcher Werke getan. Und damit sucht er, daß du sie auch verleugnen sollst, als nicht durch Gott geschehen, damit du so Gott lästern solltest. Da ist dann der Tod auch nicht ferne, ja die Hölle dazu. Aber wer kann alle seine Kunst aufzählen, wie er Sünde, Tod und Hölle zurichten könne? Es ist sein Handwerk, und er hats über fünftausend Jahre (lang) getrieben und kanns mehr als meisterhaft, ebenso ist er auch so lange ein Fürst des Todes gewesen. Er wirds gewiß oft versucht haben und gut geübt sein, wie er einem armen Gewissen ein Trünklein vom Tode beibringen soll. Die Propheten, besonders der liebe David, habens recht gefühlt und versucht; denn sie klagen, lehren und reden wahrlich davon, als seien sie oft dabei gewesen, reden jetzt von des Todes Pforte, jetzt von der Hölle, jetzt vom Zorn Gottes.

Aber es ist eine Kunst, sich selbst zu verleugnen. Wir haben dran zu lernen, solange wir leben, ebenso sehr wie alle Heiligen vor uns, neben uns und nach uns tun müssen. Deshalb, wie wir die Sünde noch fühlen, so müssen wir den Tod auch fühlen. Und wie wir kämpfen müssen, daß wir die Sünde los werden und fest an der rechten Hand Gottes hangen, die uns sein Wort verkündigt, so müssen wir auch mit dem Tode und Todesfürsten oder Todesamtmann, dem Teufel, kämpfen, bis wir ganz frei werden. Denn siehe, wie dieser Vers solchen Kampf anzeigt. Der Teufel oder Verfolger dringt auch mit dem Tode auf die Heiligen. Was tun sie aber? Sie kehren die Augen, ja sich selbst ganz davon ab, entäußern sich ganz (alles Eigenen) und halten sich an die Hand Gottes und sprechen: Ich muß nicht sterben, wie du Teufel oder Tyrann vorgibst; du lügst, ich werde leben. Denn ich will nicht von meinen noch von Menschenwerken reden; ich weiß jetzt nichts von mir und meiner Heiligkeit. Sondern des Herrn Werke, die hab ich vor mir, davon will ich reden, die rühme ich, auf die verlasse ich mich, der ists, der von Sünden und Tod hilft. Kannst du die Werke stürzen, so hast du mich auch gestürzt.

So umfaßt dieser Vers die oben genannten zwei Stücke im 6. und 7. Vers: Trost und Hilfe, womit Gott den Frommen und Gerechten wohltut. Denn hier siehst du, wie die rechte Hand Gottes das Herz aufrichtet und mitten im Tode tröstet, so mächtig, daß er sagen kann: Und wenn ich gleich sterbe, so sterbe ich dennoch nicht; wenn ich gleich leide, so leide ich doch nicht; wenn ich gleich falle, so liege ich doch nicht danieder; wenn ich gleich geschändet werde, so stehe ich nicht in Schanden usw. Das ist der Trost. Weiter von der Hilfe sagt er so: »Sondern ich werde leben.« Ists nicht eine wunderliche Hilfe, daß der Sterbende lebt, der Leidende ist fröhlich, der Fallende steht auf, der Geschändete ist in Ehren, gleichwie auch Christus Joh. 11, 25 sagt: »Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.« Auf diese Weise redet Paulus auch 2. Kor. 4, 8 f.: »Uns ist bange, aber wir verzagen nicht; wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um« usw. Das sind alles Worte, die kein menschliches Herz versteht.

Und hier siehst du, daß dieser Trost und Hilfe das ewige Leben sei, welches die rechte ewige Wohltat Gottes ist. Das ergibt auch der ganze Psalm. Denn weil er den frommen Haufen von den drei (anderen) Haufen sondert und doch den drei Haufen alles gibt, was in diesem Leben auf Erden ist, nämlich weltliche Herrschaft, geistliches Regiment und aller Kreatur Güter, Nutzen und Gebrauch, so muß notwendigerweise dieses kleinen frommen Haufens Wohltat ein anderes Leben sein, nämlich das ewige. Sintemal die drei Haufen ihnen ihre Wohltat dieses Lebens nicht gönnen und lassen, deshalb muß dieser Trost der ewige Trost und diese Hilfe die ewige Hilfe sein. Und was kanns auch an sich selbst anders sein, weil er sich des Herrn selbst rühmt über und außerhalb aller Güter der Fürsten und Menschen, welche die andern haben? Denn der Herr ist ja ein ewiges Gut. So kann das auch ein jeglicher gut ermessen: wo das Herz einen gnädigen Gott fühlt, da muß Vergebung der Sünde sein. Ist die Sünde weg, so ist der Tod auch weg und muß da sein Trost und Zuversicht der ewigen Gerechtigkeit und des ewigen Lebens, das kann nicht fehlgehen.

Der 18. Vers ist auch ein Meisterstück in diesem Liede und braucht die Kunst der Rhetorik und sagt: »Der Herr züchtigt mich schwer, aber er gibt mich dem Tode nicht preis.« Was ist das? Er hat sich gerühmt: ich werde nicht sterben, sondern leben. Darauf antworten Fleisch, Welt, Menschen und Fürsten und wollen ihn weich und matt machen: heißt das nicht gestorben, wenn du verbrannt, geköpft, ertränkt, erwürgt, verdammt, verjagt wirst? Ich meine, du solltest doch fühlen, ob das ein Leben heißen könne? Wo ist nun dein Gott? Laß ihn dir helfen! O weh, Elias wird kommen und dich abnehmen. Darauf antwortet er, bleibt fest und tröstet sich so: Ei, Lieber, es ist nichts, das Sterben, es ist allein eine väterliche Rute; es ist nicht Zorn, es ist eine milde Züchtigung; es ist nicht ernst, er züchtigt mich so wie ein lieber Vater sein liebes Kind. Es tut wohl ein wenig wehe und ist nicht lauter Zucker, sondern es ist eine Rute, aber sie tötet nicht, sondern hilft desto eher zum Leben. Wohlan, wenn einer aus dem Wort »Tod« eine heilsame Rute machen kann, die Kunst muß der heilige Geist und die rechte Hand Gottes lehren. Denn es tut über die Maßen wehe, wenn man zum Leiden hinzu noch lästert, spottet, das Haupt schüttelt und verunglimpft, wie die Juden Christus am Kreuz taten. Fleisch und Blut tut das Gegenteil, macht aus einer heilsamen Rute den Tod und die Hölle. Denn es will so bald verzweifeln und verzagen, wo es nur an einem Brot fehlen will. Diese Übertragung (Tod = heilsame Rute) ist nicht leicht.

Aber viel größere Kunst ists, wenn einer diesen Vers singen kann, wenn der Teufel solch Verunglimpfen treibt, daß der Tod da sei, wie er dem lieben Hiob tat und andern Heiligen viel. Der kann einem Herzen den Tod so gewaltig vor Augen stellen, nicht einfach wie ein Mensch dahersagen: Du wirst verbrannt, ertränkt usw., sondern kann es aufblasen, ein wie schreckliches, greuliches, ewiges Ding der Tod sei, und von Gottes Zorn dabei reden und mit gewaltigen Gedanken ins Herz drücken und stoßen, daß es unerträglich und unleidlich ist. Hier liegts dann wahrlich an einem guten Ausleger, der den Teufel mit diesem Vers überschreien und überwinden und sagen könne: Dennoch ists nicht der Tod noch Zorn, dennoch ists gnädige Züchtigung und väterliche Strafe, dennoch weiß ich, daß er mich dem Tode nicht übergibt, und wills dennoch nicht glauben, daß es Zorn sei, und wenns alle Teufel in der Hölle auf einen Haufen sagten. Ja wenns gleich ein Engel vom Himmel sagte, so sei er verflucht (Gal. 1, 8), und wenn es Gott selbst sagte, so wollte ich doch glauben, er versuchte mich wie Abraham und stellte sich zornig und es wäre doch nicht ernst; denn er widerruft sein Wort nicht. Es soll heißen: »Er züchtigt mich so, aber er will mich nicht töten.« Dabei bleibe ich und laß mirs nicht nehmen noch anders deuten, dolmetschen noch auslegen.

Er fühlt den Tod wohl, er will ihn aber nicht fühlen und es soll nicht Tod heißen, sondern er hält sich an die gnädige rechte Hand Gottes, leugnet auch nicht, daß Gott ihm solchen Tod zuschicke; aber er ist im Einverständnis mit Gott, daß sie es beide nicht den Tod heißen noch sein lassen wollen, sondern es soll die Vaterrute und Kindesstrafe sein. Wohlan, das sind ja alles hohe Worte, die in Menschen- oder Fürstenherzen nicht sind noch hineinkommen können, wie Paulus 1. Kor. 2, 7 sagt: »Wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit Gottes, welche keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat.« Das sei für diesmal von diesem schönen Liede der lieben Heiligen gesagt.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4965-4976
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit,
daß ich durch sie einziehe und dem Herrn danke.«


»Das ist das Tor des Herrn;
die Gerechten werden dort einziehen.«


Gleichwie er das Alte Testament im letzten Vers vom Neuen unterschieden und nach der Lehre und Predigt aufgehoben hat, so scheidet ers hier von demselben auch nach dem Gottesdienst, auf den die Juden so hoch pochten und konnten nichts als ihren heiligen Tempel und ihr Opfer und Räucherwerk rühmen, wozu denn das ganze Priestergeschlecht der Leviten geordnet war. Hier, hier (sagten sie) zu Jerusalem, da ist des Herrn Tempel, das ist das rechte Tor, da man zum Herrn eingehen, opfern, räuchern, Gott dienen und fromm werden muß. Denn weil ers nicht einfach »Tore« nennt, sondern »des Herrn Tor«, und wie von einem Tor redet, so meint er das Tor am Tempel, da der Herr besonders wohnt (wie in seinem Schloß oder Rathause) und der Gottesdienst am höchsten und meisten geübt ward. Aber es ist ungetempelt und ungeräuchert und ungeopfert. Hier ist der rechte Tempel, das rechte Tor, der Gottesdienst, das rechte Opfer, welches das Dankopfer heißt, wovon er im nächsten Vers redet und hernach mehr sagen wird.

Sodann gingen dort zum Tor des Tempels auch viel böse Buben hinein, Heuchler und Sünder. Aber hier zu diesem Tor des Herrn gehen lauter Gerechte und Heilige ein, Gott zu dienen. Denn es ist und kann niemand in der Christengemeinde oder ein Glied der Christenheit sein, er sei denn recht gläubig, das ist gerecht und heilig, wie der Artikel des Glaubens bezeugt: »Ich glaube eine heilige christliche Kirche.« Wer aber nicht recht gläubig noch heilig und gerecht ist, der gehört nicht in die heilige christliche Kirche und kann zu diesem Tor des Herrn nicht eingehen, kann auch nicht beten, Dank opfern, loben oder Gott dienen, kennt auch Gott nicht, ob er gleich nach dem leiblichen Wandel unter den Christen lebt oder auch gleich ein Amt unter den Christen hat wie Pfarrer, Prediger, Bischof, oder auch die Sakramente äußerlich genießt; wie auch 1. Joh. 3, 6 sagt: »Wer in ihm bleibt, der sündigt nicht; wer da sündigt, der hat ihn nicht gesehen noch erkannt«, und abermals V. 8: »Wer Sünde tut, der ist vom Teufel.«

Ich hoffe aber, es wisse nun so ziemlich jedermann, daß wer sich als ein Christ rühmen will, daß der sich auch als ein Heiliger und Gerechter rühmen soll. Denn ein Christ muß gerecht und heilig sein oder er ist nicht ein Christ, sintemal die Christenheit heilig ist und die ganze Schrift die Christen heilig und gerecht nennt, wie dieser Vers es tut, und (wie sie) in Daniel oft so genannt werden (7, 18), und solches ist keine Hoffart, sondern ein nötiges Bekenntnis und ein Artikel des Glaubens. Die Heuchler im Papsttum mit ihrer falschen lästerlichen Demut rühmen sich als Sünder, wollen nicht heilig heißen und rühmen gleichwohl ihre Stände, Orden, Regel und Leben als heilig, geben auch ihre Werke als Heiligtum aus. Zwar lügen sie darin nicht, daß sie sich für Sünder halten, wo sie es mit Ernst von Herzen sagten, wie sie es doch nicht tun. Aber sie lügen wider sich selbst; sie sind vor Gott Sünder und alle ihre Sache ist unrecht. Das wollen sie aber nicht (wahr) haben, sondern heilig sein und doch mit dem Maul sich als Sünder demütigen; das ist eine zwiefache Lüge und Lästerung Gottes.

Wir aber sollen wissen, daß wir für unsre Person als Adams Kinder wohl verdammte Sünder sind und keine eigene Gerechtigkeit noch Heiligkeit haben. Aber weil wir getauft sind und an Christus glauben, so sind wir in Christus und mit Christus heilig und gerecht, der unsre Sünde von uns genommen und uns mit seiner Heiligkeit begnadet, bekleidet und geziert hat. So ist die ganze christliche Kirche heilig, nicht in sich selbst noch durch ihr eigenes Werk, sondern in Christus und durch Christi Heiligkeit, wie Paulus Eph. 5, 26 sagt: »Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort.« Wer sich nun scheut zu rühmen und zu bekennen, daß er gerecht und heilig ist, der tut eben als spräche er: Ich bin nicht getauft, ich bin kein Christ, glaube auch nicht an Christus, glaube auch nicht, daß Christus für mich gestorben sei, glaube nicht, daß er meine Sünde getragen hat, glaube nicht, daß sein Blut mich gereinigt habe noch reinigen könne, kurzum, ich glaube kein Wort von dem, was Gott von Christus bezeugt und die ganze Schrift sagt. Was ist aber das wohl für ein Mann, der solches denkt oder redet? Welcher Türke oder Jude ist so ein verzweifelt böser Mensch? Nun denken und glauben gewiß alle die so, welche durch Werke fromm und selig werden wollen, wie die Mönche, Pfaffen mit dem ganzen Papsttum; denn sie verleugnen Christus, sagt Petrus, 2. Petr. 2, 1 und Paulus Gal. 6, 12. Daneben berührt er auch alles andre äußerliche Ansehen der Person: daß in der Christenheit kein Ansehen der Person gilt; sondern wer da glaubt und gerecht ist, der geht zu dieser Pforte ein, unangesehen, ob er ein Jude, Grieche, Mann, Weib, Jungfrau, ehelich, Knecht, Magd, reich, arm, König, Fürst, Edelmann, Bürger, Bauer, stark oder schwach sei. Denn das Reich Christi stehet nicht in äußerlichen Weisen und Wesen, sagt Christus Luk. 17, 20.69

»Ich danke dir, daß du mich erhört hast (demütigst)
und hast mir geholfen.«

Das sind die Opfer und Gottesdienste, die im Neuen Testament im Tor des Herrn geübt werden von den Gerechten und Christen, nämlich daß sie Gott danken und loben mit Predigen, Lehren, Singen, Bekennen. Und derselben Opfer sind zwei: Eines ist unser Demütigen, wovon David Ps. 51, 19 spricht: »Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist, ein geängstetes, zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten.« Das ist ein großes, weites, langes, tägliches und ewiges Opfer, wenn uns Gott durch sein Wort in all unsern Werken schilt und unsre Heiligkeit, Weisheit, Kraft nichts sein läßt, daß wir vor ihm schuldig und Sünder sein müssen, Röm. 3, 23, und (wenn er) dem Wort Nachdruck verleiht und das Gewissen erschreckt und mit allerlei Trübsal recht plagt, daß wir nach dem alten sündlichen Adam mürbe und weich werden, bis unser Stolz, Trost und Zuversicht auf unser Tun und Wissen ganz tot sei, welches am Ende des Lebens vollendet wird. Siehe, wer das leiden, dulden, festhalten und drin beharren, dazu Gott hierin loben und danken kann, als ders herzlich gut meine, siehe, der singet diesen Vers: »Ich danke dir, daß du mich demütigst.« Er sagt nicht: Der Teufel demütigt mich, sondern: »Du«, »du«, es ist dein gnädiger Wille mir zugut, ohne deinen Willen würde es der Teufel wohl unterlassen.

Das andere Opfer ist, wenn uns Gott dagegen auch umgekehrt tröstet und hilft, daß der Geist und der neue Mensch so viel zunehme, so viel das Fleisch und der alte Mensch abnimmt; (er) gibt uns je länger je größere und reichere Gabe und hilft uns immer siegen und obliegen, daß wir fröhlich vor ihm und in ihm sind, wie er Ps. 50, 14 f. sagt: »Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen. Opfere Gott Dank und erfülle dem Höchsten deine Gelübde.« Wer das tut, der singt diesen Vers: Ich danke dir, daß du mein Heil, Helfer und Heiland bist. Dies ist auch ein ewiges, großes, tägliches Opfer bei den Gerechten im Tor des Herrn und hiermit verwirft er und hebt auf alle Opfer des Alten Testaments, welche Bilder und Abbilder dieser Dankopfer gewesen sind und haben beide von Frommen und Bösen geschehen können. Aber diese Dankopfer kann niemand tun als allein die Frommen, Gerechten oder Christen. Das sieht man gut auch an der Erfahrung, wie die Juden zu der Apostel Zeit tobten, gleichwie jetzt unsre Werkheiligen, daß man ihre Werke und Weisheit verwirft. Sie wollen ungedemütigt sein, lästern anstatt zu danken, schelten, verfolgen, morden und meinen, dieses ihr Wüten sei Gott das allerangenehmste Opfer, Joh. 16, 2.

So ist nun dieser Vers fröhlich und singt mit aller Lust daher: Bist du nicht ein wunderbarer, lieblicher Gott, der du uns so wunderbar und so freundlich regierst. Du erhöhst uns, wenn du uns erniedrigst; du machst uns gerecht, wenn du uns zu Sündern machst; du führst uns gen Himmel, wenn du uns in die Hölle stößt; du gibst uns den Sieg, wenn du uns unterliegen läßt; du machst uns lebendig, wenn du uns töten läßt; du tröstest uns, wenn du uns trauern läßt; du machst uns fröhlich, wenn du uns heulen läßt; du machst uns singen, wenn du uns weinen läßt; du machst uns stark, wenn wir leiden; du machst uns weise, wenn du uns zu Narren machst; du machst uns reich, wenn du uns Armut zuschickst; du machst uns zu Herren, wenn du uns dienen läßt. Und dergleichen unzählige Wunder mehr, die alle in diesem Vers inbegriffen sind und in der Christenheit auf einmal gerühmt werden mit diesen kurzen Worten: »Ich danke dir, daß du mich demütigst, aber hilfst mir auch wiederum.«

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4976-4983
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
ist zum Eckstein geworden.«

Hier kommt er nun zum Haupt der heiligen Christenheit und stellt das uns auch zum Exempel vor, daß er auch so gut und mehr als alle Heiligen gedemütigt und erhöht ist, daß uns nicht seltsam noch wunder scheinen soll, wenn wir auch Trübsal und Anfechtung leiden. Haben sie den Hausvater Beelzebub genannt, wie viel mehr werden sie seine Hausgenossen so nennen? Ein Knecht ist nicht besser als sein Herr. Er faßt aber in diesem Vers in Kürze das Leiden und Auferstehen Christi zusammen. Denn darin, daß er verworfen ist, zeigt er sein Leiden, Sterben, Schmach und Hohn an, darunter Christus gelegen hat. Darin, daß er zum Eckstein geworden ist, zeigt er an sein Auferstehen, Leben und Herrschaft in Ewigkeit. Und er führt es ein unter dem Gleichnis eines Baues: (Es verhält sich mit Christus so) wie wenn sich ein Stein in die Mauer etwa nicht einfügen, noch zu den andern Steinen passen will, sondern er entstellt das ganze Gebäude und ist ein untüchtiger, unnützer Stein, so daß man ihn verwerfen muß. Und es käme ein andrer, fremder Meister, der diesen Stein recht zu brauchen wüßte und spräche: Halt, ihr großen Narren, ihr seid Baumeister und mögt den Stein nicht? Er ist mir gut, er soll mir nicht die Lücken ausfüllen noch einen Füllstein geben, auch nicht so gering sein wie ein Werkstück, sondern ein Eckstein im Fundament sein, der mir nicht eine Mauer, sondern zwei Mauern tragen und mehr tun soll als irgendein andrer Stein und mehr als alle Steine im ganzen Gebäude.

So wollte Christus nirgends zu der Pharisäer Wesen und Heiligkeit passen, noch zu der ganzen Welt. Sie konnten ihn nicht leiden, er entstellte ihnen all ihr Gebäude, tadelte und schalt ihr schönes, äußerliches, heiliges Wesen. Da wurden sie zornig, verdammten und verwarfen ihn; denn sie wußten nicht, wozu er gut wäre. Da nahm ihn Gott an, der rechte Baumeister, und machte draus einen Eckstein im Fundament, darauf die ganze Christenheit, aus Juden wie aus Heiden versammelt, steht. Ebenso gehts ihm noch immerdar. Denn der Stein ist verworfen, heißt verworfen, bleibt verworfen. Aber nichtsdestoweniger ist er und bleibt bei den Gerechten und Gläubigen teuer, edel und wert, welche nicht auf ihr eigen Menschenwerk noch auf Fürstenmacht bauen, sondern auf diesen Stein.

Merke aber darauf, wer die sind, die diesen Stein verwerfen. Es sind nicht gewöhnliche Menschen, sondern die allerbesten, nämlich die heiligsten, die klügsten, die gelehrtesten, die größten, die edelsten, die müssen sich an dem Stein stoßen. Denn die elenden, armen Sünder, Betrübten, Irrigen, Verachteten, Geringen, Ungelehrten werden seiner froh und haben ihn von Herzen gerne. Jene aber heißen Bauleute, das ist, die das Volk bauen, bessern, zum besten regieren mit Lehren und Predigen. Sie haben nicht den Namen, daß sie Zerstörer, Schädlinge, Untüchtige wären, sondern Bauleute sind sie, die nötigsten, nützlichsten, besten Leute auf Erden, daß, wenn sie nicht wären, der Himmel bestimmt einfiele, ehe es Abend würde, und Land und Leute verdürben. Das sind die Regenten, in geistlichen wie in weltlichen Ständen, die in ihre Rechtssatzungen Land und Leute eingefaßt haben, daß es steht und wollen über das hinaus auch Gott selbst meistern. Eben dieselben warens im jüdischen Volk, die Hohenpriester und Fürsten zu Jerusalem und Pilatus von Rom, Herodes aus Galiläa, dieselben mußten diesen Stein verwerfen und konnten ihn in ihrem Gebäude oder Regiment nicht leiden, denn sie wußten wohl ein Besseres.

Darum, wenn Könige, Fürsten, Bischöfe, Herren, heilige, weise, kluge, reiche, gelehrte Leute das Evangelium verfolgen, was ists Wunder? Wer sollts denn sonst tun? Kanns doch sonst niemand tun. Solls verfolgt sein, so müssens diese tun, denn sie sind die Bauleute. Und sie tuns auch von Amts wegen, denn sie müssen zusehen, daß ihr Gebäude nicht eine Lücke, Riß oder Ungestalt gewinne. Darum sollen sie oder können sie Gottes Wort und die, die es reden, nicht ertragen. Denn er entstellt ihr Gebäude, macht Lücken und Risse drein, ist ein Aufrührer und verführt das Volk, welches sie so schön gebaut, geordnet und (mit Gesetzen) eingefaßt haben, er machts gar anders als sie.

Merke aber zum großen Trost, daß hier zwei Gebäude gegen einander sind, eins verwirft das andere. Aber das, welches verworfen wird, hat einen mächtigen Baumeister, der anstatt eines Steines zwei feste ewige Mauern aufrichtet. Wo bleibt dieweil das Gebäude und die Bauleute, welche jenes verwerfen? Von denselben ist hier ganz geschwiegen, Gott weiß nichts von ihnen. Das ist ein Zeichen, daß sie mit ihrem Gebäude zunichte werden. Denn er redet allein von dem verworfenen Gestein und Gebäude, dessen nimmt er sich an. Darum hüte dich und laß dich nicht unter dem Gebäude finden, das da gern verdammt, verwirft und oben liegt. Fürchte dich auch nicht, daß du unter dem Gebäude bist, das verworfen wird. Denn Gott will dich unverworfen haben und deine Verwerfer nicht kennen, daß sie zu Grunde gehen und du ewig bleibest. Es soll doch keine Gerechtigkeit, kein Werk, keine Heiligkeit bestehen außer der einzigen, die Christus ist, dieser Eckstein. Es ist ja kein andrer Eckstein. Unsre eigenen Werke, man baue gleich ewig dran, sollen nicht dieser Eckstein, sondern Spreu sein vor dem Winde. Da wird nichts anders draus. Es heißt, dieser verworfene Stein ist der Eckstein oder erste Grundstein, 1. Kor. 3, 10.



»Das ist vom Herrn geschehen
und ist ein Wunder vor unsern Augen.«


Der Herr selbst, sagte er, ist dieser seltsame Baumeister, der aller Welt Weise und Baumeister zu Narren macht, der erwählt und erhöht, was sie verwerfen, wie auch Paulus 1. Kor. 1, 27 sagt: »Was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache«, und Habakuk 1, 5: »Schauet unter die Heiden und verwundert euch; denn ich will etwas tun zu euren Zeiten, was ihr nicht glauben werdet, wenn man davon sagen wird.« Obwohl, wie dieser Vers sagt, Gott allezeit solche Werke tut, die kein Gottloser glaubt, und sie zu Narren drüber werden müssen, so ist doch dies ein Besonderes, daß er hier diesen verworfenen Stein zum auserwählten Eckstein macht, welches ein so großes, seltsames Werk ist, daß nicht allein die Heiden mit all ihrer Weisheit und Vernunft zu Narren drüber geworden sind, sondern auch sein eigenes Volk (die Juden) sich so dran gestoßen und geärgert hat, daß es ganz und gar drüber zu Grunde gegangen ist, und beides, Königreich und Priestertum, dazu Himmel und Erde verloren hat und mit keinem Wunderzeichen, wie viel und handgreiflich dieselben gewesen sind, hat erhalten und noch bis jetzt durch so lange Strafe und Plage nicht hat wiederhergestellt werden können.

Wohlan, die ganze Schrift sagt, daß Gott in allen seinen Werken wunderbar sei und nennt ihn den Wundertäter. Aber die Welt glaubts nicht, bis sie es erfährt, sondern ein jeglicher erdichtet in seinem eigenen Herzen von Gott, wie es ihn recht und gut dünkt, daß Gott so und so tun werde, zeichnen ihm so alle Worte und Werke vor, danach er sich richten müsse, keiner denkt bei sich: Lieber, wenn er so täte, wie ichs denke und begreife, so wäre es ja nicht wundersam; wie, wenn ers viel höher und anders machte, als ichs denke? Nein, da wird nichts draus, sagt Jes. 55, 8, sie lassen von ihrem Denken nicht, sie zimmern und hobeln einen Gott, wie sie ihn gerne hätten. So muß Gott sich immer zimmern, meistern und führen lassen, von Anfang der Welt an bis ans Ende. Den Eckstein, darauf er uns baut und zimmert, mag man nicht leiden.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4983-4989
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Dies ist der Tag, den der Herr macht;
laßt uns freuen und fröhlich an ihm sein.«

Das ist die Zeit des Neuen Testaments, ein andrer Tag als der, den die liebe Sonne täglich macht. Sondern der Herr ist selbst hier die Sonne und macht diesen Tag mit seinem Schein und Glanz, und (das) ist ein solcher Tag, dem keine Nacht folgt. Er leuchtet auch nicht in die leiblichen Augen, sondern ins Herz, ist auch nicht das Licht der Vernunft, welche auch eine Sonne ist, die äußerliche Werke und Rechte vor der Welt zeigt und lehrt, sondern dies Licht lehrt Gnade, Friede, Vergebung der Sünden vor Gott, da keine Vernunft von weiß. So heißt Christus Maleachi 3, 20 »Sonne der Gerechtigkeit«: »Euch, die ihr meinen Namen fürchtet, soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit und Heil unter ihren Flügeln.« Diese Sonne soll Gerechtigkeit an den Tag bringen, das ist, von Sünden erlösen und gerecht machen alle, die an ihn glauben, und soll Heil geben oder vom Tode helfen allen, die sich unter seine Fittiche oder Strahlen begeben und (dort) Zuflucht haben. Und solcher Glanz ist nichts andres als die Klarheit und Offenbarung des Evangeliums in aller Welt, welches von Christus ausgeht, scheint und die Herzen der Gläubigen erleuchtet, gleichwie der Glanz von der Sonne ausgeht und die leiblichen Augen und die äußerliche Welt erleuchtet.

Und es ist auch ein fröhlicher Tag, wie er hier rühmt und sagt: »Laßt uns fröhlich sein.« Denn solch Licht und Lehre von der Gnade macht dem Herzen Friede, Ruhe und Freude in Christus, weil es dadurch erkennt, daß ihm seine Sünde ohne sein Verdienst vergeben und (es) vom Tod erlöst ist und hinfort ewiglich einen gnädigen Vater an Gott durch Christus hat, wie Paulus Röm, 5, 1 sagt: »Nun wir denn sind gerecht geworden durch den Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus« usw., wie er daselbst diese Freude und diesen Frieden weiter ausführt, daß sie auch in der Trübsal besteht und mutig macht. Von dieser Freude und diesem Frieden kann kein Ungläubiger etwas wissen, noch alle, die sich mit Werken bemühen fromm zu werden und die Sünde zu tilgen.

Es bedarfs aber wohl, daß der Prophet diesen Tag so hoch rühmt: wie es des Herrn eigener Tag sei, und uns zur Freude vermahne. Denn nach dem äußerlichen Ansehen gibt es keinen finstereren Tag und er scheint (wie man sagt) wie ein Kot in der Laterne. Er muß auch vor der Welt eine Finsternis, Irrtum, Ketzerei und des Teufels Nacht heißen und schlechterdings verworfen sein, gleich wie seine Sonne, der edle Eckstein, auch verworfen sein muß, von welchem er seinen Glanz hat. Deshalb ist auch die Freude und der Friede, von dem er hier singt, mehr eine Trübsal, Unfriede und alles Unglück, weil er so schändlich von aller Welt gehaßt und verfolgt wird, wie er selbst, Christus, unsre liebe Sonne, Matth. 10, 22 sagt: »Ihr müsset gehaßt werden von jedermann um meines Namens willen.« Wie dieses Tages Licht heimlich und der Welt verborgen ist, so ist deshalb auch seine Freude geistlich und dem Fleisch unbekannt, obwohl es das edelste Licht und die höchste Freude ist. Denn was kann Lieberes und Edleres sein als ein Herz, das erleuchtet ist, Gott und alle Dinge kennt und vor Gott von allen Dingen mit Gewißheit urteilen und recht reden kann? Und wo kann höhere und größere Freude sein als ein fröhliches, sicheres, mutiges Gewissen, das sich auf Gott verläßt und weder Welt noch Teufel fürchtet? Gleichwie umgekehrt: wo ist größere Traurigkeit und Schwermut als ein böses, verzagtes, schuldiges Gewissen? Und was ist elender und jämmerlicher als ein irriges, ungewisses Herz, das von keiner Sache recht urteilen kann?


»O Herr, hilf!
o Herr, laß wohlgelingen!«



»Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn!
Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid.«


Das gehört noch alles zum Freudenwunsch, daß der König der Gnaden, Christus, einherreitet durch sein Evangelium und im Namen des Herrn kommt. Und solcher Freudenwunsch ist abermals wohl nötig. Denn viele kommen in ihrem eigenen Namen dahergetrollt, die nicht das Wort der Gnade, sondern die Lehre der Werke und Träume ihres Kopfs bringen. Diese alle samt der ganzen Welt empfangen diesen König so: Verflucht sei, der da kommt in aller Teufel Namen! Tot, tot mit ihm!, wie die Juden riefen: weg, weg und flugs gekreuzigt! Denn er muß der verworfene und verdammte Eckstein und sein Wort eine verfluchte Ketzerei des Teufels sein. So singen diesen Vers jetzt die Stifte und Klöster. Allein die Gläubigen singen so: Gelobet und gesegnet ist, der da kommt im Namen des Herrn!

Ebenso gehts auch solchen Sängern, wie folgt: »Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid«, das heißt: Solchen Freudenwunsch tun wir nicht allein dem Könige, sondern auch euch allen, die ihr sein Hausgesinde seid, die ihr an ihn glaubt und ihn annehmt. Gelobt, selig, gesegnet und o voll aller Gnaden und Seligkeit seid ihr, daß ihr von des Königs Hause seid. Ihr seid nicht Gäste noch Fremdlinge, sondern Hausgesinde Gottes, die ihr euch auf diesen verworfenen Eckstein bauen laßt. Wenn ihr deswegen auch verworfen werdet und des Teufels Gesinde heißen müßt, das schadet nichts, laßt sie lästern und fluchen, laßt euch daran genügen, daß wir euch segnen, selig und reich preisen. Unser Zeugnis ist Gottes Zeugnis, aller Engel, aller Heiligen und aller Kreaturen Gottes. Was fragt ihr nach dem Teufel und der Welt?

Ich meine aber, daß man (es) gut wisse, daß des Herrn Haus das heiße, wo er wohnt, und daß er wohnt, wo sein Wort ist, es sei auf dem Felde, in der Kirche oder auf dem Meer. Umgekehrt, wo sein Wort nicht ist, da wohnt er nicht, ist auch sein Haus nicht da, sondern der Teufel wohnt daselbst, wenns auch gleich eine goldene Kirche wäre, von allen Bischöfen gesegnet. Wo aber sein Haus ist, da muß lauter Segen, Gnade und Leben sein, wie er hier sagt: »Wir segnen euch, die ihr vom Hause des Herrn seid«; weil ihr in des Herrn Hause sei, so seid ihr selig. So sagt er auch 2. Mose 20, 24: »An jedem Ort, wo ich meines Namens gedenken (das ist mein Wort) lasse, da will ich zu dir kommen und dich segnen«, aus welchem Text auch dieser Vers geflossen ist, daß, wo Gott sein Wort hin sendet, wodurch sein Name und Werk, nicht unser Name und Werk, gepriesen wird, da folgt er gewiß hernach und kommt mit lauter Segen und allen Gnaden, wie jetzt aus Mose gesagt ist. Wo aber der Teufel sein Wort hin sendet und es angenommen wird, da folgt er hernach mit dem Fluch und ewigem Verderben, obwohl die Welt deren keines glaubt und den Fluch für Segen, den Teufel für Gott und die Lüge für Wahrheit hält und lobt.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4889-4994
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530)

»Der Herr ist Gott, der uns erleuchtet.
Schmückt das Fest mit Maien
bis an die Hörner des Altars!«

»Du bist mein Gott, und ich danke dir,
mein Gott, ich will dich preisen.«


Hier beschließt er diesen Psalm mit einem starken Bekenntnis und Beschluß gegen alles Ärgernis und Beispiel der Ungläubigen und will so sagen: Wohlan, man will dich nicht für Gott halten, du mußt der verworfene Stein und ein gekreuzigter Schalk unter den Schälken heißen, dein Wort und Gottesdienst muß des Teufels Wort und Dienst sein, und ich muß drüber alle Schande und Gefahr leiden. Aber laß es hergehen, dennoch sollst du mein Gott sein, dennoch will ich an dich glauben und weiß fürwahr, daß du mein Gott bist. Darum fahre hin Gesetz, Tempel, Altar, aller Gottesdienst zu Jerusalem, fahre hin Freund oder Feind, fahre hin alle Weisheit, Heiligkeit, Stärke, Gut, Ehre und was nicht bleiben will noch soll. Dich allein will ich haben, du sollst mir für das alles mehr als genug sein. Ich will dein armes Pfäfflein und Priesterlein sein und das rechte Opfer und Gottesdienst leisten, nämlich Dankopfer und Lobgesang; das soll mein Priesteramt, mein Maienfest oder Laubhütten sein, daß ich nichts zu predigen noch zu rühmen wisse, als dich verworfenen Stein und gekreuzigten Gott. Dabei soll mirs bleiben, das soll das Ende vom Liede sein, das hab ich mit diesem Psalm gesucht und gemeint. Niemand sage mir ein anderes und lasse mich verschont damit (sagt Paulus Gal. 6, 17): »Ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leibe.« Amen, Hosianna, Amen.



»Danket dem Herrn; denn er ist freundlich,
und seine Güte währet ewiglich.«


So pflegt man die guten Lieder, wenn sie aus sind, wieder von vorn anzuheben, besonders, wenn sie mit Lust und Liebe gesungen sind. So tut David mit diesem Psalm; da er alle Wohltat Gottes ausgesungen und besonders die letzte und ewige Gnade herrlich gepriesen hat, sagt er: Ach, wer kann je dem Herrn genug für seine Güte danken. Es ist, wie ich im Anfang sagte, daß seine Güte ewiglich währt, und besonders währt sie ewiglich über dem vierten armen Häuflein, wenn es nur jemand glauben könnte. Menschen tun auch gut, aber da ist keine Wohltat, die immer dauern könne; denn es kann menschliche Natur Undankbarkeit nicht leiden. Es tut auch kein Mensch gut um Gottes willen oder um der Tugend willen, sondern alles um seiner selbst willen.

Das kannst du gut merken, wenn du etwa acht auf einen hast, der etlichen Leuten wohltut: wenn die hernach undankbar werden oder etwas reden oder tun, was ihn verdrießt, so wirst du sehen, wie er Sack und Seil aufbinden und lichterloh brennen wird, schelten, richten, vorhalten und sagen: Wohlan, ich hab ihm das und das getan, laß ihn fahren, er komme nicht wieder. Danach, wenn sich Gelegenheit ergibt, daß er sich rächen kann, oder er merkt, daß man seiner bedarf, da steht er wie ein Stock oder störrig Pferd. Kann er nicht mehr, so hindert er doch, wo er kann, und läßt anstehen, was er demselben zugute tun könnte. Meint dennoch, er sei fromm, tue recht und macht sich kein Gewissen darüber, kann sich nicht so hoch erheben, daß er dächte: Wohlan, habe ich doch die Wohltat um seiner Bosheit willen nicht angefangen, so will ich auch um derselben willen nicht ablassen. Wie täglich tut mir Gott wohl, obwohl ich mein Lebtag nichts getan habe, als was ihn verdrossen hat. Nein, solche Gedanken faßt er nicht aus dem Beispiel, das ihm der vor Augen stellt, der gegen ihn undankbar ist und ihn damit sich bei der Nase nehmen und an seine eigene Undankbarkeit auch denken heißt.

Was ist nun menschliche Wohltat im Grunde als eine dreifältige Übeltat, deshalb weil sie damit Dank, Ehre, ja Herrschaft dazu suchen über die, welchen sie wohltun? Und es ist eine hochmütige, ruhmredige, rachgierige, eigennützige Wohltat, darüber sie hernach erzürnt ewig Leid und Schaden tun, wo sie nur können. So daß man in bezug auf den Menschen diesen Vers wohl so umkehren kann: Pfui über die Menschen, daß sie so böse sind; denn ihr Schadentun währet ewiglich, und ihre Wohltat ist etwas Kurzes, Zeitliches und niemand als dem, der sie anbetet und feiert, getan, und sie wollen keine Wohltat verloren haben noch übel anlegen. Aber Gott und seine Kinder tun Gutes umsonst, verlieren gerne ihre Wohltat bei den Undankbaren, wie geschrieben steht: der Herr tut alles um seiner selbst willen, deshalb läßt er auch nicht ab um der Menschen Bosheit willen. Damit beweist er auch, daß seine Güte recht von Natur gut ist, die nicht je nach eines andern Tugend oder Untugend steht oder fällt, wie der Menschen Güte auf andrer Leute Tugend steht und um eines andern Untugend willen fällt und ärger wird als derselbe. Davon spricht der ganze 37. Psalm. So ist auch dieser Vers oben genug ausgelegt für diesmal. Christus, unser Herr, mache aus uns Menschen rechte, vollkommene Christen. Dem sei Lob und Dank in Ewigkeit, Amen.

[Martin Luther: Das schöne Confitemini an der Zahl der 118. Psalm (1530). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 4994- 4998
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Eine Pfingstpredigt von Martin Luther

Johannes 14, 23-31

Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr höret, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat.

Solches habe ich zu euch geredet, während ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der heilige Geist, welchen mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch erinnern alles des, was ich euch gesagt habe.

Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht. Ihr habt gehört, daß ich euch gesagt habe: Ich gehe hin und komme wieder zu euch. Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, daß ich zum Vater gehe, denn der Vater ist größer als ich. Und nun habe ichs euch gesagt, ehe es geschieht, auf daß ihr glaubet, wenn es nun geschehen wird.

Ich werde nicht mehr viel mit euch reden, denn es kommt der Fürst der Welt. Er hat keine Macht über mich, aber die Welt soll erkennen, daß ich den Vater liebe und tue, wie mir der Vater geboten hat. Stehet auf und lasset uns von hinnen gehen.



Dies Evangelium ist auch ein Stück der Trostpredigt, welche der Herr am Gründonnerstag nach dem Abendmahl bei Tisch tut. Es folgt auf die Frage, da Judas fragt und spricht: »Herr, was ists, daß du dich uns willst offenbaren und nicht der Welt?« Auf die Frage antwortet hier der Herr und sagt: »Wer mich liebet, der wird meine Worte halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.«

Den Text soll man gut merken. Denn der Herr will uns damit lehren, daß es verlorene Mühe sei, sich darum zu bemühen, wie man Gott erkennen und zu Gott kommen möge, wenn man es nicht so anfängt, daß man Christus liebt. Es ist, als wollte er sagen: Wenn man selbst lange spekuliert, wo Gott ist und wie man zu ihm komme, so ist es doch umsonst. Man sehe auf mich, daß man mich habe und liebe. Man will immerdar außerhalb meiner herumflattern und Gott treffen. Aber wenn man schon viel von Gott denkt oder hört, wird man ihn dennoch nicht treffen noch fassen können. Dabei wird es wohl bleiben: »Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben« usw.

Was mag es aber für eine Bedeutung haben, daß der Herr so besonders der Liebe gedenkt? Er sollte so sagen: Wer an mich glaubt, der wird meine Worte halten, und mein Vater wird ihn lieben; wie er denn sonst an anderen Orten so zu reden pflegt. Aber hier kehrt er es um und sagt: »Wer mich liebt, der wird mein Wort halten.« Tun es denn die Liebe und der Glaube nicht? Antwort: Es ist praktisch eins. Denn Christus kann niemand lieben, er glaube denn an ihn und tröste sich seiner. Der Herr hat aber deshalb in dieser Absicht reden wollen, daß er anzeige, wie man die Augen und das Herz von allem anderen abkehren, was im Himmel und auf Erden ist, und allein auf den Mann Jesus Christus sehen müsse. Denn das ist der Liebe eigentliche Art: wessen sie sich annimmt, dessen nimmt sie sich allein an, da bleibt sie und beruht darauf und achtet auf nichts sonst in der weiten Welt mehr. So will der Herr von uns auch gehalten sein, daß wir ihn lieben und unser Herz auf ihn setzen sollen. Den Glauben muß man zuvor haben, wie denn Christus auch den Glauben als zuvor bestehend verstanden haben will. Nach dem Glauben soll die Liebe folgen, daß uns nichts, weder im Himmel noch auf Erden, lieber sein soll, als der Mann Jesus Christus. Darum nimmt dieser Spruch dem Glauben nichts, sondern dient dazu, daß man des Glaubens Art und rechte Wirkung desto besser erkennen möge.

Danach gebraucht er das Wörtlein »Lieben« auch deshalb, weil er genau sieht, wer sein Wort annehmen und dabei beharren wolle, den werde es sauer ankommen. Denn da finden sich mancherlei Anfechtungen, die zu Ungeduld und Unwillen erregen können. Soll man solche Anfechtung ausstehen und nicht darunter zu Boden gehen, sondern fest am Worte halten, so gehört dazu, wie der Herr hier sagt, daß man ihn lieb habe, und wir zuvor ein herzlich Wohlgefallen an ihm haben. Deshalb sagt er: Habt ihr im Glauben an mich angefangen und sollt dabei bleiben, so muß ich euch zuvor wohlgefallen, auf daß ihr sagen könnt: Es gehe, wie es wolle, so will ich fest stehen und meinen lieben Herrn Christus nicht verleugnen: ist es doch allein ihm und nicht den Menschen zu Ehren angefangen, deshalb muß es ausgestanden sein.

Wo aber solche Liebe nicht ist, da wird man auf die Dauer nicht an meinem Wort festhalten, sagt Christus. Denn ich teile nicht Taler noch Kronen aus, sondern das ewige Leben. Das nimmt man nicht hier auf Erden ein, sondern erst nach diesem Leben. Darum liegt es alles daran, daß ihr Lust und Liebe an mir habt. Ist die Liebe da, so werdet ihr mein Wort halten und fest dabei bleiben, und soll es euch gleich Leib und Leben kosten; ist aber die Liebe nicht da, so werdet ihr mein Wort nicht halten. Denn da werden sich so viel Gefahr, Anfechtung und Widerwärtigkeit finden, die euch alle zu Ungeduld und Verzweiflung bringen und treiben werden.

So will Christus den Glauben als vorausgehend verstanden haben, daß wir von ihm gehört haben, was er uns zugute getan hat. Wenn wir aber von ihm gehört haben und an ihn glauben, so ist die Frage: Wie behalten wir es, daß wir dabei bleiben, weil uns so viel Gefahr, Unglück und Widerstand darüber begegnet? Da steht nun die Ursache hier, daß der Herr sagt: Sollt ihr mein Wort halten und dabei bleiben, so müßt ihr mich recht erkennen lernen und glauben, daß ich für euch gestorben, begraben und wieder auferstanden bin. Daraus muß ja folgen, daß ich es nicht böse mit euch meine. Wenn ihr solches erkennt und mich liebt, so werdet ihr mein Wort recht halten und dabei bleiben. So muß die Liebe aus dem Glauben herfließen. Wenn die da ist, so geht einer danach gut durch alles hindurch; und wenn die Welt schon darüber murrt und zürnt, so sagt er: Wollt ihr nicht lachen, so zürnt, es gilt mir gleichviel, mir ist an Christus und seinem Wort mehr gelegen als an eurem Zorn.

Christus redet aber deutlich und sagt: »Wer mich liebt, der wird mein Wort halten« – mein Wort von meinem Sterben und Auferstehen, nicht als Moses Wort oder die Zehn Gebote. Dieses Wort soll man zwar auch halten und nicht dagegen handeln. Denn Gott hat das schon lange zuvor befohlen. Aber bei diesem Wort des Mose ist der Trost nicht, der bei meinem Wort ist: man kriegt kein gutes Gewissen davon, sondern je mehr man sieht, daß es uns an solchem Gehorsam fehlt, desto mehr fürchtet man sich vor Gottes Ungnade und Zorn. Aber das Wort unseres lieben Herrn Christus ist der höchste und beste Schatz. Wer den hat, sagt Christus, hält daran fest und setzt alles darüber zu, ehe er ihn sich nehmen läßt. Der sei nur gewiß, daß ihn mein Vater auch liebe.

Das ist recht johanneisch geredet. Johannes hat seine besondere Art, welche die anderen Evangelisten so nicht haben, daß er die Menschen zuerst zu Christus zieht, und danach bringt er sie durch Christus zum Vater. Denn so folgt es nacheinander, wie Christus es hier lehret: daß man zuerst Christus erkennen, ihn lieb gewinnen und dafür halten soll, daß er freundlich sei und es mit uns mit aller Treue meine. Wo nun das Vertrauen auf Christus ist, da folgt dann die Liebe. Wer aber Christus liebt und auf ihn hofft, den soll der Vater wieder liebhaben. Das ist sehr treffend gesagt, daß ein Mensch allen Zorn und Ungnade Gottes durch Christus verlieren, und Sünde, Tod, Teufel, Hölle und alles Unglück hinweg sein soll, und nichts anderes da sein soll als eitel Liebe des Vaters, allein deshalb, weil er an Christus glaubt und ihn liebhat. Denn Christus nimmt mit diesen Worten alles hinweg. Wer ihn liebhat, den hat der Vater auch lieb.

Das ist ein großer und starker Trost in aller Anfechtung – wer ihn nur recht fassen und das fest glauben könnte. Wenn man unlustig ist, soll man denken: Der Vater lacht dich jetzt an. Aber es will nicht in unser Herz, besonders in der Stunde der Anfechtung. Das Gegenteil denken wir: Gott sei uns feind, er achte unser nicht und wolle mit der Keule zuschlagen. Aber ein solcher Gedanke ist falsch, denn Christus lügt bestimmt nicht, da er hier sagt: Wenn es mit euch dahin kommt, daß ihr mich liebt und mein Wort haltet, das ist, eure höchste Freude und Lust daran habt, daß ich euch von des Teufels Gewalt erlöst habe, daß euch hinfort die Sünde nicht schaden und der Tod nicht verschlingen soll noch kann, und ihr nun des ewigen Lebens und Seligkeit gewiß seid, wie mein Wort lautet, so ist es sicher, daß euch der Vater auch liebhaben und seine Liebe gegen euch so beweisen wird, daß er, der Vater, mit dem Sohn und Heiligen Geist zu euch kommen und bei euch Wohnung nehmen wird.

Das ist ja ein trefflicher Trost, daß ein Christ nicht darauf zu denken braucht, wie er hinauf gen Himmel steigen wolle. Er bleibe zu Jerusalem, zu Rom oder wo er wolle auf Erden, es sei auf dem Felde oder im Hause, so soll er doch im Himmel sein. Denn Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist wollen bei ihm sein und bei ihm wohnen. Das haben wir hier auf Erden im Wort und fühlen es durch den Glauben im Herzen; aber es soll im künftigen Leben endlich auch tatsächlich hernach folgen. Denn daß Gott bei uns hier auf Erden wohnt, heißt nichts anderes, als daß alles, was wir tun, reden, denken und leiden, wohlgetan sein soll: wir essen, trinken, arbeiten, stehen auf, legen uns zum Schlaf nieder, wir beten, studieren, singen oder lesen, so will Gott es sich alles gefallen lassen. Das kann ja doch wohl ein Himmelreich heißen, wenn wir nur die Gnade hätten und die Augen recht auftäten und das glauben könnten. Wenn Gott bei einem Menschen wohnt, so wird dieser Mensch mächtiger als Tod, Teufel, Hölle, Donner, Blitz und alles Unglück. Das ist nicht allein ein trefflicher Trost, sondern auch eine große Herrlichkeit und Ehre. Der Himmel selbst soll die Ehre nicht haben, die ein Christ hat. Ursache: Vom Himmel sagt Gott nicht, daß er drinnen wohnen wolle, sondern er sagt, er solle sein Stuhl und die Erde sein Fußschemel sein. Aber eines Christen Herz, das soll die rechte Wohnung sein, da Gott drinnen wohnen will, wenn es Christus nur so ergreifen kann, daß es weiß, daß er für uns gelitten habe und gestorben sei, und ihn um solcher Wohltat willen liebhabe. Gefällt ihm der Mann Jesus Christus, so ist es gewiß Gottes Tempel und Wohnung.

Also liegt es alles daran, daß wir uns Christus gefallen lassen, dann soll es nicht Not haben. Denn solche Liebe wird uns alles sanft und leicht machen, was wir um seinet- und seines Wortes willen leiden sollen. Sonst wäre es unmöglich, daß einer nicht kleinmütig, traurig und ungeduldig werden und vom Wort abfallen sollte, wie Christus bald darauf sagt: »Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht.« Wer Christus liebt und sich fröhlich darein ergibt und sagt: Ich will um Christi und seines Evangeliums willen alles leiden, der hat den Trost, daß der Vater ihn um Christi willen nicht allein liebhaben, sondern selbst zu ihm kommen und bei ihm samt dem Herrn Christus und dem Heiligen Geist wohnen wolle. Das ist ja ein herzlicher, seliger Trost, an den wir uns halten und uns willig darein ergeben sollten, was uns deswegen auch zu leiden auferlegt würde.

Der Herr will mit seinen Worten seine Jünger warnen und lehren, als wollte er sagen: Wollt ihr Gott hören, Gott bei euch haben und bei Gott sein, so dürft ihr eure Ohren und Augen nicht anderswohin kehren als zu mir. Höret ihr nun mich, so höret ihr Gott, sehet ihr mich, so sehet ihr Gott. Denn das ist beschlossen: entweder durch mich Gott gehört und gesehen oder nimmermehr gehöret und erkannt. Daraus folgt nun weiter, daß wenn Christus ein freundliches Wort redet, daß die ganze Gottheit »Ja« dazu sage, geschweige, daß die Welt, Tod, Teufel und Hölle ein »Nein« daraus machen könnte. Ursache ist diese: Christi Wort ist nicht sein Wort, es ist des Vaters Wort; wie er sagt: »Das Wort, das ihr höret, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat.«

Das ist doch so ganz einfältig geredet, daß man es nicht stärker machen kann. Aber was für Leben und Trost in solchen einfältigen Worten steckt, findet sich dann, wenn die rechten Schwierigkeiten herankommen. Darum läßt es der Herr hier so bewenden und sagt: »Solches habe ich zu euch geredet, während ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der Heilige Geist, welchen mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch erinnern alles des, was ich euch gesagt habe.« Denn wo man gleich viel Worte davon macht, so versteht man es doch nicht, wenn der Heilige Geist nicht dabei ist.

Weil unser lieber Herr Christus denn sagt: die Worte, die er rede, seien nicht sein, sondern des Vaters: soll sich ein jeder hüten und gut vorsehen, daß er sonst kein Wort noch Lehre annehme, sie gehe denn durch dieses einzigen Mannes Mund. Dann trifft er unseren Herrgott gewiß und kann ihn nicht verfehlen, was man sonst nirgends finden noch antreffen kann. Denn da steht Gottes Befehl (Matth. 17, 5): »Das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören.« Du sollst keine andere Predigt hören, nichts anderes lesen, lehren, lernen, sondern es soll alles aus dieses Mannes Munde gehen. Denn da steht der Befehl: »Den sollt ihr hören«, und Christus sagt hier: Die Worte, die ich rede, sind meines Vaters. Darum ist es unmöglich, daß der Gott hören oder zu seiner Liebe kommen könne, wer Christus nicht allein liebt und hört. Der gnädige Vater verleihe uns solche Gnade auch, daß wir Christus lieben und an seinem Worte bleiben, und das durch seinen Heiligen Geist halten und so ewig selig werden mögen, Amen.

[Martin Luther: Erster Pfingsttag. Joh. 14, 23-31. Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 5505-5515
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Die Sieben Bußpsalmen (1525)

Vorrede

Unter meinen ersten Büchlein ließ ich dazumal auch die sieben Bußpsalmen mit einer Auslegung ausgehen. Und obwohl ich noch nichts Schädliches drinnen gelehret finde, so ist doch oftmals des Textes Meinung verfehlt, wie denn beim ersten Ausflug allen Lehrern zu geschehen pflegt, auch den alten, heiligen Vätern, welche, wie Augustin von sich bekennet, sich im Schreiben und Lehren täglich gebessert haben. So war dieses Büchlein dazumal, da nichts Besseres auf dem Plan war, gut genug und brauchbar. Nun aber das Evangelium auf den Höhepunkt gekommen ist und hell leuchtet, und ich auch seit der Zeit (von 1517) weiter gekommen bin, habe ichs für gut angesehen, dasselbe wieder herauszugeben, besser zugerichtet und besser auf den rechten Text gegründet. Befehle hiermit alle Leser Gottes Gnade, Amen.



Der erste Bußpsalm

Psalm 6

1. [Ein Psalm Davids, vorzusingen, auf acht Seiten.]
2. Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn, und züchtige mich nicht in deinem Grimm.
3. Herr, sei mir gnädig, denn ich bin schwach. Heile mich, Herr. Denn meine Gebeine sind erschrocken.
4. Und meine Seele ist sehr erschrocken. Ach du, Herr, wie lange?
5. Wende dich, Herr, und errette meine Seele, hilf mir um deiner Güte willen!
6. Denn im Tode gedenkt man dein nicht; wer will dir in der Hölle danken?
7. Ich bin so müde vom Seufzen. Ich schwemme mein Bette die ganze Nacht, und netze mit meinen Tränen mein Lager.
8. Meine Gestalt ist verfallen vor Trauern und ist alt geworden. Denn ich werde allenthalben geängstigt.
9. Weichet von mir alle Übeltäter. Denn der Herr hat die Stimme meines Weinens gehöret.
10. Der Herr hört mein Flehen. Mein Gebet
nimmt der Herr an.
11. Es müssen alle meine Feinde zuschanden werden und erschrecken, sich umkehren und zuschanden werden plötzlich.



Zur Erklärung dieses Psalms ist auf etliche Stücklein zu achten:

Das erste: In allem Leiden und aller Anfechtung soll der Mensch zu allererst zu Gott laufen und erkennen und in sich aufnehmen, daß alles von Gott zugeschickt werde, es komme vom Teufel oder von Menschen. So tut hier der Prophet, der in diesem Psalm sein Leiden nennet. Aber als erstes läuft er zu Gott und nimmt das Leiden (als ihm) von Gott (gegeben) an. Denn auf die Weise lernet sich die Geduld und Furcht Gottes. Wer aber den Menschen ansieht, und nicht (alles als) von Gott annimmt, wird ungeduldig und Gottes Verächter usw.

Das andere: Gott straft auf zweierlei Weise, einmal in Gnaden als ein gütiger Vater und zeitlich. Das andere Mal im Zorn als ein gestrenger Richter und ewig. Wenn nun Gott den Menschen angreift, so ist die Natur so schwach und verzagt, deshalb weil sie nicht weiß, ob Gott sie aus Zorn oder Gnade angreift. Und in der Furcht vor dem Zorn hebt sie an und schreiet: Ach Gott, straf mich nicht in deinem Zorn, laß ihn Gnade sein und zeitlich, sei Vater und nicht Richter. So bittet er nun hier, nicht daß er ganz ungestraft sein wollte, denn das wäre kein gutes Zeichen, sondern daß er wie ein Kind vom Vater gestraft werde. Daß aber diese Worte von einem Sünder gesprochen werden oder doch in der Sünder Person, folget daraus, daß er die Strafe nennet, denn Gottes Strafe ist nicht um der Gerechtigkeit willen. Darum müssen alle Heiligen und Christen sich als Sünder erkennen und Gottes Gericht fürchten. Denn dieser Psalm gilt für alle und nimmt niemand aus. Darum wehe all denen, die sich nicht fürchten und ihre Sünde nicht fühlen, und sicher vor dem furchtbaren Gericht Gottes einhergehen, vor welchem doch kein gutes Werk ausreichend sein kann.

3. Herr, sei mir gnädig. Das ist, erzeige mir Gnade, daß ich in der Angst und Furcht nicht vergehe oder verzage. Heile mich, Herr. Das ist, stärke mich, erweise mir Hilfe in diesem Elend.
Denn meine Gebeine sind erschrocken. Das ist, alle meine Stärke und Kraft erliegt im Grauen vor deiner Strafe, darum so gib mir deine Stärke, dieweil meine Stärke mich verläßt. Und hier ist darauf zu achten, daß dieser Psalm und seinesgleichen nimmermehr gründlich verstanden oder gebetet wird, es stehe denn dem Menschen das Unglück vor Augen, welches im Sterben und im letzten Hinfahren geschieht. Und selig die, denen das zu Lebzeiten widerfähret, denn es muß mit einem jeglichen Menschen zu einem Untergang kommen. Wenn nun der Mensch so untergehet und zunichte wird mit allen seinen Kräften, Werken, Wesen, so daß nicht mehr als ein elender, verdammter, verlassener Sünder da ist, dann kommt die göttliche Hilfe und Stärke, vgl. Hiob II, 17. Wenn du meinst, daß du verschlungen seist, erst dann wirst du hervorbrechen wie der Morgenstern.

4. Und meine Seele ist sehr erschrocken. Denn Gottes Stärke und Trost wird niemand gegeben, er erbitte es denn von ganzem Grund des Herzens. Niemand bittet aber so, der noch nicht von Grund auf erschrocken und verlassen ist. Denn er weiß nicht, was ihm fehlt, und stehet dieweil sicher in anderer (seiner selbst oder der Kreaturen) Stärke und Trost. Damit nun Gott seine Kraft und Trost geben und uns mitteilen könne, zieht er allen andern Trost hin und macht die Seele von Herzen betrübt, nach seinem Trost schreiend und sich sehnend. So sind alle Strafen Gottes gar freundlich geordnet zu seliger Tröstung, obwohl die Unweisen die Ordnung an sich selbst durch ihre weichen und an Gott verzagenden Herzen verhindern und verkehren, deshalb weil sie nicht wissen, daß Gott seine Güte und Freundschaft unter dem Zorn und der Strafe verborgen hat und gibt.

Ach du, Herr, wie lange? Allen leidenden Menschen ist die Zeit lang, und umgekehrt den fröhlichen kurz. Besonders lang aber und unermeßlich ist sie denen, die diesen inwendigen Schmerz der Seele haben, da (man sich) von Gott verlassen fühlt, als habe er sich von uns losgesagt, wie man wohl sagt, daß eine Stunde des Fegefeuers bitterer sei, als tausend Jahre zeitlicher, leiblicher Pein. So gibt es kein größeres Leid, als das empfindliche Leiden des Gewissens, das da geschieht, wenn Gott sich lossagt, das ist, die Wahrheit, Gerechtigkeit, Weisheit usw., und nichts dableibt als Sünde, Finsternis, Ach und Wehe. Und dies ist ein Tropfen oder Vorgeschmack der höllischen Pein und ewigen Verdammnis, darum sucht sie heim alle Gebeine, Kraft, Saft, Mark, und was im Menschen ist.

[Martin Luther: Die Sieben Bußpsalmen (1525). Zeno.org: Martin Luther: Werke, S. 3204-3210
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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