Fragen zu den Puritaner?

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

Moderatoren: Der Pilgrim, Leo_Sibbing

Antworten
Benutzeravatar
Joschie
Moderator
Beiträge: 5911
Registriert: 28.02.2007 20:18
Wohnort: Hamburg

Fragen zu den Puritaner?

Beitrag von Joschie »

Ich habe folgendes Zitat gefunden
Man kann nicht puritanische Soteriologie ohne puritanische Heiligung haben.
Was beinhaltet puritanische Soteriologie und puritanische Heiligung?
Gruß und Segen Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

maxb
Beiträge: 282
Registriert: 13.03.2008 16:53

Beitrag von maxb »

Gute Frage...also mit der Soteriologie ist sicher der traditionelle 5-Punkte-Calvinismus gemeint.

Bei Heiligung hat mir google gleich einen sehr netten englischen Artikel ausgespuckt.
Bei Gelegenheit werde ich den mal übersetzen oder die Hauptpunkte auf deutsch zusammenfassen.

Benutzeravatar
Joschie
Moderator
Beiträge: 5911
Registriert: 28.02.2007 20:18
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Joschie »

Kallo Maxb
Über die Übersetzung wüde ich mich sehr freuen $:P
Gruß und Segen Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

maxb
Beiträge: 282
Registriert: 13.03.2008 16:53

Beitrag von maxb »

Die Puritaner haben eine Menge darüber geschrieben, wie man ein geheiligtes Leben lebt. Gemessen an ihrem lehrmäßigen Erbe beinhaltet wenig von dem, was sie gepredigt und geschrieben haben irgendetwas Einzigartiges oder Neues. Das Besondere am puritanischen Verständnis von Heiligkeit ist viel mehr die Fülle und das Gleichgewicht, als die charakteristische Form.

Die klassische puritanische Definition von Heiligung ist recht bekannt; wir finden sie im kleinen Westminster Katechismus, Fragen 35 und 36:

"Was ist Heiligung? Heiligung ist das Werk von Gottes freier Gnade, wodurch wir erneuert werden in den
vollkommenen Menschen nach dem Ebenbilde Gottes, und mehr und mehr befähigt werden, der
Sünde zu sterben und der Gerechtigkeit zu leben."


"Was sind die Wohltaten, die in diesem Leben die Rechtfertigung, Sohnschaft und
Heiligung begleiten oder aus diesen fliessen? Die Wohltaten, die in diesem Leben die Rechtfertigung, Sohnschaft und Heiligung begleiten oder aus diesen fliessen, sind Zusicherung von Gottes Liebe, Friede des Gewissens, Freude im
Heiligen Geist, Wachstum in der Gnade und das Beharren darin bis zum Ende."


Aus diesen beiden Fragen ist ersichtlich, dass Heiligung im puritanischen Denken das ganze christliche Leben beinhaltet - der gesamte Prozess dem Bild Christi gleichförmig zu werden. Es ist ein Prozess, der im Augenblick der Wiedergeburt beginnt und sich durch das gesamte Leben des Gläubigen bis zu seinem letzten Atemzug hindurchzieht. Die Puritaner wollten sehen, wie Menschen in eine starke Gewissheit über Gottes Liebe, großen Gewissensfrieden und authentische Freude im Heiligen Geist hinein wachsen. Sie sagten, dass man diese Segnungen durch Geist-gewirkte Heiligung empfängt. Sie ermahnten ihre Leute: "Wenn ihr nicht nach Heiligung trachtet, dann verunehrt ihr nicht nur Gott, sondern ihr verarmt euer eigenes geistliches Leben."

Was meinten sie mit Heiligung? Es folgen vier Bestandteile des puritanischen Verständnisses.

Universelle und moralische Erneuerung
1., Heiligung ist für die Puritaner ein göttliches Werk der Erneuerung, welches radikale Veränderung des Charakters beinhaltet. Es sprudelt aus einem erneuerten Herzen hervor, welches etwas Tieferes ist, als irgendein Psychoanalytiker oder Seelsorger jemals erreichen könnte. Gott arbeitet im Herzen und aus dieser Herzensveränderung entsteht ein neuer Charakter.

Dieses Werk der Erneuerung ist (wenn man die puritanische Sprache verwendet) universell. Das bedeutet, es berührt und beeinflusst jeden Bereich des ganzen Lebens einer Person. Paulus sagt uns in 1. Timotheus 4,4-5, dass alles geheiligt werden soll - jeder Lebensbereich.

Heiligkeit ist eine innere Sache, die unser Herz, unser innerstes Wesen, füllen muss und es ist eine äußere Sache, die in jedes Detail unseres Lebens überschwappen muss. 1. Thess 5,23: "Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!" Viele Puritaner haben über diesen Text gepredigt. Heiligung muss universell sein.



Aber Heiligung ist auch moralisch, haben die Puritaner gesagt. Damit meinen sie, dass sie moralische Früchte produziert, nämlich genau die Früchte, von denen wir in Galater 5 lesen - Liebe, Freude, Frieden, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Glauben, Sanftmut und Enthaltsamkeit. Wenn man einen Puritaner gefragt hätte: "Was bedeuten diese Früchte, wenn man sie alle zusammenfasst?", dann hätte er geantwortet, dass sie das moralische Profil des Herrn Jesus Christus selbst darstellen.

Das ist es, was der Geist in der Heiligung tut. Er gesaltet den Gläubigen nach dem Profil Christi. Er reproduziert die Eigenschaften Christi im Leben Seines eigenen Volkes. Gottes Volk sind diejenigen, in denen die Natur Christi (die Summe alles dessen, was Sein menschliches Leben war) neuen, wenn auch unvollkommenen Ausdruck findet. Das ist das puritanische Konzept von Heiligung.

Wahre Buße
2., Heiligung besteht für die Puritaner aus Buße und Gerechtigkeit - die zweiseitige Handlung, sich von der Sünde zum Gehorsam zu wenden. Buße, sagen die Puritaner, ist das wegwenden von Sünde und es ist eine lebenslange Handlung. Wir müssen jeden Tag unseres Lebens Buße tun und während wir das tun, müssen wir uns auch zur Gerechtigkeit wenden.

Buße, sagten sie, ist ein Werk des Glaubens. Ohne den Heiligen Geist gibt es keine Buße. Das puritanische Verständnis von Buße geht viel tiefer als Reue oder "Es tut mir Leid." zu sagen. Das puritanische Verständnis von Buße beginnt zweifellos mit Reue, aber es geht tiefer in eine grundlegende Lebensänderung hinein. Buße ist eine wirkliche Wende. Es ist ein Hassen der Dinge, die ich vorher geliebt habe und ein Lieben der Dinge, die ich vorher gehasst habe.

Buße beinhaltet Abtöten und Beleben, haben die Puritaner gesagt. Mit Abtöten meinen sie, die Sünde mit dem Schwert zu durchbohren, Sünde zu töten, der Sünde zu sterben, wie es in Römer 6 heißt. Mit Belebung meinen sie das Lebendigwerden gegenüber der Gerechtigkeit und die steigende Hingabe in Taten und das Aufweisen der Früchte des Geistes.

Ein heiliger Krieg
3., Puritanische Heiligung ist fortschreitend und sie arbeitet durch Krieg. Die Puritaner haben gesagt, dass Krieg in der Heiligung unvermeidbar ist, weil - zu seiner großen Traurigkeit - immer noch Sünde im Christen verbleibt. Sie treibt ihn in große Kriegsführung und viele Schlachten. Die Puritaner sagten, dass die innwohnende Sünde aus dem Inneren arbeitet, während die Welt gottlosen Druck von Außen auflegt. Der Teufel, welche die Rolle des Rudelführers spielt, will diesen äußeren Druck nehmen und ihn zusammen mit dem inneren Druck verwenden, um verlorenes Land zurück zu gewinnen. Obwohl also eine Person, eingenommen vom Heiligen Geist, danach trachtet, den Bereich der Heiligung universell in seinem Leben auszuweiten, formiert sich der Teufel gemeinsam mit der Welt und der innewohnenden alten Natur zu einer Kriegsfront in der Seele. Es tobt ein heiliger Kreig.

Deshalb hat Bunyan sein Buch, "Der Heilige Krieg" genannt. Heiligung beinhaltet Konflikte mit mir selbst, meinem Fleisch, mit der Welt und mit Satan. Wenn ein Christ nicht mit Sünde kämpft, würden die Puritaner sagen, dass diese Person sich fragen sollte, ob sie überhaupt ein Christ ist.

Ein Puritaner hat folgendes Bild gebraucht: Er sagte, dass das Christsein mit dem Laufen auf einem schmalen, geraden Weg zu vergleichen sei. Auf beiden Seiten des Weges sind Hecken. Hinter diesen Hecken, stehen Satan alle Kräfte des Bösen zur Verfügung. Er benutzt seine Dämonenarmee und sogar unsere inneren Ungereimtheiten und unsere Neigung zum Abfall. Er benutzt all diese Dinge als Pfeile und auf jedem Schritt, den wir auf unserer geistlichen Pilgerreise gehen, schießt er durch und über die Hecke und zielt dabei auf unsere Füße, unser Herz, unsere Hände und unsere Augen. Jeder Schritt auf dem Weg ist ein Kampf.

Die Anstrengung annehmen
Thomas Watson sagte, dass der Weg zum Himmel "schweißtreibende Arbeit" sei. Es tobt eine Schlacht, aber das Werk der Heiligung schreitet glücklicherweise voran. Heiligung steht nicht still. Die Puritaner verwendeten die Worte des Paulus aus 2. Korinther 3,18, dass wir von Herlichkeit zu Herrlichkeit verändert werden, wenn wir im Geist wandeln. Der wahre Christ akzeptiert also, dass es Konflikte geben wird, aber zur selben Zeit ruht er in der Wahrheit, dass der ultimative Sieg ihm gehören wird. Er mag viele Auseinandersetzungen verlieren, aber den Krieg wird er gewinnen, weil er in Christus ist. Der Heilige Geist wird ihn leiten und er wird mehr und mehr Fortschritte machen.

Es gibt jedoch einen Haken, sagten die Puritaner, denn der Christ wird oftmals nicht fähig sein irgendeinen Fortschritt in sich selbst zu erkennen. Ein Puritaner sagte, dass eine Frau, die ihre Möbel abstaubt, meinen kann, sie hätte den ganzen Staub beseitigt, bis das Sonnenlicht in ihren Raum scheint und den übrigen Staub offenbart. Je mehr also die Sonne der Gerechtigkeit in unsere Herzen strahlt - selbst wenn wir tatsächlich in Heiligkeit wachsen und andere es sehen - , desto mehr werden wir die Motive unseres Herzens sehen.

Die wichtige Frage ist nicht: "Sehe ich in mir selbst, dass ich mehr und mehr in Heiligkeit wachse?", sondern "Wenn ich zurück schaue, z.B. 3 oder 5 Jahre, bedeutet mir Christus heute mehr als damals? Denke ich heute weniger von mir selbst als damals? Nimmt Christus zu und ich ab? Wachse ich in Wertschätzung gegenüber Christus und in Kritik an mir selbst?" Das ist die puritanische Art, sich selbst in Bezug zur Heiligkeit zu prüfen.

Ein weiterer puritanischer Weg, den Fortschritt in der Heiligkeit zu prüfen, ist sich zu fragen wie wir zur Zeit mit Versuchungen kämpfen. Wenn wir die Kräfte, die auf unser Fleisch einwirken nicht bekämpfen, dann fallen wir zurück. Um Fortschritte zu erzielen muss der Gläubige am Gnadenthron beten: "Herr, hilf mir heute stark zu sein. Hilf mir heute rein zu sein. Hilf mir, heute Gerechtigkeit zu üben." Das ist das ständige Bedürfnis des Christen, der in der Heiligung Fortschritte macht.

Die innere, private Person
4., Puritanische Heiligung ist unvollkommen, obwohl sie unbesiegbar ist. In diesem Leben ist sie niemals vollkommen. Unsere Reichweite wird immer unser Verständnis übersteigen. Viele Menschen verstehen die Puritaner an diesem Punkt nicht mehr. Sie denken, dass sie selbstbeobachtend sind oder dass sie uns in gesetzliche Gefangenschaft leiten und sogar in geistliche Depression. Das ist nicht wahr.

Die Puritaner haben sicherlich ein tiefes Verständnis von Sünde und Gerechtigkeit gehabt, während viele von ihren modernen Kritikern ein entsetzlich niedriges Verständnis von Sünde und Gerechtigkeit haben. Die Puritaner haben ihre Unvollkommenheit in der Heiligung gefühlt, genau weil sie Gottes Gerechtigkeitsmaßstab vor sich hatten. Sie haben sich selbst nicht mit ihrem Nächsten verglichen, sondern mit Gottes heiligem Gesetz. Für die Puritaner war Gerechtigkeit antreibend im Charakter. Was in dir lebt ist wichtig. Was du tust und sagst zeigt, wer du im Inneren bist.

Ein Puritaner hat gesagt, "Was ein Mann im Geheimen ist, das ist der Mann tatsächlich in Gottes Augen." Sie würden von uns wollen, dass wir uns fragen: Worüber denkst du nach? Was treibt dich an? Bist du wirklich von der Liebe zu Gott angetrieben? Bist du von Barmherzigkeit anderen gegenüber angetrieben, sie zu lieben, ihnen Gutes zu tun und dich selbst für ihren Gewinn und ihr geistliches Wohlergehen hinzugeben? Das ist das Herz einer puritanischen Gerechtigkeit. Mit diesem hohen Konzept von Heiligkeit, haben sie natürlicherweise ihre Unvollkommenheiten stark gefühlt. Möglicherweise wird das nirgends anschaulicher ausgedrückt, als in den Fragen und Antworten des großen Westminster Katechismus zu den zehn Geboten. Lies sie, wenn du magst und achte darauf, wie genau sie sind, wie sie das Herz erforschen und wie sie darauf beharren, dass man Gott lieben soll und den Nächsten wie sich selbst.

Deshalb: Wenn du liest, wie die Puritaner über sich selbst geklagt haben und wenn du in ihren Tagebüchern siehst, wie sehr sie über ihre eigene Erbärmlichkeit betrübt sind, erinnere dich, dass sie sich selbst mit dem vollkommenen Gott und seinem heiligen Gesetz vergleichen. Es waren Männer und Frauen, die das Seufzen des Paulus wahrhaftig gespürt haben: "Ich habe nach dem inneren Menschen wohlgefallen am Gesetz Gottes. . . Ich elender Mensch! Wer wird mich retten?" Sie haben ihre Not gefühlt, jeden Tag zu Christus zu fliehen und erneut gewaschen zu werden. Und das ist die Wurzel aller wahren Heiligkeit. Solche Heiligkeit ist unbesiegbar. Sie wird niemals sterben, sondern eines Tages vollkommen gemacht werden und in Ewigkeit mit Christus zusammen sein.

Benutzeravatar
Joschie
Moderator
Beiträge: 5911
Registriert: 28.02.2007 20:18
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Ich hab mal eine Frage. Gibt es ein spezielles puritanisches Verständnis des Heiligen Geistes und der Geistesgaben? Ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.
Gruß und Segen vo $:P $:D n Joschie!
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Jörg
Moderator
Beiträge: 2831
Registriert: 04.04.2008 07:47
Wohnort: Essen im Ruhrpott

Beitrag von Jörg »

Vielen Dank, maxb, für die Übersetzung (meine Englischkenntnisse sind nämlich leider sehr dürftig). Die Puritaner werden mir immer lieber; und mir wird, wenn ich von ihnen lese, immer mehr bewußt, wie oberflächlich und unausgewogen (einseitig) doch vieles ist, was sich heute so "christlich" nennt!


Lieben Gruß

Jörg

P.S.: Joschie, leider kann ich Deine Frage nicht beantworten, weil ich leider noch zuwenig von den Puritanern gelesen habe. Genau genommen habe ich erst gelesen: "Geborgen in Ihm" von Richard Sibbes; "Leben voller Freude" von Matthew Henry und Teile der "Pilgerreise" von John Bunyan (muß ich unbedingt mal zu Ende lesen!)
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

AlexH
Beiträge: 1
Registriert: 26.05.2009 07:15

Beitrag von AlexH »

Hey ich kann dazu nur dringend empfehlen (auf Deutsch):

John Flavel: Alles in Seiner Hand
John Owen: Leben durch Seinen Tod
John Owen: Die Herrlichkeit Christi
Johannes Calvin: Institutio Christianae Religiones

Von Calvin haben viele Puritaner gezehrt .. ;)


Viele Grüße, Alex

Benutzeravatar
Joschie
Moderator
Beiträge: 5911
Registriert: 28.02.2007 20:18
Wohnort: Hamburg

Beitrag von Joschie »

In der Zeit vom 10.-13. Mai 2010 findet in Berlin am EBTC das Seminar “Kirchengeschichte: Die Puritaner” statt. Referent ist der Enkel Martyn Lloyd-Jones, Dr. Christopher Catherwood.
“Die Puritaner – Reformbewegung vom 16. – 18. Jahrhundert oder Schimpfwort? Viele Namen dieser Bewegung sind uns wohl bekannt. Doch was trieb diese Leute an, welche Ziele verfolgten sie und was können wir von ihnen heute noch lernen? Dr. Christopher Catherwood, ein Enkel von Martyn Lloyd-Jones wird diese Epoche, welche die Gemeinde nachhaltig prägte, für uns beleuchten.” http://www.apologet.de/?p=2505#more-2505
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Antworten