Erklär nun den rechten Verstand dieses Artikels: Abgefahren zu der Höllen.
Es ist kein Zweifel, daß die Abfahrt Christi zur Höllen die allertiefeste Niedrigung des Sohns Gottes ist, damit er sich für uns zum äußersten hat wollen niedrigen, und gar und ganz in die allertiefeste Schmach ergeben. Dann die Erhöhung hebt allererst in der Auferständnis an.
Was es aber für ein Erniedrigung sei, muß man erstlich aus dem lernen, wie die Schrift hin und her diese Art zu reden brauchet: Abgefahren zu der Höllen.
Zum andern auch, und fürnehmlich, wie die Apostel diesen Artikel geprediget, und mit welchen Zeugnissen der Schrift sie ihn erwiesen haben, daraus der rechte Verstand leichtlich abzunehmen sein wird.
Erstlich, wird das Wort (Höll) oftermals in den Psalmen Davids, und sonst in der Schrift,gebrauchet für ein Grab, und, absteigen zur Höllen, für vergraben werden (Gen. 24 Vs. 38 &44, Vs. 29; Psal. 6 Vs. 6 & Psal. 147 Vs. 7).
Und zum andern, dieweil in den Gräbern aller Unlust und Gestank ist, wird das Wort (Höll)auch gebraucht für das Ort da die Verdammten sein, als Luk. am 16. Vs. 23.
Zum dritten, wird es auch genommen für ein höchste Angst, Not und Schmerzen des Gemüts,wie Hanna Samuelis Mutter solches erfahren (I. Sam. 2 Vs. 6), da sie spricht: Der Herr tötet und macht lebendig, der Herr tut hinab steigen zur Höllen, und wider herauf steigen. Welches sie redt nachdem sie aus ihrem großen Trauren und Herzleid vom Herrn erlöset war.
Zum vierten wirds auch genommen für den Stand deren die begraben sein, und vom Tod überwunden und verschlungen.
Die erste Bedeutung betreffend, nämlich das Wort (Höll) schlecht für die Begräbnis zu nehmen, dienet hieher nicht. Dann schon zuvor einmal ausdrücklich im Glauben gesagt ist,daß er ist begraben worden: Wäre derhalben ohn Not gewest, ein Ding in solchem kurzen Begriff mit schweren Worten zu widerholen, wiewohl es sonst der Schrift nicht zu wider.
So viel die andere Bedeutung anlanget, nämlich als sollte Christus an das Ort der Verdammten gefahren sein, ist zuvor abgeleinet, darum daß das Wort Christi (Luk. 23 Vs.43): Heut wirst du bei mir im Paradeis sein, solche Abfahrt nicht leidet, auch von wegen anderer Ursachen mehr.
Derhalben sind noch übrig zwo Bedeutungen, nämlich die höchste Schmerzen und Angst des Gemüts, und zum andern, der Stand der auf solche Schmerzen und Begräbnis erfolgt ist. So viel nun die äußerste Schmerzen und Angst des Gemüts betrifft, ist es gewiß, daß der Herr
Christus in seinem ganzen Leiden, nicht allein an seinem Leib, sondern auch an seiner Seelen, und zwar fürnehmlich an derselbigen unaussprechliche Angst, Schrecken und Schmerzen empfunden hat, welche der heilige Petrus nennet Schmerzen des Todes (Act. 2 Vs. 24).
Diese höllische Angst, die Christus in seinem ganzen Leiden für uns erlitten, bezeuget erstlich im Eingang in diese höllische Angst und erschrecklichen Abgrund, das Wort Christi (Matth. 26 Vs. 39): Meine Seel ist betrübt bis in den Tod.
Zum andern, da er noch tiefer in diese höllische Angst tritt, und mit dem Tod und Zorn Gottes rang im Garten, bezeugen die Blutstropfen die von seinem Angesicht auf die Erd fielen (welches keinem Menschen je widerfahren ist) daß Christus höllische Angst und Not empfunden hat (Luk. 22 Vs. 44).
Zum dritten, da er im allertiefesten der höllischen Qual und Marter ware, als die jenige die von Gott verlassen sein, schrei er aus tiefer höllischer Not am Kreuz: Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen (Matth. 27 Vs. 46).
Und zwar es war vonnöten, daß Christus nicht allein äußerlich litte, sondern auch daß er innerlich solche höllische Angst und Not empfinde.
Dann dieweil wir nicht allein mit dem Leib, sondern auch fürnehmlich mit der Seelen gesündiget, und den Zorn Gottes verdienet hatten, so mußte Christus, der unser Bürg worden ware, nicht allein äußerlich an seinem Leib leiden, sondern beide an Leib und Seel, und fürnehmlich an der Seelen, den Zorn Gottes leiden, auf daß er beide unser Leib und Seel von
der höllischen Pein erledigt. Und zwar Christus hat nicht allein am Leib Schmerzen sollen leiden wie die zwei Mörder, die mit ihm gekreuziget wurden, sondern dieweil der Vater auf ihn geworfen hat alle unsere Sünden (Isai. 53 Vs. 9), so hat er beide an Leib und Seel viel größern Schmerzen sollen leiden, nämlich die höllische Angst die wir verdient hatten. Und wiewohl Christus die höllische Angst nur eine Zeitlang in seinem Leiden erduldet und überwindet, so ist doch solche Niedrigung des Sohns Gottes in solch tiefe Schmach und Angst, köstlich und teuer genug für dem Angesicht Gottes uns von der ewigen Pein zu entledigen, dieweil es die hohe Person leidet und sich so tief erniedriget, die zugleich wahrer
Gott ist: Derhalben auch solche Pein an ihr nur ein Zeitlang hat können wehren, unter welchen alle andere Menschen (die nichts dann Menschen sind) in Ewigkeit hätten müßen versinken, dieweil sie viel zu schwach sind dieselbige zu überwinden.
Und dies ist ein wunderbarlicher großer Gehorsam, der von unserem Hohenpriester Christo von unsert wegen dem himmlischen Vater geleistet ist, davon herrlich also geschrieben stehet
in der Epist. an die Hebr. im 5. Kap. (Heb. 5 Vs. 7, 8, 9): Welcher Christus in den Tagen seines Fleisches, da er Gebet und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen geopfert hat zu dem, der ihm von dem Tod konnte aushelfen, und aus der Furcht erhöret worden ist: Wiewohl
er Gottes Sohn ware, hat er doch aus dem das er Leid, Gehorsam gelernet, und da er vollendet, ist er worden allen die ihm gehorsam sind, eine Ursach zur ewigen Seligkeit.
In welchen höchsten Schrecken und Schmerzen der freiwillige Gehorsam des Sohns billig soll betrachtet werden, wie er uns dann an jetzt gemeldtem Ort für die Augen gestellt wird, und daß er dadurch uns ein Ursach worden sei zum ewigen Leben.
Ist derwegen auch hie nicht zu besorgen, als sollte es dem Sohn Gottes schmächlich sein, daß ihm die Evangelisten solche Furcht, Trauren und Schrecken zuschreiben.
Dann erstlich hat Christus nicht seinethalben, sondern unserthalben solche Angst und Schrecken auf sich genommen und erlitten.
Zum andern, so ist auch in derselben höchsten Schwachheit, Angst und Not Christi keine Sünde, um dieser zweien Ursachen willen: Erstlich, daß er für und für in wahrem Gehorsam
verblieben ist (Phil. 2 Vs. 8). Demnach auch, wiewohl er zum höchsten geängstiget war, doch nicht unterlassen hat sein Vertrauen auf Gott zu setzen. Dann ob er schon ein zeitlang in der höchsten Angst von Gott verlassen war, dennoch spricht er zweimal: Mein Gott, mein Gott,
das ist: mein Erretter auf den ich traue (Heb. 5 Vs. 7).
Zum letzten wird die Abfahrt Christi zur Höllen genommen für den Stand der in der Begräbnis ist und darauf folget, da nämlich die so begraben sind, vom Tod unterdrücket, und gleich als ausgerottet sein. Also wirds gebraucht Psal. 49. Vs. 15, 16 Isai 14. Vs. 11, 15, 16,17. In denselbigen Stand hat sich auch Christus wollen niedrigen unserthalben, daß er bis in
den dritten Tag in der Erden, gleich als vom Tod überwunden und verschlungen, hat wollen liegen.
Der rechte vollkommene Verstand aber dieses Artikels, kann nirgends her besser dann aus den Geschichten oder Predigten der Aposteln genommen werden, da sie von diesen Artikeln:
Gekreuziget, gestorben, begraben, abgestiegen zur Höllen, am dritten Tag wider auferstanden von den Toten sämtlich und ordentlich handeln: Und zugleich mit aus den Zeugnissen, welche die Aposteln aus den Propheten anziehen.
Fürnehmlich ist die Predigt Petri gar schön und klar, da er also spricht (Act. 2 Vs. 24): Den(Christum) hat Gott auferwecket, und aufgelöset die Schmerzen des Tods, nachdem es unmöglich ware, daß er von ihm sollte gehalten werden. Und bald danach setzet er Beweis hinzu aus dem David (Psal. 16 Vs. 10): Du wirst meine Seel nicht in der Höllen lassen, auch
nicht zugeben, daß dein Heiliger die Verwesung sehe.
In diesen Worten ist es gewiß, daß die Schmerzen des Tods sind die große Qual, Angst und Not, die Christus nicht allein an seinem Leib, sondern fürnehmlich an seiner Seelen gelitten hat, in welcher er ruft (Matth. 27 Vs. 46): Mein Gott, mein Gott, wie hast du mich verlassen?
Davon wir zuvor geredt haben. Danach tut St. Petrus hinzu, daß die Schmerzen alsdann allererst sein aufgelöset worden, da er
von Toten ward auferweckt. In welchen Worten er gleich als zusammen bindet die Schmerzen des Tods, und den Stand der auf die Schmerzen des Tods und Begräbnis erfolget ist. Dann ob schon der Leib so im Grab lag, keinen Schmerzen mehr empfunde (dieweil er wahrhaftig
gestorben war) nochdann saget St. Petrus, daß die Schmerzen des Tods dazumal allererst sein aufgelöset worden, da ihn Gott von den Toten auferwecket. Aus Ursachen, daß die Schmerzen des Tods den Sieg so lang behielten, bis daß Christus den Tod an ihm gar und ganz zu nichten
machte, welches geschehen ist in der Auferständnis.
Und danach beweiset Petrus dies aus dem David (Act. 2 Vs. 31; Psal. 16 Vs. 10): Herr du wirst mein Seel nicht in der Höllen lassen, auch nicht zulassen, daß dein Heiliger die Verwesung sehe. Da redet der Prophet David von dem Stand, darin die Abgestorbene und Vergrabene sind, wie zu sehen nach dem 27. Vs. in dem 29. und in dem 31. Vs.
Daraus zu sehen, daß Petrus die Abfahrt Christi zur Höllen, von der alleräußersten Niedrigung Christi (dann die Erhöhung allererst in seiner Auferständnis anfanget) verstanden hab, nämlich von dem Stand, in welchem Christus als von den Schmerzen des Tods überwältiget,
gelegen ist bis in den dritten Tag.
So ist nu die Summa der Lehr von der Abfahrt Christi zur Höllen diese, daß es vonnöten gewest ist, daß sich Christus in die alleräußerste Not und Schmach niedriget. Erstlich, in dem seine göttliche Natur ihre Kraft nicht erzeiget, auf daß er nicht allein am Leib, sondern auch
an der Seelen, die Schmerzen des Tods, als der von Gott verlassen wäre, fühlete. Zum andern auch, in dem dasselbig Wort oder göttliche Natur ruhete, und die Menschheit nicht alsbald
wider lebendig machte, sondern ließ den Leib von der Seelen bis in den dritten Tag getrennet,im Gewalt des Tods, als wäre Christus gänzlich ausgerottet und vertilget. Also, sag ich, hat Christus für uns sollen zum äußersten geniedriget werden, auf daß wir gewiß wären, daß nicht
allein unser Seelen von Schmerzen des Tods erlöset sein, sondern auch daß alle Schmach von unsern Körpern, darin sie bis zur Urständnis liegen, durch Christi Verdienst und Kraft hinweg genommen wird, unangesehen, daß sie eine Zeitlang in der Erden, als wann sie vom Tod gar überwunden wären, behalten werden, 1. Kor. 15, Vs. 54, 55.