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„Das Dogma ist tot, es lebe das Dogma“!?

Verfasst: 26.01.2013 19:26
von Joschie
Hallo Ihr !
Das folgende Zitat ist von Karl Rahner „Dogmen sind wie Laternenpfosten - nur Betrunkene halten sich daran fest!“ Ich vermute, dass die wenigsten von euch Karl Rahner oder dieses Zitat kennen. Ich habe dieses Zitat auch vor einiger Zeit in einenm Beitrag, das erste Mal gelesen. In vielen Gemeinden ist man bei aller Unterschiedlichkeit der Meinung, dass man heute keine Dogmen mehr braucht und es erschallt wie ein Schlachtruf, wir vertreten ein undogmatisches Christentum. Diese Sicht habe ich auch eine ganze Zeit in meinem Glaubensleben vertreten, auch wenn dieses heute für mich selbst kaum noch richtig nachvollziehbar ist. Wie ist es aber mit den Aussagen von vielen Gemeinden, "Wir brauchen keine Dogmen und wir vertreten keine Dogmen" zu werten, entsprechen sie wirklich der Realität oder dem Gemeindealltag? Als ich nach Hamburg gezogen bin, habe ich mir in aller Ruhe einige Gemeinden angeguckt und bin nach einigem Nachfragen, auf sehr interessante Aussagen gestoßen.
1.Die Stille-Zeit
Hast du heute Morgen schon Bibel gelesen? Hast du heute Morgen schon gebetet? Nein? Dann bist du heute nicht gesegnet! Es ist die Voraussetzung zu einem gesegneten Leben … ich bin mir sicher, es steht irgendwo in der Bibel.
2. Der Zehnt
Den Zehnt erwartet Gott von Dir und du willst ja auch von Gott gesegnet sein oder nicht?
3. Die Glaubenstaufe
Du bist ja aus Gnaden errettet aber zum richtigen Christsein fehlt bei Dir noch die Glaubenstaufe. Sie gehört zum richtigen Christsein eben dazu!
4. Die Absonderungslehre
Die Absonderungslehre besagt, dass es dem Christen aufgegeben ist, sich von allen konfessionellen "Systemen" (Denominationen) fernzuhalten. Die Zugehörigkeit zu einem solchen "System" bedeute Sünde, da hier der Mensch dem Leib Christi willkürlich zerschneide und dem Gebot Jesu, die Einheit des Leibes zu wahren, zuwider handle.
5. Es gibt kein Dogma und Bekenntnis in der Gemeinde
Hier wird die Aussage, dass es in der Gemeinde kein Dogma und kein Bekenntnis gibt, selbst zum Dogma.
Dieses sind einige Beispiele die mir persönlich besonders aufgefallen sind.,
Nach dem Spruch: «Le roi est mort, vive le roi», „Der König ist tot, es lebe der König“, könnte man heute den Spruch benutzen: „Das Dogma ist tot, es lebe das Dogma“? Brauchen wir heute noch Dogmas in unseren Gemeinen und wenn ja welche?
Gruß Joschie

Verfasst: 28.01.2013 18:28
von monergism
Hallo Joschie

Danke für deinen Beitrag.

Ich würde dem Zitat grundsätzlich zustimmen, wenn auch nicht auf die Art und Weise, wie es der Autor beabsichtigt hat. Denn wiewohl ich an vielen "Dogmen" festhalte und sie für wichtig halte, klammere ich mich doch nicht ans Dogma, das eine rein menschliche Formulierung göttlicher Wahrheit ist, sondern an die Schrift, aus welchem das Dogma abgeleitet und entnommen ist.

Was ist ein Dogma? Duden sagt, ein Dogma ist eine: "verbindliche, normative Glaubensaussage".

Ich wüsste nicht, worauf ich ohne Dogma, meinen Glauben gründen könnte. Ein Dogma ist für mich nichts anderes als ein Zeugnis der Schrift, welches mit eigenen Worten formuliert ist. Gerade in der heutigen Zeit, wo eine solche Verwirrung unter den meisten Christen herrscht, nicht wegzudenken.

Die Bibel ist klar, ihre Aussage verständlich und normativ. Darum können wir aus ihr ein Dogma ableiten; wäre sie es nicht, dürften wir auch keine verbindlichen Aussagen aus ihr schöpfen.

"Dass aber in der Heiligen Schrift etliche Dinge sollten verworren sein und nicht alles deutlich und klar, das haben wohl die gottlosen Sophisten also in die Welt ausgeschrieen, deren Wort du auch brauchest, Erasme; aber sie haben noch nicht einen einzigen (Bibel)Spruch aufgebracht, können auch nichts aufbringen, damit sie ihren erdichteten tollen Wahn beweiseten. Es hat der Satan durch solch fratzenhaftes Gaukelspiel die Leute die Bibel zu lesen abschrecken wollen und die Heilige Schrift verächtlich machen, damit er seinen wüsten Greuel durch die Philosophie in die Kirche einführe" (Vom unfreien Willen").

Herzliche Grüsse
Reto

Verfasst: 30.01.2013 10:54
von Peter01
Joschie hat geschrieben:Brauchen wir heute noch Dogmas in unseren Gemeinen und wenn ja welche?
Guten Tag zusammen,

aus dem Blickwinkel betrachtet, dass sich in der heutigen Zeit viele evangelikalen Gemeinden als bibeltreu ausgeben, finde ich dogmen in Form von z.B. Glaubensbekenntnissen, nicht nur besonders heute, sondern auch zu jeder Zeit, unumgänglich. Zum einen grenzt man sich so von den "bibeltreuen" ab - zum anderen wird einer, der z.B. auf der Suche nach einer Gemeinde ist, genau wissen, wie die Gemeinde tickt.

Außerdem sind Dogmen auch für die eigene Gemeinde von großem Nutzen, wie die folgenden Punkte aufzeigen sollen:

1. Die Gemeindegänger oder Mitglieder wissen was die Gemeinde vertritt. Es ist also nicht wie in so manchen Gemeinden, wo jeder von z.B. der Wiedergeburt, oder der Rechtfertigung usw. eine andere Meinung hat.

2. Sie können sich mithilfe der vertretenen Dogmen in der heiligen Schrift festigen.

3. Sie können viel schneller Irrlehren erkennen und sich dagegen wehren, bzw. diese ausgrenzen.

4. ...

Auch die Aposteln verfassten einst auf dem ersten Apostelkonzil einige Dogmen für die Christen in Antiochia: Indem sie aber die Städte durchzogen, übergaben sie ihnen zur Befolgung die von den Aposteln und Ältesten in Jerusalem gefaßten Beschlüsse.

Der Unterschied ist hier aber, dass die von den Aposteln verfassten Beschlüsse in der Heiligen Schrift stehen und so Gottes ausgehauchtes Wort ist. Die heute verfassten Dogmen sind keinsefalls aus Gott ausgehaucht. Demnach sind Dogmen als Menschenwort zu betrachten. Allerdings Menschenwort, welches sich auf dem Wort Gottes gründet (so es wirklich der Fall ist), dass unter dem Wort Gottes steht (nicht gleich oder über wie im Katholizismus).

Welche Dogmen wir heute brauchen, ist eine schwierigere Frage: Allgemein kann man sagen (wie du Joschie es schon mit "heute" angedeutet hat) hängt es wohl von der Zeit ab, in der man lebt. In den ersten Jahrhunderten machte sich die Irrlehre der Gnostiker breit (in Bezug auf die Fleischwerdung Jesu usw.), demnach war es damals wichtig, Dogmen zu verfassen, welche sich von diesen Irrlehren abgrenzten. Zur Reformationszeit mussten Dogmen bezüglich der Errettung verfasst werden, weil sich der Arminianismus verbreitet hat. Sicherlich ist heute das Thema Errettung genauso aktuell und muss in Form von Dogmen auf Grundlagen der Schrift zusammengefasst werden, damit man sich gegen Gesetzesgerechtigkeit zu wehren weiß.

In der heutigen Zeit würde ich weiterhin Dogmen über Gottes wesen verfassen (Wer Gott ist, wie er wirkt, was macht ihn aus: Liebe, Zorn, Heilig usw.) weil die Menschen heute doch weit verbreitet eine falsche Vorstellung von Gott haben.
Des weiteren würde ich Dogmen über den rechten Gottesdienst verfassen, weil man sich von vielen auch in dieser Frage abgrenzen muss.
Hinsichtlich der charismatischen und pfingstlichen Lagern, würde ich Dogmen verfassen, was den Heiligen Geist betrifft.

Gruß

Peter

Verfasst: 17.02.2013 19:53
von Joschie
Hallo Ihr
Heute wird sehr viel über die Beliebigkeit in den Gemeinden und bei den einzelnen Christen geschrieben und gejammert, es werden dafür die verschiedensten Gründe benannt. Für mich ist das Problem der heutigen Beliebigkeit in den Gemeinden, an aller erster Stelle selbst verschuldet. Ich habe mir nach vielen Gesprächen mit Geschwistern, aus den verschiedensten Gemeinden oft die Frage gestellt, warum kommt es so oft vor, dass Geschwister nicht die Grundaussagen des Glaubens benennen können und diese auch nicht biblisch-logisch belegen können? Mit dem Namen Adolf von Harnack, können heute ,so vermute ich, nicht sehr viele was anfangen. Der Begriff des undogmatischen Christenums, ist schon vielen eher geläufig. Die Thesen Harnacks, vom undogmatischen Christentum, haben in der letzten Zeit, unter vielen Christen, eine wahre Renaissance erfahren. Da heute kaum noch die Bücher von Adolf von Harnack gelesen werden, wird dadurch sehr schnell übersehen, dass er ein Vertreter des theologischen Liberalismus war. Die meisten der heutigen Gemeinden, sind aus der Erweckung und Heiligungsbewegung entstanden. In diesen Gemeinden wird besonders, die persönliche Bekehrung und die Frömmigkeit betont. Die in einer ethisch veränderten Lebensweise, gemäß dem Evangelium von Jesus Christus resultieren. Diese Gemeinden entstanden als Reaktion auf ein Christentum, dass orthodox, dogmatisch erstarrt war und als rein traditionalistisch empfunden wurde. Als Reaktion auf die reinen dogmatischen Predigten, in den Kirchen, wurde in den neu entstandenen Gemeinden immer mehr erbaulich-evangelistisch gepredigt. Die lehrmäßige Predigt trat in vielen Gemeinden mit der Zeit immermehr in den Hintergrund. Dadurch geschah auch eine Abgrenzung, zu den Volkskirchen. Bedingt durch diese Abgrenzung schlug mit der Zeit das Pendel in das Gegenteil um, man predigte fast nur noch erbaulich-evangelistisch. Man ist mit der Zeit genau von der anderen Seite des Pferdes gefallen, dadurch haben viele diese Gemeinden sehr oft keine festen lehrmäßigen Bekenntnisse mehr und sind in ihren Aussagen leider sehr oft beliebig.Lehrmäßige und erbaulich-evangelistische Predigten sind keine Antipoden, sonder sollten sich ergänzende Elemente einer Predigt sein!
Peter01 hat geschrieben:aus dem Blickwinkel betrachtet, dass sich in der heutigen Zeit viele evangelikalen Gemeinden als bibeltreu ausgeben, finde ich dogmen in Form von z.B. Glaubensbekenntnissen, nicht nur besonders heute, sondern auch zu jeder Zeit, unumgänglich. Zum einen grenzt man sich so von den "bibeltreuen" ab - zum anderen wird einer, der z.B. auf der Suche nach einer Gemeinde ist, genau wissen, wie die Gemeinde tickt.

Außerdem sind Dogmen auch für die eigene Gemeinde von großem Nutzen, wie die folgenden Punkte aufzeigen sollen:

1. Die Gemeindegänger oder Mitglieder wissen was die Gemeinde vertritt. Es ist also nicht wie in so manchen Gemeinden, wo jeder von z.B. der Wiedergeburt, oder der Rechtfertigung usw. eine andere Meinung hat.
Die "Evangelisch-reformierte Freikirche" Arche in Hamburg hat ein spezielles Glaubensbekenntnis. In dem Vorwort des Glaubensbekenntnis steht: Wozu dient ein spezielles Glaubensbekenntnis? Ist es nicht ausreichend, die Bibel als verbindlich anzuerkennen? Pastor Wegert schreibt dazu in seinem Vorwort: "Selbstverständlich kann sich unser Glaube nur auf die Heilige Schrift gründen. Aber gerade sie ermahnt uns, dass jeder Christ zur Gesundheit seines Glaubens und zum Zeugnis vor der Welt ein klares Verständnis von der Lehre der Schrift braucht. Angesichts einer christlich religiösen Beliebigkeit erscheint es uns deshalb von größter Wichtigkeit, in einigen kurzen Artikeln das komprimiert aufzulisten, was die Bibel als Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit bezeichnet (2. Timotheus 1,13)."
So möchten wir allen Lesern Rechenschaft von unserem Glauben ablegen, ihnen deutlich machen, wo unser Herz schlägt, sie aber zugleich einladen, selbst die Bibel intensiv zu studieren und sich vielleicht auch mit Themen zu beschäftigen, die sie aus dem Auge verloren haben oder die für sie ganz neu sind. Dazu bieten nicht zuletzt die Verweise auf viele biblische Texte reichhaltig Möglichkeit.
Das ganze Glaubensbekenntnis kann man hier nachlesen. Hierdurch konnte ich mir ein klares Bild zu machen, wie die Gemeinde so tickt, um es in den Worten von Peter auszudrücken!
Gruß und Segen von Joschie

Verfasst: 22.02.2013 12:21
von monergism
Hallo Joschie
Joschie hat geschrieben:In diesen Gemeinden wird besonders, die persönliche Bekehrung und die Frömmigkeit betont. Die in einer ethisch veränderten Lebensweise, gemäß dem Evangelium von Jesus Christus resultieren. Diese Gemeinden entstanden als Reaktion auf ein Christentum, dass orthodox, dogmatisch erstarrt war und als rein traditionalistisch empfunden wurde.
Das ist genau die Schwierigkeit. Wie einer unserer Lehrer immer wieder betont: "Liebe ohne Wahrheit, ist Gefühlsduselei; Wahrheit ohne Liebe ist unerträglich". Lehre ohne praktische Auswirkung auf die Lebensweise ist sinnlos; die Bibel wurde uns nicht gegeben um möglichst viel zu wissen sondern um ein gottseliges Leben zu führen. Allerdings kann kein Leben ein Dienst für Gott sein (Gottesdienst) und sich dabei nicht auf Lehre gründen. Ein Dienst für Gott ohne Erkenntnis ist das, was Kolosser 2, 23 als "eigenwilliger Gottesdienst" bezeichnet.

Wir müssen die Mitte finden.

Lg, Reto

Verfasst: 05.03.2013 20:01
von Joschie
monergism hat geschrieben:Das ist genau die Schwierigkeit. Wie einer unserer Lehrer immer wieder betont: "Liebe ohne Wahrheit, ist Gefühlsduselei; Wahrheit ohne Liebe ist unerträglich". Lehre ohne praktische Auswirkung auf die Lebensweise ist sinnlos; die Bibel wurde uns nicht gegeben um möglichst viel zu wissen sondern um ein gottseliges Leben zu führen. Allerdings kann kein Leben ein Dienst für Gott sein (Gottesdienst) und sich dabei nicht auf Lehre gründen. Ein Dienst für Gott ohne Erkenntnis ist das, was Kolosser 2, 23 als "eigenwilliger Gottesdienst" bezeichnet.
Wir müssen die Mitte finden.
Das Problem der Geistliche Unreife gab es schon im Neuen Testament. Hier zu Hebräer 5.11-6.3
11Darüber haben wir viel zu sagen, und es lässt sich schwer darlegen, weil ihr im Hören träge geworden seid. 12 Denn während ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr wieder nötig, dass man euch lehre, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. 13 Denn jeder, der noch Milch genießt, ist richtiger Rede unkundig, denn er ist ein Unmündiger; 14 die feste Speise aber ist für Erwachsene, die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten wie auch des Bösen.
6.1 Deshalb wollen wir das Wort vom Anfang des Christus lassen und uns der vollen Reife zuwenden und nicht wieder einen Grund legen mit der Buße von toten Werken und dem Glauben an Gott, 2 der Lehre von Waschungen und der Handauflegung, der Totenauferstehung und dem ewigen Gericht. 3 Und dies werden wir tun, wenn Gott es erlaubt.
Kurz zum Hebräerbrief, dieser richtet sich an an drei verschiedene Gruppen: 1) an Gläubige; 2) an Ungläubige, die nur intellektuell vom Evangelium überzeugt waren, und 3) an Ungläubige, die vom Evangelium und der Person Jesu Christi angezogen, aber noch nicht vollends von ihm überzeugt waren. Hebräer 5.11-6.3 richtet wohl san die erste Gruppe. Diese Gruppe waren hebräische Christen, die von ihren Mitjuden abgelehnt und verfolgt wurden (10,23-34), wenngleich bisher niemand von ihnen den Märtyrertod erlitten hatte (12,4). Sie waren eine Gruppe unreifer Gläubiger, die versucht waren, an den nur symbolischen und geistlich kraftlosen Ritualen und Traditionen des Judentums festzuhalten. Die symbolischen und geistlich kraftlosen Rituale und Traditionen heute werden so meine persönliche Beobachtung sehr oft 1:1 mit den Großkirchen gleichgesetzt. Entspricht diese Wahrnehmung der geistlichen Realität oder anders ausgedrückt wie sieht die geistliche Realität in unseren Gemeinden aus? Die Hebräer waren in eine geistliche Lethargie gefallen, in Kapitel 5.11 steht das Wort träge dieses bedeutet auch:langsam, faul, langweilig, matt. Sie brauchten wieder die Milch anstatt der feste Speise, sie solten Lehrer sein solltet, sie haben es wieder nötig, dass man sie lehre. Sie müssen wieder in den Anfangsgründen des Glaubens unterwiesen werden. Wie begegnet man der geistlichen Lethargie bei sich persönlich und in der Gemeinde und was zählt ihr zu den Hauptlehren des christlichen Glaubens?
Gruß Joschie