Jak. 2,21 -schwierige Stelle

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Dirk
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Jak. 2,21 -schwierige Stelle

Beitrag von Dirk »

Hallo ihr Lieben,
ich habe mir Jak. 2,21 mal im griech. Grundtext angesehen und erschrak, als ich das Wörtchen 'ek' (= aus, hinaus) dort las, also Jakobus meint tatsächlich, daß man 'aus' Werken gerechtfertigt wird. - das ist EXAKT DAS GEGENTEIL, was Paulus in Römer 4 (auch 'ek') lehrt. Ich bekomme langsam Zweifel am Jakobusbrief (Br. Martinus, ich kann Dich jetzt verstehen :-)
Hat jemand einen Lösungsvorschlag? (bitte keine 'das-mußt-Du-im-Zusammenhang-sehen' - Antworten)
Es gibt Leute, die sich mangels eigenen Gewichtes überall beschweren müssen.

maxb
Beiträge: 282
Registriert: 13.03.2008 16:53

Beitrag von maxb »

Bitte nicht erschrecken. Der Brief ist kein Problem.

Der Zusammenhang ist aber trotzdem extrem wichtig, denn die Bedeutung von Wörtern ist meistens nicht eindeutig und wird erst durch den Zusammenhang bestimmt. Wenn du englisch kannst, kann ich dir eine recht ausführliche Auseinandersetzung mit Jakobus schicken (schick mir einfach eine PM). Ich versuch es mal zusammenzufassen und gehe dabei auf den Zusammenhang ein, aber dann auch auf den von Dir genannten Vers ein:

Jakobus geht es nicht darum, aus Werken gerecht zu werden. Da würde er sich schon in seinem eigenen Brief widersprechen und das wollen wir ihm doch wirklich nicht unterstellen:

1,17:
Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist noch eines Wechsels Schatten. Nach seinem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine Art Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe seien.
Er schreibt an Christen, die Versuchung, Anfechtung, sicherlich Verfolung erlitten. Er sagt ihnen, dass sie ausharren müssen und nicht Gott anklagen sollen (V.13). Dann stellt er ihnen Gottes Güte gegenüber, er versichert ihnen dass Gott vollkommen gut ist. Da er sich nicht verändert, wird er auch vollkommen gut bleiben. Er hat uns sogar nach SEINEM Willen durch das Wort der Wahrheit geboren und uns für sich selbst ausgesondert (das ist es, was Erstlingsfrucht bedeutet). Im ganzen Brief spricht Jakobus nicht davon wie ein Mensch gerettet wird, d.h. er erklärt nirgends das Evangelium, sondern geht davon aus, dass die Briefempänger bereits das Evangelium kennen. Nach seiner Erklärung der Güte Gottes und der Tatsache, dass sie von Gott als Erstlingsfrüchte ausgesondert wurden kommt die Aufforderung zum heiligen Lebenswandel:
1,19-20
Ihr wisst doch, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn! Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Deshalb legt ab alle Unsauberkeit und das Übermaß der Schlechtigkeit, und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure Seelen zu retten vermag!
Hier spricht er auch wieder von dem Wort, welches die Seelen zu retten vermag. Es ist bereits eingepflanzt, das heißt sie kennen es. Beachte: Das Wort vermag zu retten, nicht sie selbst durch das was sie tun.

Danach spricht er von dem Mann, der sein Spiegelbild vergisst. Damit vergleicht er jemanden, der sich Christ nennt, aber nicht so lebt. Wer behauptet, seine Identität in Christus zu finden, dann aber keine Änderung in seinem Lebenswandel bemerkt, der ist genauso verrückt wie jemand, der sich im Spiegel anschaut und nicht mehr weiß wer er ist - wie die Leute die ab und an nur so in die Kirche gehen und sich Christen nennen und im Alltag schon wieder vergessen haben, dass sie Christen sind (bzw. zu sein meinen). Überall in der Bibel ist davon die Rede, dass man bis zum Ende ausharren muss, um gerettet werden. Das Ausharren selbst rettet nicht, aber der Gerettete wird ausharren! Bei Bedarf können wir hierauf auch näher eingehen.

Im Zweiten Kapitel spricht Jakobus den Missstand bei seinen Empfängern an, dass sie die reichen Leute gegenüber den Armen bevorzugen. Er rügt sie scharf und argumentiert sehr interessant:

2,5-6:
Hört, meine geliebten Brüder: Hat nicht Gott die vor der Welt Armen auserwählt, reich im Glauben und Erben des Reiches zu sein, das er denen verheißen hat, die ihn lieben? Ihr aber habt den Armen verachtet.
Er erkärt ihnen, dass Gott die Armen auserwählt hat, reich im Glauben und Erben des Reiches zu sein! (vgl. 1. Kor 1,26ff: "Denn seht eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache. Und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichte mache.")
Diese Aussage lässt sich nicht mit Werksgerechtigkeit vereinbaren.

kurze Zusammenfassung: Jakobus erklärt in seinem Brief nicht das Evangelium, sondern greift auf das bereits vorhandene Wissen der Briefempfänger zurück. Er spricht davon, dass Gott zum Glauben erwählt und sagt, dass das Wort (nicht die Werke o.ä.) die Seelen retten kann. Jakobus geht es vielmehr darum bis zum Ende auszuharren. Bloßes Bekenntnis ist nicht genug, man muss Christus auch aktiv nachfolgen.

Jetzt zum schwierigeren Teil:

Ab 2,14 spricht Jakobus von totem Glauben und schafft damit automatisch eine Unterscheidung zwischen totem und lebendigen Glauben. Der tote Glaube hat als Merkmal, dass er keine Frucht bringt. Der lebendige Glaube im Gegensatz dazu bringt Frucht (d.i. gute Werke). Vgl. auch Joh 15.
Nicht das rechte Bekenntnis rettet, denn die Teufel haben das rechte Bekenntnis. Jesus spricht die selbe Sprache:

Mt 7,21
Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel hineinkommen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist.
Jetzt zu deinem Vers.

2,21.23:
Ist nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt worden, da er Isaak, seinen Sohn auf den Opferaltar legte? ... Und die Schrift wurde erfüllt, welche sagt: Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt.
Hier gibt es zwei wichtige Aussagen:
1. Abraham wurde aus Werken gerechtfertigt, als er Isaak auf den Altar legte.

2. Da wurde die Schrift erfüllt: "Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet."

Was sagt uns das? Jakobus zitiert hier 1. Mose 15 und spricht vorher 1. Mose 22 an.
In 1. Mose 15 gibt Gott Abraham das Versprechen, seine Nachkommen zu mehren. Dort steht dann:
1. Mose 15,5-6:
Und er führte ihn hinaus und sprach: Blicke doch auf zum Himmel, und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So zahlreich wird deine Nachkommenschaft sein! Und er glaubte dem HERRN; und er rechnete es ihm als Gerechtigkeit an.
Dieses Ereignis findet viele Jahre vor dem Opfern Isaaks statt. Inwiefern ist also das Opfern Isaaks eine Erfüllung von 1. Mose 15,6? Es ist sicher keine prophetische Erfüllung. Es wäre auch unsinnig zu sagen, dass Abraham nicht gerechtfertigt war, BIS er Isaak geopfert hat (denn dazwischen liegen viele Jahre). Jakobus erklärt hier, dass der Glaube Abrahams, welcher in 1. Mose 15,6 anfing, in 1. Mose 22, als er jede menschliche Hoffnung auf Nachkommenschaft auf den Altar legt, erkennbar wurde.

Und hier sind wir schon bei einer weiteren Bedeutung des Wortes "rechtfertigen".Paulus verwendet es sehr oft im Sinne von "von Gott Gerecht gesprochen" und erklärt, dass dieses Gerechtsprechen auf Grundlage Jesu passiert, unabhängig von Werken. Das Wort kann aber auch anders verwendet werden, nämlich im Sinne von "sich als gerecht zeigen/erweisen".

Beispiel:

Lk 16,15:
Und er [Jesus] sprach zu ihnen: Ihr seid es, die sich selbst rechtfertigen vor den Menschen, Gott aber kennt eure Herzen; denn was unter den Menschen hoch ist, ist ein Gräuel vor Gott.
Röm 3,4:
Auf keinen Fall! Vielmehr sei es so: Gott ist wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner, wie geschrieben steht: "Damit du gerechtfertigt werdest in deinen Worten und den Sieg davonträgst, wenn man mit dir rechtet.
Hier haben wir das selbe griechische Wort für rechtfertigen, aber mit einer anderen Bedeutung, als wir es von Paulus gewohnt sind. Hier meint es nicht jemanden im rechtlichen Sinne gerecht zu sprechen, sondern sich als gerecht zu zeigen oder zu erweisen. Das sind zwei ganz unterschiedliche Konzepte, die jedoch durch das selbe Wort ausgedrückt werden. Welches Konzept gerade gemeint ist, kann man nur durch den Kontext ermitteln. Deswegen muss man der Ähnlichkeit der Formulierungen zwischen Jakobus und Paulus für einen Moment widerstehen und sich den Kontext anschauen.

Hoffe das hilft Dir weiter.

Dirk
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Re: Jak. 2,21 -schwierige Stelle

Beitrag von Dirk »

(edit)
Es gibt Leute, die sich mangels eigenen Gewichtes überall beschweren müssen.

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