Die ewige Jungfräulichkeit Mariens bei Calvin

Moderator: Joschie

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Joel213
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Die ewige Jungfräulichkeit Mariens bei Calvin

Beitrag von Joel213 »

Hallo, ich habe vor kurzem in Zwinglis dogmatischer Schrift "Kommentar über die wahre und falsche Religion" gelesen, dass er die ewige Jungfräulichkeit Mariens lehrt und versucht dies auch durch allegorische Schriftauslegung (Hes 44,2 i. V. m. Jes 7,14) "sola scriptura mäßig" zu belegen. Ich dachte erst es wäre nur so eine "Zwinglische Schwärmerei", aber nun habe ich auch weitergehendes bei Diarmaid MacCulloch`s "Die Reformation 1490-1700" gelesen. Er schreibt auf S. 790:

"Selbst Calvin, der sehr viel entschiedener gegen den Marienkult war als Luther, Zwingli oder Bullinger, teilte die feste Meinung aller protestantischer Reformatoren, dass die traditionelle katholische Lehre zumindest in dem Punkt Recht hatte, dass Maria Jesus Christus nicht nur jungfäulich geboren habe, sondern ihr ganzes Leben Jungfrau geblieben sei: Auch Protestanten galt Maria als ewige Jungfrau".

Leider gibt der Autor für Calvin keine Quelle an. Ich selbst habe in der Institutio jetzt nichts dazu entdeckt oder ich habs einfach übersehen. Weiß jemand dazu eine Quelle, wo Calvin diese Lehraussage ganz konkret vertritt? Vielen Dank für eure Hilfe.

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Pilger Andreas
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Beitrag von Pilger Andreas »

Johannes Calvin schreibt in seiner Evangelienharomonie (Neue Reihe, I, S. 75) zu Mt. 1,25: Die Frage, ob Maria nach ihrem Erstgeborenen noch andere Kinder gehabt habe, läßt sich aus den Worten des Evangelisten nicht entscheiden. Matthäus sagt nur, daß Jesus der Erstgeborene war, damit wir wüßten, daß seine Mutter eine Jungfrau war und vorher noch nicht geboren hatte. Ferner wird berichtet, daß Joseph sie vor der Geburt des ersten Sohnes nicht erkannte; aber auch dies bezieht sich nur auf jene Zeit. Weiter lesen wir in der Schrift nichts. Nur Neugierige und Streitsüchtige werden wegen dieser Frage Streit anfangen und hartnäckig auf ihren Meinungen beharren."

Heinrich Bullinger hingegen formuliert im 2. Helvetischen Bekenntnis:
"Wir glauben und lehren auch, dass des ewigen Gottes wahrer Mensch ewiger Sohn ein Menschensohn geworden sei aus dem Samen Abrahams und Davids, und zwar nicht durch die Zeugung eines Mannes, wie Ebion gesagt hat, sondern auf reinste Weise empfangen vom Heiligen Geist und geboren von Maria, die immer Jungfrau geblieben ist, wie uns die evangelische Geschichte gewissenhaft berichtet (Mt. 1)."

Gruß,
Andreas

Manfred01
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Calvins Irrtum

Beitrag von Manfred01 »

Zitat:
Weiter lesen wir in der Schrift nichts. Nur Neugierige und Streitsüchtige werden wegen dieser Frage Streit anfangen und hartnäckig auf ihren Meinungen beharren."

Es ist in den Evangelien ganz klar von den Brüdern und Schwestern Jesu die Rede und alle Kommentare sind sich auch einig, dass diese von Josef und Maria abstammen.

Dass alles andere ein Irrmeinung ist, braucht nicht bewiesen zu werden.

Liebe Grüße
Manfred01
1.Kor.14. 26: Lasset alles geschehen zur Auferbauung.

Joel213
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Beitrag von Joel213 »

@ Pilger Andreas:
Danke für die Zitate. Calvin müsste sich aber bestimmt noch klarer dazu ausgesprochen haben, ansonsten hätte MacCulloch das Zitat nicht in dieser Form gebracht.

@ Manfred01: Hier geht es hier nicht darum, ob diese Doktrin richtig oder falsch ist. Mir geht es ausschließlich um die Historizität der Aussagen und der bekannten Quellen dazu.

lutz
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Beitrag von lutz »

Vielleicht hilft auch noch dies (nachdem Andreas bereits Calvin zitierte):

Quelle:
Johannes Calvins Auslegung der Heiligen Schrift in deutscher Übersetzung, 9. Band, Evangelienharmonie, 2. Hälfte (alte Reihe) – Neukirchen
Mt. 13, V. 55. Ist er nicht eines Zimmermanns Sohn?
…. Als Brüder werden nach jüdischer Sitte überhaupt nähere Blutsverwandte bezeichnet; aus dieser Bezeichnung lässt sich also nicht schließen, dass Maria mehrere Söhne gehabt haben müsse.
Anmerkung des Übersetzers dazu:
Diese sicher unrichtige Deutung ist ein Nachklang der mittelalterlichen Scheu, die Mutter Jesu sich als Mutter noch weiterer Kinder vorzustellen.
Lutz

PS: Es kann gut sein, dass es im „englischsprachigen“ Raum leichter ist eine Antwort zu finden. Dort ist viel mehr an Material veröffentlicht. Ob aber nun zu diesem Thema – kann ich selber nicht sagen.

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
auch die Lutherische Konkordienformel von 1577 erklärte, der Sohn Gottes habe seine göttliche Majestät „im Mutterleibe erzeiget, daß er von einer Jungfrauen unvorletzt ihrer Jungfrauschaft geboren; darum sie wahrhaftig Gottes Mutter und gleichwohl eine Jungfrau geblieben ist.“

Calvin hat sich wohl der lutherischen Position angeschlossen.
Siehe dazu:hier und hier.

Das Calvin die Sündlosigkeit Marias ablehnte, lässt sich hier lesen.
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Joel213
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Beitrag von Joel213 »

Danke Joschie für deinen Beitrag.

"Calvin hat sich wohl der lutherischen Position angeschlossen.
Siehe dazu: hier und hier."

Beim ersten "hier" steht leider nichts über die ewige Jungfäulichkeit und beim zweiten "hier" gibt Wikipedia leider auch keine Quelle an.

Schade, hatte gehofft jemand könnte sagen, im Brief von Calvin an soundso von 1555 hat er sich klar positioniert usw. Naja, vielleicht begegnet mir das mal irgendwann zufällig woanders. Das Thema ist auf jedenfall sehr interessant finde ich... :-)

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Ich habe mich mal mit Andreas von der www.glaubensstimme.de in Verbindung gesetzt. Ich bedanke mich sehr bei Andreas für den Beitrag, den er verfasst hat :!: Er hat mir zu diesem Thema folgendes geschrieben:


Die Reformatoren und die Jungfrauenschaft Mariens


Also auf Anhieb wäre mir keine Aussage von Calvin zu dem Thema bekannt - und keine einheitliche Lehraussage Luthers.

Das Ganze hängt wohl auch damit zusammen, dass die Frage, ob Maria Jungfrau blieb oder nicht, in der Zeit der Reformation nie ein Thema war - wozu auch? Der Umgang der evangelischen Christen jedweder Coleur mit den Heiligen zur Zeit der Reformation war deutlich unverkrampfter als der Heute.

Thema war sehr wohl die Jungfrauengeburt - was auch damit zusammenhängt, dass im Rahmen einer Re-Christianisierung der Kirche sehr viel Wert auf das apostolische Glaubensbekenntnis gelegt wurde, in dem es eben heißt „Geboren von der Jungfrau Maria“.

Für die Lehrschriften, Bekenntnisse und Katechismen der Reformation ist die Jungfrauenschaft Mariens nach der Geburt Christi also offenbar kein Thema - dies wurde es wirklich auch erst nach dem Konzil von Trient, wo die ewige Jungfrauenschaft Mariens dogmatisch festgeschrieben wurde. Bis dahin wurde darüber immer wieder diskutiert.

Leider wird hier versucht (z.B. durch das zusammenhangslose Zitieren der Confessio Helvetica Posterior) eine Autorität heranzuziehen, die es so nicht gibt. Es gibt einfach keine Belege, wie die Reformatoren in dieser Sache standen.

Unzweifelhaft ist: Alle Reformatoren stimmen darin überein, dass Jesus von einer Jungfrau geboren wurde. Fakt ist aber auch: Keines der wesentlichen christlichen Bekenntnisse der Reformationszeit verliert auch nur ein Wort über die Frage, ob Maria Jungfrau blieb. Ich habe mal nachgeschaut - hier eine Aufstellung, die Dir vielleicht weiterhilft:


Lutherisch:

Keine Erwähnung:

1.Bekenntnis des Nikolaus Pruckner (1524),
2.Bekenntnis des Heinrich von Zutphen (vor 1524),
3.Bekenntnis der Soester Prädikanten von 1531,
4.Apologie der Augsburger Konfession 1531 (hier wird Maria nur in Zusammenhang mit der Ablehnung der Heiligenverehrung genannt).
Erwähnung der Jungfrauengeburt:

1.Marburger Artikel von 1529
2.Augsburger Konfession von 1530 (dazu unten mehr)
3.Schmalkaldische Artikel von 1537
Jungfrauengeburt und bleibende Jungfrau:

1.Erklärung zur Concordienformel aus 1582 (hier ist jedoch das Bleiben als Jungfrau auf die Geburt bezogen, wie in vielen anderen Texten auch; es geht nicht um eine ewige Jungfrauschaft).


Reformiert:

Keine Erwähnung:

1.Die 67 Artikel Zwinglis von 1523,
2.Berner Thesen von Franz Kolb und Berthold Haller 1528
3.Christliche und richtige Bekäntnis des jüngst zu Cassel in Anno 1607 gehaltenen Generalis Synodi


Erwähnung der Jungfrauengeburt:

1.1. Basler Glaubensbekenntnis 1530,
2.Confessio Tetrapolitana von 1530 (hier auch die einzige Aussage, die man in Hinsicht andauernde Jungfrauschaft deuten kann, siehe unten),
3.2. Basler Glaubensbekenntnis 1536,
4.Consensus Tigurinus 1549,
5.Glaubensbekenntnis der Frankfurter Emigranten 1554
6.Was die Reformierten Kirchen in Deutschland glauben oder nicht glauben 1607
7.Glaubens bekentnus der reformirten Evangelischen Kirchen in Deutschland. 1615

Erwähnung der ewigen Jungfrauschaft:

1.Hullingers Confessio Helvetica Prior

„Wir glauben auch und lehren, daß des ewigen Gottes ewiger Sohn der Menschensohn geworden sei aus dem Samen Abrahams und Davids, und daß er nicht aus einem Manne wie Ebion vorgibt, sondern rein aus dem heiligen Geiste empfangen, und geboren sei aus Maria der Jungfrau, welche eine reine heilige Jungfrau geblieben sei, wie dies alles mit Fleiß das Evangelium beschreibt.“

Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich m.E. auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt.

Straßburg:

Jungfrauengeburt:

1.Die 16 Artikel der im Jahr 1533 zu Straßburg gehaltenen Synode.
2.Die 22 Artikel der im Jahr 1539 zu Straßburg gehaltenen Synode.

Waldenser:

Keine Erwähnung:

1.Das kurze Bekenntnis von Angogne vom 12. Dezember 1532
2.Waldenser Bekenntnis von 1544
3.Bekenntnis der Waldenser-Gemeinde zu Angrogne

Aufzählung unter den Heiligen:
1.Waldenser Bekenntnis von 1520

Hugenotten

Keine Erwähnung:

1.Confession de foy/Confessio Gallicana
Jungfrauengeburt:

1.Confessio Belgica

Anglikaner

Jungfrauengeburt:

1.Bekenntnis der Anglikanischen Kirche
2.Westminster Bekenntnis von 1647

Täufer

Keine Erwähnung:

1.Phillipps, Dirk - Unser Bekenntniß von Der Schöpfung, Erlösung und Beseligung des Menschen.
Kurze Erwähnung ohne Jungfrauenschaft

1.Schleitheimer Artikel von 1527
Bei den persönlichen Bekenntnissen vieler Reformatoren, die ich auf meiner Homepage habe, fand ich eine Erwähnung bei Johannes Draconites, der jedoch nur die Jungfrauengeburt anspricht, bei Luther, der ebenfalls die Jungfrauengeburt anspricht, bei Melanchthon, der ebenfalls die Jungfrauengeburt anspricht, bei Lazarus Spengler (Jungfrauengeburt) und Wilhelm von Zwollen (Jungfrauengeburt).

Eine Ausnahme bieten die folgenden persönlichen Bekenntnisse:

“ Zum andern Glauben und bekennnen wir, daß Jesus Christus, der Sohn des Allmechtigen Gottes, von ewigkeit hero, vom Vatter gezeuget, gleicher und einiger Gott mit dem Vatter und heiligen Geiste seye, und zu dero zeit, wie es in dem ewigen rath Gottes beschlossen, in der Ewig keuschen Jungfrawen Maria, “ (Bekenntnis Friedrichs III. von der Pfalz)

“ Das Gottes Son zu unser erlösung und seligkeit / sey mensch geworden / Und das er empfangen sey vom heiligen Geist / und geborn von Maria der gebenedeiten und stets bleibenden Jungfrawen.
Das Maria die Jungkfraw / Jhesum Christum empfangen und geborn habe / on erkentnisse und willen / einiges Mannes. “ (Robert Barnes)

Sehen wir uns nach den Bekenntnissen die Katechismen als Lehrschriften an:

Die Jungfrauengeburt taucht auf im Katechismus nach a Lasco (Emder Katechismus), Johann Bader'S Gesprächbüchlein, Brenz' Catechismus Minor, Calvins Genfer Katechismus, der Katechismus der englischen Kirche, Althamer, Luthers Großer Katechismus, Luthers kleiner Katechismus, Oekolampads Katechismus, der Heidelberger Katechismus,

Eine Ausnahme bilden die folgenden Katechismen:

a. Der Böhmische Katechismus

“ 54. was heldest du von den heiligen.
A. Das sie sein auszerwelt ausz der genaden gots zu der teilhaftikeit des hern jhesu christi, und durch die schickunnge, des heiligen geistes dar zwe kommen das sie weren in Christo geliebtte heiligen, unnd mit seinem pluet gereiniget und hie lebent ausz dem glauben, und gott liebhabend uber alle ding und ire nechste und in allain ehrend und im dienendt etliche sturben des gemainen todts, ettliche von dem tzwancksal der leut sind abgangen von der welt, erleidende die marter umbs wort gotz, die rechte gottliche ehre unnd umb die lebendige hoffnung die sie hetten in Christo von den abgöttereischen leuten falschen propheten und von den liebhabern der welt sie den tod erliten.
55. Getzimbt es die Junckfraw Maria oder and' heyligen zu ehren?
A. Ja es gezimbt mit der ehr die in gepürt.
56. Welches ist die ehr die in gehört?
A. das man sie ordenlich liebhab und in gehorsame, und nachfolg in dem guten das sie getan habn, got lob umb sie.
57. Warinne sol man in gehorszamen?
A. jn dem was sie haben geraten, und ist beschriben in dem gesetz und zumal d' Junckfrawen Marien, die od spricht, alles was euch saget mein sun das thuet.
58. warinne sol man in nachvolgen?
A. jn irem tugentsamen leben darinnen sie Christo nachvolgten mit einem lebendigen glauben und mit wurcklicher lieb, umb die hoffnung des ewign lebens sich mühendt, und in der mühe volenden bisz zum todt, verlassen die welt, und ire irszal mit aller eittelkayt.
59. Mit welcher ehre getzimpt sie dan nicht zu ehren?
A. mit d' obenberürten die do allain got gehort und den lamp10) und so getzimpt nit sie anzubeten, gnad hilff und fürbit von in zubegern der begabung des gueten, oder behütunng und11) den ubl, kainsz d' ding nit hoffnung in sie zusetzn, Noch die Junckfraw Maria sein ainige hoffnung zu hayssn, und ain mitlerin und aler barmhertzigiste müter und zu ir nit erseufftzen und alszo aüch eusserlich ere getzimbt in nicht zuerpieten. Als feyertag zu feyern, opffern dienen, beten, allmüszen gebn, fasten, Noch durch ire namen schweren od' glubt12) thun, Noch zu in walfartn, Kirchen pauen.
60. Getzimpt es aber den pild des hern christi oder der anderen heyligen sich zw naygen und anzubeten?
A. Es getzimpt nit, wan got der her sprich nit mach dir eingegraben pildt noch kain gleichnusz, Du wirst sie nit anbetn nocch eren, ich bin der her. “

b. Catechismus Major des Johannes Brenz

“ Fr. Warum sagst du: Geboren von Maria der Jungfrau?
A. Darum, daß Maria eine ächte, wahre Mutter Christi durch die Kraft Gottes worden ist, und hat doch ihre unbefleckte Jungfrauschaft dabei behalten. “ Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt.

c. Heinrich Bullingers Katechismus:

“ F. Sag / wie ist er empfangen vnd geboren?
A. Er ist empfangen vnd geboren nicht auff gemeine weise. Denn er ist empfangen in einer Jungfrawen vom H. Geist / nicht daß er etwas von seiner substantz in das fleisch Christi versetzt oder verwandelt / sonder daß er die Muter fruchtbar gemachet / wie der Engel erklärt Luc. am 1. cap. daß die Jungfraw auß jhrem wesen / ohne zuthun deß manns dem Sohn Gottes den leib gegeben / vnd jhn geboren habe / vnnd ein Jungfraw geblieben sey: wie Jesaias vorgesagt hat.

F. Warumb das?
A. Die geburt vnd empfencknuß desse / der das gantz menschlich geschlecht Heyligen solt / müßt vberall rein vnnd vnbefleckt sein. Jch glaub aber daß dieser Jesus Christus der Mitler zwischen GOtt vnd den menschen sey / wahrer Gott / eines wesens mit dem Vatter / vnd warer mensch / eines wesens mit vns: Also daß in einer vnzertrennten person zwo naturen seyen / die Göttlich vnd die menschlich / die mit jhren eigenschafften vnderscheiden / daß eine in die ander nimmer mehr verwandelt werde / oder daß eine auffhöre zu sein. “

Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt.

d. Katechismus von Lachmann und Gräter:

“ Fr. Daß ich nun weiter komm, was glaubst du, so du sagst: Der empfangen ist von dem heiligen Geist, geboren aus Maria der Jungfrau?
A. Für das Erste glaub ich, daß JEsus Christus, dieweil er herabgekommen ist, unsere Unlust hinzunehmen, empfangen sey nit von verderbtem fleischlichem Saamen, sondern von dem heiligen Geist, damit er aller Gläubigen sündliche Empfängniß reinige durch den gnädigen Willen seines allmächtigen Vaters. Für's Andere, dieweil alles Fleisch ist, was aus Fleisch geboren ist, Joh. 3, 6, und aber das Fleisch wider den Geist ist, Gal. 5, 17, so glaub ich, daß er als die gebenedeite Frucht mir gegeben sei von der reinen Jungfrau Maria, unverletzt ihrer Jungfrauschaft, damit er uns auch unsre verdammte Geburt benedeite und segnete. “

Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt.

e. Katechismus Johann Slüters:

“ Vra. Wat louestu van Marien?
Ant. Dat se sy eyne utherwelde reyne/ ewige junckfrowe/ van gade gebenedyget unde gehilget bauen alle frowen/ unde vull gnade/ unde dat hillich ys de frucht eres lyues. Ock dath se reyne geweset ys/ vor der gebordt/ yn der gebordt/ unde na der gebordt. Item das se sy eyne othmodige junckfrowe/ hillich unde salich umme eres othmodyen gelouens wyllen/ eyne getruwe moder unßes heren Jhesu Christi. Unnd dat se warafftiges besyth de ewyge frowde. Ok dat se tho allen dussen gekamen sy/ uth lutterer gnade gades. “

Bei diesen Katechismen gilt es zu beachten, dass der böhmische Katechismus wahrscheinlich noch vorreformatorisch ist, die Katechismen von Slüter, Brenz und Gräter/Lachmann aus der Anfangszeit der Reformation (vor 1530) stammen; lediglich Bullinger, der auch in seinem Katechismus die ewige Jungfrauenschaft Mariens vertritt, fällt hier aus der Reihe der Reformatoren.

Sehen wir noch auf die sonstigen Schreiben der Reformatoren - auch hier ist das Schweigen zu diesem Thema äußerst vielsagend:

1.Luther schreibt ein ganzes Buch über das Magnifikat, ohne die ewige Jungfrauschaft Mariens zu erwähnen;

2.In seiner Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ setzt sich Luther ausführlich mit diesem Thema auseinander:

„Aber hierbei siehe an die verkehreten Preiser der Mutter Gottes, welche so man fragt, warumb sie so hart ob der Jungfrauschaft Mariä halten, so kunnten sie es wahrlich nicht sagen. Denn die unvernünftigen Götzendiener thun nicht weiter, denn nur der Mutter Gottes zu Ehren, daß sie dieselben hoch heben umb der Jungfrauschaft willen, und gleich ein Abgott draus machen. Aber die Schrift preiset diese Jungfrauschaft gar nicht, umb der Mutter willen; sie ist auch nicht umb ihrer willen Jungfrau erhalten; ja, verflucht wäre diese und alle Jungfrauschaft, wo sie umb ihrer willen da wäre, und nichts bessers sollt wirken, denn ihr eigen Nutz und Lob. Aber dazu preiset der Geist die Jungfrauschaft, daß sie vonnöthen gewesen ist, diese gesegnete Frucht zu empfangen und gebären. Denn nach dem verderbten Fleisch solche gesegnete Frucht nicht kommen kunnt, ohn durch eine Jungfrau. Also daß diese zarte Jungfrauschaft gar im fremden Dienst, zu Gottes Ehren, nicht zu ihr eigen Ehre gegangen ist. Und wenns hätte kunnt sein, daß er von eim Weib hätte mügen kommen, er hätte nicht ein Jungfrau dazu genommen; sintemal die Jungfrauschaft wider die eingesetzte Natur ist, und vor Zeiten im Gesetz verdampt war, und allein darumb nu gelobt ist, daß das Fleisch vergift ist, und sein eingesetzte Natur nicht ohn verfluchte Werk ihre Frucht geben kann. Daher sehen wir auch, daß St. Paulus die Mutter Gottes nirgend Jungfrau, sondern nur ein Weib heißet, da er spricht Gal. 4,4: Der Sohn Gottes ist von eim Weibe geborn; nicht daß er wolle, sie sei nicht Jungfrau, sondern daß er ihre Jungfrauschaft aufs allerbest mit ihrem rechten Lob preiset; als sollt er sagen: Zu dieser Geburt ist nicht, denn ein Weib kommen, kein Mann, nämlich, daß da blieben ist alles, was dazu gehöret im Weibe, daß ein Kind empfangen, geborn, gesäugt und genähret werde, welche Werk kein Mannsbilde thun kann; darumb ist es nur ein Weibskind, so muß sie gewißlich ein Jungfrau sein. Aber ein Jungfrau mag auch ein Mann sein; ein Mutter kann nichts denn nur ein Weibsbilde sein. Daher auch gar nichts die Schrift streitet noch saget von der Jungfrauschaft Mariä nach der Geburt, damit sich doch die Heuchler hoch bekümmern, gerad als wäre es ihr Ernst, und alle Seligkeit dran läge; so doch freilich daran uns gnug sein sollt zu halten, daß sie nach der Geburt sei Jungfrau blieben, weil die Schrift nicht sagt noch gibt, daß sie hernach verrückt sei, und ohn Zweifel niemand so mächtig zu fürchten, daß er ohn Schrift erstreite aus eigenem Kopf, daß sie nicht sei Jungfrau blieben. Aber die Schrift bleibt dabei, daß sie Jungfrau sei gewesen fur und in der Geburt: denn so fern hat Gott ihrer Jungfrauschaft nöthlich bedurft, daß er uns den gesegneten verheißen Samen gäbe ohn alle Sünde.

Daß also des Evangelisten Wort gar nichts sich ziehen auf dasjenige, das nach der Geburt, sondern auf das nur vor der Geburt geschehen ist. Denn der Prophet und Evangelist, dazu auch Sanct Paulus, handeln diese Jungfrau nicht weiter, denn bis sie die Frucht von ihr haben, umb welcher willen sie Jungfrau und alles ist. Nach der Frucht lassen sie die Mutter fahren und sagen nichts von ihr, wie es mit ihr worden sei, sondern nur von der Frucht. Darumb kann sich aus diesen Worten nicht schließen, daß Maria nach der Geburt ein Weib worden sei, darumb es auch nicht zu sagen, noch zu gläuben ist. Denn alle Worte zeigen nur das Wunder an, daß sie ehe schwanger worden und geborn hat, denn sie beschlafen ist. “

Calvin

In seinen Briefen schreibt Calvin nur selten von der Jungfrau Maria - hier die wesentlichen Stellen:

“ Über die andern strittigen Punkte kann ich nur sagen, dass es doch jedenfalls Unwissenheit war, wenn sie Euch Eure Redeweise vorwarfen, die die Jungfrau Maria Mutter Gottes nennt, und mit der Unwissenheit kann dann leicht zu große Kühnheit, je Frechheit verbunden sein, wie das alte Sprichwort sagt: Die Dümmsten sind die Frechsten. Doch um es Euch brüderlich offen zu sagen: ich kann nicht verhehlen, dass man es unrichtig findet, dass dieser Name gewöhnlich gebraucht wird, wenn von der Jungfrau die Rede ist, und ich meinesteils kann diesen Ausdruck weder gut, noch passend, noch schicklich finden. Es werden es auch alle Leute ruhigen Sinnes so halten. So kann ich nicht glauben, dass dies Brauch in Eurer Kirche sei, denn sonst könnte man gerade so gut vom Leib, Blut, Haupt und Tode Gottes sprechen. Ihr wisst, die Schrift lehrt uns eine andere Redeweise, aber das Schlimmste an der Sache ist die Ursache zu Ärgernis. Denn Mutter Gottes zu sagen von der Jungfrau Maria, kann nur dazu dienen, die Unwissenden in ihrem Aberglauben zu verstocken. Und wer sich darin gefiele, zeigte damit, dass er nicht weiß, was das heißt, die Kirche zu erbauen. „
( Nr. 345 (C. R. – 1653) - Calvin, Jean - An die französische Gemeinde in London.)

“ Weiter ermahnen Sie uns, die Jungfrau Maria und die Heiligen anzurufen, und heben dabei besonders St. Petrus hervor, als unsern Schutzpatron. Gott aber ruft uns zu sich allein und verbietet uns, anderswo Hilfe zu suchen. (Ps. 49.) Und das mit gutem Recht. „
(Nr. 101 (C. R. – 443) - Calvin, Jean - An Francois de Mandallaz in Cernex.)

“ Im Artikel vom Abendmahl setzt Ihr statt der Worte: „Mit Brot und Wein die Substanz des wahren Leibes“ usw. folgendes: „Die Substanz des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi, die er angenommen hat von der Jungfrau Maria, wird allen dargeboten, Guten wie Bösen. Wiewohl aber nur die Gläubigen sie wirklich und wahrhaftig genießen, machen sich doch auch die Ungläubigen schuldig des Leibes und des Blutes Jesu Christi, da sie das Sakrament entweihen.“ „
( Nr. 718 (C. R. – 3890) - Calvin, Jean - An die französische Gemeinde zu Wesel.)

“ Von der Jungfrau Maria sei zu behaupten, dass sie eine Hure gewesen, vom Gesetz Gottes, dass es nichts tauge, noch die, die es gemacht hätten; das Evangelium sei nichts als Lüge; die ganze Schrift sei falsch und böse, enthalte weniger Sinn als die Fabeln Aesops, und sei eine falsche, törichte Lehre. „
(Nr. 297 (C. R. – 1370) - Calvin, Jean - An den Genfer Rat.)

Sonstiges

Auch eine Reihe weiterer Schriften der Reformatoren und ihrer Nachfahren sprechen nahezu ausschließlich die Jungfrauengeburt an - auf Wunsch liefere ich gerne Links und Beispiele dazu.

Heilige und evangelische Kirche (Quellen)

“Vom Heiligendienst wird von den Unsern also gelehret, daß man der Heiligen gedenken soll, auf daß wir unsern Glauben stärken, so wir sehen, wie ihnen Gnade wiederfahren, auch wie ihnen durch Glauben geholfen ist; dazu daß man Exempel nehme von ihren guten Werken, ein jeder nach seinem Beruf, gleichwie Kaiserliche Majestät seliglich und gottlich dem Exempel Davids folgen mag, Krieg wider den Turken zu fuhren; denn beide sind sie in koniglichem Amt, welches Schutz und Schirm ihrer Untertanen fordert. Durch Schrift aber mag man nicht beweisen, daß man die Heiligen anrufen, oder Hilf bei ihnen suchen soll. Denn es ist allein ein einiger Versühner und Mittler gesetzt zwischen Gott und den Menschen, Jesus Christus, 1.Timoth.2, welcher ist der einige Heiland, der einig oberst Priester, Gnadenstuhl und Fursprech fur Gott, Rom. 8. Und der hat allein zugesagt, daß er unser Gebet erhoren welle. Das ist auch der hochste Gottesdienst nach der Schrift, daß man denselbigen Jesum Christum in allen Noten und Anliegen von Herzen suche und anrufe: So jemand sundiget, haben wir einen Fursprecher bei Gott, der gerecht ist, Jesum etc.„
(Confessio Augustana)

“Dabei ist noch ein anderer Mißbrauch verworfen, daß man nämlich durch Gebet und Fasten auch das Wohlgefallen der Mutter Gottes, der Jungfrau Maria, und anderer Heiligen gewinnen will, um durch ihre Vermittelung und ihr Verdienst von Uebeln der Seele und des Leibes befreit und mit Gütern aller Art erfüllt zu werden. Denn unsre Prediger lehren, den alleinigen Vater im Himmel durch den alleinigen Mittler, Christum, anzurufen und um Alles zu bitten, da, wie er selbst bezeugt hat, er uns nichts versagen wird, um was wir ihn im Glauben und im Namen Christi bitten. Da also Paulus diesen einen Menschen, Jesum Christum, den Mittler zwischen Gott und den Menschen nennt, und Niemand uns mehr lieben, auch Niemand bei dem Vater mehr gelten kann, so pflegt man bei uns zu erinnern, daß man an diesem einen Mittler und Vertreter bei dem Vater genug habe. Die Mutter Gottes aber, die heiligste Jungfrau Maria und alle Heiligen lehrt man zwar mit allem Fleiße zu ehren; das könne jedoch nur dann geschehen, wenn man sich dessen befleißige, was ihnen besonders am Herzen liegt, nämlich der Unschuld und Frömmigkeit, worin sie uns so herrliche Vorbilder gegeben haben. Denn da sie Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele und aus allen Kräften lieben, so können wir nichts thun, das ihnen lieber wäre, als wenn wir, wie sie, Gott aufs inbrünstigste lieben und ihm nachahmen. Denn ihrem Verdienste schreiben sie ihre eigene Seligkeit nicht zu; viel weniger kommt es ihnen in den Sinn, uns dadurch zu helfen. Sie Alle sprachen, so lange sie hier lebten, mit Paulus: „Das Leben, das ich nun lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich dahingegeben hat; ich verachte nicht die Gnade Gottes.“ Wenn sie selbst nun Alles der Gnade Gottes und der Erlösung Jesu Christi zuschreiben, so können wir durch nichts ihr Wohlgefallen mehr erlangen, als wenn auch wir uns auf diese Hülfe verlassen. “
(Confessio Tetrapolitana)

“Denn weil uns keine creature von diesem ubel allem erloesen kund / noch wir uns selbs nicht / so erbarmet sich Gott uber uns / unn sandte seinen einigen sohn / nemlich sein heilig wordt / in unser sündlich und verdampt fleisch / unn lies uns in Maria der iungfrawen / vom heiligen Geist / durch denn glawben / entpfangen / unn von ihr geporn werden einen Heiland / der da heist Jhesus Christus / warer Gott unn mensch wilcher in unserm fleisch / nemlich im Vier und dreissigsten ihare seyner menscheyt / unther Pontio Pilato / gecreuziget / gestorben / und begraben ist / auff das ehr uns von erbsünd / der zehen gepotte / fluch / Gottes zorn / weldt / sünd / teuffel / todt / hell / erloese / und Gottes gnad / Geist / und ewiges leben erwuerbe / wie Paulus auch zeuget da ehr spricht / Galat. 3. christus hat uns erloest von des gesetzs vermaledeiung / da ehr ward fuer uns eine vermaledeiung / den es stehet geschrieben / Deut. 21. Vermaledeiet ist iederman / der am holz hanget / auff das die benedeiung Abrahae / unther die heyden keme in Christo Jhesu / unn wir den verheissen Geist entpfiengen / durch den glawben. „
(Johannes Draconites)

„Ich glaube und weiß, dass die Schrift uns lehret, dass die mittlere Person in Gott, nämlich der Sohn, allein wahrhaftiger Mensch geworden ist, von dem heiligen Geist ohne eines Mannes Zutun empfangen und von der reinen, heiligen Jungfrau Maria als von rechter natürlicher Mutter geboren. „
(Martin Luther)

Zusammenfassend ist zu sagen: Lassen wir Bullinger (und eventuell Zwingli, von dem ich noch zu wenig Material habe)außen vor, vertritt keiner der großen Reformatoren die ewige Jungfrauenschaft Mariens - schon gar nicht Calvin (es sei denn, mir wäre da etwas entgangen, was ich jedoch bezweifle). Und auch bei Bullinger geht es wohl eher um die Jungfrauschaft, die durch die Geburt nicht zerstört wurde.

Von Calvin wurde ja schon aus der Evangelienharmonie geschrieben - das wäre die letzte Stelle, die mir noch einfiele. Das andere Zitat so wie der Kommentator zu deuten ist intellektuell unredlich - er projeziert die heutigen Diskussionen in die Vergangenheit.

Das Maria und andere Heilige bei den Reformatoren respektiert und als Vorbilder angesehen wurden, bleibt unstrittig. Aber das ist ein anderes Thema und soll ein ander Mal erörtert werden.

Gruß & Segen,
Andreas
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Joel213
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Beitrag von Joel213 »

Danke Joschie für diesen großen Beitrag.

Was meinst du konkret mit:

"Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt."

Mit der ewigen bzw. immerwährenden Jungfräulichkeit ist ja gemeint das Maria nie in ihrem Leben Sex hatte. Sie und Josef hätten quasi auch nach der Geburt Jesu enthaltsam gelebt.

Ich denke das dieses Thema aber schon relevant war. MacCulloch schreibt auf S. 792 dazu noch:

"Wegen solcher Ausseinandersetzungen (mit Radikalen) bekam die Frage der ewigen Jungfräulichkeit Marias immer größere Bedeutung. Wenn Andreas Osiander 1527 aus Nürnberg an Huldrych Zwingli schrieb, der ganze christliche Glaube hänge davon ab, dass sich die Jungfräulichkeit Marias befriedigend beweisen ließe, wenn Johannes Oecolampadius aus Basel im gleichen Jahr Zwingli in verblüffend ähnlichen Worten sagte, das gesamte Christentum stehe und falle mit der Anerkennung der ewigen Jungfräulichkeit Mariens, dann geschah dies, weil Radikale behaupteten, Jesus sei nur ein Prophet".

Bei Calvin liest es sich in seinem Evangelienkommentar schon so, als das er die Frage einfach offen lässt.

Zwingli hat es definitiv in seinem "Kommentar über die wahre und die falsche Religion" so gelehrt. Sehr empfehlenswert übrigends, ist Hauptbestandteil dieses Buches und das auch noch in heutigem Deutsch:http://www.tvz-verlag.ch/index.php?id=5 ... catUid]=23

Gast

Beitrag von Gast »

Joel213 hat geschrieben:Danke Joschie für diesen großen Beitrag.

Was meinst du konkret mit:

"Die Jungfrauschaft Mariens bezieht sich auf die Zeit nach der Geburt - es ist keine ewige Jungfrauschaft gesagt."

Mit der ewigen bzw. immerwährenden Jungfräulichkeit ist ja gemeint das Maria nie in ihrem Leben Sex hatte. Sie und Josef hätten quasi auch nach der Geburt Jesu enthaltsam gelebt.

Ich denke das dieses Thema aber schon relevant war. MacCulloch schreibt auf S. 792 dazu noch:

"Wegen solcher Ausseinandersetzungen (mit Radikalen) bekam die Frage der ewigen Jungfräulichkeit Marias immer größere Bedeutung. Wenn Andreas Osiander 1527 aus Nürnberg an Huldrych Zwingli schrieb, der ganze christliche Glaube hänge davon ab, dass sich die Jungfräulichkeit Marias befriedigend beweisen ließe, wenn Johannes Oecolampadius aus Basel im gleichen Jahr Zwingli in verblüffend ähnlichen Worten sagte, das gesamte Christentum stehe und falle mit der Anerkennung der ewigen Jungfräulichkeit Mariens, dann geschah dies, weil Radikale behaupteten, Jesus sei nur ein Prophet".

Bei Calvin liest es sich in seinem Evangelienkommentar schon so, als das er die Frage einfach offen lässt.

Zwingli hat es definitiv in seinem "Kommentar über die wahre und die falsche Religion" so gelehrt. Sehr empfehlenswert übrigends, ist Hauptbestandteil dieses Buches und das auch noch in heutigem Deutsch:http://www.tvz-verlag.ch/index.php?id=5 ... catUid]=23
Hallo Joel,

das Problem ist ja, dass es niemals so einfach ist, wie es scheint. Für die Zeit der Reformation gibt es mindestens drei verschiedene Richtungen - wobei man diesen Begriff "Richtungen" nicht so verstehen darf, als ob das Thema für die Reformatoren außerordentlich wichtig gewesen wäre.

Wichtig war die Frage, ob Jesus von einer Jungfrau geboren wurde. In diesem Punkt sind sich die Reformatoren und alle Christen einig "geboren von der Jungfrau Maria". Wer das nicht glaubt, ist kein Christ. In diesem Sinne würde ich auch die Aussage Osianders (für die ich gerne - wie bei Oecolampad - die Primärquelle wüßte) interpretieren. Tatsächlich gab es unter den Täufern eine Richtung, für die Jesus nur ein Mensch oder ein Prophet war

http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... er_artikel.

Die Frage dreht sich also nicht um die ewige Jungfräulichkeit Mariens - dass dieser Begriff (gerade in den ersten 10 Jahren nach der Reformation) so verwendet wurde, hängt wohl auch damit zusammen, dass sich die Reformatoren über viele Fragen selber erst einmal Klarheit verschaffen mussten - und da gehörte das eben zu den unwichtigeren. Um ein vergleichbares Beispiel anzuführen: Luther nahm erst 1530 Abschied von der Lehre vom Fegefeuer http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... _fegefeuer.

Kommen wir zurück zu den drei Richtungen. Es gab schon zu Beginn der Reformationszeit Lehrer, die sagten, dass durch die Geburt Jesu die Jungfräulichkeit Mariens beendet gewesen wäre. Andere - die in meinem Text weiter oben zitiert werden - vertraten, dass Maria auch nach der Geburt noch Jungfrau gewesen sei, weil das Hymen durch eine Gnade Gottes nicht durch die Geburt Jesu zerstört worden wäre. Diese Richtung schließt jedoch nicht aus, dass Maria später weitere Kinder hatte - es spielt für sie einfach keine Rolle, ob es so ist oder nicht. Und dann gab es die Richtung, die an der Jungfräulichkeit Mariens bis zu ihrem Tod festhielt. In diese Richtung gehören vor allem die Theologen, die direkt durch Zwingli und Oecolampad geprägt waren. Bei den persönlichen Bekenntnissen ist das eine von Robert Barnes aus der Anfangszeit der Reformation in Großbritannien, das andere von Friedrich III. von der Pfalz, der ebenfalls eher der reformierten Richtung zuzuzählen ist.

Aber wie schon gesagt: Dieses Thema spielte während der Reformation praktisch keine Rolle - da sind selbst die Streitigkeiten über die Höllenfahrt Christi von größerer Relevanz gewesen.

Gast

Beitrag von Gast »

Nocheinmal für Joel,

Ich habe eben noch einmal die Passage von Zwingli, auf die Du anspielst, gelesen - Leider habe ich nur eine gekürzte Fassung des Zwingli-Textes, doch scheint er an dieser Stelle vollständig zu sein:

"So mußte ihn eine Jungfrau, und zwar eine, die Jungfrau blieb, gebären, damit er auch nicht eine Spur von Verdacht auf Befleckung, geschweige die Wirkliichkeit, an sich trüge."

Und später heißt es: "So gebar also eine ewig reine Jungfrau den Christus, Gottes und ihren eigenen Sohn"

Da ich den ganzen Text nicht gelesen habe, sondern nur überflogen (sorry, das sind bei mir noch immer 140 Seiten, und ich denke, ich habe die wesentlichen Zitate herausgenommen) kurz zu diesen beiden Zitaten:

1. "...die Jungfrau blieb..." steht in direktem Zusammenhang mit "...eine Spur von Verdacht auf Befleckung..." Für mich klingt das nicht nach ewiger Jungfräulichkeit, sondern eher wie ein Bezug auf eine christliche Legende des 3. oder 4. Jahrhunderts (eines der Proto-Evangelien), in denen es hieß, dass nach der Geburt die Hebamme festgestellt hätte, dass Maria immer noch Jungfrau war. Der Hintergrund für diese Legende - die übrigens im Mittelalter noch immer weit verbreitet war (aus ihr stammen u.a. auch Ochse und Esel an der Krippe) - ist der Versuch, eine weitere Autorität (die Hebamme) dafür heranzuführen, dass Jesus von Gott gezeugt und von einer Jungfrau geboren war. Wenn die Hebamme nach der Geburt feststellt, dass Maria Jungfrau ist, dann hat sich das Thema mit Sex vor der Ehe erledigt.

2. "... eine ewig reine Jungfrau..." Worauf bezieht sich das ewig? Auf Jungfrau? Oder auf rein? Ich denke, dass hier der Zusammenhang deutlich wird, wenn wir "rein" durch einen unpassenden Begriff wie "verloren" ersetzen. Bei "... eine ewig verlorene Jungfrau..." würde niemand das ewig mit der Jungfrau verknüpfen, oder? Ich sehe diese Wortwahl als sehr zweideutig, wobei die zweite Deutung dabei (ewig auf Jungfrau zu beziehen) schon hineingelesen werden muss. Hat jemand vielleicht den lateinischen Text? Wollte ich - wie Du es implizierst - das "ewig" mit der "Jungfräulichkeit" verbinden, hätte ich entweder die beiden Begriffe umdrehen (also "reine ewige Jungfrau") oder den Passus ganz umformulieren ("die ewige Jungfrau, die rein ist und bleibt."). Doch wie gesagt, da hätte ich gerne mal den lateinischen Text.

Vielleicht noch etwas zu meiner Stellung in dieser Frage: Es spielt für meinen Glauben keine Rolle, ob Maria Jungfrau blieb oder nicht. Ich liebe sie als Schwester, als Vorbild dafür, sich in den Willen Gottes zu fügen, als Mutter meines Herrn, die ihm so nah war wie kein anderer Mensch. Und nach der Auferstehung der Toten bin ich gespannt darauf, sie kennenzulernen.

Gruß & Segen,
Andreas

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