Unter
www.glaubensstimme.de findet man Calvins Kommentar dazu:
"V. 34. Petrus aber tat seinen Mund auf. Wir haben schon erinnert, dass die Schrift sich dieser Redewendung bedient, wenn es sich um eine wichtige und nachdrückliche Rede handelt (vgl. Mt. 5, 1).
Nun erfahre ich mit der Wahrheit. Der griechische Ausdruck ließe sich noch genauer wiedergeben: nun begreife oder erschließe ich usw. Kornelius war heidnischer Herkunft. Dennoch erhört Gott sein Bitten, würdigt ihn des Lichtes des Evangeliums, sendet ihm insbesondere einen Engel zu. Daraus nimmt Petrus ab, dass Gott ohne Rücksicht auf sonstige persönliche Stellung an allen Menschen Wohlgefallen hat, die ein frommes und unschuldiges Leben führen. Ehedem war er in dem Vorurteil gefangen, dass Gott allein die Juden liebe; da sie allein von allen Völkern erwählt waren, glaubte er, dass Gottes Gnade zu niemand anders gelangen könne. Dies Beispiel warnt uns, dass wir nicht Vorurteile hegen sollen, die uns den Weg zu rechtem Urteil verbauen. Weiter gilt es, darauf zu achten, was es eigentlich bedeutet, dass Gott die Person nicht ansiehet; denn viele täuschen sich, indem sie ganz allgemein auslegen, dass niemand dem anderen vorgezogen werde. Es ist aber unter der „Person“ hier der äußere Stand oder Schein zu verstehen, alles das, was den eigentlichen Menschen umgibt, und was ihm Gunst entweder gewinnt oder verschließt. So machen Reichtum, edle Geburt, Fürsprache oder Ehrenstellung einen Menschen angenehm; Armut, niedere Herkunft und dergleichen machen ihn verächtlich. Darum verbietet der Herr immer wieder, dass man die Person ansehe, weil ja unmöglich ein richtiges Urteil zustande kommt, wenn der Seitenblick auf Äußerlichkeiten den Richter von der Sache selbst ablenkt. An unserer Stelle kommt die heidnische Herkunft des Kornelius in Betracht, und der Sinn ist: Gott lässt sich durch die Vorhaut nicht hindern, die Gerechtigkeit eines heidnischen Mannes wohlgefällig und billigend anzusehen. Dabei scheint es doch, als hätte wenigstens eine Zeitlang bei Gott Ansehen der Person gegolten, indem er die Heiden überging und die Juden zu seinem Volk erwählte. Aber der Grund dieser Unterscheidung lag durchaus nicht in den menschlichen Personen, sondern hing ganz und gar an Gottes verborgenem Rat. Dass er den Abraham sich aneignete und bei ihm, nicht etwa bei den Ägyptern, seinen Bund niederlegte, dazu bestimmte ihn nicht im Geringsten irgendein Seitenblick auf eine Äußerlichkeit, sondern die ganze Sache entsprang seinem wunderbaren Rat. Darum hat sich Gott niemals an Personen verkauft.
V. 35. Wer ihn fürchtet und recht tut. Diese zwei Stücke umspannen Gottes Gesetz und den gesamten Inhalt eines unbescholtenen Lebens. Denn die Furcht Gottes ist nichts anderes als ernste Frömmigkeit. Das Rechttun aber ist die Billigkeit, die Menschen untereinander pflegen, indem sie sich hüten, jemand zu schaden, und darnach streben, jedermann zu nützen. Doch scheint es, als gründe diese Aussage die Seligkeit auf das Verdienst der Werke. Denn wenn unsere Werke uns vor Gott angenehm machen, verschaffen sie uns auch das Leben, welches ja in der Liebe Gottes gegen uns besteht. Zur Lösung dieser Schwierigkeit wollen wir uns merken, dass man in einer doppelten Stufe sagen kann, dass Gottes Liebe die Menschen ansehe und annehme. Da wir alle als Kinder des Zorns geboren werden, findet Gott in uns durchaus nichts, was seiner Liebe wert wäre; vielmehr wird ihn unsere ganze Natur zum Hass gegen uns reizen (Eph. 2, 3). Unter diesem Gesichtspunkt sagt Paulus, dass alle Menschen Gottes Feinde sind, solange sie nicht durch Christus versöhnt wurden (Röm. 5, 6. 8). Die erste Stufe also, auf der uns Gott in seine Gnade aufnimmt, ruht auf völlig unverdienter Gnade. Es kann auch nicht die geringste Rücksicht auf die Werke obwalten, die ja alle sündhaft und verkehrt sind und ihren Ursprung deutlich verraten. Diejenigen aber, die Gott bereits zu seinen Kindern annahm, gebiert er auch durch seinen Geist zu einem neuen Leben und stellt in ihnen sein Bild her; so ergibt sich die zweite Stufe der Annahme. Gott findet nun nicht mehr einen entblößten, von aller Gnade verlassenen Menschen, sondern erkennt in ihm auch sein Werk, ja sich selbst an. Darum sind ihm die Gläubigen, die ein frommes und gerechtes Leben führen, angenehm. Wir leugnen auch gar nicht, dass Gott an den guten Werken der Heiligen Wohlgefallen hat. Zur Verhandlung steht hier die ganz andere Frage, ob der Mensch mit seinen Verdiensten der Gnade Gottes zuvorkomme und zu seiner Liebe den Eingang gewinne, oder ob er nicht allein Hass verdient und darum im Anfang ohne alles Verdienst und ohne jede Rücksicht auf Werke geliebt wird. Man muss durchaus das Letztere annehmen, weil der seinem eignen Geist überlassene Mensch nur Anlass zum Hass bieten kann. So folgt, dass der Grund in Gott selbst liegt, wenn er uns liebt, dass er sich durch sein Erbarmen, nicht durch unsere Verdienste bestimmen lässt. Zum anderen wollen wir merken: auch wenn die Gläubigen nach ihrer Wiedergeburt mit ihren guten Werken und in Rücksicht auf Werke dem Herrn wohl gefallen, so geschieht dies doch nicht durch Verdienst der Werke. Denn die Werke sind niemals so vollkommen rein, dass sie dem Herrn ohne Vergebung gefallen könnten; da ihnen immer etwas Sündhaftes beigemischt ist, wären sie sogar wert, dass Gott sie verschmähte. Also ruht der Wert der Werke nicht auf ihrer eigenen Würdigkeit, sondern auf dem Glauben, der von Christus entlehnt, was den Werken fehlt."
Lutz