Die Bibel verstehen und auslegen!

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Joschie
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Die Bibel verstehen und auslegen!

Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Bei Gesprächen über das Verständnis von Bibelstellen wurde mir oft gesagt, nachdem ich gefragt habe, wie sie zu diesem Verständnis kommen, sie beten vor dem Bibel lesen, das ihnen Gott das richtige Verständnis zeigt. Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde mir von einem Bruder gesagt: "der Heilige Geist führt ja in aller Weisheit und Erkenntnis und so zeigt Gott ihm das richtige Bibelverständnis".
Vor langer Zeit, bei einer Bibelstunde in meiner ersten Gemeinde, sagte mir ein Bruder: "man könnte die Offenbarung nicht rein chronologisch verstehen". Meine Reaktion darauf war nicht gut :oops: :oops:
In einigen Hauskreisen, die ich kenne, wird ein Bibeltext gelesen, danach kommt gleich die Frage, was habe ich dazu erlebt und was sagt mir der Text heute. Auf meinen Einwand, das man so nicht an einen Bibeltext herangehen kann, wurde mir gesagt: " Ich bin zu denklastig"
Damit mich niemand falsch versteht, das Gebet ist sehr wichtig und das Gott uns durch seinen Geist leitet, aber entbindet uns das davon, über die Auslegung und die damit verbundenen Regeln (Hermeneutik) nachzudenken.
Thomas Kinker schreibt dazu:
:arrow: dass viele die Bibel zwar intensiv lesen, aber nicht wissen, nach welchen Regeln sie einen Text auslegen sollen. Oftmals wirken die Auslegungen einzelner Bibeltexte fast willkürlich und die Auslegungen passen nicht zueinander
:arrow: dass einem regelmäßigen Bibelleser zwar viele Texte vertraut sind, selbst solche Texte aber nicht immer verstanden, verarbeitet und als Folge im Leben umgesetzt werden
:arrow: dass die meisten Bibelkommentare nicht erläutern, weshalb sie einen Text auf diese oder jene Art und Weise auslegen. Der Text wird zwar ausgelegt, was ja von der Natur der Sache her zwangsläufig ist, aber es wird keine Rechenschaft darüber abgelegt, nach welchen Regeln dies geschieht und warum andere Auslegungen als falsch angesehen werden.
Wie lest ihr die Bibel(Bibelleseplan,sporadisch, nach Themen oder systematisch) und wie geht ihr an einem Bibeltext ran? Ich bin auf eure Beiträge gespannt und hoffe, damit wir gemeinsam dazu lernen.
Gruß Joschie!
P.S. Mir ist kein besserer Titel eingefallen, als "die Bibel verstehen und auslegen". Darum habe ich ihn von einem Buchtitel entlehnt.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Der Pilgrim
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Beitrag von Der Pilgrim »

Wie lest ihr die Bibel(Bibelleseplan,sporadisch, nach Themen oder systematisch) und wie geht ihr an einem Bibeltext ran?
Sehr interessantes Thema, auch wenn ich befürchte, da wenig beisteuern zu können, weil ich wahrscheinlich sehr unsystematisch vorgehe. Aber dann habe ich zumindest gute Aussichten, viel Nützliches aus diesem Thema zu lernen. :wink:
Ich persönlich lese an Arbeitstagen 2, an freien Tagen 4 Kapitel, also weder rein sporadisch noch außerordentlich viel, aber es ist momentan wahrscheinlich noch relativ unsystematisch, da ich bislang die einzelnen Bücher hintereinander durchlese und dann wieder von vorne anfange (Wobei es sich bei mir so ergeben hat, dass der Psalter ein eigener Zirkel mit einem zstl. Kapitel/Tag ist, sodass ich diesen dann beim Hauptzirkel auslasse und somit öfters wiederhole). Nebenbei führe ich ein kleines Büchlein, in das ich für jedes Kapitel eine Kurzzusammenfassung in ein oder zwei Sätzen schreibe (Als Orientierung ist das hilfreich, außerdem stelle ich so sicher, das einzelne Kapitel zumindest sinnvoll erfasst zu haben). Auf einem seperaten Zettel notiere ich Fragen und Unklarheiten, die ich dann unter Zuhilfenahme eines Kommentars oder der Erklärung eines Bruders zu klären versuche (Hierfür werde ich demnächst auch ein eigenes Büchlein zu führen beginnen).
Freundliche Grüße
Simon
Simon W.

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Ich habe angefangen die Bibel (A.T.) zu lesen bevor ich Christ wurde aus rein geschichtlichen Interesse.Ich verdanke meinen Prediger aus meiner ersten Gemeinde im Punkte Bibellesen einiges.Er hat mich gleich nach der Bekehrung zu regelmäßigen Bibellesen angeleitet dabei konnte er sehr bestimmend sein (für mich war das gut so).Zu Anfang habe ich immer die Bibellese zur Tageslosung benutzt.Dieses reicht mir bald nicht mehr aus so habe ich sporadisch andere Texte gelesen die meisten aus den A.T.Ich habe die Möglichkeit genutzt, die Bibel Komplet in ein Jahr durchzulesen.Dadurch verstand ich besser die großen Zusammenhänge in der Bibel.Eigentlich lese ich nur noch Sytematisch die Bibel als letztes die Johannesschriften(Evangelium,Briefe,Offenbahrung). Zur Zeit lese ich die 5.Bücher Mose.
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

Jörg
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Beitrag von Jörg »

August Hermann Franckes Zeilen finde ich grundlegend:

August Hermann Franckes kurzer Unterricht, wie man die Heilige Schrift zu seiner wahren Erbauung lesen sollte


Wenn ein Einfältiger zu seiner Erbauung in Gott die Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments lesen will, so muß er

1. sich mit allem Fleiß davor hüten, daß er nicht etwa einen heimlichen falschen Grund in seinem Herzen habe oder irgend einen unrichtigen Zweck, warum er die Heilige Schrift lese. Denn die Schriftgelehrten und Pharisäer lasen auch die Heilige Schrift, und waren doch dadurch nichts gebessert. Sie meinten das ewige Leben darinnen zu haben; aber zu Christo wollten sie nicht kommen, daß sie das Leben haben möchten (Joh. 5,39.40). Ein falscher Grund aber und unrechter Zweck ist es, wenn man die Heilige Schrift lieset entweder zum bloßen Zeitvertreib und weil hier und da einige Historien darinnen sind, daran sich auch ein natürliches Gemüt einigermaßen ergötzet; oder, wenn man das Lesen der Heiligen Schrift als ein bloß äußerliches Werk treibt, gleichsam voraussetzt, daß man schon gar fest in seinem Christentum stehe, und als zum Überfluß die Gewohnheit frühe und abends hält, das eine oder andere Kapitel zu lesen, und meinet dann, man habe dadurch dem lieben Gott ein sonderlich gutes Werk dargelegt, wie also viele Menschen sich damit trösten, daß sie fleißig Gottes Wort lesen, deren Sinn und ganzes Leben mit dem Wort Gottes doch im geringsten nicht übereinstimmt; oder, wenn man nur zu dem Ende die Heilige Schrift vor sich nimmt, daß man schriftgelehrt werde, und vieles Wissen erlange, darunter sich denn Eigenliebe, Ehrsucht und allerlei andere pharisäische Laster zu verbergen pflegen. Und dieses ist heutzutage vieler Gelehrten Zweck, welche denn der Schrift Meister sein wollen, und wissen nicht, was sie sagen, oder was sie setzen (1. Tim. 1,7). Ja, auch durchaus ist dieses die verkehrte Art der Menschen, daß sie sich in der Heiligen Schrift mehr auf unnütze Fragen oder hohe Geheimnisse befleißigen, als erst einen rechten Grund in der Buße und im Glauben zu legen. Wo einer nun diese obberührten oder sonst dergleichen falsche Absichten in seinem Herzen hat, warum er die Heilige Schrift lieset, der kann mit aller seiner Schriftgelehrsamkeit in den Abgrund der Hölle verdammet werden, wenn er gleich die ganze Schrift auswendig lernte.

So bringe denn ein Einfältiger

2. zur Lesung der Heiligen Schrift ein recht einfältiges Herz , das ist, ein aufrichtiges und ungeheucheltes Verlangen, daß er durch die Heilige Schrift möge unterwiesen werden zu seiner Seligkeit durch den Glauben an Christum Jesum (2. Tim. 3,15), und daß er also glauben und leben möge, wie es ihm in Lesung der Heiligen Schrift von Gott selbst vorgehalten wird. In summa: Wenn du die Heilige Schrift zu lesen vornimmst, muß allein dein aufrichtiger Zweck sein, daß du ein gläubiger und frommer Christ werden mögest, nicht nach dem Schein, sondern in der wahren Kraft, daß du dich versichern könnest, du gefallest Gott wohl, und werdest dort seiner mit ewiger Freude genießen.

3. Da muß nun das Gebet das erste sein, und ein Einfältiger auf diese oder dergleichen Art und Weise, ehe er in der Bibel lieset, Gott anreden, nicht mit dem Munde allein, sondern mit recht andächtigem Herzen: O du ewiger und lebendiger, wie können wir dir genugsam danken, daß du uns deinen heiligen Willen in deinem Wort so gnädig geoffenbaret hast, daß wir daraus lernen können, wie wir gläubig, fromm und selig werden sollen. So gib mir nun deinen Heiligen Geist, daß er mir meine Augen öffne, zu sehen die Wunder an deinem Gesetz; daß er durch dein Wort den Glauben in meinem Herzen wirke und vermehre, und meinen Willen kräftiglich lenke, daß ich mich freue über deine Zeugnisse und von Herzen an dich glaube und dein Wort halte.

4. Billig ist es auch, daß das Lesen der Heiligen Schrift mit lauter Gebet und Seufzen, wie auch mit Lob und Dank Gottes verrichtet werde. Denn dieses ist die einfältige Art, daß man allezeit seine gute Erbauung dabei habe. Zum Beispiel 1. Mose 1,1: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. O du ewiger Gott, ich danke dir, daß du mich durch dein Wort lehrest, woher Himmel und Erde ihren Ursprung haben. Oder: Ach, lieber Vater im Himmel, wenn ich meine Augen aufrichte zu dem Himmel und niedersehe zu der Erde, so führe doch mir dieses dein göttlich Wort zu Gemüte, daß ich dich als den Schöpfer Himmels und der Erden ehren und anbeten soll. Oder: Ach lieber Gott, hast du Himmel und Erde erschaffen, so bist du ja besser und herrlicher als Himmel und Erde. Darum, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Oder: Gott, du bist ja wohl der Vater über alles, was da Kinder heißet im Himmel und auf Erden, der du Himmel und Erde erschaffen hast. Ach lehre mich doch allezeit recht bedenken, was mein sterblicher Leib, das Stücklein Erde, für einen großen Baumeister und Schöpfer habe. Oder: Ach, lieber Vater in dem Himmel, wie kann ich doch nun ferner sorgen um meine leibliche Erhaltung, weil ich dich zum Vater anrufe, der du Himmel und Erde erschaffen hast, usw. Also mag man bei einem jeglichen Vers in der Bibel stille stehen und, wie Luther redet, gleichsam an ein jegliches Sträuchlein klopfen, ob auch einige Beerlein herunterfallen wollen. Dünket's einen im Anfang etwas schwer zu sein, und will nicht sogleich das Gebet fließen, so mag man wohl weitergehen und es gleichsam an einem andern Sträuchlein versuchen. Wenn die Seele nur fein hungrig ist, so wird sie der Geist Gottes nicht ungesättigt lassen, ja es wird sich endlich finden, daß der Mensch an einem einigen kleinen Verslein so viel lebendiger Früchte ersehen wird, daß er sich auch bei demselbigen wird aufhalten und niederlassen als bei einem mit Früchten ganz beladenen Bäumlein. Wer aber im Anfang davor erschrickt und denket, es sei ihm gar zu schwer, er könne die Heilige Schrift nicht also lesen, der ist selbst schuld daran, daß er in seinem ganzen Leben keine rechte Lust und Freude an der Heiligen Schrift gewinnt.

5. Dem Gebet muß die Betrachtung die hand bieten, daß man bei einem jeglichen ein wenig stille stehe und alles fein in seinem Herz erwäge. Gar fein spricht Luther über das Evangelium am Christtage in seiner Kirchenpostille f. 56 b: Das Evangelium ist so klar, daß es nicht viel Auslegens bedarf, sondern es will nur wohl betrachtet, angesehen und tief zu Herzen genommen sein. Und wird niemand mehr Nutz davon bringen, denn die ihr Herz stillehalten, alle Dinge ausschlagen und mit Fleiß drein sehen, gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gar eben sich sehen lässet und kräftig wärmet, die im rauschenden und laufenden Wasser nicht also gesehen werden mag, auch nicht also wärmen kann. Darum, willst du allhier auch erleuchtet werden, göttliche Gnade und Wunder sehen, daß dein Herz entbrannt, erleuchtet, andächtig und fröhlich werde, so gehe hin, da du stille seiest und das Bild tief ins Herz fassest, da wirst du finden Wunder über Wunder. Dieses ist nun bei der ganzen Heiligen Schrift und deren Lesung in acht zu nehmen. Wo man über ein Kapitel hinrauschet, danach die Bibel zuschlägt und, was man gelesen hat, bald aus den Gedanken fahren lässet, so ist es kein Wunder, daß man die Bibel wohl oft durchlese un doch nicht frömmer und andächtiger danach werde. Das Gebet und die Betrachtung müssen einander stets die Hand bieten. Wenn es mit der Betrachtung nicht fort will, so mußt du beten; und wenn das Gebet nicht fließen will, so mußt du die Worte ein wenig betrachten. Aus dem Gebet wird die Betrachtung entspringen und vermehret werden; und durch die Betrachtung wirst du zum Gebet erwecket werden. Kein Mensch, spricht Bernhardus, kommt plötzlich oben an. Durch Aufsteigen und nicht durch Fliegen erreicht man die obersten Sprossen der Leiter. Darum lasset uns hinaufsteigen, als wie mit zweien Flüßen, nämlich durch die Betrachtung und durch das Gebet. Denn die Betrachtung lehrt und zeigt uns, was uns mangelt; das Gebet aber erhält und erlangt uns bei Gott dem Herrn so viel, daß uns nichts mangele oder fehle. Die Betrachtung zeigt uns den rechten Weg, das Gebet aber führt uns denselbigen Weg. Und an einem anderen Orte spricht er: Durchs Gebet wird die Betrachtung erleuchtet und in der Betrachtung wird das Gebet inbrünstig. Es ist ein süßes liebliches Gespräch, und eine selige Unterredung, wo nämlich das Gebet und die Betrachtung zusammenkommen, also daß eines das andere regiert. Und abermals: Das Gebet ohne Betrachtung ist ein kalt und faul Ding. Die Betrachtung ohne das Gebet ist unfruchtbar und durchaus nichts nütze. Wer diese Erinnerung des frommen Bernhardus in Lesung der Heiligen Schrift wohl in acht zu nehmen weiß, der wird niemals ohne großen Nutzen die Heilige Schrift lesen. Zum 1. Buch Mose 1,2: Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Betrachtung: Wie hat doch der wunderbare Gott von Anfang so gar einerlei Wege gehalten, daß er seine Herrlichkeit darinnen am meisten beweiset, daß er aus nichts etwas, aus dem Wüsten und Ungestalteten etwas Schönes und Wohlgestaltetes, aus dem Elenden etwas Großes und Erhabenes macht. So mußte es zum Preise seines heiligen Namens gereichen, daß die Erde wüst und leer war, ehe sie von ihm gebildet, schön und fruchtbar gemacht worden. Gebet: Ach, lieber Vater, ich nehme mir dieses zu einem Trost, wenn ich mein Elend und verderbtes Wesen ansehe. Laß mich nur mein eigenes natürliches Verderben recht erkennen. Ich weiß, du wirst dich dann auch über mich erbarmen und Christum lassen eine Gestalt in mir gewinnen, daß ich wohlgestaltet vor deinem Angesicht erscheine. Die Bußtränen will ich gerne über meine Sünden vergießen. Laß du nur deinen Geist auch auf solchem Wasser schweben. Bei solcher Betrachtung muß nun die Prüfung unserer selbst nie unterlassen werden, damit wir aus dem göttlichen Wort das Verderben unsers Herzens recht erkennen lernen und unser ganzes Herz nach dem Vorbilde der heilsamen Lehre geartet werde.

6. Wie nun die Lesung der Heiligen Schrift mit dem Gebet muß angefangen und in stetigem Gebet verrichtet werden, also muß man auch damit beschließen. So mag man denn, wenn man aufgehört hat zu lesen, auf diese oder dergleichen Art Gott anreden: O du getreuer, himmlischer Vater! Lob, Ehre, Preis und Dank sei dir demütiglich gesagt für diese große Gnade, daß du mich mit dem edlen Manna deines göttlichen Worts an meiner Seele gelabet, gestärket und erquicket hast. Schreibe es nun alles, was ich gelesen, mit dem göttlichen Finger deines Heiligen Geistes in mein Herz, und versiegele es mit demselbigen, damit es der Satan nicht wiederum von meinem Herzen raube, sondern daß ich solches in einem feinen und guten Herzen und mich dessen dort ewiglich vor deinem Angesicht erfreue. Amen. Auch kann man sich gewöhnen, dasjenige, was man gelesen, zum Beschluß in ein Gebet zu fassen, und es also Gott dem Herrn vorzutragen.

7. Gott, der getreu ist, wird dann einem solchen andächtigen Bibelleser es nicht fehlen lassen am innerlichen Kreuz und Leiden und allerlei Anfechtungen, welches ein teures Pfand seiner Liebe sind, dadurch wir seinem eingebornen Sohne allhier ähnlicher werden. Und dieses, nämlich das liebe Kreuz, ist nun ein recht kräftiges Mittel, die Heilige Schrift zu verstehen, ja vielmehr zu schmecken und zu empfinden. Das Gebet, die Betrachtung und die Anfechtung sind die drei Stücke, welche einen rechten gottesgelehrten Mann machen. Sobald dir etwas Widriges begegnet, es sei innerlich oder äußerlich, so denke, daß der Präceptor da sei, und wolle dich examinieren, was du aus der Heiligen Schrift gelernt hast; so siehe dich denn flugs nach einem Sprüchlein um, das sich auf deine Not und Anliegen schicket. Findest du keins, so nimm, wenn die Gelegenheit da ist, gleich die Bibel zur Hand und lies einen Psalm oder wozu dich sonst deine Andacht träget, so wirst du bald finden, womit du dich stärken könnest. Doch sollst du billig allezeit viele gute Sprüchlein der Heiligen Schrift in Vorrat haben und gleichsam einen Schatz davon sammeln, damit es dir niemals fehle, wenn du deren eines bedarfst. Findest du dann ein Sprüchlein, so laß nur deine Gedanken (Gott wird dir dazu Gnade geben) von der äußerlichen Not fahren und wende sie nur auf solches Sprüchlein und erwäge solches fein andächtiglich in deinem Herzen. O wie wird dir das eine Quelle lebendigen Wassers sein! Wie wirst du es so viel tiefer verstehen unter dem Kreuz, als vor dem Kreuz! Endlich wisse, so viel du der Welt absterben wirst, so viel wirst du in der Heiligen Schrift sehen und erkennen. So viele du aber nach dem Sinne des Fleisches und der Welt leben wirst, so viel wirst du in der Heiligen Schrift blind und unverständig sein. Der Gott aber unsers Herrn Jesu Christi, der Vater der Herrlichkeit, gebe uns den Geist der Wahrheit und Offenbarung zu seiner selbst Erkenntnis und erleuchtete Augen unsers Verständnisses, daß wir erkennen mögen, welche da sei die Hoffnung unsers Berufs und welcher sei der Reichtum seines herrlichen Erbes an seinen Heiligen und welche da sei die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, die wir glauben nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke, welche er gewirket hat in Christo, da er ihn von den Toten auferwecket hat und gesetzet zu seiner Rechten im Himmel, welchem sei Ehre und Preis von nun an bis in Ewigkeit, Amen.



Herr, dein Wort, die edle Gabe,
Dieses Gold erhalte mir;
Denn ich zieh es aller Habe
Und dem größten Reichtum für.
Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten
Worauf soll der Glaube ruhn?
Mir ist's nicht um tausend Welten,
Aber um dein Wort zu tun.


http://www.glaubensstimme.de/doku.php?i ... ncke-bibel

Herzliche Grüße

Jörg
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

FrankS
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Beitrag von FrankS »

Mir war "Effektives Bibelstudium. Die Bibel verstehen und auslegen" von G. Fee und D. Stuart immer eine große Hilfe. Habe dieses Werk oft und gern zur Hand genommen.

Jose
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Re: Die Bibel verstehen und auslegen!

Beitrag von Jose »

Auf Wunsch von Joschie will ich mich hier kurz dazu äußern, wie ich mit Bibeltexten umgehe. Vorab: Unter dem Thema: "Wie sollen wir die Bibel lesen?", hatte ich bereits im September letzten Jahres ein ähnliches Thema eröffnet. Dabei wurde mir wieder so sehr bewusst, wie sehr man in entscheidenden Fragen in der Erkenntnis von einander abweicht, besonders bedingt durch konfessionelle Prägungen.

Beim Lesen in der Bibel sind mir einige Worte Jesu als Leitfaden sehr wichtig. "Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme" Joh 18,37. Daher ist meine Bitte zu Gott: "Vater, mach mich wahr und offen für Dein Wort". Dann ist auch das Wort mir sehr wichtig: "Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen" Joh 16,13. Hierdurch wird mir immer wieder bewusst, dass ohne die Leitung des Heiligen Geistes wir nicht in der Lage sind, das Wort Gottes richtig zu verstehen. Dann ist mir aber auch klar geworden, dass es mir selber ein Anliegen sein muss, Gottes Willen tun zu wollen, denn Jesus sagt auch: "Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist oder ob ich aus mir selbst rede" Joh 7,17. Es ist nämlich nicht damit getan, Gottes Wort verstanden zu haben oder vielleicht sogar Gottes Willen erkannt zu haben. Jesus sagt ja: "Wenn ihr dies wisst, glückselig seid ihr, wenn ihr es tut!" Joh 13,17.

Neben dem Gebet und das Bibellesen, sowie das Lesen von Andachten und unterweisende Bücher, ist für mich besonders die Zugehörigkeit zu einer biblischen Gemeinde sehr wichtig, denn hier wird praktisches Christentum gelebt. Unter der Predigt und in der Gemeinschaft, darf ich immer mehr lernen und darf auch Ermahnung annehmen sowie Ermunterung erleben. Wenn ich in der Gemeinde geblieben wäre, wo ich Anfang der 80er-Jahre zum Glauben kam, hätte ich mich sicherlich sehr angepasst und wäre heute, wie die Gemeinde zwischenzeitlich leider auch, in der Ökumene. Daher halte ich es für so sehr wichtig, dass wir keine Kompromisse eingehen.

Von Theologiestudium auf den Universitäten halte ich nicht viel, denn meine Erfahrung auf diesem Gebiet zeigt mir zu oft, dass dabei zu sehr der Verstand am Werk ist und die Einfalt des Glaubens, verbunden mit dem kindlichen Gehorsam, zu sehr verloren gehen.

Ganz am Anfang meines Glaubenslebens, als ich nicht viel von der Bibel wusste aber erkannte hatte, dass Jesus für meine Sünden am Kreuze starb und ich nun durch den Glauben ein Kind Gottes war, hatte mich der treue Hirte aus der katholischen Kirche herausgeführt und vor Irrlehren, wie die Zeugen Jehovas oder die Neuapostolische Kirche, bewahrt. Besonders diese Erfahrung in meinen ersten Glaubenstagen ist für mich immer wieder eine Ermahnung, die Worte aus Sprüche nie aus dem Herzen weichen zu lassen: "Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand! Auf all deinen Wegen erkenne nur ihn, dann ebnet er selbst deine Pfade!" Spr 3,5.6.

José

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

FrankS hat geschrieben:Mir war "Effektives Bibelstudium. Die Bibel verstehen und auslegen" von G. Fee und D. Stuart immer eine große Hilfe. Habe dieses Werk oft und gern zur Hand genommen.
Dieses Buch kenne ich auch und es ist sehr gut :!:
Ich möchte auch noch ein Buch zum Thema vorstellen:Jakob van Bruggen "Wie lesen wir die Bibel"? Eine Einführung in die Schriftauslegung. Hänssler-Verlag.
Wer aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzte Methodenbücher schon kennt (G. D. Fee & D. Stewart: Effektives Bibelstudium, 1990, und H. G. & W. D. Hendricks: Bibellesen mit Gewinn, 1995), zu den zahlreichen dickleibigen Sammelbänden im englischsprachigen Raum keinen Zugang hat und die nichtevangelikalen deutschen Methodenbücher (z. B. W. Egger: Methodenlehre zum Neuen Testament, 21990) aus verschiedenen Gründen nicht für ausreichend hält, dürfte durch Wie lesen wir die Bibel? einen Schritt weiterkommen. Jakob van Bruggen, Professor für Neues Testament an der Theologischen Universität der (freien) reformierten Kirchen in Kampen (Niederlande), wendet sich mit seiner praktisch gehaltenen Einführung in die Schriftauslegung einerseits an Theologiestudenten und Bibelschüler, schreibt aber andererseits einen so untechnischen Stil, dass sein Buch auch außerhalb des akademischen Unterrichts zu gebrauchen ist.
Der ganze Buchbesprechung: hier
Das Buch ist leider vergriffen.Es gibt es aber noch günstig bei Amazon.
Gruß Joschie
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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Ich benutze beim Bibellesen am meisten die rev.Elberfelder und die Schlachter2000.Welche Übersetzung benutzt ihr so beim Bibellesen und gibt dafür einen bestimmten Grund?Benutz ihr beim Bibellesen auch Hilfsmittel und welche ?
Gruß Joschie
P.S.Ich habe von den Buch von Jakob van Bruggen "Wie lesen wir die Bibel"? einige Exemplare zu verschenken.Bei Bedarf meldet euch bei mir $:P
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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Hallo Ihr!
Ich habe folgenden guten Beitrag gefunden zur Hermeneutik und für das eigne Bibellesen!

:arrow: Glaubensfragen können nur durch Bibelauslegung beantwortet werden. Als Hilfe zur Bibelexegese, d.h. zur genauen Betrachtung und Analyse eines vorliegenden biblischen Textes, dienen verschiedene Modelle. Nach dem Zwiebelsystem untersucht der Leser den Abschnitt in sechs Schritten 'von innen nach außen':

- das einzelne Wort, den Begriff

- im ganzen Satz, im Satzbau

- im Abschnitt, in der Sinneinheit

- im ganzen Werk des Autors

- im Alten bzw. Neuen Testament

- in der ganzen Bibel bzw. Heilsgeschichte

:arrow: Durch biblische Hermeneutik (von altgriechisch ἑρμηνεύειν hermēneuein ‚erklären, auslegen, übersetzen‘) überprüfen wir unsere eigenen Verstehensvoraussetzungen. Um den Bibeltext nicht oberflächlich zu betrachten und vorschnell auszulegen, dienen zur eigenen Prüfung z.B. die Fragen des sechsfachen Filters:

1. Was steht genau geschrieben?

2. Mit welchen Grundannahmen habe ich meinen Filter eingestellt?

3. Was sagt die Bibel insgesamt zum Thema?

4. Gab es in der Kirchengeschichte schon mal eine identische oder ähnliche Fragestellung?

5. Was bedeutet dies für die verschiedenen Lebensbereiche Familie, Beruf, Staat, Kirche?

6. Wie können wir gegenüber anderen Denkansätzen sanftmütig Rechenschaft ablegen (1.Petrus 3:15)?

:arrow: Schriftgemäß predigen

1. Der Überblick

A. Textauswahl nach Sinneinheiten
B. Den Text mehrmals lesen
C. Hauptgedanken erfassen
D. Problempunkte notieren

2. Die Analyse

A. Textkritische Analyse
i. Ziel: der ursprüngliche Sinn des Texts
ii. Wort- und sinngetreue Übersetzungen

B. Geschichtsanalyse

i. Kenntnis der Umwelt des AT und NT
ii. Abfassungssituation: Wer? Von wo? Wann? An wen? Warum?

C. Kontextanalyse

i. Buchkontext: Anlass, Thema und Absicht des Buches
ii. Abschnittskontext: Sinneinheiten im Gesamtzusammenhang
iii. Unmittelbarer Kontext: Kontinuität oder neues Teilthema?
iv. Synoptischer Kontext: Zusatzinformationen
v. Der gesamtbiblisch-theologische Kontext: Systematische Theologie

D. Gattungs- und Stilanalyse

i. Alttestamentliche Literaturgattungen: Prosa, Spruch, Lied
ii. Neutestamentliche Literaturgattungen: Evangelien, Briefe (...)
iii. Gleichnisse: Beispielerzählung mit Verkündigungsabsicht
iv. Prosa: Geschichtsaussage (zB 1 Mo 1); Poesie: bildhafte Aussagen
v. Stilformen, zB Parallelismus, Passivum Divinum

E. Sach- und Begriffsanalyse (!)

i. Kulturrahmen, ‚Widersprüche’
ii. Wörterbuch, Konkordanz
F. Strukturanalyse
i. Zusammenhang aller Gliedaussagen des Textes
ii. Textschaubild (!)

3. Die Synthese

A. Klarheit statt Einzelheiten
B. Textthema: knapp, präzise u. vollständiger Satz
C. Textgliederung: zur fortlaufenden Predigt durch den Text

Quelle: hier
Gruß und Segen von Jochie
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