1. Was ist Hypercalvinismus?
Vorab: Ich bekenne mich nicht einmal zum Calvinismus*, geschweige denn zum Hypercalvinismus.
Es gibt verschiedene irrige Überbetonungen calvinistischer Lehren, die als Hypercalvinismus bezeichnet werden, z.B. die Auffassung, die Wiedergeburt geschähe verborgen im Leben eines Ungläubigen, welcher dann später irgendwann gläubig werde. Das ist falsch, weil die Wiedergeburt untrennbar mit dem Gläubigwerden verbunden ist.
Eine andere Form von Hypercalvinismus ist die Ablehnung, in der Evangliumsverkündigung einen Appell einzuschließen, etwas zu tun, nämlich Buße zu tun und zu glauben. Hypercalvinisten verstehen das souveräne Rettungswerk Gottes so, dass der Mensch absolut passiv bleiben müsse. Das ist falsch, weil zur biblischen Evangeliumsverkündigung - neben der Erklärung der Heilstatsache von Kreuz und Auferstehung - auch der Aufruf zu Buße und Glauben gehört. Zwar ist es Gott, der sowohl das Wollen als auch das Vollbringen bewirkt (durch die Kraft des Evangeliums), aber von daher ist klar, dass das Wollen mit zur Errettung gehört.
* Bzgl. der Heilslehre halte ich jedoch die "fünf Punkte des Calvinismus" als biblisch richtige Antwort auf den Arminianismus (das ist der historische Zweck der 5 Punkte).
2. Das Buch ist evangelistisch
Das Buch ist grundsätzlich evangelistisch konzipiert (und ist außerdem auch gut für Gläubige geeignet). Die ersten vier der fünf Kapitel zeigen sachlich, was die Bibel über die Hölle lehrt, das fünfte Kapitel ist ausdrücklich evangelistisch. Bereits in den ersten vier Kapiteln wird immer wieder gezeigt, wie schlimm die Sünde ist und wie groß die Gnade, Güte und Geduld Gottes ist.
3. Der Aufbau des evangelistischen 5. Kapitels
Die angeblich hypercalvinistisch anmutende Äußerung steht in Kapitel 5, wo ich auf S. 77 geschrieben habe:
Dieses "Nichts" war der Stein des Anstoßes. Schon vom unmittelbaren Zusammenhang her ist klar, dass hier gemeint ist, dass ein Sünder sich nicht durch eigene Werke vor der Hölle retten kann. Der weitere Zusammenhang lässt den Verdacht des Hypercalvinismus in noch weitere Ferne rücken. Man beachte nämlich den Aufbau dieses rein evangelistischen Abschnittes:Was kann man tun, um der Hölle zu entgehen? Nichts, es gibt absolut keine gute Tat und keine Summe von guten Werken, die auch nur eine Sünde aufwiegen oder begleichen oder ihre Vergebung erkaufen kann.
a) Ausgehend vom Gericht am Großen Weißen Thron (Offb 20) wird Gottes letztendliches Gericht über die Sünder erklärt (S. 73-76). Ziel: der Sünder soll sein Verlorensein erkennen
b) Ebenfalls von dieser Schriftstelle ausgehend wird gezeigt, dass diejenigen, die im "Buch des Lebens" stehen, die einzigen sind, die der Hölle entgehen (S. 77). Ziel: der Sünder soll sehen, dass es eine Erlösung gibt, aber soll auch wissen, dass er diese Erlösung nicht aus eigenen Werken erlangt - er muss seine Hilflosigkeit sehen
c) Anschließend wird das vollbrachte Erlösungswerk von Golgatha ausführlich erklärt (S. 78-79). Ziel: der Sünder soll die von Gott selber geschaffene Erlösung in Christus erkennen und verstehen, dass sein Heil nicht in seinen eigenen, sondern in Gottes Händen liegt
d) Unter der Überschrift "Lass dich retten" folgt ein langer Appell an den Leser, sich retten zu lassen, Buße zu tun und zu glauben (S. 79-82). Darin werden Schriftstellen zitiert wie Mt 7,7; Joh 6,37; Apg 16,31 ("Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden"); 2Kor 5,11.20-21 u.a. Ziel: nachdem der Sünder nun seine Verlorenheit und Gottes vollbrachte Erlösung erkannt hat, soll er dem Aufruf zu Buße und Glauben folgen.
Fazit: Dieses unter a-d geschilderte Konzept entspricht nach meiner Überzeugung der schriftgemäßen Evangeliumsverkündigung (man verstehe es bitte nicht als stur anzuwendendes "4-Schritte-Rezept"). Ich finde es unfair und unweise, diesen Abschnitt und meine Person in die Nähe von Hypercalvinismus zu rücken.
Dennoch danke ich dem hier ungenannten Rezensenten für die unterm Strich positive und werbende Rezension und bin ihm weiterhin ungetrübt brüderlich verbunden. Diese Klarstellung dient nur der Entgegnung auf Missverständnisse.
Gruß, Werner