21. Frage: Was ist wahrer Glaube?
Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis, durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort offenbart hat, sondern auch ein herzliches Vertrauen, welches der Heilige Geist durchs Evangelium in mir wirkt, dass nicht allein anderen, sondern auch mir Vergebung der Sünden, ewige Gerechtigkeit und Seligkeit von Gott geschenkt ist, aus lauter Gnade, allein um des Verdienstes Christi willen.
Warum ist die Erkenntnis als ein unzertrennliches Stück mit der wesentlichen Eigenschaft des wahren Glaubens so notwendig verknüpfet? Gleich wie niemand ohne Erkenntnis und Empfindung leiblicher Gefahr und der Kraft und Willfährigkeit des Erretters zu helfen, wie auch ohne den Weg zu seiner Gemeinschaft zu erkennen, wahre Errettung bei demselben begehren oder suchen kann; also kann auch niemand ohne gedachte Erkenntnis bei Gott in Christo geistliche Errettung und Erlösung seiner Seele begehren und suchen. Ist denn die Erkenntnis und Fürwahr Haltung der seligmachenden Wahrheit an dem wahren Glauben auch ein Teil seiner wesentlichen Art und Eigenschaft? Mitnichten. Aber es müssen zweierlei Arten, die seligmachende Wahrheit zu erkennen, wohl unterschieden werden. Die eine ist den Zeitgläubigen und vielen groben Heuchlern mit den Teufeln gemein (Hebr. 10,26; 2. Petr. 2,20) und wird dem Menschen teils durch die Natur (Röm. 1,19.20; 2,15), teils durch eine allgemeine Erleuchtung des h. Geistes mitgeteilt (Hebr. 6,4). Diese wirkt, wo sie für sich ist, bei dem Menschen keine gründliche Erneuerung oder Reinigung des Herzens, sondern lässt ihn unter der Herrschaft seiner Lüste stehen (Luk. 11,47), und kann darum auch, so lange sie in dem nicht wiedergeborenen Sünder ist, kein Teil der wesentlichen Art des seligmachenden Glaubens sein, obschon der gewöhnlichen Ordnung Gottes nach ohne solche vorhergehende Erkenntnis die wesentliche Art des Glaubens niemand gegeben wird (2. Tim. 3,15). – Die andere Gattung ist eine seligmachende Erkenntnis und von solcher Beschaffenheit und Art, dass sie so wahr ein wesentlicher Teil des wahren Glaubens sein muss, den Sünder mit Christo zu vereinigen, dass man ohne dieselbe Erkenntnis schwerlich einen rechten Begriff oder Verstand von dem völligen Wesen des gerecht und seligmachenden Glaubens haben kann (Jes. 53,11; Joh. 17,3; Ps. 19,11; 1. Joh. 2,3.4; Phil. 3,8). Theod. Undereyck.
Was ist Glauben? Alles für wahr halten, was Gott uns, wie allen Vätern und Vollendeten vor uns verheißen, was er gesagt hat in seinem Worte von seinem Sohne: dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe, den sollt ihr hören. Gewiss, auch alles für wahr halten, was Er, der da tot war und siehe er lebt, der zuverlässige Heiland gesagt in seinem h. Evangelium durch seine Apostel und Propheten: Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig, aller Welt Ende (Jes. 45). Kommet zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken (Matth. 11,20); Niemand kennt den Vater, denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren (Matth 11,27); Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht (Joh. 3). Glaubet mir, dass ich vom Vater bin ausgegangen; Er selbst der Vater hat euch lieb (Joh. 16,27); und daneben ein herzliches Vertrauen auf den Herrn, als auf unsern vollkommenen Heiland und Seligmacher, auf ihn, den uns von Gott gegebenen einzigen Lehrer, genügsamen Hohenpriester und allmächtigen König, den Bürgen eines bessern Bundes, den treusten Anwalt und mächtigen Stellvertreter. Ja das ist Glauben! Es ist das sich auf ihn verlassen, auf sein Wort, das sich auf ihn lehnen, sich an ihn halten, ihn nicht lassen, die Zuflucht zu ihm nehmen, seinen Namen herbei rufen in Not der Seele, im Nu des Todes. Wer also ein armer Sünder ist, ein grundverdorbener, und sieht nichts denn den klaffenden Abgrund zu seinen Füßen, hat auch nichts, woran sonst sich zu halten – sei es denn alles dahin, alles vergeudet, und dem Gefühl nach keine Träne mehr, kein Seufzer mehr – so lehne er sich auf Jesus, den einzigen, der es versteht mit Zorn, Sünde und Tod umzugehen; das wird Gott gefallen. Sprich du: Ich lasse dich nicht, du bist mein Herr und mein Heiland, mein Mittler und mein Bürge: ich halte mich an dich, im Leben und im Sterben. Ich wage es, Herr Jesu, in deinem Namen, was aus mir wird, wird draus, komme ich um, so komme ich um. Du kannst nicht fallen, o mein Herr und mein Gott! Ob da alle Teufel schreien: „Nein, nein, so kommst du um, das ist nicht für dich“; so klammere dich um so fester an ihn. Wir hätten ewig in unserm Verderben liegen bleiben und umkommen müssen, hätte nicht Gott der Geist uns durch das Evangelium krafttätig gerufen aus der Finsternis der Höllenmacht zu Gottes wunderbarem Licht. Er, der h. Geist gab uns zuvor erleuchtete Augen und schloss uns das Herz auf, dass wir acht hatten auf die Predigt der freien Gnade. Er wirkte in uns den Glauben des Herzens, um dem Herrn Hand und Herz zu geben und uns Ihm für Zeit und Ewigkeit zu vertrauen, um uns zu verlassen auf das Zeugnis von der Liebe des Vaters, auf das Zeugnis was Gott gezeugt hat von seinem Sohne (vgl. Fr. 53 und 60).
Dass nicht allein Anderen, sondern auch mir Vergebung der Sünden (vgl. Fr. 56), ewige Gerechtigkeit (Fr. 59 und 60) und Seligkeit von Gott geschenkt sei, aus lauter Gnaden, allein um des Verdienstes Christi willen (Fr. 61). Das nehme ich armer Sünder mit herzlichem Vertrauen auf Gottes Verheißung an; einen andern Grund habe ich nicht und will ich nicht haben; dieser Grund allein hält in Ewigkeit. Aller meiner Sünden, ja meiner Sünden, die so groß sind, so schwer, so abscheulich wird Gott nimmermehr gedenken. Er wird ihrer nicht gedenken allein um der Genugtuung Christi willen; nicht um meines Glaubens willen, nicht um irgend einer Würdigkeit willen auf meiner Seite, auch nicht um aller meiner Werke willen, seien sie denn gut oder böse: sondern ganz allein aus Gnaden ist’s, es ist seine freie Gunst, dass Er mir die Gerechtigkeit Christi schenkt, damit ich nimmermehr in Gottes Gericht komme. Die Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi ist allein meine Gerechtigkeit vor Gott. Gott selbst ist es, der aus lauter Barmherzigkeit durch seinen h. Geist, auf Grund seines Worts und seiner Verheißung, worin er dem in sich selbst Verlorenen Christum zusagt und vorhält, indem er mich gezogen hat und zieht mit allmächtiger Liebe und unwiderstehlicher Gnade und väterlicher Güte; Gott, sage ich, ist es, der mich das „mein“ aussprechen lehrt, so dass ich, obschon zitternd und bebend, mit Seelenfreude Christum und seine Heilsverdienste in mich aufnehme, empfange, und mir zugeeignet finde, und Ihn bekennend mir zueigne. So verhält es sich mit dem seligmachenden Glauben. Als wahre Gläubigen glauben wir also in Übereinstimmung mit dem 23. Artikel des niederländischen Bekenntnisses, dass unsere Glückseligkeit darin liegt, dass uns um Jesu Christi willen unsere Sünden vergeben sind, und dass darin unser Gerecht sein vor Gott eingeschlossen ist. Dieses Fundament unserer Seligkeit halten wir unverrückt fest, indem wir Gott allein die Ehre geben, uns selbst demütigen und uns bekennen als das, was wir sind; ohne uns etwas in Bezug auf uns oder auf unsere Verdienste anzumaßen, stützen wir uns und ruhen auf dem Gehorsam des gekreuzigten Christus, welcher der unsrige ist. Der ist genugsam, alle unsere Ungerechtigkeiten zu bedecken, und indem er das Gewissen von Furcht, Angst und Schrecken frei macht, uns Freimütigkeit zu geben, um zu Gott zu nahen. Die überall geschäftige Wirksamkeit des seligmachenden Glaubens ist, Christum im Glauben annehmen. stets wieder aufs neue annehmen und in wiederholter Verlegenheit aufs neue umfassen. Allein in der Barmherzigkeit Gottes und in der Gnade des Herrn Jesu, allein in der Person Christi sieht der Glaube das, was Wert und Bestand hat. Nichts kann für ihn Wert oder Bestand haben außer Gott. Für die erlöste Seele kann der Herr allein das einzige und allgenügsame Teil sein und muss es auch sein, darum ist auch das Allerheiligste versöhnende und stellvertretende Leiden und Sterben des Herrn Jesu der einige Trost der Gläubigen wider die Sünde. Der Scheinglaube dagegen (von dem gottlosen Unglauben, der keine Versöhnung will und in seinem gespreizten Dünkel alle geoffenbarte Wahrheit verleugnet, ist hier gar nicht die Rede) bebt im entferntesten nicht vor dem Worte: Ohne Glaube ist’s unmöglich Gott zu gefallen; alle die eben geschilderten Wahrheiten nennt er teure Wahrheiten, glaubt sie, aber wozu? um sich Kissen davon zu machen unter die Achseln, während man auf den Krücken seiner Ungerechtigkeit sich voran hilft, anstatt dass man zum Herrn Jesu gehen sollte um Heilung der lahmen Füße. Man glaubt sie, ja, aber es ist nur ein Wissen, viel Kenntnis und Aufgeblasenheit. Es glaubt sich leicht und an einem fort; es spricht sich leicht davon, wie lieblich und liebenswürdig der Herr Jesus ist: aber ist’s auch Herzenssache? Darum, weil es nicht ist, darum ist kein Bedürfnis für Erlösung von Sünden, für Befreiung von allen Banden. Das Geringste lässt man’s sich nicht kosten; von Selbstverleugnung und Drangeben der geringsten Lust weiß man nicht. Das „Ich“ wird festgehalten samt allem, was daran klebt. Das Herz geht nicht zu Christo hin als zu dem einigen Lehrer und Prophet, und bedarf seiner nicht täglich und immerdar als Mittler, Hohepriester und Bürge. Der Scheinglaube glaubt ohne Gott den hl. Geist. Wird ihm seine Blöße offenbar und wird er bestraft, so ärgert er sich, will Gott und Menschen mit Opfern und Gaben betrügen, oder aber er lästert und rächt sich, gepanzert sich in Scheinheiligkeit, gelangt noch zu der Zauberin von Endor und endigt mit Verzweiflung, oder geht wie gewöhnlich in der Welt unter. Die Vögel des Himmels kommen und fressen es auf; es verdorret, weil es keine Wurzel hat; es erstickt unter den Dornen: das ist der Scheinglaube. Kohlbrügge.
Es ist zu wissen, dass der Glaube nicht ein schlechter Wahn oder gemeiner Glaube ist, sondern eine vortreffliche Gottes und solche Wirkung des h. Geistes in uns durch die Predigt des h. Evangeliums, da wir aufs allergewisseste den gnädigen Willen Gottes gegen uns erkennen, und uns in herzlicher Zuversicht und standhaftem Vertrauen des Herzens an Christum Jesus und an seine Gnade halten und Gott dem Herrn die Ehre geben, dass er allein wahrhaftig, barmherzig und gnädig ist, und sind gewiss, dass er uns unsere Beilage bewahren kann bis an jenen Tag (Röm. 4; 2. Tim. 1). Aus solchem Vertrauen, dass Gott durch Christum Sünde vergibt und das ewige Leben schenket, folget Friede und Freude des Herzens, also dass wir dadurch alle Anfechtungen überwinden und uns auch der Trübsale rühmen, demnach wir nicht zweifeln, es müsse uns Alles zum Besten dienen. Dan. Testanus
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Fürst Wolfgang von Anhalt trat mit dem Markgrafen Georg von Brandenburg auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 vor den Kaiser, da der Markgraf erklärte: Ehe er seinen Gott und sein Evangelium verleugnen wolle, ehe wollte er vor s. kais. Majestät niederknien und sich den Kopf abschlagen lassen. Die augsburgische Konfession unterschrieb Wolfgang indem er sprach: Ich habe manchen schönen Ritt Andern zu Gefallen getan, warum sollte ich denn nicht, wenn es von Nöten wäre, auch meinem Herrn und Erlöser Jesu Christo zu Ehren mein Pferd satteln, und mit Darsetzung meines Leibes und Lebens zu dem ewigen Ehrenkränzlein im himmlischen Leben eilen. An seine Mutter schrieb er voller Zuversicht: Ich hoffe zu Gott, er wird sein göttliches Wort erhalten; der Teufel hat jetzt viel zu schaffen, aber wir haben einen Trost, dass Gott sein Herr und Meister ist, der wird ihm seine Anschläge wohl zu Trümmern stoßen. An unserem Reformator Zwingli wird gerühmt, dass er nie mit seinem Verstande die h. Schrift gemeistert oder an dem Inhalte einzelner Bücher, wie das Luther getan, Kritik geübt, sondern sich stets mit tiefster Ehrerbietung derselben hingegeben und keinen Zweifel an einer darin bezeugten Tatsache oder an einem erzählten Wunder gehegt habe. Es sei denn, sprach Luther in Worms vor Kaiser und Fürsten, dass ich mit Zeugnissen der h. Schrift, oder mit öffentlichen, klaren und hellen Gründen und Ursachen überwunden und überwiesen werde (denn ich glaube dem Papste, noch den Konzilien alleine nicht, weil es am Tage und offenbar ist, dass sie sich oft geirrt haben, und ihnen selbst widersprechend sind) und ich also mit den Sprüchen, so von mir angezogen und angeführt sind, überzeuget und mein Gewissen in Gottes Wort gefangen ist, so kann und will ich nichts widerrufen, weil weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu tun. Hie stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir. Amen.
Guido de Bres, der Verfasser des vortrefflichen Glaubensbekenntnisses der reformierten Kirche der Niederlande, hat sieh auch dem offenen Bekenntnis desselben nicht entzogen, als sein Leben deswegen in Gefahr stand nach Einnahme der Stadt Valenciennes im Frühjahre 1567. In Banden gelegt von den Spaniern, stärkte er diejenigen, welche mit ihm nicht von dem Evangelium abfielen, um sich das Leben zu retten, mit den Worten: Meine Herren und lieben Brüder, meine Freude und meine Krone, seid fest in dem Wege unseres Gottes. Seid nicht wie das Schilfrohr, das jedem Winde sich beuget. An seine Gemeine, an seine Mutter und an seine Frau richtete er noch köstliche Worte in Briefen, worin er sie auf den Herrn hinwies, zu dem sie ohne Unterlass für diejenigen beten sollen, welche matt und schwach sind im Glauben. Zu einer vornehmen Dame, welche ihn im Gefängnis besuchte und sich verwunderte, wie er in seinen Ketten nur schlafen, essen und trinken könne, sprach er: Die gute Sache, für die ich leide, und das gute Gewissen, das mir der Herr gibt, machen, dass ich besser schlafen, essen und trinken kann, als diejenigen, welche mir Böses wünschen und antun. Was meine Ketten betrifft, so halte ich sie höher denn alle goldenen Ringe, Ketten und Kleinodien. Höre ich ihren Klang, so meine ich ein lieblich Instrument oder Saitenspiel erfüllt meine Ohren. Am Abend des 31. Mai wurde Bres mit seinem Amtsbruder La Grange zur Richtstätte geführt. Von der Leiter herab, auf der er zum Galgen stieg, ermahnte er noch das umstehende Volk zur Dankbarkeit in der Lehre, die er gepredigt, und zum Gehorsam gegen die Obrigkeit. Vor der Abführung aus dem Gefängnisse hatte er mit Freude geäußert: ich bin zur Hochzeit des Lammes geladen. So endete dieser Heilige des Herrn Jesu, indem er die Wahrheit, welche er im Leben bekannt, mit seinem Blute besiegelte.
Ich bin alt im Unglauben und alt im Glauben geworden,
gesteht Theoph. Passavant, und muss mit jenem alten Manne sagen allezeit: Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben (Mark. 9,24). Doch hat mir mein armes Glaubens-Gebet oft Großes gewähret; es hat mich selige Wunder lassen sehen; es hat mir gegeben Kraft in der Schwachheit, Licht in Finsternissen, in Sünden Vergebung, in Leiden und Tränen einen überirdischen Trost, und Gottes Frieden in vielen Stürmen. In diesem Glauben habe ich Berge von Sorgen und Traurigkeiten versetzt; habe Fülle gefunden in der Wüste, in der Irre einen Führer, in der Einsamkeit einen Freund, oft einen Himmel auf der Erde, im Tode das Leben; – und ist doch all mein Glaube nicht, was Abrahams Glaube gewesen.“
Ein kleiner Glaube ist auch ein Glaube, wie ein Funken auch Feuer ist.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31