Lieber Stefan,
es ist mir ja ehrlich gesagt etwas peinlich, aber Dein Hinweis auf die angebliche Bedeutung des Grundtextes ist – äh – nicht das Gelbe vom Ei...
Ich wies ja bereits an anderer Stelle auf den fragwürdigen Wert der von Dir hier zitierten „Dhabhar-Übersetzung“ hin. Schaut man in den gängigen Wörterbüchern unter
teknogonía nach, so findet sich dort nirgends die Bedeutung „Kindwerdung“, sondern vielmehr „Kindergebären“ (in Bezug auf Frauen) oder „Kinderzeugung“ (in Bezug auf Männer).
Das dazugehörige Verb
teknogonéô findet sich in 1Tim 5,14:
„Ich will nun, daß jüngere Witwen heiraten, Kinder gebären, den Haushalt führen, dem Widersacher keinen Anlaß zur Schmähung geben.“
Es geht in 1Tim 2,15 also eindeutig darum, daß die Frau Kinder zur Welt bringt. Die Frage ist daher einerseits, wie das Wort
sozô übersetzt werden muß: entweder mit „retten“ oder mit „bewahren“ (im Zusammenhang mit den Wundertaten Jesu wird es außerdem oft in der Bedeutung „heilen“ verwendet, aber das kann hier vernachlässigt werden).
Im Sinne von „bewahren“ verwendet Paulus
sozô auch in 1Tim 4,16:
„Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen! Denn wenn du dies tust, so wirst du sowohl dich selbst bewahren [Elberfelder Bibel: erretten] als auch die, die dich hören.“
Daß 1Tim 2,15 so gemeint sei, als wäre das Kindergebären ein Mittel oder Weg zum ewigen Seelenheil, widerspricht in der Tat der gesamten Heiligen Schrift und muß verworfen werden. Daß der Vers andererseits so gemeint sei, als verheiße Gott hier den gläubigen Frauen seine Hilfe in den Gefahren und Nöten der Geburt (so sinngemäß die alte Elberfelder Bibel), paßt überhaupt nicht zum anschließenden Bedingungssatz „wenn sie bleiben in Glauben und Liebe und Heiligkeit mit Sittsamkeit“.
Mir scheint daher die folgende Bedeutung die einzig sinnvolle:
Die Frau wird davor bewahrt werden, in Übertretung zu fallen, indem sie Kinder zur Welt bringt und diese so erzieht, daß sie im Glauben, in der Liebe, im heiligen Lebenswandel und in der Selbstbeherrschung (o. Zucht, Keuschheit) bleiben.
Wer damit beschäftigt ist, seine Kinder zu gottesfürchtigen Menschen zu erziehen, wird weniger der Versuchung erliegen, sich gegen Gottes Maßstäbe offen aufzulehnen.
Herzliche Grüße
Joachim