Mit Bestürzung nehme ich zur Kenntnis, daß im heutigen Newsletter Nr. 44 unter anderem ein Beitrag über den christlichen Autor und Apologeten Dave Hunt zu lesen ist, in dem auf der Grundlage einer einzigen theologischen Spitzfindigkeit und vieler schlichtweg falscher Aussagen ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit dieses Autoren verübt wird. In Wirklichkeit ist es jedoch so, daß die Leserschaft des Betanien Newsletters Dinge zu prüfen pflegt - und ich fürchte, daß durch diesen Artikel nicht Dave Hunt, sondern der Betanien Verlag an Glaubwürdigkeit verlieren wird.
Deppe behauptet im besagten Newsletter ohne Erbringung eines einzigen Hinweises hierfür, Hunt sei bekannt "für seine Bekämpfung der Lehren der Reformation". Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein - vermutlich ist Deppe überhaupt der einzige, der Hunt diese Qualitäten zuschreibt. Hunt ist Autor zahlreicher Bücher, die sich äußerst kritisch mit den Irrlehren der römisch-katholischen Kirche befassen und schreibt im Gegensatz zu den Anschuldigungen im Betanien Newsletter wiederholt, die große Gefahr der derzeitigen Verführung bestehe gerade in der Vernachlässigung der reformatorischen Lehren zugunsten einer Ökumene. Von Bekämpfung der reformatorischen Lehre kann keine Rede sein. Ein Verlagsleiter und Herausgeber eines Newsletters sollte die von ihm selbst vertriebenen Bücher wenigstens einmal lesen, bevor er sich zu solchen ungeheuerlichen Aussagen hinreißen läßt.
Welche "Erwählung"?
Hinsichtlich der aktuellen Meinungsverschiedenheit ist es wahrscheinlich, daß schlichtweg ein Mißverständnis vorliegt. Und es liegt in der Natur des Mißverständnisses, daß es sowohl Einigkeit als auch Uneinigkeit unmöglich macht. Hierzu beziehe ich folgendermaßen Stellung:
Diese Stückweise und aus dem Kontext gerissene Wiedergabe ignoriert, daß Hunt als allererstes so auf besagte Anfrage antwortet:H.W.Deppe hat geschrieben:Dave Hunt [...] behauptet in der Dezember-Ausgabe seines Rundbriefes "The Berean Call", dass Gott alle Menschen zum Heil erwählt habe. Er beantwortet damit eine Leserfrage nach der Auslegung von 2. Thessalonicher 2,13, wo Paulus den Gläubigen zusichert, "dass Gott euch von Anfang an erwählt hat zur Errettung". Um dem eindeutigen Sinn dieser Schriftstelle zu entgehen, behauptet Hunt: "Die klare Botschaft der Schrift von 1. Mose bis zur Offenbarung ist, dass die ganze Menschheit 'ausgewählt ist zur Errettung'."
Zu Deutsch übersetzt: "Diese Schriftstelle besagt: 'Gott hat Euch vom Anfang her zum Heil erwählt durch Heiligung des Geistes und Glauben der Wahrheit' Heißt das, sie seien vorherbestimmt für den Himmel? Absolut nicht." (Hervorhebung meinerseits)Dave Hunt hat geschrieben:That scripture states, “...God hath from the beginning chosen you to salvation through sanctification of the Spirit and belief of the truth.” Does that mean they had been predestined for heaven? Absolutely not.
In seinem Artikel stellt Hunt (der im Bewußtsein der Zweideutigkeit des Wortes "chosen" dieses auch im weiteren Verlauf in Anführungszeichen verwendet!) deutlich klar, daß es zwei verschiedene Arten der Auserwählung gibt: Zum einen hat Gott den Menschen bzw. die Menschheit dafür bestimmt (auserwählt), die Ewigkeit mit ihm im Himmel zu verbringen. Das war Gottes Absicht, als er den Menschen schuf. Er hat Adam nicht mit dem Zweck (wohl aber in dem Wissen) geschaffen, daß viele von Adams Nachkommen in der Hölle landen würden. Von daher ist es völlig legitim, hier davon zu sprechen, daß Gott die Menschen ( und nicht "ein paar wenige Menschen") mit einer Bestimmung im Himmel schuf.
Hunt stellt im weiteren Verlauf seines kurzen Beitrags auch anhand eines Beispiels deutlich klar, daß dieses "chosen" nicht dasselbe ist wie jenes "chosen" im Kontekt von "viele sind berufen, doch wenige sind auserwählt" (Matthäus 22:14 etc.). Einmal hat Gott unter allen Geschöpfen ausgerechnet die Menschheit für die Gemeinschaft mit sich selbst in Ewigkeit erwählt (nicht aber die Tiere etc.), und im andern Fall erwählt Gott aus vielen Berufenen diejenigen, um dann auch tatsächlich im Himmel zu landen.
Das Beispiel, das Dave hunt zur Veranschaulichung anführt, ist das Volk Israel: Es ist Gottes "auserwähltes Volk". Heißt das, jeder Israelit ist "auserwählt" im Sinne von Matthäus 22:14? Nein! Denn viele Israeliten stellten sich gegen Gott und sind verloren.
Deutlicher hätte Hunt es gar nicht machen können, in welchem Sinn er hier das Wort "chosen" verwendet. Selbst wenn seine Darstellung für Herrn Deppe noch immer zweideutig sein sollte, bietet sie keine solide Basis für die ausholenden Spekulationen über die generelle theologische Ausrichtung von Dave Hunt...
"Gesundheit!", möchte man rufen. Wenn der Betanien Newsletter hin und wieder zu Irrtümern neigt, warum kann man dies nicht auch anderen Mitstreitern im Herrn zugestehen...?!H.W.Deppe hat geschrieben:Mit dieser Sonderansicht entfernt Hunt sich noch weiter von der Schrift als die herkömmlichen Gegner der souveränen Erwählung, die darunter verstehen, dass Gott lediglich vorausgesehen habe, welche Menschen sich bekehren werden (die Sichtweise des so genannten Arminianismus, Semi-Pelagianismus und Synergismus).
Dann kommt noch mehr kräftige Rhetorik zum Einsatz, bei der man sich nur fragen kann, ob sie erbaulich oder ermahnend wirken soll ;o)...
Hier zeigt Deppe deutlich die Grenzen seiner Englischkenntnisse auf und offenbart, daß er Hunts deutlicher Argumentation zum Trotz nicht zu verstehen vermochte, daß es Hunts Absicht war, zwei verschiedene Arten von "Erwählung" in Kontrast zueinander zu stellen. Die allgemeine Erwählung ("auserwähltes Volk" etc.) reicht eben gerade NICHT zur Errettung, und das stellt Hunt deutlich heraus!H.W.Deppe hat geschrieben:Hunts Behauptung einer universalen Erwählung ist jedoch absurd, völlig unhaltbar und verfälscht die biblische Darstellung von Gottes Wesen und seinem machtvoll geschenktem Heil allein aus Gnade. Entgegen Hunts weiterer Behauptung stellt Gottes Erwählung sehr wohl die Errettung sicher (Röm 8,29-33).
Natürlich hätte Hunt das Mißverständnis vermeiden können in seinem Beitrag, da hinsichtlich der in der an ihn gerichteten Frage nun wirklich kein Hinweis darauf zu finden ist, daß es in dem speziellen erwähnten Vers um die allgemeine Erwählung (Menschheit oder Israel) geht - denn der Brief des Paulus an die Gemeinde in Thessaloniki richtete sich an Christen. So ist m.E. vermutlich eben doch die andere Art der Erwählung (die persönliche Erwählung vieler Einzelner Berufener) gemeint, die das Heil beinhaltet. Doch eine andere Deutung (ggf. durch Irrtum) verfälscht weder die Schrift (da sie keine Widersprüche zu anderen Stellen ergibt), noch ist an Hunts konsequenter Auseinandersetzung mit seinem eigenen Verständnis dieses Verses aus biblischer Sicht irgendetwas auszusetzen.
Am Ende ist die Streitfrage eben nicht, wie von Deppe behauptet, "ist die Erwählung ausreichend zum Heil?" Vielmehr besteht die Meinungsverschiedenheit lediglich in der Frage, ob der Vers im 2. Thessalonicher nun die allgemeine Erwählung (der Menschheit oder des Volkes Israel) meint, oder eben die persönliche Erwählung derer, die letztendlich die Ewigkeit mit dem Herrn im Himmel verbringen werden. Gibt es eine "universale Erwählung"? Nun, betrachten wir mal folgenden Vers, um das Problem dieses Mißverständnisses noch deutlicher zu illustrieren:
Jesus kam mit dem Zweck, daß "die Welt" gerettet werde. Heißt das, daß jeder auf der Welt in den Himmel kommt? Nein. Hm - heißt das dann, daß Jesus sein Ziel verfehlte und es eine 'Panne' sei, daß am Ende nur wenige gerettet werden und "die Welt" stattdessen das Tier anbeten wird? Nein. Es heißt einfach, daß Gott sich nicht auf eine kleinkarierte mathematische Abhandlung über Definitions- und Lösungsmengen einläßt. Wer in solchen verschiedenen Verwendungen gleicher Vokabeln Streit oder Widersprüche sucht, dem kann man nicht helfen.Johannes 3:17 hat geschrieben:Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.
Link zum Newsletter von Dave Hunt, für all diejenigen, die den Beitrag selbst lesen wollen, um sich eine Meinung zu bilden:
http://www.thebereancall.org/Newsletter ... 22570.aspx