lutz hat geschrieben:Hallo Jörg, das Zitat ist ziemlich kurz und ich kenne das Buch nicht. Daraus kann man viel machen ...
O.K., das Zitat war ein wenig kurz. Vielleicht wird durch den längeren Abschnitt noch deutlicher, um was es eigentlich geht:
“Beim Angriff auf den Verstand von Christen setzt der Teufel auch noch eine andere Methode ein, welcher der bereits erwähnten ähnelt, sich aber doch wesentlich von ihr unterscheidet. Es ist möglich, dass ein Gläubiger, welcher die Gefahr, die Philosophie einzuführen und sie der Bibel aufzuerlegen, vermieden hat und sich aufrichtigen Herzens ihrem offenbaren Sinn unterwerfen möchte, immer noch irregeht, indem er in seiner Haltung dieser kostbaren Erkenntnis gegenüber rein theoretisch wird. Dies kann allen widerfahren, aber ich möchte noch einmal betonen, dass besonders solche in dieser Gefahr stehen, die einen scharfen Verstand haben und begreifen und in der Erkenntnis wachsen möchten. Der Teufel, der uns sehr gut kennt, passt seine spezielle Form der Versuchung immer genau unserer Mentalität an. An dieser Stelle beziehe ich mich nicht auf Menschen, welche die Bibel gar nicht und nur kaum etwas anderes lesen und zudem sagen: “Ich bin an nichts anderem als an meiner Erfahrung interessiert.” Der Teufel beunruhigt solche Menschen nicht in dieser Weise, doch zu solchen, die sich wirklich danach sehnen, zu wachsen und sich zu entwickeln, kommt er und sagt: “Natürlich hast du völlig Recht; was du brauchst, und was jeder andere braucht, ist immer mehr von dieser Erkenntnis.” Allerdings treibt er diesen Gedanken so weit, dass sie am Ende in einen Zustand geraten, in welchem ihre gesamte Beziehung zur Wahrheit rein theoretischer und wissenschaftlicher Natur ist. Und dies bringt die schreckliche Gefahr mit sich, dass wir mehr um unsere intellektuelle Kenntnis der christlichen Wahrheit als um unsere Erkenntnis des Herrn Jesus Christus selbst besorgt sind und uns dafür mehr interessieren; und wenn der Teufel mit allen seinen Listen uns in diesen Zustand versetzen kann, ist er mehr als zufrieden. Mit anderen Worten: Damit ist man sich dessen nicht bewusst, dass der letztgültige Zweck aller christlichen Erkenntnis der ist, uns zu einer Erkenntnis der Person Christi selbst zu führen. Wir sollen es nicht bei der Erkenntnis über ihn bewenden lassen, so kostbar und wichtig diese auch sein mag.
Wir müssen uns immer vor der schrecklichen Gefahr hüten, an die Dogmen über Gott und den Herrn Jesus Christus und den Heiligen Geist zu glauben, ohne einen einfachen Glauben an die drei Personen zu haben. Die großen Dogmen sind in der Bibel enthalten, und es ist lebensnotwendig, dass wir sie kennen. Ich kann den Wert solcher Erkenntnis gar nicht genug betonen. Doch der Teufel kommt und versucht uns so weit zu drücken, bis wir nur noch an den Dogmen interessiert sind, die göttlichen Personen verloren und am Ende nichts als eine Sammlung theoretischer Wahrheiten übrig behalten haben. In diesem Zustand machen wir die christlichen Dogmen beinahe zu einem philosophischen Lehrgebäude, und unsere Beziehung zu den Personen der Gottheit könnte dann vollends ruhen. Dies ist natürlich eine weitere Manifestation jener mangelnden Ausgewogenheit, welche wir zuvor betrachtet haben, der Gefahr, dass wir so vollends objektiv werden, dass wir an diese ganze großartige und herrliche Wahrheit genauso herangehen, wie wir an jede andere Wahrheit oder Lehre herangehen würden.
Dies kann leider sehr leicht aus der langen Geschichte der Kirche veranschaulicht werden; es ist so häufig geschehen! Auf Perioden der Erweckung folgten häufig Perioden einer trockenen, dürren Scholastik, in welchen die Menschen in erster Linie an einem theoretischen Verständnis der Wahrheit interessiert waren. Gott hatte man verloren, und der Herr Jesus Christus war nicht persönlich bekannt. Leider gibt es in der Kirche auch in der heutigen Zeit Anzeichen dafür……(Jetzt folgt der Abschnitt, den ich gestern zitierte)….
Dazu möchte ich eine sehr praktische Anmerkung machen und folgende Behauptung aufstellen: Sobald Sie merken, dass Sie die christliche Wahrheit lediglich als einen Studiengegenstand betrachten, sind Sie dem Teufel bereits unterlegen. Dies ist die spezielle Gefahr, mit welcher gewisse Menschentypen konfrontiert sind, welche die Bibel lediglich als ein Lehrbuch betrachten. Ich bin immer unglücklich, wenn ein Mensch zu mir kommt und sagt: “Ich bin ein großer Bibelstudent.” Ich glaube natürlich, dass alle Christen die Bibel studieren sollten, aber nicht auf diese Weise. Jeder sollte zur Bibel kommen, weil sie das Brot des Lebens ist, Speise für die Seele, etwas, was für unser Wohl unerlässlich ist. Doch wenn ein Mann auf heuchlerische Weise zu mir sagt: “Ich bin ein Bibelstudent”, dann lässt dies meines Erachtens darauf schließen, dass es mehr als wahrscheinlich ist, dass er nichts als einen rein theoretischen und wissenschaftlichen Zugang zur Wahrheit hat. Das kann an und für sich schon ein Fallstrick des Teufels sein. Und wenn man dann ein Examen zur Bibelkenntnis ablegen muss, wird es sogar noch schlimmer.
Ich bin sogar fast bereit, zu sagen, dass es sündig ist, Examina zur Bibelkunde abzuhalten, weil man dadurch diese rein theoretische Herangehensweise nur fördert. Kenne ich die Bücher der Bibel? Weiß ich, wie ich sie und ihren Inhalt analysieren kann? Und lasse ich es dabei bewenden? Das ist nicht der Weg, wie man an die Bibel herangehen sollte. Sie ist Gottes Wort, welches die ganze Seele ernähren soll; und seine Lehre muss immer angewandt werden. Wir dürfen es niemals bei der theoretischen und der intellektuellen Ebene belassen.”
(aus Martyn Lloyd-Jones “Der geistliche Kampf - Leben als Christ”, S. 207f, 3LVerlag)
Lieben Gruß, Jörg