Ich erschrecke immer, wenn Menschen so schreiben:
III,21,5
Die Vorbestimmung, kraft deren Gott die einen zur Hoffnung auf das Leben als seine Kinder annimmt, die anderen aber dem ewigen Tode überantwortet, wagt keiner, der als fromm gelten will, rundweg zu bestreiten, nein, man verwickelt sie nur in viele Spitzfindigkeiten; vor allem tun das die, welche das Vorherwissen (praescientia) für ihre Ursache erklären.
Sprechen oder schreiben so Menschen, die wissen, dass unsere Erkenntnis nur Stückwerk ist?
Wenn Calvin nun schreibt:
Dieses Vorherwissen erstreckt sich nun auf den ganzen Umkreis der Welt und auf alle Kreaturen. Unter Vorbestimmung verstehen wir Gottes ewige Anordnung, vermöge deren er bei sich beschloß, was nach seinem Willen aus jedem einzelnen Menschen werden sollte! Denn die Menschen werden nicht alle mit der gleichen Bestimmung erschaffen, sondern den einen wird das ewige Leben, den anderen die ewige Verdammnis vorher zugeordnet.
Woher hat Calvin diese Überzeugung? In der Bibel finde ich es nicht.
Selbst das auserwählte Volk Israel, hat Gott nicht alle ans Ziel gebracht, wegen ihres Unglaubens, lesen wir doch: "
Wenn gesagt wird: »Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht wie in der Erbitterung«; welche haben denn gehört und sich aufgelehnt? Waren es denn nicht alle, die durch Mose von Ägypten ausgezogen waren? Welchen aber zürnte er vierzig Jahre? Nicht denen, welche gesündigt hatten, deren Leiber in der Wüste fielen? Welchen aber schwor er, dass sie nicht in seine Ruhe eingehen sollten, wenn nicht denen, die ungehorsam gewesen waren? Und wir sehen, dass sie wegen des Unglaubens nicht hineingehen konnten" Hebr 3,15-19. Sie konnten nicht in Seine Ruhe eingehen, aber auch sie hätten es gekonnt, wären sie nicht ungläubig gewesen.
Auch Stephanus ging hart mit den Juden ins Gericht: "
Unsere Väter aber wollten nicht gehorsam sein, sondern stießen ihn von sich, wandten sich in ihren Herzen nach Ägypten zurück" Apg 7,39, und dann lesen wir weiter: "
Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr. Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, welche die Ankunft des Gerechten vorher verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, die ihr das Gesetz durch Anordnung von Engeln empfangen und nicht befolgt habt" Apg 7,51-53. Wir lesen hier von "widerstreben", d.h.: sie beugten sich nicht vor Gott, taten nicht Buße.
Das Volk Israel ist ein gutes Beispiel dafür, dass Gott
alle zum Heil erwählt hat, aber nicht alle wollen sich retten lassen. Nicht weil Gott sie alle nicht zum Heil bestimmt hat, sondern weil sie nicht wollen. Wie auch die meisten, von den 603.550 Gemusterten, die aus Israel ausgezogen sind, nicht wollten.
Wie dem aber nun sei – es sollen doch einmal die vortreten, die Gottes Erwählung an die Würdigkeit der Menschen oder an die Verdienste der Werke binden wollen!
Es geht nicht um Würdigkeit des Menschen, denn wir alle haben nur das Gericht verdient, sondern es geht um Gottes Gnade und Barmherzigkeit, die allen in gleicher Weise gilt. "
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist" Röm 5,8. Auch lesen wir: "
Wer ist, der verdamme? Christus Jesus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet" Röm 8,34. Ich erkenne nicht,
dass Gott derjenige ist der verdammt, außer wenn es um das gerechte Urteil über die geht, die nicht Buße tun. Im Matthäusevangelium lesen wir: "
Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen; fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als auch Leib zu verderben vermag in der Hölle!" Mt 10,28. Gott vermag sehr wohl, auch sowohl Seele als auch Leib dem Verderben der Hölle zu übergeben, wir lesen aber über die Hölle, dass sie "
bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!" Mt 25,41. Nicht für Seine Geschöpfe, hat Gott die Hölle bestimmt.
Im Endgericht wird es übrigens sehr offensichtlich, wie wenig die Vorherbestimmung eine Rolle spielt, lesen wir z.B.: "
Dann wird er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr einem dieser Geringsten nicht getan habt, habt ihr auch mir nicht getan" Mt 25,45, wobei es hier nicht einfach um Karitative Dienste geht, sondern um das, was aus Glauben für Jesus getan wurde und was auf dem Felsen des Glaubens gebaut wurde: "
Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich mit einem klugen Mann vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute" Mt 7,24. Auf der anderen Seite sind die, von denen Jesus sagt: "
Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, der wird mit einem törichten Mann zu vergleichen sein, der sein Haus auf den Sand baute" Mt 7,26. Was ist Sand? Auf jeden Fall all das, was nicht auf der der Grundlage der Schrift steht, darum sollte es unser Bemühen sein, unsere Überzeugung mit der Schrift belegen zu können.
In dem, was Calvin in dem erwähnten Auszug geschrieben hat, finde ich nichts, was irgendwie hilfreich wäre zum besseren und biblischen Verständnis über Gott und Sein Wille.
José