Vergriffene Juwelen - Biblisch orientierter Lesestoff (ver)schwindet mehr und mehr
Ein Nachruf auf die wertvolle Literatur vergangener Zeiten
Sie sind geschrieben, die Klassiker, die bekannten und so hilfreichen Werke der christlichen Literatur. Damit hat sich ‘s leider, – so etwas schreibt offensichtlich niemand mehr. In den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten verfasst und verlegt, damals noch in bibliophiler Ausstattung als Anschaffung für Jahrzehnte geschätzt und beliebt – sind sie heute auch als Paperback längst vergriffen, werden nicht mehr neu aufgelegt. »So etwas liest man heute nicht mehr …« meinte der Betreiber einer christlichen Buchhandlung, deren Regale noch vor zehn Jahren mit eben diesen Werken bestückt waren. Es muss etwas dran sein an dieser unglücklichen Aussage, denn eine Nachfrage in höheren Stückzahlen würde eine Neuauflage rechtfertigen. Dabei suchen gar nicht so wenige Freunde guter christlicher Literatur in Antiquariaten und im Internet eifrig nach gut erhaltenen Exemplaren. Viele dieser hervorragenden Werke aus den Jahren zwischen 1750 und 1960 sind ja noch in den Regalen älterer Semester erhalten, geschätzt und geliebt, doch ist es mehr als fraglich, ob diese letzte Schatzkammer christlicher Literatur bei deren Erben die gebührende Anerkennung finden wird.
Die literarische Misere mit ihrer Ausdünnung und Aushöhlung früherer tiefer geistlicher Wortverbundenheit nimmt seit etwa 1900 kontinuierlich zu. Mit der Pfingstbewegung, mit der verstärkten Betonung körperlicher Aktivität in den Versammlungen, mit dem schwärmerischen und wundersüchtigen Verlangen nach mehr »Fülle « und »Kraft«, nach geistigen und körperlichen Machtwirkungen, hatte das geschriebene Wort kontinuierlich an Bedeutung verloren. Das »gläubige Volk« begann, das stille Wasser zu verachten und wandte sich mehr und mehr dem Klamauk zu, der ihm geboten wurde. Mit den Sakko-schwingenden, die Menschen umblasenden oder mit Fäusten und Fußtritten umwerfenden Predigern, vornehmlich aus Übersee, hatte diese tragische Tatsache in den letzten Jahren einen traurigen Höhepunkt erreicht. Jene Menschengruppen, die solchem Tun zustimmen, werden kaum in stillen Stunden über ein Buch gebeugt zu finden sein, das sie zu demütiger Nachfolge in der Lammesnatur auffordert.
»Action« ist heute gefordert, nicht demütige Besinnung; Bewegung, Fahnenschwingen, Posaunenlärm, nicht aber der verborgene Mensch des Herzens in dem unvergänglichen Schmuck eines sanften und stillen Geistes, der vor Gott sehr kostbar ist (1Petr 3,4). Das ist mit der Grund, warum man lieber aufgeblasen bleibt und nicht vielmehr Leid trägt über viel eigene Zielverfehlungen (1Kor 5,2; s. a. 1Kor 5,13). Der Verlust guter, zutiefst biblisch orientierter Literatur im eigenen Bücherregal wird noch gefördert durch die zunehmende Unfähigkeit moderner Literaten, dieses Manko auszugleichen und gerade für die gegenwärtige Zeit solch wertvolle und hilfreiche Worte zu Papier zu bringen, wie es vergangenen Generationen von Christen vergönnt war.
Zu leichte Kost
Freilich verfassen auch einige heutige Autoren etliche entsprechend gute und kritische Kommentare, geben Hilfestellung in vielerlei Hinsicht, – doch es ist ein Rückzugsgefecht, ein Anlaufen gegen die (Wind-)Mühlen einer Zeit voller Bibelkritik, von Willow-Creek-, und von Emerging-Church-Methoden u. v. a. m.; man ist ins Hintertreffen geraten. Über 100 Jahre Flugfeuer fremden Geistes haben ihr Werk getan, dazu die neuen, bildorientierten Medien in den Stuben der Gläubigen … Neben dem Feind hat das Ego dabei die größten Erfolge erzielt, Bände spricht nur mehr die literarische Anspruchslosigkeit gestresster Wenig-Leser. Nimmt man ein Buch aus der Zeit um 1895 zur Hand und beginnt zu lesen, dann erkennt man erst, was wir mit den Jahrzehnten verloren haben, wie dürftig und oberflächlich wir in geistlichen Belangen geworden sind: Arm, blind, jämmerlich und bloß (Offb 3,17). Man hat sich für leichte Kost entschieden, man ist zufrieden mit einem kleinen Bruchteil früherer Tiefe, die Folgen bleiben nicht aus. Dass heute in vielen christlichen Bücherläden neben unnötigen Accessoires und manchem Ramsch, Bücher wie »Die Hütte« angeboten werden, »Der Herr der Ringe«; daneben Romane, menschlich-phantasievolle Erzeugnisse statt wahrer, biografischer Zeugnisse, dazu nun auch Bücher von Politikern, die in Verlagen gedruckt werden, die einst einen wohlklingenden Namen in gläubigen Kreisen hatten; dass ein renommierter Kalenderverlag nun sogar Worte von Michael Ende zu verwenden für richtig hält … muss wohl als Gericht über die geistliche Oberflächlichkeit unserer Generation gesehen werden.
Wer wäre in der Lage, in unseren Tagen noch ein geistlich so wertvolles Buch schreiben, das von der Klasse her der »Pilgerreise« von John Bunyan auch nur entfernt das Wasser reichen könnte; einem Mackintosh, einem Watchman Nee, einem Oswald Sanders, F. B. Meyer oder Andrew Murray, einem Fritz Binde oder einem Georg Steinberger…? Und – wer würde es kaufen – außer den paar alten, »unverbesserlichen « Spurgetreuen?
Was von amerikanischen Autoren in den letzten Jahren auf den heimischen Büchermarkt kam, war zudem oft so dilettantisch ins Deutsche übersetzt, dass man als Leser nahezu eine Aversion gegenüber dem überseeischen Christentum entwickelte. Und sogar der klassischen »Pilgerreise« wurden in einer unnötig modern übersetzten Neuauflage elementare christliche Werte gezielt amputiert.
Durch den Wegfall der Neuauflagen hervorragender Klassiker entsteht ein von vielen gar nicht mehr wahrgenommenes Vakuum. Dagegen wird der Markt überschwemmt mit seichter, teils schwärmerischer, teils charismatischer und humanistischer Literatur; vor allem mit Bestsellern wie »Leben mit Vision«; und dem erwähnten, vom Wort Gottes völlig losgelösten Werk, das bereits in siebenstelliger Auflagenhöhe verkauft wurde; mit esoterisch und politisch orientierter Literatur, mit Filmen – mit Bild statt dem Wort. Dem seriösen christlichen Buchverkauf bleiben die Bibeln (ohne die bekannten blasphemischen Machwerke jüngster Zeit), deren Teile, Atlanten und Liederbücher, und der bibelorientierte literarische Restbestand. Die durch die geistliche Dekadenz entstandene Unkenntnis der Kriterien für guten, bibeltreuen Lesestoff ließ den Markt für die klassische christliche Literatur in den letzten Jahren einbrechen. »Leider vergriffen« – liest man immer öfter.
Wie in Richter 2,10: … und als auch jene ganze Generation zu ihren Vätern versammelt war, kam eine andere Generation nach ihnen auf, die den Herrn nicht kannte … so ist es auch hier: Viele Verlage haben einen Besitzwechsel, eine neue Geschäftsführung, zumindest aber einen Generationswechsel hinter sich, der die Verkaufskriterien und –methoden zum Teil stark veränderte. Wenn auch manch ein Verlagsleiter der alten Garde sein Bedauern ausdrückt über die neuen Produktlinien, die nun aus seinem Hause kommen, es ändert den Trend nicht. Vor allem dann nicht, wenn man weiß, wer hinter manchen Dachverbänden christlicher Verlage die Fäden zieht. Die Tragik dabei: Es handelt sich für die gesamte Christenheit um eine der gefährlichsten Veränderungen in ihrer Geschichte, weil man ihr Stück für Stück gute Literatur – und damit eine gesunde Basis der Lehre – entzieht, zuerst durch das Verschwinden der bisher verfügbaren, hervorragenden Literatur, dann durch den durch humanistische und ökumenische Einflüsse verdorbenen Rest und schließlich durch die Manipulation mit weltlich und politisch »korrektem« Lesestoff.
Quelle:
http://distomos.blogspot.com/search?q=Juwelen