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Was meint Finney mit: Christus gab sein Leben als Ersatz (als Stellvertretung)?
Auf alle Fälle meint er keinen Ersatz und keine Stellvertretung im strafrechtlichen Sinne, oder im Sinne eines Ausgleichs, oder im Sinne einer Tilgung von Schuld.
Deutlich wird das Ganze auch an anderer Stelle:
http://www.charlesgfinney.com/1851Sys_Theo/st35.htm
LECTURE XXXV.: EXTENT OF ATONEMENT.
Hier antwortet er unter VII. auf mancherlei Einwände:
Objection. 3. It is objected, that the doctrine of the atonement is inconsistent with the idea of mercy and forgiveness.
Einwand Nr. 3: Es wird eingewendet, dass die Doktrin des Sühneopfers (der Sühne) dem Gedanken von Erbarmen und Vergebung widerspricht.
(1.) This takes for granted, that the atonement was the literal payment of a debt, and that Christ suffered all that was due to all the sinners for whom he died, so that their discharge or pardon is an act of justice, and not of mercy. But this is by no means the view of God which the nature of the atonement presents. The atonement, as we have seen, had respect simply to public, and not at all to retributive justice. Christ suffered what was necessary, to illustrate the intention of God, in respect to sin, and in respect to his law. But the amount of his sufferings had no respect to the amount of punishment that might have justly been inflicted on the wicked.
(1.) Dieser nimmt als zugestanden an, dass das Sühneopfer eine wörtliche Bezahlung der Schuld war und dass Christus all das erlitt, was für alle Sünder fällig war für die er starb. Sodass ihr Freispruch oder ihre Begnadigung ein Akt der Gerechtigkeit und nicht des Erbarmens ist. Aber das ist nicht die Bedeutung der Sicht Gottes, welche die Natur des Sühneopfers zeigt. Das Sühneopfer, wie wir es gesehen haben, anerkennt einfach die öffentliche Gerechtigkeit und achtet nicht auf eine vergeltende Gerechtigkeit für alle. Christus erlitt alles Notwendige, um die Absicht Gottes zu illustrieren in Beziehung zur Sünde und zum Gesetz. Aber die Menge seiner Leiden steht in keiner Beziehung zu der Menge der Bestrafung, die über die Bösen verhängt werden dürfte.
(2.) The punishment of sinners is just as much deserved by them, as if Christ had not suffered at all.
(2.) Die Sünder haben genau so Bestrafung verdient, wie wenn Christus nie gelitten hätte.
(3.) Their forgiveness, therefore, is just as much an act of mercy, as if there had been no atonement.
(3.) Also ist ihre Vergebung genau so ein Akt der Barmherzigkeit, wie wenn es kein Sühneopfer gegeben hätte.
Finney sagt damit, dass das Sühneopfer in keiner Weise den Gedanken an Barmherzigkeit oder Vergebung schmälert.
Er sagt damit aber auch, dass das Sühneopfer an sich keine Vergebung (bspw. auf der Basis von Sündentilgung) bringt, weil es so nicht gedacht war.
D. h. nun aber auch: eine Sündentilgung gibt es nicht – es gibt keinen Ausgleich in diesem Sinne. Vergebung basiert auf Barmherzigkeit nicht auf „Strafersatz“ im Sinne einer „Tilgung“. Das Sühneopfer hat nichts mit Vergeltung zu tun. Vergebung auf der Basis von Barmherzigkeit muss etwas anderes bedeuten – nach Finney.
Objection. 4. It is objected, that it is unjust to punish an innocent being instead of the guilty.
Einwand Nr. 4: Es wird eingewendet, dass es ungerecht ist einen Unschuldigen anstelle eines Schuldigen zu bestrafen.
(1.) Yes, it would not only be unjust, but it is impossible with God to punish an innocent moral agent at all.
Punishment implies guilt. An innocent being may suffer, but he cannot be punished. Christ voluntarily "suffered the just for the unjust." He had a right to exercise this self-denial; and as it was by his own voluntary consent, no injustice was done to any one.
(1.) Ja, es wäre nicht nur einfach ungerecht, sondern es ist mit Gott unmöglich einen Unschuldigen zu bestrafen. Bestrafung bedeutet Schuld. Ein Unschuldiger kann leiden, aber er kann nicht bestraft werden. Christus hatte ein Recht diese Selbstverleugnung zu üben durch seine eigene freiwillige Zustimmung nicht als wäre damit etwas Ungerechtes irgendjemand gegenüber getan worden. (Christus erlitt als Gerechter für die Ungerechten freiwillig (von sich aus).)
(2.) If he had no right to make an atonement, he had no right to consult and promote his own happiness and the happiness of others; for it is said, that "for the joy that was set before him, he endured the cross, despising the shame."
(2.) Wenn er kein Recht eine Sühne zu machen, hatte – dann hatte er auch kein Recht seine Freude und die der anderen zu fördern und zu sagen: [der um den Preis der Freude, die ihn erwartete, den Kreuzestod erduldet und die Schmach für nichts geachtet hat (Hebr. 12, 2)].
D. h. im Sühneopfer geht es nicht um Strafe, schon gleich gar nicht um die stellvertretende Bestrafung eines Unschuldigen für Schuldige. Das Sühneopfer fördert die Freude des Christus und die Freude Anderer.
Das Sühneopfer nach Finney hat also nur insofern etwas mit der Rettung von Sündern zu tun, insofern es unmissverständlich und überdeutlich das Wohlwollen Gottes Sündern gegenüber zum Ausdruck bringt. Es entfaltet einen enormen moralischen Einfluss, hält vom Sündigen ab und stärkt das Vertrauen in die Zusagen Gottes. Insofern hat es einen heiligenden Einfluss bei denen, die keine hoffnungslosen Fälle sind.
Lutz
PS: Finneys ganze systematische Theologie als PDF in englisch hier:
http://www.ntslibrary.com/PDF%20Books/L ... Finney.pdf