Neuer Calvinismus oder Es ist nicht alles Gold was glänzt!
Verfasst: 12.10.2011 19:51
Neuer Calvinismus "Es ist nicht alles Gold was glänzt"
Ich setze mal folgenden Beitrag rein.
In der Märzausgabe des TIME Magazine aus dem Jahre 2009 schaffte es der Neue Calvinismus unter die ersten zehn Ideen, die die Welt am stärksten verändern. In seinem Artikel The New Calvinism schrieb David Van Biema: „Der Calvinismus ist zurück… Johannes Calvins Antwort aus dem 16. Jahrhundert auf den mittelalterlichen Katholizismus mit seinen ‚Kauf dich aus dem Fegefeuer frei‘-Exzessen ist die neueste Erfolgsgeschichte des Evangelikalismus.“1
Zu den profiliertesten Vertretern des Neuen Calvinismus zählen unter anderem John Piper, C. J. Mahaney, Collin Hansen, Albert Mohler, Matt Chandler, Tim Keller, Mark Dever und Mark Driscoll. Ein Zuwachs der Publikationen calvinistischer Autoren sowie eine wachsende Zahl von Konferenzen und eine Reihe so bekannter calvinistischer Blogs wie das von Collin Hansen unter dem Motto Young, Restless, Reformed (Jung, Ruhelos, Reformiert) dokumentieren die „calvinistische Erweckung“ in den USA.
John MacArthur sagte kürzlich in einem Interview mit Alex Crain über die „reformierte Erweckung,“ wie er sie bezeichnete: „Diese Reformation hat stark begonnen – ich bezeichne sie als eine Reformation reformierter Theologie. Wenn ich 25 Jahre zurückdenke, gab es dies alles nicht. Es ist erst in den letzten 15 Jahren wie eine Flut hereingebrochen. Es ist wunderbar.“2 Und offensichtlich empfängt der Calvinismus auch im deutschsprachigen Raum Rückenwind, wenngleich die Wiederbelebung des reformierten Glaubens noch nicht die Dynamik wie in den USA erfahren hat.
So weit, so gut. Man könnte meinen, dass dies in einer Zeit, in welcher der Evangelikalismus auch mit Problemen zu kämpfen hat, eine gute Entwicklung darstellt. Bei genauerer Betrachtung jedoch wird schnell deutlich, dass die reformierte Erweckung mit nicht unerheblichen Problemen behaftet ist. John MacArthur beispielsweise brachte in oben erwähntem Interview mit Alex Crain seine Bedenken zum Ausdruck, dass viele der jungen Calvinisten sich zu stark der Kultur anpassen, was aus seiner Sicht sogar das Ende der Erweckung nach sich ziehen könnte. Über manche „Junge, Ruhelose, Reformierte“ sagte er: „Es scheint mir, dass die Meinung vorherrscht, dass man sich alles erlauben kann, sofern man eine reformierte Soteriologie (Lehre über das Heil) vertritt.“3
John MacArthur sieht vor allem mit großer Sorge, dass viele der jungen Calvinisten in Kleidung, Musik, Sprache und ihrem Freizeitverhalten verweltlicht sind und dass in dem Maße, wie die Anpassung an die Kultur voranschreitet, auch die Kraft der calvinistischen Botschaft verloren geht. Ferner diagnostiziert MacArthur bei vielen Neuen Calvinisten einen Hang zum Arminianismus, also jener Lehre, die den freien Willen und die menschliche Kraft in den Vordergrund rückt, was im Widerspruch zur Lehre Calvins steht, die die Souveränität Gottes betont.
Kritik übt John MacArthur beispielsweise an dem so bekannten John Piper: „Und sogar die bekanntesten Leute, die für die reformierte Theologie stehen, halten gemeinsame Konferenzen mit Leuten, die als die extremsten Pragmatiker gelten. Ich meine, das ist Realität. Wer hätte je gedacht, dass, sagen wir, John Piper Rick Warren zu seiner Desiring God Konferenz einlädt? Diese Prediger sind völlig gegensätzlich.“4 Man kann nicht in der Frage des Heils calvinistisch sein und zugleich in anderen Fragen wie Gemeindebau und Evangelisation arminianisch denken und handeln, so MacArthur.
Über die Zukunft des Neuen Calvinismus und eine notwendige Kehrtwendung sagt MacArthur ein wenig pessimistisch: „Also, ich weiß nicht, wie die Zukunft aussieht, ich glaube einfach, dass hier viel Arminianismus hineingemischt wurde [in das Denken], man wird sie [die Unerretteten] nicht erreichen, es sei denn, man passt sich an. Und ich denke, dass es schwer ist, dieser Gruppe von Leuten [den Neuen Calvinisten] zu sagen: Hasst euch selbst, hasst euer eigenes Leben, hasst alle Dinge, die euch wertvoll sind und kommt, um ein Sklave Jesu zu werden. Ich weiß nicht, wie diese Botschaft ankommen würde. Aber genau das ist die Botschaft.“5
Trotz der Kritik MacArthurs an den Neuen Calvinisten ermutigt er sie in einem im August 2011 erschienen Artikel, sich durch Ausdauer in Zukunft zu bewähren und Christus treu zu dienen, was große Ernsthaftigkeit voraussetzt. Der Ruf Christi in seine Nachfolge ist allerdings keine Einladung zu einer Party. Im Gegenteil, die Schrift ruft zur Nüchternheit auf und dazu, sich in der Schrift zu gründen und geistlich reif zu werden (Rö 12,3; 1Kor 14,20; Eph 4,14; 1Thess 5,6; Hebr 5,12-13; 2Tim 4,5). Nüchternheit wird in der heutigen Kultur nicht mehr großgeschrieben, doch das Denken des Christen sollte sich diesem Zeitgeist nicht anpassen, so MacArthur.
„Die postmoderne westliche Gesellschaft denkt, dass es gut ist, sich den jugendlichen Lüsten hinzugeben - insbesondere in der Jugendzeit - und traurigerweise hat diese Mentalität Eingang in die evangelikale Kultur gefunden. Das ist der Hauptgrund, warum so viele Gemeindeprogramme heute Spaß und Spiele auf Kosten biblischer Lehre betonen,“ urteilt MacArthur.6 Auf Dauer schädigt dies das geistliche Wachstum der Gemeinde. Die reformierte Erweckung wird aus der Sicht MacArthurs nur dann Bestand haben, wenn die Gemeinde sich von der Welt unterscheidet und einen biblisch-alternativen, heiligen Lebensstil lebt.
In Bezug auf Verweltlichung ist insbesondere Mark Driscoll immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Der Pastor der Mars Hill Church wurde nicht nur als der „fluchende Pastor“ bekannt, sondern er greift auch gerne einmal auf obszöne Illustrationen in seinen Predigten zurück, was ihm zu Recht den Vorwurf der Vulgarität einbrachte. Driscoll kontert, er wolle, ja müsse, provokativ verkündigen, um die Menschen zu erreichen. Driscolls Sicht von Gemeinde ist, dass sie theologisch konservativ aber kulturell liberal sein soll. Letzteres erlaubt es Mitgliedern seiner Gemeinde Kinofilme mit Gewalt- und Sexszenen sowie vulgärer Sprache zu sehen, Bars zu besuchen, Rockmusik zu hören usw.
Der britische Pastor und Autor Peter Masters vom Metropolitan Tabernacle, jener geschichtsträchtigen Gemeinde, in der Charles Spurgeon einst predigte, gibt zu bedenken: „Der Neue Calvinismus hat eine Möglichkeit gefunden, geistlich unvereinbare Dinge, zur gleichen Zeit in einer Veranstaltung miteinander zu verbinden… Man kann die puritanische Heilslehre nicht ohne die puritanische Heiligungslehre haben. Man sollte die Menschen nicht mit calvinistischen (oder anderen) Predigten ködern, indem man ihnen die Welt anbietet… Der Neue Calvinismus ist keine Wiederbelegung (des alten Calvinismus), sondern eine völlig neue Form, welche die (calvinistische) Lehre von ihrer historischen Gestalt löst und sie mit der Welt verbindet.“7
Ähnlich wie MacArthur ist Masters eher pessimistisch, was die Zukunft der calvinistischen Erweckung angeht: „Der derzeitig neue, kopflastige Calvinismus, der vom praktischen Gehorsam entbindet, wird sich sicherlich als kurzlebig erweisen, aber die calvinistische Botschaft kompromittieren und beschädigen.“8
Der reformierte Professor für Kirchengeschichte und Historische Theologie, R. Scott Clark, spricht Driscoll sogar ab, ein „Calvinist“ zu sein und ordnet ihn eher den „Anabaptisten“ zu. Seine Popularität erklärt Clark so: „Die Wahrheit ist, dass zu viele Reformierte von einer zu großen Begeisterung getragen sind, dass ein bekannter Führer des Evangelikalismus, der in den Medien zunehmend präsenter wird, sich selbst als Reformierter bezeichnet. Pastor Driscoll gefällt sich darin, sich als ‚calvinistisch’ zu bezeichnen, weil die echten Calvinisten, jene, die glauben und praktizieren, was Calvin glaubte und praktizierte, ihn gewähren lassen.“9
Ein weiteres Phänomen, das Neue Calvinisten prägt, ist die mittlerweile theologische Breite, die in dieser Bewegung zu beobachten ist. Sebastian Heck schrieb in einem Artikel mit dem Titel Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter: „Und so beobachte ich das Phänomen, dass heute sowohl in den USA als auch in Deutschland jede Gruppierung für sich selbst definiert, was ‚Reformiert‘ sein bedeutet. Es gibt reformierte Charismatiker, reformierte Baptisten, reformierte Rekonstruktionisten; reformierte Pietisten; reformierte Theologen, die die Lehre von der doppelten Prädestination nicht anerkennen; reformierte Theologen, die die Lehre vom wirksamen Sühneopfer Christi ablehnen; Reformierte, die von Johannes Calvin allgemein nicht sehr viel halten; Reformierte, die glauben, Kinder, die getauft sind, sollten sogleich auch zur Kommunion zugelassen werden; Reformierte, die nicht an die Vorsehung glauben, etc.“10
Insbesondere die charismatische und mystische Ausrichtung der Neuen Calvinisten sind als äußerst bedenklich einzuordnen. John MacArthur arbeitet nur gelegentlich und unter Vorbehalt mit charismatischen Calvinisten zusammen, weil er eine strikt cessationistische Position vertritt (die Zusammenarbeit mit Pfingstlern und Charismatikern lehnt er kategorisch ab!). Für MacArthur traten die Geistesgaben wie Zungenreden und Prophetie mit der Niederschrift der Offenbarung allmählich in den Hintergrund und hörten schließlich gänzlich auf.
In einem Interview mit Tim Challies sprach MacArthur zwar seine Wertschätzung für charismatische Calvinisten wie Mahaney, Piper und Grudem aus, mahnte aber zugleich: „Aber ich würde diese Männer dennoch auffordern, ihre Position über die Geistesgaben zu überdenken. Ich bin überzeugt, dass die charismatische Bewegung die Tür für mehr theologische Irrtümer geöffnet hat als irgendein anderer Faktor im 20. Jahrhundert (einschließlich des Liberalismus, der Psychologie und des Ökumenismus). Das ist eine energische Aussage, ich weiß. Aber wenn Sie es zulassen, dass Erfahrungen in den Mittelpunkt rücken, sind die Auswirkungen katastrophal.“11
Erst kürzlich, am 27. August 2011, sagte Matt Chandler, der der Gruppe Young, Restless, Reformed zuzurechnen ist, zu, auf der Konferenz von Steve Furtick zu sprechen. Furtick steht sowohl für den Gemeindepragmatismus (Leben mit Vision) als auch für das Gedankengut der Emerging Church und beweist ferner, dass er auch keine Vorbehalte gegenüber Extremcharismatikern hat, wie die eingeladenen Sprecher seiner Konferenz deutlich machen (z. B. Wohlstandsverkündiger Jentezen Franklin).
Der Calvinist Michael Horton distanziert sich in seinem Artikel Reformed and Charismatic? (Reformiert und Charismatisch?) im August 2011 von extremcharismatischen Bewegungen wie die von C. Peter Wagner gegründete Neue Apostolische Reformation und untersucht die Vereinbarkeit von charismatischen Überzeugungen mit der reformierten Lehre. Horton ruft seine Brüder unter den Neuen Calvinisten dazu auf, die Lehren der Gnade wieder zu entdecken und nach einer wahren Erweckung zu streben: „…das bedeutet, einen überraschenden Segen Gottes auf seinen normalen Dienst in unseren Tagen. Die falsche Entscheidung zwischen Kopf und Herz, dem Geist und dem Wort, war eine mehrjährige Polemik des radikalen Flügels des Protestantismus.“12 Driscolls Aufruf zu einer Synthese von Charismatik mit Calvinismus lehnt Horton ab, weil er darin eine gefährliche Trennung zwischen dem Heiligen Geist und Gottes Wort sieht.
Der allgemeine Trend zum Mystizismus und vor allem die Rückbesinnung auf katholische Mystiker sind unter Evangelikalen derzeit ungebrochen. Dass die Neuen Calvinisten diesem Trend ebenfalls folgen, ist überraschend, da eines der Prinzipien der Calvinisten sola scriptura – allein die Schrift - war. Die Allgenugsamkeit der Heiligen Schrift schließt im Grunde mystische Erfahrungen ebenso aus wie prophetische Eindrücke. Erstaunlicherweise häufen sich derzeit die Aufrufe und Empfehlungen einer Reihe prominenter Vertreter der Neuen Calvinisten, sich der Mystik zuzuwenden.
Tim Keller beispielsweise lehrte über verschiedene „Ebenen des Gebets“ und darüber wie man „tiefer in die Gegenwart und Realität Gottes eindringen kann.“ Keller erläutert: „Der Grund, warum Meditation so grundlegend wichtig ist, ist der, dass Meditation das Tor zum Gebet – zu wahrem Gebet – ist.“ Um die tieferen Ebenen des Gebets, das wahre Gebet, zu erlernen, empfiehlt Keller das Buch Celebration of Discipline (dt. Nachfolge feiern, Brockhaus Verlag) von Richard Foster. Das Buch des Quäkers Foster ist voll von Ratschlägen, subjektiven Eindrücken oder Visionen zu folgen, den Rosenkranz oder Gebetsräder zu nutzen oder auf die Kraft der Imagination zurückzugreifen. Foster empfiehlt Thomas Merton, dessen mystische Lehren stark an das New Age erinnern. Ferner empfiehlt Keller die mystischen Übungen der Lectio Divina des Jesuiten Ignatius von Loyola, einem glühenden Verfechter der katholischen Gegenreformation.
Auch Mark Driscoll empfiehlt die Lektüre des Buches von Richard Foster. Ferner bezeichnete er das Buch des kontemplativen Autors Donald S. Whitney Spiritual Disciplines for the Christian Life als „wunderbares“ Buch. Und auch Sacred Pathways (dt. Neue Wege, Gott zu lieben, Brockhaus Verlag) von Gary Thomas, einem weiteren Vertreter kontemplativer Theologie, der eine besondere Form von Mantra Meditation propagiert, hält Driscoll für lesenswert. Die besondere Form von Mantra Meditation, die Gary Thomas anpreist, geht auf den katholischen Priester John Main (1926-1982) zurück, der eine Mantra Meditation nach hinduistischem Vorbild entwickelt hatte.
Man muss Sebastian Hecks oben erwähntem Artikel nicht unbedingt in allen Punkten zustimmen. Dennoch bringt er es auf den Punkt, wenn er über den gegenwärtigen Zustand der Neuen Calvinisten schreibt, dass „nun anscheinend ganz unmerklich die Grenzen verschoben wurden und der Begriff “reformiert” durch Leute wie C.J. Mahaney, Al Mohler und John Piper illustriert, wenn nicht sogar definiert wird, und eben nicht mehr durch Namen wie Johannes Calvin, Heinrich Bullinger, Caspar Olevianus oder, noch besser, durch die Bekenntnisse der reformierten Kirchen durch die Geschichte hindurch... Es steht uns nicht zu, nach eigenem Belieben zu definieren (oder umzudefinieren), was es bedeutet, ‚reformiert‘ zu sein, d.h. was den reformierte Glauben ausmacht.“13
Eine interessante Umfrage von George Barna über die protestantische Bewegung in den USA mit besonderem Augenmerk auf reformierte und calvinistische Strömungen ergab folgenden Befund. Derzeit beschreiben sich 31% der protestantischen Pastoren als calvinistisch/reformiert. Vor einem Jahrzehnt waren es 32% der Pastoren. Die Besucherzahlen in calvinistisch/reformierten Gottesdiensten wuchsen im letzten Jahrzehnt um13% von 80 auf 90 Besucher, während die wesleyanisch/arminianischen Gemeinden einen Besucherzuwachs um 18% von 85 auf 100 Besucher verzeichneten. 17% der reformierten Gemeinden bezeichneten sich als liberal, während sich unter den wesleyanisch/arminianischen Gemeinden nur 13% der Gemeinden zum Liberalismus bekannten.14
Die Zahlen Barnas beschränken sich nur auf Mitgliederzahlen und sagen wenig über die geistliche Stärke einer Bewegung im Allgemeinen oder der Neuen Calvinisten im Besonderen aus. Bislang konnte die Popularität der Neuen Calvinisten offensichtlich kaum in Mitgliederzuwachs umgemünzt werden. Sofern der Neue Calvinismus jedoch erwecklich ist und vor allem die junge Generation erreicht, werden die Neuen Calvinisten dies sicherlich getrost verkraften können.
Es bleibt zu hoffen (und zu beten), dass unter den Neuen Calvinisten eine biblische und damit heilsame Debatte entfacht wird über den Kurs, den diese Bewegung für die Zukunft einschlagen soll. Eine weitere Verweltlichung sowie die Öffnung zu extremcharismatischen Gruppierungen und zur Mystik wird eine weitere Zersplitterung der Bewegung zur Folge haben und kann auf Dauer keine guten Früchte tragen.
Johannes Calvin schrieb 1536 über eitle geistliche Leiter, die ihre eigenen Gedanken mehr lieben als das Wort Gottes:
„Es hätte sich freilich für jene (Kirchenhäupter) geschickt, Beschützer und Wächter des Friedens und Heils zu sein, für dessen Erhaltung sie bestimmt sind. Doch ist es etwas anderes zu leisten, was man schuldig ist, und zu schulden, was man nicht leistet. Und doch wolle man nicht diese unsere Worte in dem Sinne aufnehmen, als sei ich dafür, dass man das Ansehen der Hirten ohne Unterschied, Überlegung und Auswahl erschüttern solle. Nur möchte ich unter ihnen selbst eine Auswahl getroffen sehen, damit man nicht alle, die da Pastoren (Hirten) heißen, sofort als solche anzusehen brauche. Denn daran müssen wir doch schlechterdings festhalten, dass ihre ganze Amtstätigkeit durch den Dienst am Worte Gottes, ihre ganze Weisheit durch die Erkenntnis dieses Wortes, ihre ganze Beredsamkeit durch die Verkündigung dieses Wortes begrenzt sei. Weichen sie davon ab, so müssen sie nach ihrer Einsicht für matt und stumpf, nach ihrer Zungenfertigkeit für Stammler und nach allen Seiten hin für unzuverlässige und pflichtvergessene Menschen gelten, mögen sie nun Propheten sein oder Bischöfe oder Lehrer oder gar noch irgendetwas Größeres! Nicht von dem einen oder andern will ich reden: nein, die gesamte Körperschaft der Priester wird, falls sie Gottes Wort hintansetzen und so von ihrem eigenen Sinne sollte sich treiben lassen, zu reinen Narren werden.“
Der Neue Calvinismus muss sich ganz an das Wort binden, und sich nicht „von seinem eigenen Sinn treiben lassen,“ um auch in Zukunft das ewige Evangelium kraftvoll zu verkünden.
Anmerkungen
1 David Van Biema, The New Calvinism. TIME Magazine, 12. März 2009.
2 John MacArthur im Interview mit Alex Crain, Redakteur von Christianity.com.
YouTube, John MacArthur Predicts Reversal of the Reformed Revival Pt.1/2, (siehe unten).
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 John MacArthur, Settle Down Don’t lose your passion and energy; take charge of it. 23. August 2011.
7 Dr. Peter Masters, The Merger of Calvinism with Worldliness. In: The Sword and the Trowel, 1/2009.
8 Ebd.
9 R. Scott Clark, Recovering the Reformed Confession – Calvinism Old and “New”. 15.3.2009.
URL: http://heidelblog.wordpress.com/2009/03 ... d-and-new/.
10 Sebastian Heck, Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter.
URL: http://www.lebensquellen.de/?p=815.
11 Tim Challies, 10 Questions.
Deutsche Übersetzung: 10 Fragen an John MacArthur.
12 Michael Horton, Reformed and Charismatic?, 22. August 2011.
13 Sebastian Heck, Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter. URL: http://www.lebensquellen.de/?p=815.
14 George Barna, Is there a „Reformed“ Movement in American Churches?
15 Ron Kubsch, Reine Narren werden sie sein
Quelle
Gruß Joschie
Ich setze mal folgenden Beitrag rein.
In der Märzausgabe des TIME Magazine aus dem Jahre 2009 schaffte es der Neue Calvinismus unter die ersten zehn Ideen, die die Welt am stärksten verändern. In seinem Artikel The New Calvinism schrieb David Van Biema: „Der Calvinismus ist zurück… Johannes Calvins Antwort aus dem 16. Jahrhundert auf den mittelalterlichen Katholizismus mit seinen ‚Kauf dich aus dem Fegefeuer frei‘-Exzessen ist die neueste Erfolgsgeschichte des Evangelikalismus.“1
Zu den profiliertesten Vertretern des Neuen Calvinismus zählen unter anderem John Piper, C. J. Mahaney, Collin Hansen, Albert Mohler, Matt Chandler, Tim Keller, Mark Dever und Mark Driscoll. Ein Zuwachs der Publikationen calvinistischer Autoren sowie eine wachsende Zahl von Konferenzen und eine Reihe so bekannter calvinistischer Blogs wie das von Collin Hansen unter dem Motto Young, Restless, Reformed (Jung, Ruhelos, Reformiert) dokumentieren die „calvinistische Erweckung“ in den USA.
John MacArthur sagte kürzlich in einem Interview mit Alex Crain über die „reformierte Erweckung,“ wie er sie bezeichnete: „Diese Reformation hat stark begonnen – ich bezeichne sie als eine Reformation reformierter Theologie. Wenn ich 25 Jahre zurückdenke, gab es dies alles nicht. Es ist erst in den letzten 15 Jahren wie eine Flut hereingebrochen. Es ist wunderbar.“2 Und offensichtlich empfängt der Calvinismus auch im deutschsprachigen Raum Rückenwind, wenngleich die Wiederbelebung des reformierten Glaubens noch nicht die Dynamik wie in den USA erfahren hat.
So weit, so gut. Man könnte meinen, dass dies in einer Zeit, in welcher der Evangelikalismus auch mit Problemen zu kämpfen hat, eine gute Entwicklung darstellt. Bei genauerer Betrachtung jedoch wird schnell deutlich, dass die reformierte Erweckung mit nicht unerheblichen Problemen behaftet ist. John MacArthur beispielsweise brachte in oben erwähntem Interview mit Alex Crain seine Bedenken zum Ausdruck, dass viele der jungen Calvinisten sich zu stark der Kultur anpassen, was aus seiner Sicht sogar das Ende der Erweckung nach sich ziehen könnte. Über manche „Junge, Ruhelose, Reformierte“ sagte er: „Es scheint mir, dass die Meinung vorherrscht, dass man sich alles erlauben kann, sofern man eine reformierte Soteriologie (Lehre über das Heil) vertritt.“3
John MacArthur sieht vor allem mit großer Sorge, dass viele der jungen Calvinisten in Kleidung, Musik, Sprache und ihrem Freizeitverhalten verweltlicht sind und dass in dem Maße, wie die Anpassung an die Kultur voranschreitet, auch die Kraft der calvinistischen Botschaft verloren geht. Ferner diagnostiziert MacArthur bei vielen Neuen Calvinisten einen Hang zum Arminianismus, also jener Lehre, die den freien Willen und die menschliche Kraft in den Vordergrund rückt, was im Widerspruch zur Lehre Calvins steht, die die Souveränität Gottes betont.
Kritik übt John MacArthur beispielsweise an dem so bekannten John Piper: „Und sogar die bekanntesten Leute, die für die reformierte Theologie stehen, halten gemeinsame Konferenzen mit Leuten, die als die extremsten Pragmatiker gelten. Ich meine, das ist Realität. Wer hätte je gedacht, dass, sagen wir, John Piper Rick Warren zu seiner Desiring God Konferenz einlädt? Diese Prediger sind völlig gegensätzlich.“4 Man kann nicht in der Frage des Heils calvinistisch sein und zugleich in anderen Fragen wie Gemeindebau und Evangelisation arminianisch denken und handeln, so MacArthur.
Über die Zukunft des Neuen Calvinismus und eine notwendige Kehrtwendung sagt MacArthur ein wenig pessimistisch: „Also, ich weiß nicht, wie die Zukunft aussieht, ich glaube einfach, dass hier viel Arminianismus hineingemischt wurde [in das Denken], man wird sie [die Unerretteten] nicht erreichen, es sei denn, man passt sich an. Und ich denke, dass es schwer ist, dieser Gruppe von Leuten [den Neuen Calvinisten] zu sagen: Hasst euch selbst, hasst euer eigenes Leben, hasst alle Dinge, die euch wertvoll sind und kommt, um ein Sklave Jesu zu werden. Ich weiß nicht, wie diese Botschaft ankommen würde. Aber genau das ist die Botschaft.“5
Trotz der Kritik MacArthurs an den Neuen Calvinisten ermutigt er sie in einem im August 2011 erschienen Artikel, sich durch Ausdauer in Zukunft zu bewähren und Christus treu zu dienen, was große Ernsthaftigkeit voraussetzt. Der Ruf Christi in seine Nachfolge ist allerdings keine Einladung zu einer Party. Im Gegenteil, die Schrift ruft zur Nüchternheit auf und dazu, sich in der Schrift zu gründen und geistlich reif zu werden (Rö 12,3; 1Kor 14,20; Eph 4,14; 1Thess 5,6; Hebr 5,12-13; 2Tim 4,5). Nüchternheit wird in der heutigen Kultur nicht mehr großgeschrieben, doch das Denken des Christen sollte sich diesem Zeitgeist nicht anpassen, so MacArthur.
„Die postmoderne westliche Gesellschaft denkt, dass es gut ist, sich den jugendlichen Lüsten hinzugeben - insbesondere in der Jugendzeit - und traurigerweise hat diese Mentalität Eingang in die evangelikale Kultur gefunden. Das ist der Hauptgrund, warum so viele Gemeindeprogramme heute Spaß und Spiele auf Kosten biblischer Lehre betonen,“ urteilt MacArthur.6 Auf Dauer schädigt dies das geistliche Wachstum der Gemeinde. Die reformierte Erweckung wird aus der Sicht MacArthurs nur dann Bestand haben, wenn die Gemeinde sich von der Welt unterscheidet und einen biblisch-alternativen, heiligen Lebensstil lebt.
In Bezug auf Verweltlichung ist insbesondere Mark Driscoll immer wieder in die Schlagzeilen geraten. Der Pastor der Mars Hill Church wurde nicht nur als der „fluchende Pastor“ bekannt, sondern er greift auch gerne einmal auf obszöne Illustrationen in seinen Predigten zurück, was ihm zu Recht den Vorwurf der Vulgarität einbrachte. Driscoll kontert, er wolle, ja müsse, provokativ verkündigen, um die Menschen zu erreichen. Driscolls Sicht von Gemeinde ist, dass sie theologisch konservativ aber kulturell liberal sein soll. Letzteres erlaubt es Mitgliedern seiner Gemeinde Kinofilme mit Gewalt- und Sexszenen sowie vulgärer Sprache zu sehen, Bars zu besuchen, Rockmusik zu hören usw.
Der britische Pastor und Autor Peter Masters vom Metropolitan Tabernacle, jener geschichtsträchtigen Gemeinde, in der Charles Spurgeon einst predigte, gibt zu bedenken: „Der Neue Calvinismus hat eine Möglichkeit gefunden, geistlich unvereinbare Dinge, zur gleichen Zeit in einer Veranstaltung miteinander zu verbinden… Man kann die puritanische Heilslehre nicht ohne die puritanische Heiligungslehre haben. Man sollte die Menschen nicht mit calvinistischen (oder anderen) Predigten ködern, indem man ihnen die Welt anbietet… Der Neue Calvinismus ist keine Wiederbelegung (des alten Calvinismus), sondern eine völlig neue Form, welche die (calvinistische) Lehre von ihrer historischen Gestalt löst und sie mit der Welt verbindet.“7
Ähnlich wie MacArthur ist Masters eher pessimistisch, was die Zukunft der calvinistischen Erweckung angeht: „Der derzeitig neue, kopflastige Calvinismus, der vom praktischen Gehorsam entbindet, wird sich sicherlich als kurzlebig erweisen, aber die calvinistische Botschaft kompromittieren und beschädigen.“8
Der reformierte Professor für Kirchengeschichte und Historische Theologie, R. Scott Clark, spricht Driscoll sogar ab, ein „Calvinist“ zu sein und ordnet ihn eher den „Anabaptisten“ zu. Seine Popularität erklärt Clark so: „Die Wahrheit ist, dass zu viele Reformierte von einer zu großen Begeisterung getragen sind, dass ein bekannter Führer des Evangelikalismus, der in den Medien zunehmend präsenter wird, sich selbst als Reformierter bezeichnet. Pastor Driscoll gefällt sich darin, sich als ‚calvinistisch’ zu bezeichnen, weil die echten Calvinisten, jene, die glauben und praktizieren, was Calvin glaubte und praktizierte, ihn gewähren lassen.“9
Ein weiteres Phänomen, das Neue Calvinisten prägt, ist die mittlerweile theologische Breite, die in dieser Bewegung zu beobachten ist. Sebastian Heck schrieb in einem Artikel mit dem Titel Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter: „Und so beobachte ich das Phänomen, dass heute sowohl in den USA als auch in Deutschland jede Gruppierung für sich selbst definiert, was ‚Reformiert‘ sein bedeutet. Es gibt reformierte Charismatiker, reformierte Baptisten, reformierte Rekonstruktionisten; reformierte Pietisten; reformierte Theologen, die die Lehre von der doppelten Prädestination nicht anerkennen; reformierte Theologen, die die Lehre vom wirksamen Sühneopfer Christi ablehnen; Reformierte, die von Johannes Calvin allgemein nicht sehr viel halten; Reformierte, die glauben, Kinder, die getauft sind, sollten sogleich auch zur Kommunion zugelassen werden; Reformierte, die nicht an die Vorsehung glauben, etc.“10
Insbesondere die charismatische und mystische Ausrichtung der Neuen Calvinisten sind als äußerst bedenklich einzuordnen. John MacArthur arbeitet nur gelegentlich und unter Vorbehalt mit charismatischen Calvinisten zusammen, weil er eine strikt cessationistische Position vertritt (die Zusammenarbeit mit Pfingstlern und Charismatikern lehnt er kategorisch ab!). Für MacArthur traten die Geistesgaben wie Zungenreden und Prophetie mit der Niederschrift der Offenbarung allmählich in den Hintergrund und hörten schließlich gänzlich auf.
In einem Interview mit Tim Challies sprach MacArthur zwar seine Wertschätzung für charismatische Calvinisten wie Mahaney, Piper und Grudem aus, mahnte aber zugleich: „Aber ich würde diese Männer dennoch auffordern, ihre Position über die Geistesgaben zu überdenken. Ich bin überzeugt, dass die charismatische Bewegung die Tür für mehr theologische Irrtümer geöffnet hat als irgendein anderer Faktor im 20. Jahrhundert (einschließlich des Liberalismus, der Psychologie und des Ökumenismus). Das ist eine energische Aussage, ich weiß. Aber wenn Sie es zulassen, dass Erfahrungen in den Mittelpunkt rücken, sind die Auswirkungen katastrophal.“11
Erst kürzlich, am 27. August 2011, sagte Matt Chandler, der der Gruppe Young, Restless, Reformed zuzurechnen ist, zu, auf der Konferenz von Steve Furtick zu sprechen. Furtick steht sowohl für den Gemeindepragmatismus (Leben mit Vision) als auch für das Gedankengut der Emerging Church und beweist ferner, dass er auch keine Vorbehalte gegenüber Extremcharismatikern hat, wie die eingeladenen Sprecher seiner Konferenz deutlich machen (z. B. Wohlstandsverkündiger Jentezen Franklin).
Der Calvinist Michael Horton distanziert sich in seinem Artikel Reformed and Charismatic? (Reformiert und Charismatisch?) im August 2011 von extremcharismatischen Bewegungen wie die von C. Peter Wagner gegründete Neue Apostolische Reformation und untersucht die Vereinbarkeit von charismatischen Überzeugungen mit der reformierten Lehre. Horton ruft seine Brüder unter den Neuen Calvinisten dazu auf, die Lehren der Gnade wieder zu entdecken und nach einer wahren Erweckung zu streben: „…das bedeutet, einen überraschenden Segen Gottes auf seinen normalen Dienst in unseren Tagen. Die falsche Entscheidung zwischen Kopf und Herz, dem Geist und dem Wort, war eine mehrjährige Polemik des radikalen Flügels des Protestantismus.“12 Driscolls Aufruf zu einer Synthese von Charismatik mit Calvinismus lehnt Horton ab, weil er darin eine gefährliche Trennung zwischen dem Heiligen Geist und Gottes Wort sieht.
Der allgemeine Trend zum Mystizismus und vor allem die Rückbesinnung auf katholische Mystiker sind unter Evangelikalen derzeit ungebrochen. Dass die Neuen Calvinisten diesem Trend ebenfalls folgen, ist überraschend, da eines der Prinzipien der Calvinisten sola scriptura – allein die Schrift - war. Die Allgenugsamkeit der Heiligen Schrift schließt im Grunde mystische Erfahrungen ebenso aus wie prophetische Eindrücke. Erstaunlicherweise häufen sich derzeit die Aufrufe und Empfehlungen einer Reihe prominenter Vertreter der Neuen Calvinisten, sich der Mystik zuzuwenden.
Tim Keller beispielsweise lehrte über verschiedene „Ebenen des Gebets“ und darüber wie man „tiefer in die Gegenwart und Realität Gottes eindringen kann.“ Keller erläutert: „Der Grund, warum Meditation so grundlegend wichtig ist, ist der, dass Meditation das Tor zum Gebet – zu wahrem Gebet – ist.“ Um die tieferen Ebenen des Gebets, das wahre Gebet, zu erlernen, empfiehlt Keller das Buch Celebration of Discipline (dt. Nachfolge feiern, Brockhaus Verlag) von Richard Foster. Das Buch des Quäkers Foster ist voll von Ratschlägen, subjektiven Eindrücken oder Visionen zu folgen, den Rosenkranz oder Gebetsräder zu nutzen oder auf die Kraft der Imagination zurückzugreifen. Foster empfiehlt Thomas Merton, dessen mystische Lehren stark an das New Age erinnern. Ferner empfiehlt Keller die mystischen Übungen der Lectio Divina des Jesuiten Ignatius von Loyola, einem glühenden Verfechter der katholischen Gegenreformation.
Auch Mark Driscoll empfiehlt die Lektüre des Buches von Richard Foster. Ferner bezeichnete er das Buch des kontemplativen Autors Donald S. Whitney Spiritual Disciplines for the Christian Life als „wunderbares“ Buch. Und auch Sacred Pathways (dt. Neue Wege, Gott zu lieben, Brockhaus Verlag) von Gary Thomas, einem weiteren Vertreter kontemplativer Theologie, der eine besondere Form von Mantra Meditation propagiert, hält Driscoll für lesenswert. Die besondere Form von Mantra Meditation, die Gary Thomas anpreist, geht auf den katholischen Priester John Main (1926-1982) zurück, der eine Mantra Meditation nach hinduistischem Vorbild entwickelt hatte.
Man muss Sebastian Hecks oben erwähntem Artikel nicht unbedingt in allen Punkten zustimmen. Dennoch bringt er es auf den Punkt, wenn er über den gegenwärtigen Zustand der Neuen Calvinisten schreibt, dass „nun anscheinend ganz unmerklich die Grenzen verschoben wurden und der Begriff “reformiert” durch Leute wie C.J. Mahaney, Al Mohler und John Piper illustriert, wenn nicht sogar definiert wird, und eben nicht mehr durch Namen wie Johannes Calvin, Heinrich Bullinger, Caspar Olevianus oder, noch besser, durch die Bekenntnisse der reformierten Kirchen durch die Geschichte hindurch... Es steht uns nicht zu, nach eigenem Belieben zu definieren (oder umzudefinieren), was es bedeutet, ‚reformiert‘ zu sein, d.h. was den reformierte Glauben ausmacht.“13
Eine interessante Umfrage von George Barna über die protestantische Bewegung in den USA mit besonderem Augenmerk auf reformierte und calvinistische Strömungen ergab folgenden Befund. Derzeit beschreiben sich 31% der protestantischen Pastoren als calvinistisch/reformiert. Vor einem Jahrzehnt waren es 32% der Pastoren. Die Besucherzahlen in calvinistisch/reformierten Gottesdiensten wuchsen im letzten Jahrzehnt um13% von 80 auf 90 Besucher, während die wesleyanisch/arminianischen Gemeinden einen Besucherzuwachs um 18% von 85 auf 100 Besucher verzeichneten. 17% der reformierten Gemeinden bezeichneten sich als liberal, während sich unter den wesleyanisch/arminianischen Gemeinden nur 13% der Gemeinden zum Liberalismus bekannten.14
Die Zahlen Barnas beschränken sich nur auf Mitgliederzahlen und sagen wenig über die geistliche Stärke einer Bewegung im Allgemeinen oder der Neuen Calvinisten im Besonderen aus. Bislang konnte die Popularität der Neuen Calvinisten offensichtlich kaum in Mitgliederzuwachs umgemünzt werden. Sofern der Neue Calvinismus jedoch erwecklich ist und vor allem die junge Generation erreicht, werden die Neuen Calvinisten dies sicherlich getrost verkraften können.
Es bleibt zu hoffen (und zu beten), dass unter den Neuen Calvinisten eine biblische und damit heilsame Debatte entfacht wird über den Kurs, den diese Bewegung für die Zukunft einschlagen soll. Eine weitere Verweltlichung sowie die Öffnung zu extremcharismatischen Gruppierungen und zur Mystik wird eine weitere Zersplitterung der Bewegung zur Folge haben und kann auf Dauer keine guten Früchte tragen.
Johannes Calvin schrieb 1536 über eitle geistliche Leiter, die ihre eigenen Gedanken mehr lieben als das Wort Gottes:
„Es hätte sich freilich für jene (Kirchenhäupter) geschickt, Beschützer und Wächter des Friedens und Heils zu sein, für dessen Erhaltung sie bestimmt sind. Doch ist es etwas anderes zu leisten, was man schuldig ist, und zu schulden, was man nicht leistet. Und doch wolle man nicht diese unsere Worte in dem Sinne aufnehmen, als sei ich dafür, dass man das Ansehen der Hirten ohne Unterschied, Überlegung und Auswahl erschüttern solle. Nur möchte ich unter ihnen selbst eine Auswahl getroffen sehen, damit man nicht alle, die da Pastoren (Hirten) heißen, sofort als solche anzusehen brauche. Denn daran müssen wir doch schlechterdings festhalten, dass ihre ganze Amtstätigkeit durch den Dienst am Worte Gottes, ihre ganze Weisheit durch die Erkenntnis dieses Wortes, ihre ganze Beredsamkeit durch die Verkündigung dieses Wortes begrenzt sei. Weichen sie davon ab, so müssen sie nach ihrer Einsicht für matt und stumpf, nach ihrer Zungenfertigkeit für Stammler und nach allen Seiten hin für unzuverlässige und pflichtvergessene Menschen gelten, mögen sie nun Propheten sein oder Bischöfe oder Lehrer oder gar noch irgendetwas Größeres! Nicht von dem einen oder andern will ich reden: nein, die gesamte Körperschaft der Priester wird, falls sie Gottes Wort hintansetzen und so von ihrem eigenen Sinne sollte sich treiben lassen, zu reinen Narren werden.“
Der Neue Calvinismus muss sich ganz an das Wort binden, und sich nicht „von seinem eigenen Sinn treiben lassen,“ um auch in Zukunft das ewige Evangelium kraftvoll zu verkünden.
Anmerkungen
1 David Van Biema, The New Calvinism. TIME Magazine, 12. März 2009.
2 John MacArthur im Interview mit Alex Crain, Redakteur von Christianity.com.
YouTube, John MacArthur Predicts Reversal of the Reformed Revival Pt.1/2, (siehe unten).
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 John MacArthur, Settle Down Don’t lose your passion and energy; take charge of it. 23. August 2011.
7 Dr. Peter Masters, The Merger of Calvinism with Worldliness. In: The Sword and the Trowel, 1/2009.
8 Ebd.
9 R. Scott Clark, Recovering the Reformed Confession – Calvinism Old and “New”. 15.3.2009.
URL: http://heidelblog.wordpress.com/2009/03 ... d-and-new/.
10 Sebastian Heck, Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter.
URL: http://www.lebensquellen.de/?p=815.
11 Tim Challies, 10 Questions.
Deutsche Übersetzung: 10 Fragen an John MacArthur.
12 Michael Horton, Reformed and Charismatic?, 22. August 2011.
13 Sebastian Heck, Was bedeutet es „reformiert“ zu sein? Einige Streiflichter. URL: http://www.lebensquellen.de/?p=815.
14 George Barna, Is there a „Reformed“ Movement in American Churches?
15 Ron Kubsch, Reine Narren werden sie sein
Quelle
Gruß Joschie