Evangelisieren unter Kindern - Sonntagsschule

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Gast

Evangelisieren unter Kindern - Sonntagsschule

Beitrag von Gast »

Matth. 5,39 hat geschrieben:Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar
Dieser Bibelvers - geschrieben in einem Heftchen zur Evangelisation unter Kindern - hat bei einem jungen Mädchen viel Leid ausgelöst. Ein junges Mädchen, welches ganz genau und treu dem Wort Gottes leben wollte und diesen Vers wötlich genommen hat. Es hielt auch die andere Backe hin, wenn es geschlagen wurde - sowohl wortwörtlich als auch sinngemäß.

Das führt mich zu der Frage: Wieviel Verantwortung haben erwachsene Christen für ihr Handeln, wenn sie Kinder für Jesus gewinnen wollen. Ist es wirklich damit getan, einfache und vereinfachte Wahrheiten unter die Kinder zu streuen?

lutz
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Beitrag von lutz »

Also ich denke, dass es hier völliger Konsens ist, dass Erwachsene eine enorme Verantwortung gegenüber Kindern haben.

In einem Heftchen zur Evangelisation erwartet man Bibel und Auslegung. Auslegung speziell auf Kinderart (keine hochtrabenden Formulierungen, keine Ansammlung von Fremdwörtern …) – wie du sagst, so einfach wie möglich. Man erwartet auch spezielle Inhalte, weil der Ansprechpartner als „ungläubig“ vorausgesetzt wird. Es ist kein Heftchen für die Gemeinde Gottes.

Ich kenne das Heftchen nicht, aber ich nehme jetzt an dieser Vers steht einfach so da ohne Erklärung.

Wer seine Bibel aufschlägt, liest diesen Vers auch und hier komme ich zu meiner Parallele.
Als ich noch in der Landeskirche war, ging es mal darum ob in eine Schulbibliothek die Bibel gehöre und wie man Schulen Exemplare besorgen könnte ….
Mein damaliger Pastor war der Ansicht, das ginge gar nicht, weil der Laie aus der Bibel, wenn er sie einfach so liest, völlig falsche Schlussfolgerungen ziehen könne.

Daran musste ich jetzt auch denken – „Bibel gehört nicht in Kinderhände!“ Ist das so? Bibel nach FSK – Empfehlung?
– ist für mich nicht denkbar.

Was würde es jetzt für das Kind bedeuten?
Hätte das Kind diesen Vers original in der Bibel gelesen und so gehandelt – so schwer mir das jetzt auch fällt (angesichts des unnötigen Leides), die Treue und Standhaftigkeit würde ich loben.
Das Kind hat es in bester Absicht getan. Es dachte Gott so verstanden zu haben. Es hat nicht bedacht (und hier muss man eben daran denken, es ist ein Kind!) – Gott spricht nicht in losgelösten „Einzelversen“.
Eine Korrektur, dieser Vers würde dies meinen, müsste unbedingt an dieser Stelle sein.
Wenn es jetzt keinen gläubigen Erwachsenen gibt, der hier als Lehrer fungieren kann – habe ich volles Vertrauen in das Wirken des Heiligen Geistes durch die Schrift selbst. Sollte das Kind so „brennend“ sein, dem Wort Gottes treu zu folgen, dann wird es davon lesen, dass dem Bösen zu widerstehen ist … - dann wird es ins Fragen kommen und weiter studieren und immer mehr erkennen und eine falsche wörtliche Interpretation entlarven. Das Leben des Kindes erfährt auf diese Weise immer neue Korrektur. …

Da das Kind nun aber ein Heftchen gelesen hat, wird man sich als Herausgeber dann doch mal Gedanken darüber machen müssen, dass Kinder zum Verständnis (wie auch Erwachsene) mehr als nur einen Vers brauchen. Man wird sich darüber Gedanken machen müssen, was eigentlich das Ziel des Textes an Kinder sein soll … Voraussetzung ist aber hier: dem Herausgeber sollten solche Dinge auch bekannt gemacht werden.

Einfachheit bzgl. Wahrheit ist kein Makel. Es muss nur in Einfachheit eben auch Wahrheit sein. Wenn der Herausgeber jetzt selbst davon überzeugt ist, dass dieser Vers so eine Aussage transportiert (wie das Kind es dann auch zu leben versucht und tut), da wird es schwer sein eine Korrektur zu erreichen. Letztlich ist es immer dieselbe Kette: Falsche Lehre – falsche Einfachheit – falsche Belehrung der Kinder – falsche Praxis….
Die Verantwortung der Erwachsenen sich um Wahrheit zu bemühen ist gar nicht hoch genug zu betonen!

Lutz

Gast

Beitrag von Gast »

Danke für diesen sachlichen Kommentar.

Das Missionswerk, welches diese Hefte herausgegeben hatte, ist übrigens gutbekannt: Es ist das Missionswerk Werner Heukelbach. Ich selbst hatte schon viel früher Hefte dieser Organisation in der Hand und mir war dergleichen nie aufgefallen. Da auch meine Frau nur gute Erinnerungen an diese Heftchen aus dem Kindergottesdienst hatte, blieben wir unktritisch, als unsere Kinder diese Heftchen bekamen. Als ich ich michg dann trotzdem irgendwann einmal dazu aufraffte, mir diese Hefte genauer anzusehen, war ich ziemlich unangenehm berührt. Es gab etliche dieser Heftchen mit Geschichten, welche bei Kindern recht leicht in den "falschen Hals" geraten konnten, besonders, wenn keine Erklärung durch Erwachsene gegeben wurde. Wir haben dann mit unseren Kindern über den Inhalt dieser Hefte gesprochen - und ich setzte mich mit einem Mitarbeiter des Missionswerk eine Weile darüber auseinander. Ob sich dadurch etwas geändert hat, weiß ich nicht, denn wir hielten künftig diese Heftchen von unseren Kindern fern und indem sie älter wurden, gerieten diese uch bald in Vergessenheit.

Damit will ich dieses Missionswerk ganz sicher nicht in schlechten Ruf bringen. Ich glaube, dass durch die Arbeit dieses Werkes viele Menschen Kontakt zu Jesus bekommen haben. Aber ich rate heute allen Eltern junger Kinder, sich wirklich ALLES genau und kritisch anzusehen, was ihren Kindern auch in Kinderstunde und Sonntagsschule mitgegeben wird.

Jose
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Re: Evangelisieren unter Kindern - Sonntagsschule

Beitrag von Jose »

mavone hat geschrieben:
Ich aber sage euch: Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar
Dieser Bibelvers - geschrieben in einem Heftchen zur Evangelisation unter Kindern - hat bei einem jungen Mädchen viel Leid ausgelöst. Ein junges Mädchen, welches ganz genau und treu dem Wort Gottes leben wollte und diesen Vers wötlich genommen hat. Es hielt auch die andere Backe hin, wenn es geschlagen wurde - sowohl wortwörtlich als auch sinngemäß.
Es ist unbedingt wichtig, dass wir biblische Inhalte und Geschichten den Kindern so versuchen zu vermitteln, dass sie es auch verstehen können. Das ist auch meiner Frau sehr wichtig, wenn sie Kinderstunden hält.

Ich muss dir aber ehrlich sagen, dass ich die Reaktion des jungen Mädchens sehr schön finde. Sie hat die Konsequenz erkannt und auch gemerkt, dass sie damit ein großes Problem hätte, sich so zu verhalten. Aber ist es nicht so, dass auch die Erwachsenen mit dieser und vielen anderen Bibelstellen ein sehr großes Problem haben?

Hoffentlich wurde in der betreffenden Kinderstunde auf das Vorbild Jesu kindgerecht hingewiesen und besonders auch erklärt, dass Gott uns dann auch die Kraft dazu gibt, denen die uns Leid zufügen, dennoch in Liebe zu begegnen und ihnen zu vergeben. Darum geht es ja letztlich und ich betone, dass es auch uns Erwachsenen nicht leicht fällt, wie du ja selber weißt, wenn ich an deinen Beitrag vom 15.11.2011 denke. Es geht um die Vergebung und wir merken, wie schwer es ist, denen zu vergeben, die uns Leid zugefügt haben.

Ich staune übrigens, wenn ich von Kindern höre, die in anderen Ländern, wo die Christen verfolgt werden, viel Leid ertragen und dennoch in Liebe ihren Eltern begegnen, die ihnen unter Drohungen und Schlägen verbieten, die Sonntagschule der ungeliebten Missionare zu besuchen. Da sind mir diese Kinder echte Vorbilder.

José

Gast

Beitrag von Gast »

Jose hat geschrieben:Ich muss dir aber ehrlich sagen, dass ich die Reaktion des jungen Mädchens sehr schön finde. Sie hat die Konsequenz erkannt und auch gemerkt, dass sie damit ein großes Problem hätte, sich so zu verhalten.
Ahhja, ganz besonders "schön" waren dann etliche Jahre psychischen Leidens inclusive schwer selbstverletzender Handlungen inclusive nachfolgender heftiger Narbenbildung sowie Suizidversuche...

Verzeih' den Sarkasmus - aber zuweilen ist es ganz gut, wenn man in einen Beitrag nicht mehr hineinliest, als darinnen zu lesen ist - finde ich.

Jose
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Evangelisieren unter Kindern

Beitrag von Jose »

mavone hat geschrieben:
Jose hat geschrieben:Ich muss dir aber ehrlich sagen, dass ich die Reaktion des jungen Mädchens sehr schön finde. Sie hat die Konsequenz erkannt und auch gemerkt, dass sie damit ein großes Problem hätte, sich so zu verhalten.
Ahhja, ganz besonders "schön" waren dann etliche Jahre psychischen Leidens inclusive schwer selbstverletzender Handlungen inclusive nachfolgender heftiger Narbenbildung sowie Suizidversuche...
War das die Folge der Kinderstunde? Wir müssen das nicht hier im Forum ausdiskutieren, aber ich kann es mir nicht vorstellen, dass die Kinderstunde und die zitierte Bibelstelle daran schuld sein sollen, wie das als Behauptung im Raum steht.

Als ich vor Jahren mal mit Kindern auf einem Spielplatz sprach (es ergab sich so), erzählte ich ihnen auch, dass ich als Kind von einem Auto angefahren wurde und seitdem nicht mehr gut laufen kann. Aber, so sagte ich ihnen weiter, ich habe dann Jesus gefunden und bin seitdem froh, ein Gotteskind zu sein. So sinngemäß hatte ich zu den Kindern geredet. Als ich sie dann fragte, ob sie auch zu Jesus kommen wollen, sagte ein Kind spontan: "Aber ich will nicht von einem Auto angefahren werden". Ich erschrak über die Reaktion, aber wir konnten dann darüber reden und es klären.

Wir wissen nicht immer, wie unsere Worte auf Kinder wirken, und auch nicht, wie sie auf Erwachsene wirken. Aber wenn wir alles im Aufblick zu Gott tun, dürfen wir darauf vertrauen, dass Er Gnade dazu schenkt.

José

Gast

Beitrag von Gast »

Jose hat geschrieben:War das eine Folge der Kinderstunde?
Eine Folge des falschen Handelns vieler wohlmeinender, aber vollkommen ahnungsloser und unfähiger Christen sowie dem zu hoch angesetzten Respekt ihrer Eltern vor allem, was im Zusammenhang mit "Leitung" gepredigt worden war. Es kam da wohl allerhand zusammen unter dem Deckmäntelchen falscher Liebe. Dieser zusammenhanglos benutzte Vers allerdings war viele Jahre der Aufhängepunkt, weil er Lösung aus den Leimruten verhinderte.

Jose
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… weil er Lösung aus dem Leimruten verhinderte !?

Beitrag von Jose »

mavone hat geschrieben:Eine Folge des falschen Handelns vieler wohlmeinender, aber vollkommen ahnungsloser und unfähiger Christen sowie dem zu hoch angesetzten Respekt ihrer Eltern vor allem, was im Zusammenhang mit "Leitung" gepredigt worden war. Es kam da wohl allerhand zusammen unter dem Deckmäntelchen falscher Liebe. Dieser zusammenhanglos benutzte Vers allerdings war viele Jahre der Aufhängepunkt, weil er Lösung aus den Leimruten verhinderte.
Danke für deine zusätzliche Erklärung, Mavone. Ich ahne, dass hinter der Begebenheit sich eine Tragödie für das Kind befand, wenn ich bedenke, dass es über Jahre hinweg "in eine Falle steckte" und wohl lange vergeblich auf Hilfe der Erwachsenen hoffte.

Unsere Kinder haben auch Schriften vom Missionswerk Werner Heukelbach gelesen, aber das Wort hätte bei ihnen nie die Reaktion ausgelöst, dass sie zu jedem ihnen zugefügten Leid geschwiegen hätten. Als Eltern waren wir bemüht, ihnen klarzumachen, dass es auch böse Taten gibt, denen man sich zur Wehr setzen muss und über die man nicht schweigen darf.


Wenn ich nun versuche deine Eingangsfrage zu beantworten:
mavone hat geschrieben:Wieviel Verantwortung haben erwachsene Christen für ihr Handeln, wenn sie Kinder für Jesus gewinnen wollen. Ist es wirklich damit getan, einfache und vereinfachte Wahrheiten unter die Kinder zu streuen?
Die Verantwortung ist unvorstellbar groß, denn Jesus sagt: "Wenn aber jemand einem dieser Kleinen, die an mich glauben, Anlass zur Sünde gibt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde" Mt 18,6. Wir sind alle eingeschlossen in diese Verantwortung, durch das was wir reden und was wir den Kindern vorleben.

José

Gast

Beitrag von Gast »

Jose hat geschrieben:Ich ahne, dass hinter der Begebenheit sich eine Tragödie für das Kind befand
So ist es. Wobei noch hinzu kam, dass dieses Kind von klein an einen Hang zum Ungehorsam hatte.

Es soll kein Geheimnnis sein, dass es sich bei diesem Mädchen um unsere inzwischen längst erwachsene Älteste handelt.

Natürlich werde ich hier nicht in Einzelheiten gehen. Was ich auch noch einmal betonen möchte ist, dass es eine wirklich hohe Verantwortung ist, die erwachsene Christen da gegenüber Kindern tragen - und natürlich nicht nur gegenüber ihren eigenen Kindern. Und es ist leider nicht so, wie es uns nicht wenige Christen haben weismachen wollen: Auch wenn wir Fehler machen - der Herr wird's schon richten. Nein, wir müssen unser Hirn schon einschalten und unser Mögliches tun. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Gott Schaden von unseren Kindern abhalten kann und das auch tut. Dennoch werden weder wir noch unsere Kinder davor bewahrt, dass unsere Fehler Konsequenzen haben.

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