Gruß MatzeMeine geliebte Gemeine!
Das ist der Trost des Evangeliums, daß Christus uns Alles hat wiedergebracht, was wir in Adam
verloren haben. Es ist uns ein neues Paradies von Gott, dem Herrn, gepflanzt worden. Durch den
Geist des Glaubens, den Geist der Wiedergeburt, werden wir am Glauben umgeschaffen, um als
eine neue Kreatur in diesem neuen Paradiese zu wohnen. Wie aber Adam in den Garten gestellt
wurde, denselben zu bebauen und zu bewahren, so sind wir auch in den neuen Garten gestellt, den-
selben zu bebauen und zu bewahren, aber mit dem Unterschied, daß das Bleiben darin damals von
Adams Gehorsam abhing, nunmehr aber uns zugesichert ist im Glauben an Christi Gehorsam.
Das Evangelium eröffnet dieses neue Paradies allen Elenden und dasselbe Evangelium, so wie auch die
heiligen Sakramente künden es uns an, machen uns des gewiß, daß wir in diesem neuen Paradies
ein ewiges Bleiben haben aus Gnaden, ohne Werk des Gesetzes unsrerseits.
Durch die Spendung ewiger Gnade haben wir heute Bedienung der heiligen Taufe und am näch-
sten Tage des Herrn Bedienung des heiligen Abendmahles. Die heilige Taufe kündet uns kraft des
Wortes, welches mit dem Wasser über uns hergeht, an, vergewissert es uns, daß wir, die da glauben,
mit unsern Kindern in Christi Tod und Auferstehung, mit Christo aus dem ewigen Tod ins ewige Leben sind übergegangen, daß wir in Christo neugeschaffen sind, ein königliches und priesterliches
Volk, zugerüstet zu allem guten Werk. Das heilige Abendmahl kündet uns kraft des Wortes, welches
mit dem Wein und Brot ist, an, vergewissert es uns, daß Christus unser Baum des Lebens ist und
daß wir in seinem Fleisch und Blut wahrhaftige Stärkung und Nahrung grade dazu haben, um das
neue Paradies zu bebauen und zu bewahren. Beide Sakramente vergewissern uns also die vollkom-
mene Vergebung von Sünden im Blute Christi; beide sagen es uns, daß wir als eine neue Kreatur in
Christo, im Paradiese unseres Gottes dastehen; beide sollen uns guten Muts machen, den neuen
Garten zu bebauen und zu bewahren trotz allem, was uns widersteht.
Ich habe Ursache zu bezweifeln, daß ihr das alle recht versteht. Die Eigenliebe meint, Gott tue
Alles um unseretwillen, während doch der Sohn Alles um des Vaters und der Vater Alles um seines
Christi willen tut. Es ist ausgemacht, daß der Mensch gerecht wird am Glauben, ohne Werk des Ge-
setzes. Nachdem aber Christus das Werk vollbracht hat auf Erden, das der Vater ihm zu tun gege-
ben, nachdem Christus den Rechtsgrund unserer Seligkeit vor dem Vater gelegt hat ohne unser Zu-
tun, und wir also ohne unser Zutun eben so gewiß selig werden, als wir ohne unser Zutun geboren
werden: so sollt ihr es doch auch für euch selbst wissen, daß Gott um seines Christi willen, durch
seinen heiligen Geist sein Volk in allen Gott gefälligen Werken sich bewegen und einhergehen läßt,
so gewiß als er es in Christo in einem Stande guter Werke geschaffen hat.
Etliche von euch wissen dies, werden aber sehr entmutigt, weil sie es anerkennen, aber damit
nicht vorankönnen; etliche dagegen, die es wissen, erkennen es nicht an, werden darum auch nicht
entmutigt, und meinen doch genug zu haben, um sich in der Entscheidungsstunde vor dem Herrn zu
verantworten. Wohlan, ich will in dieser Stunde in kurzem eine Parabel behandeln, jenen zum Troste, diesen zur Warnung.
Matthäus 25,14-30
Gleichwie ein Mensch, der über Land zog, rief seine Knechte und tat ihnen seine Güter aus. Und
einem gab er fünf Zentner, dem andern zwei, dem dritten einen, einem Jeden nach seinem Vermö-
gen; und zog bald hinweg. Da ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit
denselben und gewann andere fünf Zentner. Desgleichen auch der zwei Zentner empfangen hatte,
gewann auch zwei andere. Der aber Einen empfangen hatte, ging hin und machte eine Grube in die
Erde und verbarg seines Herrn Geld. Über eine lange Zeit kam der Herr dieser Knechte und hielt
Rechenschaft mit ihnen. Da trat herzu, der fünf Zentner empfangen hatte, und legte andere fünf
Zentner dar und sprach: Herr, du hast mir fünf Zentner getan; siehe da, ich habe damit andere fünf
Zentner gewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Ei du frommer und getreuer Knecht, du bist über
wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen, gehe ein zu deines Herrn Freude. Da trat
auch herzu, der zwei Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Zentner getan;
siehe da, ich habe mit denselben zwei andere gewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Ei du frommer
und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen, ich will dich über viel setzen, gehe ein
zu deines Herrn Freude. Da trat auch herzu, der einen Zentner empfangen hatte, und sprach: Herr,
ich wußte, daß du ein harter Mann bist; du schneidest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, da du
nicht gestreuet hast; und fürchtete mich, ging hin und verbarg deinen Zentner in die Erde. Siehe, da
hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du Schalk und fauler Knecht!
Wußtest du, daß ich schneide, da ich nicht gesät habe, und sammle, da ich nicht gestreuet habe: So
solltest du mein Geld zu den Wechslern getan haben, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das
Meine zu mir genommen mit Wucher. Darum nehmet von ihm den Zentner und gebet es dem, der
zehn Zentner hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und wird die Fülle haben; wer aber
nicht hat, dem wird auch, das er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werfet in die
äußerste Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappern.
Wir finden diese Parabel auch im Evangelio Lukä am 19. Die Erzählung ist daselbst etwas ver-
schieden. Hier steht sie in unmittelbarer Verbindung mit der Parabel von den zehn Jungfrauen und
mit den Worten: „Darum wachet, denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in welcher des Menschen
Sohn kommen wird“; dort folgt sie auf die Mutmaßung Etlicher, daß das Reich der Himmel wohl
bald würde offenbar werden, und steht in Verbindung mit der Vorstellung: „Seine Bürger aber waren
ihm feind und schickten Botschaft ihm nach und ließen ihm sagen: Wir wollen nicht, daß dieser
über uns herrsche.“ Hier bekommt Einer fünf Zentner und gewinnt damit fünf Zentner, der Andere
zwei und gewinnt damit zwei, und Einer empfängt Einen Zentner und begräbt ihn in die Erde. Dort
bekommt Jeder Einen Zentner, der Eine gewinnt damit zehn, der Andere fünf, der Dritte verbirgt
seinen Zentner in einem Schweißtuch. Dort wird dem Ersteren gesagt: „Du sollst Macht haben über
zehn Städte“, dem Andern: „und du sollst sein über fünf Städte“. Hier wird den beiden Ersten ge-
sagt: „Ich will dich über viel setzen, gehe ein zu deines Herrn Freude.“
Es hat dem heiligen Geiste gefallen, dieselbe Parabel uns hier so und beim Evangelisten Lukas
etwas anders mitzuteilen, uns zum Guten, je nach dem wir stehen.
Wir wollen die Verschiedenheit der Vorstellung berücksichtigen, indem wir die Parabel auslegen.
Der Zweck der Parabel ist dieser: daß wir sorgen, daß wir haben. Haben? Was? Öl in den Lam-
pen; mit andern Worten, daß wir im Stande guter Werke erfunden werden auf des Herrn Tag. Darum
sagt der Herr: „Wer da hat, dem wird gegeben werden, daß er die Fülle habe; wer aber nicht hat,
dem wird auch, das er hat, genommen werden“. Zum Beispiel: die klugen Jungfrauen nahmen Öl
mit in ihren Lampen, da wurde es ihnen auch gegeben, daß sie mit eingingen in die Freude des
Herrn; dagegen hatten die törichten Jungfrauen nichts, weil sie kein Öl in ihren Lampen hatten, – so
waren sie denn nicht bereit. Welche bereit waren, gingen mit hinein zur Hochzeit, – und den törich-
ten Jungfrauen wurde das Eingehen genommen: die Tür ward verschlossen.
Ihr wisset es Alle, daß namentlich der Apostel Paulus uns den Tag Christi vorhält, den Tag des
jüngsten Gerichts, daß er darum so gewaltig den Glauben predigt, auf daß wir an jenem Tage erfül-
let seien mit Früchten der Gerechtigkeit, durch Jesum Christum. Denket nur an 2. Korinther 5, na-
mentlich Vers 10, 15, 17, 20, 21 und 1. Thessalonicher 5, Vers 23. Ihr wisset es Alle, daß der Apo-
stel darum auch so viel vom Gerüstet-sein und vom Wachen und Beten ohne Unterlaß schreibt. Sol-
che Predigt hat er von des Herrn Geist gelernt, der uns diese Parabel vorhält, auf daß wir wachen,
das ist: sorgen, daß wir mit allem dem versehen seien, womit wir versehen sein müssen an seinem
Tage, daß wir uns mit freudigem Mute zu seinem Königreiche und Dienst bekennen, ihn als unsern
König bekennen und ob seinen Reichsbefehlen treulich halten, mitten in einem verdrehten und bö-
sen Geschlecht, das von Seiner königlichen Herrschaft und von wahrer Treue gegen ihn nichts wissen will.
Das ist nun die Bedeutung der Parabel:
Der Mensch, der Edle, der über Land oder fern in ein Land zieht, ein Reich einzunehmen, ist der
Sohn Gottes, unser hochgelobter Heiland und König, Jesus Christus. Das ferne Land ist der Him-
mel. Mit dem baldigen Ziehen dahin meint der Herr sein Leiden und Sterben, sein Begrabenwerden,
seine Auferstehung und seine Himmelfahrt.
Das Reich, das er einzunehmen geht, ist das Reich der Gnade und der Herrlichkeit, welches er
von dem Vater empfangen als Lohn für die Arbeit seiner Seele. Seine Knechte, die er vor der Hin-
reise zusammenruft, sind alle diejenigen, die sich zu seinem Namen bekennen und in seinen Dienst
freiwillig übergegangen sind. Diese Knechte bekommen nach Lukas, zehn an der Zahl, alle ein
Pfund, das will sagen, daß ihnen allen dieselbe Gnade der Berufung zuteil wird. Nach Matthäus be-
kommt ein Teil fünf Pfund, ein anderer Teil zwei, ein dritter ein Pfund. Daß es daselbst heißt, daß
der Dritte so viel weniger bekommt, ist nach der Redensart der Selbstentschuldigung solcher Men-
schen, die da vorgeben: „Ich habe auch so viel Gnade, ich habe solchen Glauben, wie dieser oder je-
ner da nicht bekommen“, – und ist eine Zurechtweisung: „Ich suche bei dir nicht viel; was hast du
mit dem Wenigen gemacht, das dir gegeben wurde?“
Die Pfunde selbst sind nicht Gaben, wie man gewöhnlich von Gaben spricht, sondern es sind die
guten Worte Gottes, welche einem Jeglichen anvertraut werden. Das Gewinnen mit den Pfunden be-
deutet: das sich Benehmen nach diesen Worten, ein Jeglicher in seinem Kreise, wohinein ihn Gott
gestellt hat. Daß der Herr einem Jeglichen „nach seinem Vermögen“ gibt und das Anvertraute „we-
nig“ nennt, will sagen: daß er Niemanden Übermenschliches auferlegt, von uns keine sonderlichen
Wagstücke fordert, auch alle Verhältnisse und Umstände so ordnet für einen Jeden, daß er mit den
anvertrauten Worten Gottes sich durchschlagen kann. Die Bestimmung des Lohnes von zehn Städ-
ten und fünf Städten, bei Lukas, hat man als Schmuck der Parabel und nicht so zu verstehen, als
gäbe es mehr als einen Himmel der Seligkeit, als sollte der Eine demnach einen seligeren Himmel
haben, als der Andere, oder als hätten die Vollendeten Einfluß auf die irdischen Geschicke; denn in
dieser Beziehung heißt es: „Abraham weiß von uns nicht und Israel kennet uns nicht“, und es gilt allen Gläubigen: „wir werden ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie er ist.“ – Es will sa-
gen, daß ein Jeglicher je nach seiner Treue aus dem Ozean der Vollkommenheiten des vollseligen
Gottes im Himmel genießen wird. Denn in Gott ist ein Ozean der Seligkeit; je nach dem die Treue
ist, schöpft man daraus. – Daß derjenige, der zehn Pfund hat, auch noch das eine des faulen Knech-
tes bekommt, deutet des Herrn Freimacht an; und zeigt die Einrede: „Herr, er hat zehn Pfund“ wie
schwer alle Geschöpfe diese Freimacht verstehen. Hinwiederum wird einem Jeglichen die Krone
vorgehalten. Ihr wisset, was Paulus schreibt, 1. Kor. 9,24-27. Das Kleinod aber ist die Freude die
man schmeckt, daß der Herr König geblieben und seine Ehre gefördert ist. Zu den beiden Ersteren
spricht indes der Herr ein und dasselbe: „Gehe ein zu der Freude deines Herrn.“ – Das Wiederkom-
men des Herrn war am Tage der Zerstörung Jerusalems, ist fortwährend in allerlei Gerichten, ist am
Sterbetage eines Jeglichen von uns und wird völlig offenbar am Tage des jüngsten Gerichts. – Daß
der Eine zehn, der Andere fünf, oder der Eine fünf, der Andere zwei Pfund gewinnt, hat man zu ver-
stehen, wie von dem Samen, der in die gute Erde fiel, wovon Etliches hundert-, Etliches sechzig-,
Etliches dreißigfältig trug. – Wenn die treuen Knechte bei Lukas sagen: „Dein Pfund hat zehn“
„Dein Pfund hat fünf Pfund gewonnen“, so bekennen sie, daß des Herrn Pfund es getan und nicht
sie; und wenn sie bei Matthäus sagen: „Mit deinem Pfund habe ich so und so viel gewonnen“, so
bekennen sie es eben so, wo der Gewinn herkommt. Sie sagen es aber mit Freudigkeit aus, daß sie
es mit des Herrn Pfunden gewonnen haben, in dem Sinne, wie Paulus bezeugte: „Ich habe mehr ge-
arbeitet denn sie alle, nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes mit mir“, und wie wir es mit der 86.
Antwort unseres Katechismus bekennen: „Danach auch, daß wir bei uns selbst unseres Glaubens
aus seinen Früchten gewiß seien.“ Denn die Aufrichtigen dulden die Verleumdung der Welt, aber
gerade aus der Anfechtung heraus sagen sie es mit Hiob: „Ich weiß, daß ich gerecht bin“ und mit
David: „Ich wasche meine Hände in Unschuld und gehe um deinen Altar.“ „Der Herr vergilt mir
nach meiner Gerechtigkeit, nach der Reinigkeit meiner Hände, die bei mir ist.“ – Und sie sehen mit
Moses an „die Belohnung“.
Der dritte Knecht ist eben so wohl ein Knecht des Herrn, als die beiden vorigen. Nach Lukas hat
er eben dasselbe von des Herrn Gütern empfangen, was die ersteren empfangen haben; nach Mat-
thäus hat er nicht zu viel und nicht zu wenig. Er hat auch empfangen nach seinem Vermögen. Daß
er eine Grube in die Erde macht und seines Herrn Geld verbirgt oder in ein Schweißtuch legt, will
sagen: daß er die ihm anvertrauten Worte des Herrn bei sich aufbewahrt, indes gar nicht danach
handelt in seinem Kreise und in seinem Beruf, wohinein ihn der Herr gestellt. Er weiß seines Herrn
Willen wohl, aber er tut ihn nicht. Weil er die Ehre der Menschen lieber hat, als die Ehre Gottes,
oder seinen Bauch zu seinem Gott gemacht hat und sich überhaupt von seiner Eigenliebe, von der
Luft, von der Welt und von dem Sichtbaren knechten läßt: hält er die Wahrheit in Ungerechtigkeit
so oft nieder, als er nach den ihm anvertrauten Worten Gottes zu handeln hätte, aber das Seine und
sich selbst nicht dran geben will. Daß er ebenso freimütig herzutritt, als die Übrigen, gibt seine un-
glückselige Sicherheit kund, nach welcher er mit den treuen Knechten und Mägden Gottes in Reih
und Glied auftritt. Die Antwort, die er dem Herrn gibt, kommt aus seiner völligen Verblendung her-
vor, er weiß aber besser darum. Was er antwortet geht darauf hinaus: „Ich wußte, daß du Alles hast
bestimmt nach einem mir unbekannten Rat; wagte ich es mit dem Anvertrauten und ginge es nicht
gut, so würdest du mich strafen; ginge es gut, so wußte ich nicht, ob ich nicht, hie oder da, doch
nicht recht gehandelt und ob es wohl zu deiner ganzen Zufriedenheit würde gewesen sein. Machte
ich es so, so war es möglich, daß ich nicht wohl getan, und machte ich es anders, so war es möglich,
daß es auch nicht wohlgetan war; ich habe es darum für das Beste befunden, nichts zu tun. Was du
mir indes anvertraut hast, habe ich ehrlich bewahrt, da hast du es wieder; willst du etwas damit
getan haben, so tue es selbst, denn wer kann aus dir klug werden? Ich war bange vor deinem Zorn,
wenn ich es etwa nicht gut gemacht haben würde, darum überlasse ich dir die ganze Geschichte;
kommt man mit Werken, so sprichst du vom Glauben, kommt man mit Glauben, so willst du Werke.“
In Summa: ein fauler Knecht ist unter dem Gesetz, obschon er unter dem Evangelio zu leben
scheint und von der Gnade spricht. Wie er aber unter dem Gesetz ist, so will er fortwährend voller
Bosheit demjenigen nacheifern, der in Wahrheit die Werke hat. Er ist Gottes, des Herrn, Affe und al-
ler Aufrichtigen Affe. Er sieht den Aufrichtigen nach den Händen; wie die es tun, will er es auch
tun. So ist er immer am Nachäffen, aber Ohren und Herz sind ihm unbeschnitten. Gerade das, was
er tun soll, wie es ihm sein Gewissen sagt, läßt er bleiben. So bewahrt er sein Pfund in dem Schrank
und gleißt fortwährend äußerlich; das weiß er selbst wohl. Der Herr ist indes kein harter Herr und
der Aufrichtige ist auch nicht hart, aber der Faule ist hart wie Stein, setzt seine Lust durch und will
doch fromm heißen.
Daß der Herr ihn aus seinem Munde richtet, will sagen: daß der Schalk und Faule eben daraus
gerichtet wird, womit er sich zu entschuldigen sucht, und daß ihm keine Gelegenheit gegeben wird,
alle die Werke hervorzubringen, in welchen er sich hat abgemüht mit Hintansetzung eben desjeni-
gen, was ihm als der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes bekannt war. Mit den Wor-
ten: „so solltest du mein Geld den Wechslern gegeben haben“ meint der Herr, so solltest du denn die
Sache denen in die Hände gelegt haben, welche den Wert meiner anvertrauten Worte erkennend, für
dich danach handeln wollen, und solltest ihnen nicht die Möglichkeit genommen haben, mit dem
Meinen, was ich dir anvertraut, zu wuchern. Wer einen harten Herrn hat, soll eben deswegen um so
fleißiger sein in seiner Pflicht.
Wollt ihr Namen, die es am klarsten bezeichnen, wie wahr die Aussage ist: „Wer da hat, dem
wird gegeben, und wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er
hat“, so nenne ich euch bloß David und Saul.
„Die äußerste Finsternis“ aber ist erstens: die Beraubung alles Lichtes der Erkenntnis der Gnade,
so daß der heilige Geist mit seiner Wirkung von dem Menschen weicht, und zweitens: das ewige
Verstoßensein von dem Angesichte Gottes in die Hölle. Da ist Heulen aus zu später Reue, daß man
dem heiligen Geiste widerstanden, und Zähneklappern vor Ärger, daß man das Zeitliche und das
„Ich“ hat vorgezogen und sich selbst nicht hat verleugnen wollen.
Es würde uns zu weit führen, wollten wir mit der Anwendung der Parabel auf allerlei Einzelhei-
ten eingehen. Wir wollen uns für diesmal kurz fassen. Die Parabel bei Lukas sagt mehr im Großen
und Ganzen, daß von der Zeit an, da Christus gen Himmel gefahren ist, bis daß er wiederkommt,
die Gemeine durch allerlei Drangsale hindurch muß. Bis daß der Herr wiederkommt, ist den Seinen
der Kampfplatz angewiesen. Der Herr hat den Seinen das Wort der Gerechtigkeit des Glaubens an-
vertraut, dieses Wort schafft Frucht. Da ist es nun die Aufgabe für Alle, die den Namen des Herrn
anrufen: abzustehen von aller Ungerechtigkeit; die Aufgabe: sich mit dem Worte vom Glauben
durchzuschlagen; die Aufgabe: darüber zu wachen, daß sie bei diesem Worte beharren bis ans Ende,
auf daß die Frucht des Geistes bei ihnen gefunden werde am Tage der Erscheinung unseres großen
Gottes und Seligmachers. Der Endzweck des Gebots nun ist: Liebe von reinem Herzen und von gu-
tem Gewissen und von ungefärbtem Glauben. Solches versteht der faule Knecht nicht. Was er ant-
wortet, wird er eigentlich dem Herrn nicht so antworten, aber seine Denkungsart ist so, daß es bei
ihm heißt: „Ich kann es ihm doch nicht gut machen, darum gehe ich meinen eigenen Weg, ich glau-
be und so werde ich selig.“ Er stützt sich auf selbst gewählte Werke, aber mit dem Worte es zu wa-
gen, fällt ihm nicht ein, denn das kostet Selbstverleugnung, Verleugnung seiner Gelüste, des Haltens ob dem Sichtbaren, ob Geld, Gut, Amt und Ehre bei Menschen, ob dem äußerlichen Frieden und
dem Ruhm, daß er’s getan habe.
Bei Matthäus greift die Parabel noch mehr ins Besondere hinein. – Und nun höret! Unser Herr
Jesus, der gen Himmel aufgenommen wurde, wird also wiederkommen auf den Wolken mit seinen
heiligen Engeln, zu richten die Lebendigen und die Toten, da wird er denn seine Frucht haben wol-
len. Ihr seid nun Alle Dienstknechte und Dienstmägde des Herrn, er hat euch seine Güter ausgeteilt,
er hat euch die gesunde Lehre anvertraut. Ihr selbst wisset es, daß der wahre Glaube kein toter ist,
sondern daß der wahre Glaube die Werke hat; so wird denn der Herr, wenn er kommt, nach den
Früchten fragen, danach fragen, was ein Jeglicher von euch mit seinem Pfund gewonnen hat. Wollt
ihr den Markt kennen, wo mit dem Pfunde gewonnen wird? Der Markt ist für euch, Ehemänner:
eure Frauen; für euch, Ehefrauen: eure Männer; für euch, Eltern: eure Kinder; für euch, Kinder:
eure Eltern; für euch, Herrn und Frauen: eure Hausknechte und Hausmägde; für euch, Hausknechte
und Hausmägde: eure Herren und Frauen; für euch, die ihr ledigen Standes seid: euer lediger Stand.
Der Markt ist für einen Jeglichen von euch: sein Beruf, wozu Gott ihn berufen; der Markt ist für
einen Jeglichen von euch: sein Kreis, sein Geschäft, sein Amt, sein Erwerb, sein Haus, sein Gesin-
de, sein Nächster, womit Gott ihn zusammenbringt. Hier müssen die euch anvertrauten Worte ins
Leben übergegangen sein, daß es keine gehörten Worte seien, sondern daß nach denselben getan sei
von einem Jeglichen in seinem Kreise und also auch der Nächste dem Herrn gewonnen sei dadurch,
daß ihr es selbst auch tut, was ihr lehrt und wovon ihr wollt, daß die Anderen es tun. Da sind wir!
Wer ist hier der treue Knecht, der es mit gutem Gewissen im heiligen Geiste weiß, daß er für den
Herrn gewinnt mit dem anvertrauten Pfunde? Er sei doch guten Muts, obschon er mit Tränen säen
muß, und er beachte des Herrn Wort, das er dereinst vernehmen wird aus seinem Munde: „Gehe ein
in deines Herrn Freude.“ Sein Rufen: „komm, Herr Jesus,“ wird so wenig vergeblich sein, als sein
Säen unter hartem Kampf.
Aber wer ist hier der faule und unnütze Knecht, von dem auch genommen werden wird das, was
er hat, und der in die ewige Finsternis wird geworfen werden? O, daß ein Jeder von uns es lese und
höre mit Zittern und Beben! Ich weiß es wohl, daß Niemand von uns es sein will, aber ein Jeder sei
gewarnt und wisse auch, daß, wer sich selbst richtet und sich bekehrt, am allerersten außer Gefahr
ist, vom Herrn mit dem unnützen Knecht verdammt zu werden. Wer wissen will, ob er ein fauler
und unnützer Knecht ist oder nicht, der prüfe sich selbst, wie er es macht, ein Jeder in seinem Krei-
se, wo ihn Gott hingestellt: ob er da im Geist und in der Wahrheit mit den Seinen lebt und handelt,
ob er im Geist und in der Wahrheit mit seinem Nächsten umgeht, ob er es im Ganzen so macht, daß
die gesunde, ihm anvertraute Lehre bei ihm kein leeres Wort, sondern Tat und Kraft sei! Ein unnüt-
zer und fauler Knecht meint den guten Glauben und das gute Bekenntnis bei sich selbst zu bewah-
ren, aber das, was er weiß, daß er tun soll, tut er nicht; dagegen bietet er Alles auf, um sich ange -
nehm zu machen mit Werken, die ihm einfallen, und die er anbringt, wo er es nicht tun soll. – Das
macht die Eigenliebe, die sich selbst behaupten, nie aber sich selbst verurteilen und Gott recht ge-
ben will und darum auch nie durchbricht, sondern stets mit beflecktem Gewissen beim guten Vorha-
ben und bei ihrer guten Meinung von sich bleibt. Man tut oft über die Maßen mit Laufen und Wol-
len seine vermeinte Schuldigkeit, aber nie seines Herrn Willen. Man sieht nach den Menschen; der
Hals, der Bauch, die eigene Lust laufen Gefahr, oder man hat dabei ein Stückchen Geld weniger in
Aussicht: da lenkt man ein, will doch für den Herrn sein, man gibt nach, und das anvertraute Wort
liegt in einem Schweißtuch, liegt begraben in der Erde; dort bewahrt man seinen Schatz gut, denn
man hat keinen im Himmel.
Wollt ihr der Gefahr entronnen sein, als unnütze Knechte vom Herrn verdammt zu werden, so tut
das, wozu ihr nach Gottes Wort berufen seid, wie es euch euer eigen Gewissen sagt. Beginnt es aber
so, daß ihr euch vor dem Herrn demütiget, die Schuld bei euch selbst sucht, euch selbst verdammt
und des Herrn Gerechtigkeit und Stärke ergreift. Denn das macht einen faulen und unnützen
Knecht, daß man nicht aus Glauben will gerecht sein. Was aus Glauben gerecht ist, verwirft immer-
dar sich selbst, verleugnet sich selbst und glaubt Gottes Gerechtigkeit, es hält sich an das, was nicht
gesehen wird; darum ist die Liebe da, welche die Erfüllung des Gesetzes ist. Was aus Glauben ge-
recht ist, glaubt, daß es Gottes Geschöpf ist, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken; gerade für
solche sind darum auch die heilige Taufe und das heilige Abendmahl Zeichen und Siegel, daß sie
gegen alle ihre Ohnmacht aus des Herrn Fülle genommen haben Gnade um Gnade und also Alles
vermögen in dem sie mächtig machenden Christo.
Indem ich einen Jeglichen von euch warne vor dem Grundsatz: „was geht mich mein Nächster
an, daß ich bei ihm meine Pflicht tun sollte; ich glaube für mich selbst und mein Nächster hat sich
nach mir zu fügen; so werde ich selig“, und indem ich es euch einschärfe, daß der Herr die Früchte
der Gerechtigkeit des Glaubens ohne Werke bei uns suchen wird, nämlich Liebe Gottes und des
Nächsten, schließe ich diese Predigt mit der Bemerkung, daß der Herr nie und nimmer schneidet,
wo er nicht gesät hat, nie und nimmer sammelt, wo er nicht gestreuet hat. Solches sage ich den An-
gefochtenen zum Trost, die mit dem Apostel klagen: „Er hat mir einen Pfahl ins Fleisch gegeben,
einen Satans-Engel, der mich mit Fäusten schlägt“.
Der Geist aus der Höhe, der von unserm Herrn erworbene Geist, mache einen Jeden von euch bei
der Bedienung der Sakramente, heute und über acht Tage darauf aufmerksam, wie diese Sakramente
es uns vergewissern, daß wir volle Vergebung aller unserer Sünden und das Recht auf das ewige Le-
ben haben und geschaffen sind in Christo in einem Stande guter Werke; und wie der treue Erbarmer
uns in demselben befestigen und erhalten will bis an des Herrn Tag, auf daß es von Niemanden von
uns dermaleinst heiße: „Den unnützen Knecht werfet in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein
Heulen und Zähneklappern“. Amen
Quelle:http://www.licht-und-recht.de/
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