Ich finde es gut wenn es Christen gibt, die sich mit Politik aktiv beschäftigen. Jedes Land braucht meiner Meinung nach christliche Politiker, die biblische Werte vertreten.
Das geht eigentlich nicht. Denn wenn "christliche" Politiker mit ihren Worten "biblische" Werte vertreten, aber mit ihrem Leben zwangläufig äußerst kompromißbereit umgehen, dann schadet das dem Evangelium möglicherweise sehr.
Das erste Problem ist:
Die Politik selbst entstammt einer Philosophie, die der Bibel entgegengesetzt ist. Die Bibel hat ein klares Menschenbild: Der Mensch ist durch und durch böse und kann ausschließlich durch Gottes Kraft Gutes wirken. Die Politik ist Ausdruck eines anderen Menschenbildes: Der Mensch sei weder gut noch böse, sondern kann einzeln und in der Gesellschaft sowohl Gutes als auch Böses vollbringen, je nachdem, welche Werte und Maßstäbe er seinem Handeln zugrundelegt. Das ist auch der Grund, warum sich die Politik fast ausschließlich mit dem Erlassen und Optimieren von Gesetzen sowie mit deren Durchsetzung befaßt.
Desweiteren ist das, was wir heute "Politik" nennen, in sich eine Rebellion gegen Gott. Gott hat in der Tat "Obrigkeiten" eingesetzt: Könige, Fürsten und so weiter. Die haben wir anfang des 19. Jahrhunderts (als Folge der französischen Revolution) europaweit abgesetzt und das Volk sich selber ihre Herrscher aussuchen lassen. Zudem darf das Volk alle vier Jahre seine Meinung ändern, um dem Zeitgeist angemessen Rechnung zu tragen.
In der "vordemokratischen" Ära war der Herrscher
Gott gegenüber verantwortlich. Ein Regent konnte seine Güter an nachfolgende Generationen weitervererben und hatte somit, selbst wenn er ein selbstsüchtiger Schurke war, ein Interesse daran, langfristig für Wohlstand zu sorgen. Denn von einem frustrierten, von Krankheit geplagten, ungebildeten oder unterernährten Volk konnte man ja wenig Produktivität und somit nur geringe Steuereinnahmen erwarten. Desweiteren braucht man ein "fittes" Volk, um zum Schutz der eigenen Macht und der Güter im Bedarfsfall eine motivierte und schlagkräftige Armee einzuberufen. Sonst wird man vom Nachbarkönig überfallen und alles ist futsch.
In der "demokratischen" Ära ist alles ins Gegenteil verkehrt. Ein Politiker ist
nur dem Volk gegenüber verantwortlich und weiß, daß er nur wenig Zeit hat, um sich zu profilieren oder seine eigenen Güter zu mehren. Eine Legislaturperiode dauert nur vier Jahre. Langfristige Pläne, selbst wenn sie noch so gut fürs Volk sind, werden selten enthusiastisch vertreten, denn: Womöglich fruchtet die Mühe erst in der nächsten Legislaturperiode, so daß sich die dann regierende Opposition damit die Federn schmückt. Zudem bekommt ein Politiker keine höheren Zuwendungen, wenn er erfolgreich Verbesserungen implementiert. Zum Wiedergewähltwerden reichen Versprechungen und ein gutes Image, das diesen Versprechungen ein wenig Glaubwürdigkeit verleiht. Es ist besser, ein paar medienwirksame Aktionen für einzelne Bedürftige durchzuführen (z.B. einem Kinderheim neue Dreiräder schenken), als eine für den Durchschnittswähler nicht nachvollziehbare Reform der Wirtschaftspolitik in Angriff zu nehmen, die allen 90 Millionen Bundesbürgern hilft, aber eben auf indirekte und weniger sichtbare Weise. Besser eine Schirmherrschaft über ein "Konzert gegen den Hunger" als eine Halbierung der Neuverschuldung um zig Milliarden.
Doch auch
die Methoden der Politik sind äußerst unchristlich. Insgesamt hat ein heutiger Politiker keine andere Wahl, als auf unbiblische Maßnahmen zurückzugreifen, wenn er etwas "positiv verändern" will. Zunächst muß er durch gezielte Imagepflege und öffentlichkeitswirksames Auftreten Einfluß in der Welt gewinnen. Schon mal schlecht. Dann muß er sich mit den "Mächtigen" in der Welt möglichst gut stellen, um überhaupt als Kandidat aufgestellt zu werden. Auch schlecht. Dann muß er seine eigene Beliebtheit in der Bevölkerung fördern, indem er das redet, was die Leute hören wollen. (Das wird nie biblisch sein!) Und wenn er dann tatsächlich gewählt wird, dann muß er sich die Macht mit anderen teilen, so daß seine Unterschrift unter einem Abkommen oder Gesetzesvorschlag stets einen Konsens vieler Vertragsparteien besiegelt, in dem seine eigenen Überzeugungen meist eher Nebensache sind. Und nebenbei muß ein Politiker, weil er zum Zweck seiner Wiederwahl von der öffentlichen Meinung abhängt, stets Marketing betreiben, d.h. seine Aussagen mit Hinblick auf die gewünschte Wirkung in der Öffentlichkeit hin sorgfältig formulieren. Die "Menschenfurcht" ist hier Tugend und fester Bestandteil der alltäglichen Tätigkeit.
Die Tätigkeit eines Politikers in einer demokratischen Gesellschaft sollte man demnach tunlichst anderen überlassen (die Gott natürlich dennoch zum Segen oder zum Gericht lenkt und leitet), während wir als Christen aufgerufen sind, unser Bürgerrecht im Himmel wahrzunehmen und jenes auf der Erde zu verwerfen. (Für Politiker beten kann man ja im Zweifelsfall... das ist auch "aktive Teilnahme an der Politik".)
Die Teilnahme am demokratischen Prozess ist, nebenbei bemerkt, eines der höchsten durch den diesseitigen Staat gewährten Bürgerrechte (die wir mit dem alten Adam ablegen sollen) und direkter Ausdruck der
Identifikation des Einzelnen mit dem Staat (der sich allein aufs Diesseits konzentriert und demnach in Fragen wie Evolution, Homo-Ehe oder Abtreibung als einzigem Maßstab dem Zeitgeist folgt). Das Kreuz auf dem Stimmzettel ist nicht nur Ausdruck der Zustimmung zum Programm einer bestimmten Partei. Der Einzelne erteilt vielmehr der jeweiligen Partei das Mandat, seine Werte und Ziele in seinem Namen auf politischer Ebene zu vertreten. Auch dies sollten wir als Christen vorsichtig sehen: Jede Partei (ja, auch die PBC) hat einige Ziele, die biblisch unbedenklich sind, sowie andere Ziele, die wir kategorisch ablehnen sollten. Jeder Politiker wendet die o.g. unbiblischen Methoden an, um überhaupt zu einer Wahl aufgestellt zu werden. Und wenn wir dann alle vier Jahre nur dann unsere Stimme für soziale Initiativen oder bessere Bildung abgeben dürfen, wenn wir gleichzeitig auch andere Programmpunkte derselben Partei (z.B. Abtreibung oder die nächste "Anti-Diskriminierungs-Initiative") mit unserer Stimme unterstützen, dann sollten wir die Finger davon lassen.