Hallo zusammen,
erst einmal bitte ich um Verständnis, daß ich nicht sofort geantwortet habe (man hat auch andere Verpflichtungen außer immer im BIFO zu surfen

). Momentan geht hier die Diskussion ja schneller vonstatten, als ich antworten geschweige denn die Beiträge lesen kann...
Zuvor aber möchte ich die Diskussionsteilnehmer doch bitten, einen etwas sachlicheren Umgangston zu pflegen und nicht allzu schnell mit gegenseitigen Bannflüchen zur Hand zu sein.
Da ich hier nicht auf alles so ausführlich eingehen kann, wie es wohl nötig wäre, möchte ich vorab auf folgende Bücher bzw. Aufsätze hinweisen:
Benedikt Peters, Der Heilige Geist: Gaben, Werk, Wirkungen. Oerlinghausen: Betanien 2003.
Wolfgang Nestvogel, Zeichen und Wunder der apostolischen Zeit – Maßstab für heute? Nachdruck aus
Bibel und Gemeinde 3/1996. Hammerbrücke: Bibelbund-Verlag, 2003.
Ferner
http://www.bibelportal.de/texte/tschui/ ... nismus.pdf
http://www.bibelportal.de/texte/tschui/ ... 3_8-13.pdf
@Rolf:
1. Mit „Zeichen und Wundern“ meine ich in diesem Zusammenhang die Wundertaten Jesu, seiner Apostel und der neutestamentlichen Propheten, also Krankenheilungen, Totenauferweckungen, Dämonenaustreibungen, Sprachenrede u. dergl. (ich nehme an, das meinst Du mit „übernatürliche Geistesgaben“). D.h. also, daß jemand wie Petrus zu dem Gelähmten sagte: „Im Namen Jesu Christi, des Nazareners: Geh umher!“ (Apg 3,6). Solche Dinge fallen unter die Rubrik „apostolische Zeichen“. Sie dienten durchaus vorrangig dazu, die Offenbarungsträger zu bestätigen. Natürlich sind sie auch Ausdruck der Barmherzigkeit Gottes (z.B. Mt 15,32ff; Lk 7,11ff), doch vgl. ebenfalls die anstößigen Worte Jesu in Luk 4,25ff.
Unabhängig davon ist m.E., daß Gott auch heute noch Gebete erhört, und das durchaus manchmal auf wunderbare Weise. Aber es ist halt etwas anderes, wenn man Gott bittet: „Heile doch Bruder X oder Schwester Y“ und es Gott überläßt, ob er es erhört, oder ob man sich hinstellt und sagt: „Im Namen Jesu, sei geheilt!“
2. Was ist „göttliche Offenbarung“? Daß Gott sich bzw. sein Wort oder seinen Ratschluß bestimmten Menschen (Propheten) unmittelbar mitteilt. Nicht alle Propheten waren sog. „Schriftpropheten“, d.h. sie haben selbst keine biblischen Bücher verfaßt, sondern haben Gottes Botschaft nur mündlich weitergegeben. Aber mit dem Abschluß des biblischen Kanons ist auch die mündliche Offenbarung vollendet.
Noch kurz zu Deinem Posting vom 08.06. Du schreibst, die Apg gibt einen nur relativ kurzen Zeitraum von knapp 30 Jahren wieder. Dem stimme ich zu; es ist aber auch bedenkenswert, daß es dort ein „Decrescendo“ der Zeichen und Wunder gibt: Waren es anfangs recht viele, so nimmt ihre Zahl später ab. Auch bei den Briefen sind Zeichen und Wunder nur in den frühen Briefen an die Galater und vor allem an die Korinther ein Thema. Später schreibt Paulus davon, daß einige Mitarbeiter ernsthaft erkrankten, aber nicht, daß sie durch eine Wundertat seinerseits geheilt worden wären (Phil 2,25ff; 2Tim 4,20). Timotheus gibt er wegen seines Magenleidens den Rat, nicht nur Wasser, sondern auch ein wenig Wein zu trinken (1Tim 5,23), und nicht, sich von einem „vollmächtigen Bruder“ heilen zu lassen.
Auf die anderen von Dir genannten Punkte hat Ron (meine ich) schon recht gut geantwortet.
@ Andy:
Du schreibst: „Noch immer erleben wir...“, und: „Ein Beispiel, das ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann“. – Nun, wie argumentierst Du hier? Du gehst von Deinen Erfahrungen aus. Das ist aber grundsätzlich sehr problematisch, denn so machst Du Deine Erfahrungen zum Maßstab der Schriftauslegung und stellst sie letztlich über die Schrift. Statt dessen müssen wir unsere Erfahrungen anhand der Schrift prüfen, denn Erfahrungen können uns auch kräftig irreführen (vgl. Mt 24,11.24; 1Jo 4,1).
Auch finde ich es ziemlich seltsam, daß Du meinst, wir wären ohne Zeichen und Wunder „der Willkür des Feindes ausgeliefert“. Der Teufel ist durchaus real und uns Menschen an Macht überlegen (vgl. 1Pet 5,8; 2Pet 2,10f), aber er ist auch nur ein Geschöpf und darf nur das tun, was Gott ihm erlaubt. Das war schon früher so (vgl. Hiob 1+2), und so ist es auch heute noch (vgl. 1Joh 5,18). Wir sollen ihn daher weder unter- noch überschätzen.
Durchaus, „unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen ... die geistigen Mächte der Bosheit“ (Eph 6,12); aber unter den Waffen für diesen Kampf, die Paulus anschließend aufzählt, finden sich Zeichen und Wunder bezeichnenderweise überhaupt nicht. Auch Petrus gibt in 1Pet 5,9 keine Anweisungen, wie man Zeichen und Wunder zur „geistlichen Kampfführung“ gegen den Teufel einsetzen kann, sondern sagt schlicht: „Dem widersteht standhaft durch den Glauben.“
Was die Ungläubigen betrifft, so gehöre ich nicht zu denen, die ihnen „unsichtbare Wunder“ weismachen wollen. Zentrum der Verkündigung kann allein Christus sein und nicht irgendwelche vermeintlichen oder tatsächlichen Wunder. Jesus hat Wunder getan wie kein anderer vor ihm, und trotzdem haben viele nicht an ihn geglaubt. „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen“ (2Kor 5,7).
@ Ron:
Entschuldige bitte, daß ich mal wieder Deinen „Intimfeind“ Arnold Fruchtenbaum zitiert habe...

Es stimmt, daß die o.g. Anschauung der Pharisäer zumindest teilweise fragwürdig ist, aber der zeitgeschichtliche Hintergrund des NT kann auch nicht komplett ausgeblendet werden. Jesus vollbrachte absichtlich Wunder, die nach der Meinung seiner Zeitgenossen nur der Messias tun konnte (vgl. Mt 11,2-6), damit niemand, der ihn ablehnt, eine Entschuldigung hat.
Ich will nicht zu 100% ausschließen, daß es sich bei den „größeren Werken“ der Apostel um ihre Wundertaten handelt. Ich habe es vorsichtshalber mit Fragezeichen formuliert, weil ich mir angesichts der genannten „messianischen Wunder“ Jesu nicht ganz sicher bin. Die Apostel handelten ja in ihrer Eigenschaft als Apostel stellvertretend für den Messias, d.h. auch in seiner Vollmacht. Von daher mag man Joh 14,12 durchaus auf ihre Wundertaten beziehen.
Doch aus Joh 14,12 folgt nicht, daß dies allen Christen aller Zeiten gelten würde. Ich stimme Dir zu, daß es sich hier um die Verheißung der damals noch zukünftigen Offenbarung des NT handelt. Das geht aus dem Zusammenhang m.E. schon klar hervor.
Damit wieder zu
@ Andy und Rolf:
Der Apostel Paulus hat geschrieben:„Sind etwa alle Apostel? Alle Propheten? Alle Lehrer? Haben alle Wunderkräfte? 30 Haben alle Gnadengaben der Heilungen? Reden alle in Sprachen? Legen alle aus?“ (1Kor 12,29-30)
Die Antwort auf diese rhetorische Frage kann nur „Nein“ lauten; die Anhänger der Pfingst- bzw. charismatischen Bewegung hingegen sagen: „Aber natürlich!“ Nun ja...
Also: bereits zur Zeit des Paulus hatten nicht alle Christen dieselben Gaben. Es gab Unterschiede. Nicht alle waren Apostel, Propheten oder Wundertäter. Und
daß in der Tat bestimmte Geistesgaben aufhören (zu unterschiedlichen Zeitpunkten), wird ja gerade in 1Kor 13 festgestellt (zur näheren Erläuterung siehe o.g. Links).
Wenn nun eingewendet wird, Paulus ermutige ja die Korinther zur Ausübung dieser Gaben, dann wird erstens übersehen, daß diese Gaben damals noch vorhanden waren, und zweitens, wie Paulus hier argumentiert. Er fordert die Korinther auf, nicht nach denjenigen Gaben zu streben, die sie für besonders „geistlich“ halten (d.i. vor allem die Sprachenrede), sondern danach, was die Gemeinde erbaut.
Zuletzt noch kurz zu Mk 16,9-20. Da ich geistlich aus „Pietnam“ stamme (liegt gleich hinter „Reformatien“)

und somit ein fundamentalistisches Bibelverständnis habe, bin ich nicht so vorschnell dabei, einen unsicher bezeugten Bibeltext als unecht zu verwerfen. Nachdem ich mich in den letzten Jahren intensiv mit der Frage nach dem Text des NT beschäftigt habe, muß ich allerdings offen sagen, daß Mk 16,9-20 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein späterer Zusatz und somit nicht inspiriert und autoritativ ist (
näheres siehe hier).
Man tut also gut daran, auf diese Verse keine Lehre zu gründen. Oder will es jemand mal mit Schlangen aufheben oder Gift trinken probieren?

Ich möchte dringend davon abraten...
Liebe Grüße
Joachim