hat Markus Folgendes geschrieben, was hier in einem gesonderten Thread diskutiert werden sollte:
Markus hat geschrieben:Hallo WernerGegen die von Markus angeführten Sicht, dem (vollen?) Präterismus, ist daher u.a. einzuwenden, dass es in der Offb – insbesondere auch beim Gericht über „Babylon“ - nicht um ein eingeschränktes Gericht über Israel (oder Rom) geht, sondern um ein weltweites Gericht.
Die Vorstellung eines Gerichts über Babylon mit weltumspannenden Ausmassen ist m.E. nicht haltbar. Die in der Bibel verwendeten Begriffe "Erde", "Welt", usw. werden in vielen Auslegungen undifferenziert mit unserem aufgeklärten Denken des 21. Jh. verbunden. Der griechische Begriff "ge" (gewöhnlich mit Erde übersetzt) meint aber nicht den "Planeten Erde", sondern u.a. ein "Land innerhalb festgesetzter Grenzen", usw. Das hebräische Pendant zum griechischen "ge" (Erde) ist "eretz"; und dieser Begriff steht nun eindeutig in einer Beziehung zu Israel (Eretz Israel) und nicht zum Planeten Erde.
Und ja, die Offenbarung greift typologisch auf das Alte Testament zurück (nicht nur auf Daniel). So sind denn auch die Posaunengerichte vor dem Hintergrund derjenigen Posaunen zu verstehen, die schliesslich zum Niederfall der Mauern von Jericho führten. Im AT bereiteten die Posaunen den Weg ins verheissene Land, in der Offenbarung bereiten die Posaunengerichte (Zerstörung des irdischen Tempels und Jerusalems) den Weg ins himmlische Reich Gottes, ins himmlische Jerusalem (weshalb das irdische Vorbild weichen musste - ein weiterer Hinweis auf Jerusalem).
Die Verbindung von Babylon mit Rom halte ich für spekulativ (da schwingen viele Projektionen mit, die u.a. vom klassischen Feindbild "katholische Kirche" genährt sind). Darüber hinaus bewegen sich solche Auslegungen oft innerhalb eines Denkrahmens, der einseitig von der irdischen Dimension (Planet Erde) ausgeht und der geistlichen Dimension (himmlisches Jerusalem, usw.) eine untergeordnete Rolle einräumt. Und eben, weder die katholischen Kirche, noch Rom, noch irgendeine andere Weltmacht hat die Propheten und die Heiligen erwürgt, von denen Offb 18,24 spricht:
"Und das Blut der Propheten und der Heiligen ist in ihr gefunden worden und all derer, die auf Erden erwürgt sind." (Offb 18,24).
Auf "Erden" erwürgt: griechisch "ge", hebräisch "eretz" (Eretz Israel). Siehe auch Mt 23,35, wo Jesus bei seinen Wehrufen über Jerusalem auf das vergossene Blut von Abel an bis zum Sohn Berechjas hinweist - und ebenfalls vom vergossenen Blut "auf Erden" (ge) spricht.
Im übrigen wird die Bedeutung (und die Ausstrahlung) Jerusalems vor 70 n.Chr. häufig unterschätzt. Der Triumph über Jerusalem gilt als der prestigeträchtigste Sieg der römischen Weltmacht. Das im Tempel erbeutete Gold hatte Auswirkungen auf den weltweiten Goldhandel und drückte massiv auf die Preise, Rom finanzierte das Kolosseum zum grössten Teil aus diesen Tempelschätzen, usw.
Ebenso kann ich beim besten Willen keine innerbiblische Verbindung mit dem 11.9.2001 herstellen. Ich komme ursprünglich aus einer Ecke, wo aktuelle Ereignisse laufend in einen Kontext mit biblischer Prophetie gestellt wurden. Und inzwischen glaube ich einfach, da sollten wir (ich zähle mich ja auch zu einer eher evangelikalen und reformatorischen Linie) heute ein wenig sensibler mit den Spekulationen und offensichtlichen Irrtümern der vergangenen Jahrzente umgehen (Hal Lindsey und viele andere), die vor dem subjektiven Eindruck moderner Gefahren und Katastrophen entstanden sind (und deren Wahrnehmung durch die Medienindustrie verstärkt wurde). Es gäbe notabene weit schlimmere Katastrophen in Afrika, die sich medientechnisch einfach nicht so gut verkaufen lassen und ergo kaum in unserem Bewusstsein vorhanden sind.
Aber natürlich kann man das ja immer auch anders sehen.
Liebe Grüsse
Markus